Zeca Schall

Zeca Schall
Zeca Schall 2009
Zeca Schall, Wahlkampfunterstützung in Erfurt 2009

Zeca Schall (geborener Fonseca; * 1963 in Quitongo, Cuanza Sul, Angola) ist ein deutsch-angolanisches Mitglied der CDU Thüringen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Schall studierte an einer Fachhochschule für Landwirtschaft in Angola. Sein Vater wurde 1984 von angolanischen Rebellen getötet, seine Mutter im Jahr 1994 ebenfalls. 1988 kam Schall als Vertragsarbeiter nach Hildburghausen und absolvierte dort im VEB Schrauben- und Normteilewerk eine Ausbildung als Dreher. Schall heiratete eine deutsche Frau, deren Namen er annahm und stellte 1997 als erster Angolaner einen Einbürgerungsantrag. 2004 wurde er deutscher Staatsbürger und trat am gleichen Tag in die CDU ein.[1] Seine angolanische Staatsbürgerschaft behielt er bei.[2] Zwischen Januar und September 2009 absolvierte Schall eine Ausbildung bei der „Regionalen Arbeitsstelle für Ausländerfragen, Jugendarbeit, und Schule“ (RAA e.V.) in Berlin.[3]

Politisches Engagement

Bei der Kreistagswahl im Juni 2009 kandidierte Schall für den Kreistag von Hildburghausen auf Listenplatz 30 der CDU, bei insgesamt 40 zu vergebenden Mandaten für den Kreistag. Schall erhielt 42 Erststimmen und wurde nicht gewählt.[4] Schall arbeitet in der Anfang 2008 gegründeten AG „Integration ausländischer Mitbürger“ der thüringischen CDU mit, die allen thüringischen CDU-Mitgliedern mit Interesse an der Thematik offensteht. Weder leitet Schall die AG noch ist er deren Sprecher. Schall hat in der CDU auf Thüringer Landesebene kein Amt oder Mandat,[5] wurde jedoch in Medienberichten fälschlich als „Integrationsbeauftragter“ bzw. „Migrationsbeauftragter“ der CDU Thüringen bezeichnet.[6][7] Nach einer falschen dpa-Meldung wurde er in den Medien auch als „Integrationsbeauftragter der Landesregierung“ bezeichnet,[8] ein Amt das in Thüringen seit 1992 Eckehard Peters als Ausländerbeauftragter der Thüringischen Landesregierung innehat.[9] (In den meisten Bundesländern wird diese Funktion heute als Integrationsbeauftragter bezeichnet.) Der Focus erklärte Schall irrtümlich zum Abgeordneten.[10]

Schall gibt an, sich bereits im Jahr 2008 bei der CDU Thüringen als hauptamtlicher Integrationsbeauftragter beworben zu haben, ohne eine Antwort erhalten zu haben. Als er kurz vor der Landtagswahl 2009 nachgefragt habe, sei er zu einer erneuten Bewerbung aufgefordert worden, die er zwei Wochen vor der Wahl abgeschickt habe. Am 7. September 2009 habe ihm der Landesgeschäftsführer der Partei jedoch mitgeteilt, dass die Stelle aus finanziellen Gründen nicht vorgesehen sei, und es in der Partei auch keine ehrenamtliche Position eines Integrationsbeauftragten gebe.[3]

Schall setzt sich für den Aufbau von Migrantenorganisationen ein. Er plädiert für den verpflichtenden Kindergartenbesuch von Kindern mit Migrationshintergrund und die Teilnahme von erwachsenen Migranten an Integrationsgruppen. Ausländer, die in Deutschland bleiben möchten, fordert er auf, ebenfalls die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen.[1]

NPD-Kampagne im Wahlkampf 2009

Schall wurde im thüringischen Landtagswahlkampf 2009 international bekannt, als er zusammen mit Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) und anderen Personen auf Wahlplakaten abgebildet worden war, und daraufhin von der NPD bedroht wurde. Die NPD wies ihre Kreisverbände an, neben alle Plakate auf denen Schall zu sehen war, NPD-Plakate mit dem Slogan „Gute Heimreise“ zu hängen. In einer Pressemitteilung bezeichnete sie Schall als „Quotenneger“, nannte seine Wohnadresse und kündigte an, das „direkte Gespräch“ an seinem Heimatort zu suchen, um ihn „zur Heimreise zu animieren“.[11] Schall wurde daraufhin unter Polizeischutz gestellt. Mitglieder der rechten Szene wurden in der Folge von der Polizei daran gehindert, sich seinem Haus zu nähern. Mehrere Platzverweise wurden ausgesprochen, unter anderem auch gegen NPD-Chef Udo Voigt.[12]

Die CDU Thüringen erstattete Strafanzeige wegen Volksverhetzung, Nötigung und Beleidigung. Seit dem 10. August begann die Partei aber auch, die Wahlplakate mit Schall zu überkleben, was erhebliche Kritik anderer Parteien zur Folge hatte.[13] Die CDU ließ verlauten, der Austausch der Plakate sei bereits vor Beginn der Kampagne der NPD begonnen worden und nicht als Reaktion darauf zu betrachten.[14]

