Wothlytypie

Wothlytypie

Die Wothlytypie war ein Edeldruckverfahren der Kategorie Schwermetalle,[1] benannt nach ihrem Erfinder Jacob Wothly. Sein Verdienst war die Neutralisierung des Urans.

Inhaltsverzeichnis

Charakteristika

Die Wothlytypie ermöglichte Abzüge in sehr kleinen bis sehr großen Formaten und war für Vergrößerungen geeignet. Bei den Aufnahmen handelte es sich um Papierbilder. Für das Verfahren wurden Kollodium-Papier, Albumin-Papier (auch als Auskopierpapier bezeichnet), präpariertes Papier oder matt präpariertes Papier für Retuschen eingesetzt. Die Vorgehensweise zur Erlangung einer Photographie zeichnete sich gegenüber den bisherigen Methoden durch Zeitersparnis und weniger Silber aus. Die Fotoemulsion bestand aus einem speziellen Uran-Kollodium, das die Jodide, das Chlor oder Silberbromid ersetzte. Diese Methode benötigte keine Entwicklerflüssigkeit. Nach der Belichtung war die Aufnahme direkt sichtbar und wurde sofort fixiert. Die Virage konnte in variierenden Tönen vom tiefen Blau-Schwarz bis zum Purpur-Schwarz erfolgen, wobei die Farbintensität von der Menge des sensibilisierenden Likörs[2] abhing. Es existierten keine Negative, da die Aufnahme direkt auf Wothlytypie-Papier ausgeführt wurde. Das Waschen war kürzer als bei den bis dahin üblichen Verfahren. Die Kollodiumschicht konnte auf Elfenbein, Holz, Glas, Porzellan etc. übertragen werden. Daher eignete es sich besonders für Miniaturmaler, Graveure und als gewerbliches Produkt für Bildschirme, Rollos, Lampenschirme, etc. Für diesen Vorgang musste eine dicke Kollodiumschicht aufgetragen werden, das Papier musste frisch und nicht gelagert sein. Auf dem Papier selber blieb ein sehr schöner matter Abzug, d.h. bei diesem Vorgang erhielt man zwei Aufnahmen. Eine der bemerkenswerten Qualitäten der Wothlytypie-Aufnahmen war, dass diese Verfahrensweise es ermöglichte, von jeder Aufnahme ein vollkommenes Kontra-Negativ zu erstellen.

Vorgehensweise

Als erstes wurde das Uran-Kollodium auf das Papier aufgetragen. Mit einem Pinsel, Schwamm oder in einem sensibilisierenden Bad, je nachdem ob man Abzüge auf Kollodium, auf Albumin oder mattem Papier erhalten wollte. Nach der Belichtung wurden die Aufnahmen in ein säuerliches Bad für die Reinigung getaucht. Die Abzüge wurden zur Entfernung der Säure ein erstes Mal vollkommen gewaschen. Sie wurden in ein Tönungsbad gehalten und danach in einem Fixierbad oder simultan. Schließlich wurden die Bilder mit der größten Sorgfalt gewaschen.

Patent

Die Wothlytypie wurde in Deutschland, Amerika (15. August 1865) [3], Belgien (15. Februar 1865/Nr. 17147), England, Frankreich (26. November 1864)[4], Portugal und Spanien patentiert. Für Frankreich und Belgien übernahm die von Emmanuel Mangel du Mesnil eigens dafür gegründete Société française de Wothlytypie die Lizenzierung und den Vertrieb.

