- Zufallsmatrix
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In Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik (mit Hauptanwendungen in der theoretischen Physik) ist eine Zufallsmatrix eine matrixwertige Zufallsvariable. Viele wichtige Eigenschaften physikalischer Systeme können mathematisch als Matrix-Problem formuliert werden. Beispielsweise kann die Wärmeleitfähigkeit eines kristallinen Festkörpers direkt aus der sogenannten dynamischen Matrix der Teilchen-Teilchen-Wechselwirkung des Kristallgitters berechnet werden.
Inhaltsverzeichnis
Zur Motivierung: Ungeordnete Systeme
Im Fall eines ungeordneten physikalischen Systems (z. B. bei sog. amorphem Material) sind die betreffenden Matrix-Elemente Zufallsgrößen. Die Physik dieser Systeme kann im Wesentlichen durch die Kenngrößen der jeweiligen Matrizen erfasst werden, z. B. durch Mittelwert und Schwankung der jeweiligen Größe. Von speziellem Interesse sind die Eigenvektoren und die Eigenwerte der Zufallsmatrizen.
Spektraltheorie der Zufallsmatrizen
Mathematiker und Physiker haben viele bemerkenswerte theoretische Zusammenhänge und empirische Nachweise zur Theorie der Zufallsmatrizen erarbeitet. Eines der wichtigsten Ergebnisse ist das sog. Wigner'sche Gesetz (siehe Eugen Wigner): Es besagt, dass das Spektralmaß der Eigenwerte einer symmetrischen Zufallsmatrix, in der Physik bekannt als die sog. Zustandsdichte, einer charakteristischen Halbkreis-Verteilung genügt. Dabei geht es um N × N-Matrizen mit Gauß-verteilten Elementen im Limes . Das Wigner'sche Gesetz gilt nicht nur für symmetrische Matrizen (sog. orthogonales Ensemble) sondern mit leichten Modifikationen auch für unitäre oder symplektische Matrizen (sog. unitäres bzw. symplektisches Ensemble)[1]. Z. B. wurde der letztgenannte Fall bei aktuellen Simulationen zur Gittereichtheorie der Quantenchromodynamik festgestellt.[2]
Anwendungen
- Anwendungen betreffen u.a. in der Mathematik die L-Funktionen von Dirichlet und Anderen. Ferner gibt es natürlich zahlreiche Anwendungen in der Zahlentheorie, in der Operatoralgebra, [1], und in der sog. freien Wahrscheinlichkeitstheorie, [2].
- In der Physik gibt es Anwendungen u.a. bei magnetischen Systemen, z. B. bei Multilagensystemen magnetischer Dünnschicht-Systeme[3], dem Quanten-Hall-Effekt[4][5], sog. Quanten-Dots[6] und bei Supraleitern[7].
- Anwendungen in der Kernphysik betreffen u.a. das oben erwähnte Gauß'sche orthogonale, das unitäre und das symplektische Ensemble: Energiespektrum und Wirkungsquerschnitt eines Atomkern sind zwar extrem komplex, aber gerade deshalb der Theorie des sog. chaotischen Verhaltens zugänglich.
- Die sog. random matrix theory versucht die globalen Eigenschaften der Kernspektren (Verteilung der Resonanzen und der Linienbreiten) durch Ensembles von Zufallsmatrizen zu beschreiben[8].
- Weitere Anwendungen betreffen die Signalverarbeitung und drahtlose Netzwerke[9]
- sowie das sog. Quantenchaos und die mesoskopische Physik[10].
- Ferner gibt es Anwendungen in der sog. Quantengravitation bei zweidimensionalen Systemen[11].
- Aus aktuellen Untersuchungen ergibt sich als Vermutung, dass die Theorie der Zufallsmatrizen zu Verbesserungen bei Suchmaschinen im Web führen könnte, [3].
Literatur
- Diaconis, Persi: Patterns in eigenvalues: the 70th Josiah Willard Gibbs lecture. In: American Mathematical Society. Bulletin. New Series. 2003, S. 155–178, abgerufen am 17. Juni 2010 (englisch).
- Diaconis, Persi: What is ... a random matrix? In: Notices of the American Mathematical Society. 2005, S. 1348–1349, abgerufen am 17. Juni 2010 (englisch).
