Cochenillelaus

Cochenillelaus
Cochenilleschildlaus
weibliche (links) und männliche Cochenilleschildlaus.

weibliche (links) und männliche Cochenilleschildlaus.

Systematik
Ordnung: Schnabelkerfe (Hemiptera)
Unterordnung: Pflanzenläuse (Sternorrhyncha)
Überfamilie: Schildläuse (Coccoidea)
Familie: Dactylopiidae
Gattung: Dactylopius
Art: Cochenilleschildlaus
Wissenschaftlicher Name
Dactylopius coccus
Costa, 1835
Cochenilleschildlauskolonie auf einer Opuntie

Die Cochenilleschildlaus, Cochenillelaus oder Cochenille (Dactylopius coccus) ist eine Insektenart, die ursprünglich in Zentral- und Südamerika als Pathogen an Opuntien vorkommt. Aus den weiblichen Tieren wird Karminsäure gewonnen, welche die Grundlage für die Herstellung des Farbstoffs Karmin darstellt.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Die Weibchen der Cochenilleschildlaus sind flügellos, breit-eiförmig bis rund und etwa 6 bis 7 mm lang. Auf Grund der hohen Konzentration an im Fettkörper gespeicherter Karminsäure, die wahrscheinlich der Abwehr von Fressfeinden und Parasiten dient, erscheinen sie dunkelpurpurn. Zerquetscht sind sie leuchtend rot. Der Körper ist von weißem, mehligen Wachs bedeckt, allerdings ist der Körper unter den Absonderungen teilweise sichtbar. Die häufig vorkommenden Männchen sind in den frühen Nymphenstadien von den Weibchen kaum unterscheidbar. Im vorletzten Stadium bilden sie Scheinpuppen in denen sie sich zu zweiflügeligen Imagines entwickeln. Die Eier sind blass rot. [1][2][3]

Von anderen Arten der Gattung unterscheidet sich die Cochenilleschildlaus durch die Kombination folgender Merkmale: Die dorsalen Setae sind dünn und alle ungefähr gleich groß. Die fünf Porengruppen um den Analring weisen nur wenige Tracheengänge auf, welche am Körper ganz fehlen. Dünnrandige Poren auf der Bauchseite sind nicht vorhanden. Der Analring selbst ist im vorderen Bereich nur in einem dünnen bereich verhärtet und weist keine Setae auf. Die hinteren Femuren weisen große, durchscheinende Poren auf und die Antennen haben sieben Glieder. [3]

Lebensweise

Weibliche Cochenilleschildläuse sind nur im ersten Nymphenstadium mobil. Ein zweites Nymphenstadium verbringen sie ebenso wie die adulte Phase sessil an Opuntienpflanzen, wobei mehrere Generationen gemeinsame Kolonien bilden. Das Wirtsspektrum umfasst dabei die Arten Opuntia atropes, Opuntia cochenillifera, Opuntia ficus-indica (Feigenkaktus), Opuntia hyptiacantha, Opuntia jaliscana, Opuntia megacantha, Opuntia pilifera und Opuntia tomentosa.[4] Nach der Verpuppung breiten sich die flugfähigen Männchen aus und finden die Weibchen über von diesen abgegebene Pheromone gefunden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Schildläusen pflanzen sich Cochenilleschildlaus ausschließlich sexuell fort. Die Männchen sterben kurz nach der Paarung. Pro Jahr werden nach Schätzungen bis zu fünf Generationen hervorgebracht. [5][1]

Wichtige natürliche Feinde der Art sind eine Reihe von Marienkäferarten, der Glanzkäfer Cybocephalus nigritulus, die Blattlausfliege Leucopis bellula, die Zünsler Laetilia coccidivora und Salambona intrusus und der Taghaft Sympherobius amiculus.[4]