Geschichte

Vor Wothly hatten Weselsky, Bagsky, Jacques Rainer, Claude Félix Abel Niépce de Saint-Victor, [5] Blanchere, [6] Brebisson, [7] Crespon, [8] Henry Draper, [9] Godefroy, Hagen, Haudry und Molard [10] sich „um die Anwendung der Uransalze“ in der Photographie verdienstvoll beschäftigt. „Alle Versuche, die Lichtempfindlichkeit der Uransalze im photographischen Negativprozeß für die Herstellung von Nass- und Trockenplatten zu nutzen, verliefen ohne bleibende Ergebnisse.“ [11]

Am 19. März 1858 hielt Professor E. Hornig auf der Wochenversammlung des Gewerbevereins in Wien einen Vortrag „über die Anwendung des salpetersauren Uranoxids in der Photographie“. Er beschäftigte „sich mit den Versuchen des C. F. A. Niepce de Saint-Victor und zwar nach seinem Verfahren eine ‚Anleitung zur Anfertigung von Lichtbildern mit salpetersaurem Uranoxid‘.“ [12]

C. F. A. Niepce Saint-Victor stellte seine Uranpapier-Kopien in Farben in Wien am 17. Mai 1864 aus. „Ein violetter Ton ergab sich bei Verwendung von salpetersauren Uranoxid und Chlorgold. Grüne Bilder lieferte das Uransalz in Verbindung mit Eisenchlorid und Kalium-Eisencyamid. Der bräunliche Ton wurde mit salpetersauren Uranoxid und Kalium-Eisencyamid erzeugt.“ [13]

Seit dem Gründungsjahr der Photographischen Gesellschaft in Wien 1861 war J. Wothly Mitglied. Aber auf der ersten Fachausstellung für Photographie im deutschsprachigen Raum in Wien vom 17. Mai bis 30. Juni 1864[14] nahm er im Gegensatz zu C. F. A. Niepce nicht teil. 1865 verwendete Wothly für positive Papierbilder sein neues Uran-Platin-Kollodium Verfahren. Zur Reduktion des Uransalzes gebrauchte Wothly Platin- und Palladium-Verbindungen. „Mit diesen beiden Salzen (konstruierte er) Collodien, welche ihm Bilder in verschiedenen Farbtönen geben.“[15] Noch 1866 experimentierte Wothly mit Verbesserungen seiner Methode.[16]

Die Wothlytypie galt als gefährlich und umstritten. Sie lässt sich nur schwer auf einen Nenner bringen. Wothly schlug den Einsatz verschiedener Ingredienzien vor und experimentierte Jahre lang an Verbesserungen seines Verfahrens. Ob Wothly wegen seiner Experimente mit diesem radioaktiven Element nur ein Alter von 50 Jahren erreichte, ist fraglich. Vermutet wurde bislang, dass der Verlust seines Vermögens, wegen des Konkurses seines Bankiers, seinen frühen Tod verschuldete. Nach seinem Tod 1873 verschwand die Wothlytypie vom Markt.

Als man Uran als den Grund für die sogenannte Photographenkrankheit (Nierenentzündung und Gastritis) erkennt, wird dieses Element in der Photographie kaum angewandt.[17]

Literatur

  • Jacob Wothly, Mangel du Mesnil: Application de nouveaux procédés photographiques, Paris, Siège de la société, 1865, 1 vol., 47 p.
  • Rosa-Marita Schrouff: "Das Porträt von Henry Lambertz"[18], Aachen, 2010.