Die Kampagne gegen Schall erregte international Aufsehen[15][16][17][18][19], Weihbischof Reinhard Hauke bekundete im Namen der katholischen Kirche Solidarität mit Zeca Schall.[20]

Die Ratsversammlung und die Ortsteilbürgermeister von Hildburghausen haben am 19. August 2009 einstimmig eine Resolution verabschiedet, welche die Offenheit der Stadt für alle demokratisch gesinnten Menschen und die Ablehnung der völkischen Ausgrenzung durch Rechtsextreme unterstreichen soll.[21]

Die NPD hat ab dem 22. August eigene Wahlplakate aufgehängt, die das Porträt Schalls und eine Bratwurst zeigen und den Text „echter Thüringer, falscher Thüringer“ tragen. Einige Wochen zuvor hatte bereits die Junge Union in Thüringen mit ähnlichen Plakaten geworben, welche dieselbe Aufschrift, aber das Portrait des aus Niedersachsen stammenden Linke-Spitzenkandidaten Bodo Ramelow trugen, musste diese Plakataktion aber nach Protesten abbrechen. [22]

Wegen der NPD-Plakate ermittelt die Staatsanwaltschaft in Meiningen. In Weimar und Eisenach[23] sind sie auf Anordnung des jeweiligen Oberbürgermeisters abgenommen worden, in anderen Orten haben Bürger die Plakate überklebt.[24]

Die CDU quartierte Schall zu seinem Schutz vor der NPD und seiner Erholung von den vielen Interviews in einem Hotel ein, und versuchte, ihn aus dem Wahlkampf zurückzuziehen. Schall selbst dagegen bekräftigte, seine Wahlkampfaktivität in reduzierter Form fortsetzen zu wollen. Er nahm an der Einweihung der Wintersporthalle am 24. August 2009 in Oberhof gemeinsam mit Dieter Althaus und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble teil.[25]

Trotz der Verluste seiner eigenen Partei von mehr als 10 Prozentpunkten begrüßte Schall am Ausgang der Wahl, dass die NPD den Einzug in den Landtag verfehlte. Schall spricht sich für ein Verbot der NPD und ein verstärktes Engagement in Thüringen gegen den Rechtsextremismus aus, welches Verbote, Demonstrationen und ein Landesprogramm umfassen solle.[26]

Einzelnachweise

  1. a b Zeca Schall im Porträt. „Ich liebe Thüringen, ich liebe Deutschland“, Der Tagesspiegel, 12. August 2009.
  2. Der Mann auf dem Plakat träumt von Integration. Freies Wort, 12. August 2009
  3. a b Regina Haubold: "Ich war schon ein bisschen traurig . . .", Interview mit Zeca Schall, Freies Wort, 16. September 2009
  4. Ergebnisse der Kreistagswahlen 2009 im Landkreis 069 Hildburghausen beim Thüringer Landesamt für Statistik.
  5. Auskunft des Pressesprechers und Referent für Organisation der CDU Thüringen, Heiko Senebald vom 24. August 2009.
  6. Der Mann auf dem Plakat träumt von Integration. Freies Wort, 12. August 2009
  7. Kuscheln mit Angie. Thüringer Allgemeine, 31. Juli 2009
  8. Standard, Tagesspiegel, Deutsche Welle, Solinger Tageblatt, Zeit
  9. Der Ausländerbeauftragte und seine Funktion. In: Website des Ausländerbeauftragten des Freistaates Thüringen. (Abgerufen am 26. August 2009.)
  10. Sorge nach NPD-Attacken gegen schwarzen Abgeordneten. In: FOCUS Online vom 11. August 2009.
  11. CDU bangt um Sicherheit von Zeca Schall, Freies Wort am 11. August 2009, 13:43
  12. Angriff auf Schall verurteilt. Thüringer Allgemeine, 15, August 2009
  13. „Althaus, die NPD und die Angst vor der Courage“, Die Welt, 17. August 2009
  14. „Thüringens CDU bestreitet Vorwürfe im Fall Schall“, RP-online, 17. August 2009
  15. Black politician targeted by German far-right. Videobericht von CNN, 14. August 2009
  16. Tristana Moore: German Election Campaign Takes a Racist Turn. TIME Magazine, 18. August 2009
  17. «Quotenneger» lässt sich nicht einschüchtern – Staatsanwalt ermittelt gegen NPD. Basler Zeitung, 14. August 2009
  18. Black Politician in Germany Suffers Racial Slurs. New York Times, 13. August 2009
  19. Extremistas alemães „mandam para casa“ político conservador de origem angolana. El Publico, 16. August 1009
  20. D: Kirche solidarisch mit Zeca Schall. Radio Vatikan, 15. August 2009
  21. Resolution "Hildburghausen ist offen für alle - außer für Nazis", Freies Wort, 21. August 2009
  22. In den Landtag und an die Macht, Tagesspiegel, 24. August 2009
  23. Stadt ließ Plakate der NPD abhängen
  24. OB lässt NPD-Plakat abhängen, Thüringer Landeszeitung, 27. August 2009
  25. Unter Schwarzen, Zeit 36, 27. August 2009
  26. Wolf Schmidt: Frustrierte Seitenscheitel, Taz, 31. August 2009

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