- M.L.Mehta, Random matrices, Third edition. Pure and Applied Mathematics (Amsterdam), 142. Elsevier/Academic Press, Amsterdam, 2004. xviii+688 pp
- Enter the matrix: the deep law that shapes our reality, New Scientist, 7. April 2010 by Mark Buchanan
- Guhr, Müller-Groening, Weidenmüller: “Random Matrix theories in quantum physics: common concepts.” Physics Reports, Bd.299, 1998, S.189-425
Weblinks
- Random Matrix at MathWorld
- RMTool A MATLAB based Random Matrix Calculator
- Random Matrix Theories in Quantum Physics: Common Concepts
- Developments in Random Matrix Theory
- Random-matrix physics: spectrum and strength fluctuations
- Random matrix theory survey
- Alcatel-Lucent Chair on Flexible Radio Applications of Random Matrix theory to Wireless Communications
Einzelnachweise und Fußnoten
- ↑ Eine symplektische Matrix ist eine 2nx2n-Matrix M, die in der Form geschrieben werden kann, wobei ATD-CTB=E (gleich nxn-Einheitsmatrix) und ATC-CTA=0 sowie DTB-BTD=0 gilt. Solche Matrizen sind u.a. in der Hamilton'schen Mechanik, der Quantenmechanik und der relativistischen Quantenmechanik wichtig (u.a. bei Spin-Bahn-Kopplungsprozessen).
- ↑ T. Kanazawa, T. Wettig, Y. Yamamoto; Chiral random matrix theory for two-color QCD, Phys. Rev. D 81 (2010) 081701(R), http://arxiv.org/PS_cache/arxiv/pdf/0912/0912.4999v2.pdf .
- ↑ Rychkov VS, Borlenghi S, Jaffres H, Fert A, Waintal X: Spin torque and waviness in magnetic multilayers: a bridge between Valet-Fert theory and quantum approaches. In: Phys. Rev. Lett.. 103, Nr. 6, August 2009, S. 066602. doi:10.1103/PhysRevLett.103.066602. PMID 19792592.
- ↑ Callaway DJE: Random matrices, fractional statistics, and the quantum Hall effect. In: Phys. Rev., B Condens. Matter. 43, Nr. 10, April 1991, S. 8641–8643. doi:10.1103/PhysRevB.43.8641. PMID 9996505.
- ↑ Janssen M, Pracz K: Correlated random band matrices: localization-delocalization transitions. In: Phys Rev E Stat Phys Plasmas Fluids Relat Interdiscip Topics. 61, Nr. 6 Pt A, Juni 2000, S. 6278–86. doi:10.1103/PhysRevE.61.6278. PMID 11088301.
- ↑ Zumbühl DM, Miller JB, Marcus CM, Campman K, Gossard AC: Spin-orbit coupling, antilocalization, and parallel magnetic fields in quantum dots. In: Phys. Rev. Lett.. 89, Nr. 27, Dezember 2002, S. 276803. doi:10.1103/PhysRevLett.89.276803. PMID 12513231.
- ↑ Bahcall SR: Random Matrix Model for Superconductors in a Magnetic Field. In: Phys. Rev. Lett.. 77, Nr. 26, Dezember 1996, S. 5276–5279. doi:10.1103/PhysRevLett.77.5276. PMID 10062760.
- ↑ Mark Buchanan: Enter the matrix: the deep law that shapes our reality. In: Physics & Math, NewScientist, 7. April 2010.
- ↑ Random Matrix Theory and Wireless Communications. Now 2004
- ↑ Sánchez D, Büttiker M: Magnetic-field asymmetry of nonlinear mesoscopic transport. In: Phys. Rev. Lett.. 93, Nr. 10, September 2004, S. 106802. doi:10.1103/PhysRevLett.93.106802. PMID 15447435.
- ↑ Franchini F, Kravtsov VE: Horizon in random matrix theory, the Hawking radiation, and flow of cold atoms. In: Phys. Rev. Lett.. 103, Nr. 16, Oktober 2009, S. 166401. doi:10.1103/PhysRevLett.103.166401. PMID 19905710.
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