Einzelnachweise

  1. Das Edeldruckverfahren mit Collodion (1851 von Frederick Scott Archer erfunden, Kategorie Halogensilberprozesse) verkürzte die Belichtungszeit auf 2-3 Sekunden. „Zuvor waren die Porträtierten teilweise an Apparaturen festgeschnallt. Die Fotoplatten mussten jedoch beschichtet, belichtet und entwickelt werden, solange sie noch feucht sind. Dies schränkte ihren Einsatz ein.“ Collodion-Verfahren
  2. Wothly Vorgehensweise: I.Herstellung des Uranammonium Nitricum Salz: Das Uranoxydhydrat wird in Acid Nitrat aufgelöst und kristallisiert. Dieses Salz wird in Wasser gelöst und mit Ammoniak ausgefällt. Die Fällung wird gewaschen, dann aufgelöst in Acid Nitrat und danach kristallisiert und getrocknet. Das Ergebnis ist ein doppeltes Salz, dass Wothly Uranammonium Nitricum nennt. Mit diesem Uranammonium Nitricum Salz bereitet man ein Dreifach-Salz zur Herstellung der Wothlytypie. II.Herstellung des Dreifachsalzes: Man erstellt eine Lösung, die mit 12 Unzen Uranammonium Nitricum in 6 Unzen destillierten Wasser gesättigt wird. Dann löst man in einem anderen Glas ½ Unze Silbernitrat (argentum nitricum) in 1 Unze Wasser auf. Das Silbernitrat kann durch ein anderes der Silbersalze, die im Wasser löslich sind, ersetzt werden. Die zwei Lösungen werden gemischt, kristallisiert und getrocknet. Das Ergebnis ist ein sogenanntes dreifaches Salz für die Wothlytypie bzw. Photographie. III.Erster Likör zur Sensibilisierung des Kollodiums: Von diesem dreifachen Salz löst man 3 Unzen in 8 Unzen Alkohol auf. Man fügt ¼ Unze destilliertes Wasser und einige Tropfen Salpetersäure hinzu. Diese letzten Flüssigkeiten sensibilisieren das Kollodium. IV.Zweiter Likör zur Sensibilisierung des Kollodiums: Man löst von besagtem Uranammonium Nitricum 3 Unzen z.B. auf oder 3 Unzen Uran Nitrat werden in 8 Unzen Alkohol gereinigt und kristallisiert Dann löst man im Wasser 60 gran (damit man eine einheitl. Summe bekommt) Palladiumchlorid (palladium chloratum) oder 60 gran Platinchlorid (platina chloratum) auf. Diese Lösungen sind dieselben, um das Kollodium zu sensibilisieren. Man kann diese Lösungen oder sensiblen Flüssigkeiten im Voraus für einige Monate vorbereiten, ohne dass sie verschlechtert oder zersetzt werden, aber in diesem Fall braucht man zum Konservieren ein dunkles Glasflacon. Nicht nur die Kombinationen von Uranammoniumnitrat, sondern auch alle Kombinationen der löslichen Salze könnten ähnliche Kombinationen von Uran Aciden herstellen und Aufnahmen ergeben, kombiniert mit erwähnten Wirkstoffen, die das Uran reduzieren.
  3. am. Patent
  4. Französisches Patent Nr. 65551 sowie Beschreibung
  5. Er befasste sich 1858/59 "mit den photographischen Effekten von Uransalzen". "Fotografierte Radioaktivität" S.35.
  6. Henri de la Blanchere (1821–1880).
  7. Louis Alphonse de Brébisson (1798–1872).
  8. Antoine Crespon.
  9. Henry Draper.
  10. Louis Adolphe Humbert de Molard.
  11. RS. S.21
  12. „1858 und 1859 hat C. F. A. Niepce de Saint-Victor über seine Versuche mit lichtempfindlichen Uranverbindungen und ihre Brauchbarkeit zu photographischen Kopierprozessen berichtet.“ RS. S.19.
  13. ebd. S.20.
  14. www.albertina.at/jart/prj3/albertina/data/uploads/Forschung/texte%20fotosammlung/groening_erste_fotoaus.pdf - -
  15. PC. S.64/54.
  16. „Photographisches Archiv“. hrsg. von Dr. Paul E. Liesegang und anderen Gelehrten und Fachmännern. 7. Jahrgang – Nro. 99. Berlin. Theobald Grieben. Amsterdam, Brüssel, London, Madrid, Mailand, Neapel, NewYork, Paris, Petersburg, Wien. Erstes Februarheft 1866. S.60. (Liesegang).
  17. Mitteilungen des Verein der Freunde des Bergbaues in Graubünden. Stiftung Bergbaumuseum Schmelzboden-Davos. 52. 2/1990. Mai 1990. 14. Jahrgang. „Zweihundert Jahre Uran“ S. 18. Gesamter Text Auszug aus Rosa-Marita Schrouff: "Hof-Photograph Jakob Wothly." in: "Das Porträt von Henry Lambertz." epubli Berlin. www.schrouff.npage.de
  18. Literaturdetail

Weblinks


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