Wolgaster Totentanz

Wolgaster Totentanz
Caspar Siegmund Köppe: Der Totentanz

Der Wolgaster Totentanz ist eine Totentanz-Darstellung in der Petrikirche zu Wolgast in Mecklenburg-Vorpommern. Der Totentanz wurde um 1700 von dem Maler und Reeder Caspar Siegmund Köppe angefertigt. Als Verfasser der dazugehörigen zweizeiligen Verse gilt der Maler Adrian Dietrich Brentschneider.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die 25 Tafelgemälde befanden sich ursprünglich in der als Friedhofskapelle genutzten Wolgaster Gertrudenkapelle. Bei einer Renovierung 1868 kamen sie zunächst in die Jürgen-Kapelle, dann in die Petrikirche. Beim Brand 1920 wurden alle Bilder gerettet, eines gelangte jedoch „in fremde Hände“ und ging verloren.[1]

Die großformatigen Gemälde gehören zu den wenigen erhaltenen monumentalen Totentanz-Darstellungen in Norddeutschland. Sie werden seit 2008 schrittweise saniert.[2]

Charakteristik

Alter und Jugend

Die Bilder sind eine freie Nachahmung der 1538 erschienenen Holzschnittserie Bilder des Todes von Hans Holbein dem Jüngeren.[1] Köppe soll sie gemalt haben, nachdem er durch eine Epidemie seine Frau und Kinder verlor. Im Gegensatz zu spätmittelalterlichen Darstellungen tritt Gott als Herr über Leben und Tod zurück. Nur das erste Bild zeigt den Sündenfall, die letzte Darstellung das Jüngste Gericht. Das verlorene vorletzte Bild zeigte den auferstandenen Christus mit dem Vers „Christi Tod und Auferstehung ist des Lebens Wiederbringung“. „Der Tod erscheint insgesamt als eine selbständige Macht, die mit Gott im Bunde steht und Teil der Allmacht Gottes ist, die hier düster und stumm erscheint.“[3]

Eine Besonderheit zeigt die Abbildung mit dem Vers Das antichristlich Ottergezücht // Entlaufen mag dem Tod auch nicht. Auf dem Bild sind Papst und Sultan zu sehen, die sich komplizenhaft die Hand reichen. Katholiken und Osmanen galten seit der Reformation als Feinde der evangelischen Christenheit und erscheinen hier tatsachenwidrig als Verbündete gegen den kleinen Mann, der zu ihren Füßen liegt.

Die Bilderserie ist - wie andere Totentänze - Beispiel einer makabren, teils humorvollen Fantasie. Sie zeigt den Alltag um 1700, aber auch Ansätze von Sozialkritik und ein Bewusstsein für die Gleichheit aller Menschen vor dem Tod.[3]

Text

Die über den Bildern befindlichen Verse[1] beschreiben prägnant und sarkastisch den Inhalt der 24 erhaltenen Bilder:

  1. Durch Evas Lust und Satans List // Der Tod in diese Welt kommen ist.
  2. Nur ein Leinwand und solches Haus // Bringt man endlich zur Welt hinaus.
  3. Mit Pauk' und Trompetenschall // Der Tod sich anmeldt überall.
  4. Der Kaiser und das Roemisch Reich // Und wer mehr drin, muß sterben gleich.
  5. Das antichristlich Otteregezuecht // Entlaufen mag dem Tod auch nicht.
  6. Dem König nit hilft seine Gwalt, // Er muß mit dran gleicher Gestalt.
  7. Dem Fuersten auch nicht wuerd' gelingen // Wenn er wider den Tod wollt ringen.
  8. Kein Herr und ritterlicher Mann // Dem Tod was angewinnen kann.
  9. Kein Weibsbild ist so hoch geboren, // Es muß mit dran, taets ihr gleich zorn'n.
  10. Der Adel sich nur straeube nicht, // Der Tod ihm doch das Herz absticht.
  11. Der Diener Gottes an dem Wort, // Wann's Glas ist aus, muß auch mit fort.
  12. Die Bauern und geringen Leut // Nimmt auch der Tod hinweg zur Beut.
  13. Der Weisen Kunst, des Narren Spiel, // Nicht hilft es, es gilt dem Tod gleich viel.
  14. Den Tod der Arzt oft will vertreiben, // Und muss ihm selbst in Händen bleiben.
  15. Der Rat, Richter, Jurist geschwind, // Ohne Appelieren zum Tanz sich find.
  16. Den Bürger kein Handel noch Werk // Vom Tode retten kann, das merk.
  17. Den Saeufern, Spielern, Lästerern, // Pflegt solches End der Tod bescher'n.
  18. Auch sterben muss der reiche Mann, // Mit Geld ers nicht abkaufen kann.
  19. Den Menschen gleich wie grünes Gras // Abmaehet gewiß der Totenfraß.
  20. Die Alten, die ohn' das Schaff' ab // Der Tod fein sacht auch fuehrt zum Grab.
  21. Auch wuergt der Tod die Kindlein klein, // Nicht achtend, daß die Mutter weint.
  22. Jüngling, Jungfrau, Mann und Weib // Seh'n daß auch sie der Tod aufreibt.
  23. Dem Tod der arme Lazarus // Ohn' Mitleid herhalten muß.
  24. Im letzten Gericht Gottes Sohn // Drauf jedem geben wird sein'n Lohn.

Literatur

  • Norbert Buske: Der Wolgaster Totentanz. Thomas Helms Verlag, Schwerin 1998.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Ev. Kirchengemeinde St. Petri (Hrsg.), Der Totentanz in der St.-Petri-Kirche zu Wolgast. Geros-Verlag, Neubrandenburg, o.D.
  2. Evangelische Kirchengemeinde: Die Kirche St. Petri in Wolgast - Der Wolgaster Totentanz
  3. a b Wolfgang Mietler: Einleitung zu Der Totentanz in der St.-Petri-Kirche zu Wolgast. Geros-Verlag, Neubrandenburg, o.D.

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