Zuckerfabrik Anklam

Zuckerfabrik Anklam
Suiker Unie GmbH
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Rechtsform GmbH
Gründung 1883
Sitz Anklam, Mecklenburg-Vorpommern
Mitarbeiter 136 (31. Dezember 2009)[1]
Umsatz 72,5 Mio. EUR (31. Dezember 2009)[1]
Branche Nahrungsmittelindustrie
Produkte Zucker, Melasse, Vinasse, Futtermittel, Carbokalk, Bioethanol
Website www.suikerunie.de
Zuckerfabrik Anklam aus Blickrichtung des Steintores
Luftbild der Zuckerfabrik Anklam

Die Zuckerfabrik Anklam ist seit 2007 die einzige Zuckerfabrik in Mecklenburg-Vorpommern und befindet sich in Anklam im Landkreis Vorpommern-Greifswald. Das zur niederländischen Suiker Unie gehörende Unternehmen verarbeitet Zuckerrüben zu Zucker, Bioethanol und Tierfutter. Mit 135 Beschäftigten wurden im Geschäftsjahr 2008 rund 1,1 Millionen Tonnen Zuckerrüben verarbeitet und ein Umsatz von circa 120 Millionen Euro erwirtschaftet.[2]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Am 31. Januar 1883 wurde die Aktiengesellschaft Pommersche Zuckerfabrik Anklam gegründet.[3] Die Zuckerrüben wurden per Schiff über einen eigens angelegten Stichkanal von der Peene sowie über einen werkseigenen Bahnanschluss angeliefert.

Der Ausbau der Fabrik erfolgte in der Vergangenheit in mehreren Etappen. Durch starke Beschädigung gegen Ende des Zweiten Weltkrieges konnte zwei Jahre keine Produktion durchgeführt werden. In dieser Zeit erfolgte der Wiederaufbau, die Umwandlung in einen Volkseigenen Betrieb und 1948 bis 1949 der Umbau zur Weißzuckerfabrik.

1991 wurde der VEB privatisiert und an den dänischen Lebensmittelkonzern Danisco verkauft, der sie am 1. Mai 1991 von der Treuhandanstalt zusammen mit den sieben weiteren Zuckerfabriken in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg übernahm. Es erfolgten umfangreiche Modernisierungen und Erweiterungen. Für den Ausbau der Zuckerfabrik Anklam wurden von Danisco in den Jahren 1992 und 1994 ca. 180 Millionen Euro investiert. Sie ist eine der modernsten Zuckerfabriken Europas geworden. Die Zuckerfabriken Barth, Demmin, Friedland, Jarmen, Prenzlau, Stralsund und Tessin wurden geschlossen. 2008 wurde in Anklam eine Anlage zur Bioethanolherstellung mit einer Kapazität von 56 Millionen Litern in Betrieb genommen.[4] Die Investition hierfür betrug knapp 25 Mio. Euro. Als Danisco 2008 seine Zuckersparte an Nordzucker verkaufte, wurde vom Bundeskartellamt die Auflage erteilt, zuvor die Zuckerfabrik Anklam an einen anderen Erwerber zu verkaufen. Infolge kam es Anfang 2009 zum Verkauf an die Suiker Unie, ein Tochterunternehmen der Royal Cosun.[5]

Seit dem 2. März 2009 ist die Zuckerfabrik Anklam gemeinsam mit der Anklam Bioethanol GmbH ein Tochterunternehmen der Royal Cosun, einem niederländischen Konzern. Suiker Unie ist die untergeordnete Zucker-Aktivitätengruppe und mit einem Anteil von 7 % einer der größten Zuckerhersteller in der Europäischen Union.

Mitarbeiter 2010:[6]
Zuckerfabrik Stammkräfte: 126
Auszubildende: 13
Bioethanolwerk Stammkräfte: 17
Auszubildende 1

Zuckerrübenanbau

Die Rübenkampagne ist die alljährliche, etwa einhundertzehntägige Verarbeitungsperiode der Rüben ab Mitte September bis in den Januar des nächsten Jahres.

Die Fabrik erhält Rüben aus einem Anbaugebiet, das sich von der polnischen Grenze im Osten bis Malchin im Westen, von der Insel Rügen im Norden sowie bis in die Uckermark im Süden erstreckt. Die gesamte Rübenanbaufläche beträgt etwa 20.000 Hektar.

Das Saatgut entstammt ausschließlich aus konventioneller Züchtung und wird von verschiedenen Zuckerrübenzüchtern bezogen. Grundlage für die Sortenwahl sind Sortenversuche, die an drei Standorten in der Region durchgeführt werden.

Die Zuckerfabrik Anklam hat von der EU eine Zuckerquote von knapp 112.000 Tonnen Weißzucker zugeteilt bekommen. Dies entspricht etwa 4 % der gesamten deutschen Zuckerquote. Auf der Grundlage der Zuckerquote und der bisher angebauten Rübenmenge in den einzelnen Anbaugebieten werden jedes Jahr Verträge mit etwa 400 aktiven Produzenten über den Anbau einer festgelegten Rübenmenge für die Zuckerproduktion abgeschlossen. 60 % dieser Anbauer erzeugen gleichzeitig Rüben als Rohstoffbasis für die Ethanolherstellung. Insgesamt werden damit auf zirka 6 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Einzugsgebiet der Fabrik Zuckerrüben angebaut. Dies leistet einen Beitrag für eine vielfältige Fruchtfolge.

Alle Rübenanbauer, die Rüben an die Zuckerfabrik Anklam liefern, sind im Anklamer Anbauerverband für Zuckerrüben e.V. organisiert, der als Verhandlungspartner der Fabrik in allen Anbaufragen auftritt. Es werden insgesamt Verträge über die Lieferung von etwa 1,1 Millionen Tonnen Rüben abgeschlossen, basierend auf einem langjährigen Zuckergehalt von 17,5 %. Diese Rübenmenge umfasst die Quotenrüben, für die im Rahmen der EU-Zuckermarktordnung eine Preisgarantie vorliegt. Darüber hinaus sind in dieser Menge die Ethanolrüben enthalten, die zur Erzeugung von Dicksaft für das Ethanolwerk dienen. Der Preis hierfür ist grundsätzlich an den Marktpreis für Bioethanol zur Kraftstoffbeimischung gekoppelt.

Rübenertrag[6]
t Rüben pro ha Zuckergehalt in % t Zucker pro ha
1991 38,3 16,0 6,13
1997 44,5 16,9 7,52
2002 49,0 17,5 8,58
2006 50,4 17,1 8,62
2009 61,2 18,2 11,12
2010* 55,5 17,2 9,55

* geschätzt

Alle Rüben werden von vertraglich gebundenen Speditionsgesellschaften gefahren. Der Transport erfolgt mit Heckkippern, die ein Ladegewicht von etwa 27 Tonnen besitzen, kontinuierlich im gesamten Verarbeitungszeitraum von Montag 6 Uhr bis Samstag 14 Uhr. Dadurch und durch einen hohen Anteil an Futtermittelrückfrachten aus der Fabrik an die Landwirtschaft wird das Fahrzeugaufkommen minimiert.

Um die Menge des anhaftenden Erdreichs bei den Rübenlieferungen möglichst zu begrenzen, sind moderne Rübenverladegeräte im Einsatz, die alle Rüben auf dem Acker beim Verladen vorreinigen. Von allen Rübenanbauern, die an die Fabrik liefern, wird vom LKW vor dem Abkippen auf dem Rübenhof mit einem automatischen Probenehmer ein repräsentatives Muster gezogen, das auf Beimengungen wie Erde, Steine und Kraut, sowie Zuckergehalt und andere qualitätsbestimmende Inhaltsstoffe analysiert wird. Diese Werte fließen in die Bezahlung ein.

Die Rüben gelangen sofort nach der Anlieferung zur Verarbeitung. Hierzu werden sie in einem Trockenlager flach abgekippt und mit Hilfe eines Förderbandes zunächst in die Waschanlage transportiert, bevor die eigentliche Verarbeitung beginnt.

Fabrik

Die Rübenverarbeitung erfolgt in mehreren Produktionsabschnitten im kontinuierlichen Verfahren. Im Produktionsabschnitt Rübenaufbereitung wird eine Trennung der Rüben hauptsächlich durch Waschen und durch den Einsatz verschiedener Geräte zum Abscheiden von Erde, Steinen, Kraut und sonstigen Beimengungen vorgenommen. Im Produktionsabschnitt Extraktion werden die Rüben geschnitten und in Verbindung mit Wasser werden bei einer Temperatur von 72 °C die Zellwände aufgeschlossen. Durch Diffusion wird der Zuckerrüben-Rohsaft gewonnen.

Energieversorgung [6]

  • zwei gasbefeuerte Dampfkessel je 60 t Dampf/h, 93 bar
  • ein Hilfskessel 10 t Dampf/h, 10 bar
  • ein Turbogenerator mit einer Stromerzeugung von 16,9 MW

Während der Zuckerkampagne speist die Fabrik etwa 6 Megawatt in das öffentliche Netz ein.

Im dritten Abschnitt erfolgt die Reinigung des gewonnenen Saftes mit Kalk, und durch die Verdampfung des Wassers entsteht der Zuckersirup, Dicksaft genannt.

Der Kalkofen ist ein 350 m³ großer Schachtofen zum Brennen der etwa 250 Tonnen Kalk je Tag, der in Form von Kalkmilch dem Zuckersaft zur Reinigung zugesetzt wird. Der in der Saftreinigung anfallende Carbokalk ergibt ein sehr gut strukturiertes Kalkdüngemittel.

Hilfsstoffbedarf während der Zuckerkampagne[6]
Gas 20 Mio.Nm³
Kalkstein 28.000 t
Koks 2.000 t

Neben der Verwendung zur Ethanolerzeugung (seit 2008) dient ein Teil des Dicksafts bereits seit 1994 der späteren Verarbeitung zu Weißzucker.

Die Verarbeitungskapazität liegt derzeit bei etwa 11.250 Tonnen Rüben/Tag. Daraus werden täglich etwa 750 Tonnen Weißzucker sowie etwa 1.600 Tonnen Dicksaft hergestellt. Insgesamt erzeugt die Zuckerfabrik in der Rübenkampagne etwa 80-90.000 Tonnen Weißzucker. Bereits während der Rübenkampagne wird der Dicksaft zum Teil an das Ethanolwerk zur Weiterverarbeitung abgegeben, der Rest wird zur Versorgung des Ethanolwerkes während der Zwischenkampagne und in zwei großen Tanks für die sogenannte Dicksaftkampagne eingelagert. Diese erfolgt seit 1994 im Laufe des Frühjahres.

Produkte

Während der Rübenkampagne werden etwa 45 % des insgesamt erzeugten Dicksaftes im Zuckerhaus unmittelbar zu Weißzucker weiterverarbeitet. Durch gezielt gesteuerte Kristallisation entsteht dort zunächst eine Mischung aus reinen Zuckerkristallen und Muttersirup. Diese Kristallsuspension wird je nach Verarbeitungsstufe homogenisiert und gekühlt oder gelangt warm zum Zentrifugieren. Die dort abgetrennten Zuckerkristalle werden entsprechend ihrer Produktionsstufe weiter verarbeitet. Das erste Produkt ist der Weißzucker, der nach Trocknung und Kühlung als Konsumzucker zur Verfügung steht.

Die Zuckerqualität ist ausschließlich weißer kristalliner Zucker in EU-Standardqualität, der vor der Auslieferung entsprechend der Kundenwünsche aufbereitet wird. Die Vermarktung des Zuckers ist dabei vorrangig auf deutsche und ausländische Industriekunden ausgerichtet. Der Zucker wird als lose Ware, in 1000-kg-Big-Bags sowie als 50-kg-Sackware zur Verfügung gestellt. Die Auslieferung erfolgt überwiegend per Silofahrzeug.

Silos und Lager[6]
Zucker Silo 1 50.000 t
Silo 2 3.000 t
Flachlager 9.000 t
Dicksaft Tank 1 67.000 t
Tank 2 67.000 t
Melasse Tanklager 25.000 t
Pellets Flachlager 3.500 t
Bioethanol Tanklager 4.300 m³
Vinasse Tanklager 6.000 t

Das Bioethanol wird als erneuerbarer Kraftstoff an Raffinerien und Tanklager geliefert und dort bis zu 10 % dem Benzin beigemischt (E10). Es erfüllt mit 52 % CO2-Einsparung bereits heute die ab 2017 geltenden Nachhaltigkeitsanforderungen.

Die Fabrik ist auf die Einhaltung schärfster Umweltauflagen ausgelegt. So erzeugt eine Biologische Kläranlage aus dem anfallenden Schmutzwasser Wasser mit ständig guter Qualität sowie Biogas, das im eigenen Kesselhaus verbrannt wird. Es besteht ein nach ISO 90001:2000, ISO 14001:2004 und ISO 22000:2005 zertifiziertes Qualitätsmanagement.

Durchschnittliche Jahresproduktion[6]
Weißzucker 112.000 t
Melasse 20.000 t
Vinasse 20.000 t
Trockenschnitzelpellets 28.000 t
Pressschnitzel 125.000 t
Schnitzelrundballen 12.000 Stck.
Carbokalk (Dünger) 40.000 t
Bioethanol 50-60.000 m³

Zur Herstellung von Pellets werden die extrahierten Rübenschnitzel getrocknet. Zu diesem Zweck kommt ein Verdampfungstrockner mit einer Wasserverdampfung von 29 t/h zum Einsatz. Das Trockensystem wird mit Dampf beheizt. Bei diesem Verfahren sind Rauch- und Staubemissionen ausgeschlossen. Die einzigen Nebenprodukte sind Wasser und Niederdruckdampf, die zu 100 % in der Fabrik wieder verwendet werden.

Die Verkehrsanbindung der Fabrik erfolgt über Straße, Bahn und einen Flusshafen an der Peene.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Suche im Bundesanzeiger Suiker Unie: Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 1. Mai 2009 bis zum 31. Dezember 2009
  2. Gerd Rinas: Aufatmen in Anklam. In: Bauernzeitung online. 13. März 2009, abgerufen am 3. November 2009.
  3. Geschichte Anklams
  4. Edgar Offel: Start in Anklam. In: Bauernzeitung online. 5. September 2008, abgerufen am 3. November 2009.
  5. Zuckerfabrik Anklam bleibt bestehen. Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei M-V, abgerufen am 3. November 2009.
  6. a b c d e f „Besucherinformation“, Hrg.: Suiker Unie GmbH, Anklam, Stand: 12/2010“
53.8558713.705972

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