Verbreitung

In Amerika weist die Cochenilleschildlaus ein disjunktes Verbreitungsgebiet mit einem südlichen Vorkommen in Argentinien und Peru sowie einem nördlichen Vorkommen in Mexiko auf. Phylogenetische Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Tiere ausgehend vom ursprünglichen Vorkommen in Südamerika in präkolumbischer Zeit per Seehandel nach Mittelamerika gelangten.[6] Durch den Menschen wurde die Art auch auf den Kanaren sowie auf Madagaskar und in Südafrika etabliert.[4]

Systematik

Die Cochenilleschildlaus wurde 1791 von Lancry als Coccus sativus, 1801 von Lamarck als Coccus maximus und 1835 von Costa als Dactylopius coccus beschrieben. In der Fachliteratur wurde die Art etwa 150 Jahre fälschlich mit der 1758 von Linné beschriebenen Art Coccus cacti gleichgesetzt, die heute als Protortonia cacti geführt wird. Der heute gültige lateinische Name der Cochenilleschildlaus nach den Internationale Regeln für die Zoologische Nomenklatur ist Dactylopius coccus, dem auf Grund seiner Bekanntheit der Vorzug gegenüber den älteren Synonymen von Lancry und Lamarck gegeben wurde.[4] Phylogenetische Analysen weisen darauf hin, dass die nächsten verwandten Arten Dactylopius zimmermanni und Dactylopius confertus sind, die in Südamerika auf Kakteen lebend vorkommen.[6]

Nutzung

Cochenilleschildlauszucht in Oaxaca, Mexiko

Die Cochenilleschildlaus wurde von den präkolumbischen süd- und mittelamerikanischen Kulturen zur Gewinnung roten Farbstoffs genutzt, wozu die wilden Tiere oder domestizierte Linien verwendet wurden. Die Tiere werden hierzu von den Opuntien abgebürstet und getrocknet und so gelagert, gehandelt oder weiter verarbeitet. Zur Extraktion der Karminsäure werden die Tiere gekocht, der Farbstoff anschließend gefällt, filtriert und getrocknet. Zur Herstellung von einem Pfund Cochenille werden etwa 70.000 Tiere gebraucht.[7] Nach der Ankunft der spanischen Konquistadoren wurde Cochenille ab dem 16. Jahrhundert zu einem wichtigen Exportgut der mittelamerikanischen spanischen Kolonien, die an Bodenschätzen weniger reich waren als die südamerikanischen Besitzungen. Nach anfänglichem Zögern wurde der Farbstoff in Europa auf Grund seines gegenüber anderen roten Farbstoffen niedrigeren Preises und seiner kräftigen roten Farbe sehr gefragt. Neben der Produktion in Mexiko brachten die Spanier die Cochenilleschildlaus auch nach Guatemala, Honduras und auf die Kanaren, während die Engländer sie nach Indien und Afrika brachten.[8] Versuche, die Tiere auch in Georgia und South Carolina zu züchten waren wenig erfolgreich.[7] Ab etwa 1860 ging die Nachfrage auf Grund der zunehmenden Verfügbarkeit von Teerfarben stark zurück, im 20. Jahrhundert stieg die Nachfrage nach Cochenille als nicht-giftige Kosmetik- oder Lebensmittelfarbe wieder an. Sie kann allerdings gelegentlich zu allergischen Reaktionen führen.[4] Heute wird es in Peru, Mexiko, auf den Kanaren sowie in Chile und Bolivien hergestellt.[8] [9]

Cochenilleschildläuse wurden in Australien und Afrika auch zur Kontrolle von außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets verschleppten und als Unkraut auftretenden Opuntien eingesetzt.[6]

Quellen

Einzelnachweise

  1. a b Hans Strümpel, Willy Georg Kükenthal, Maximilian Fischer: Homoptera (Pflanzensauger). Walter de Gruyter, 1983, ISBN 9783110088564, S. 81. 
  2. John L. Capinera: Encyclopedia of Entomology. 2 Auflage. Springer, 2008, ISBN 9781402062421, S. 2112. 
  3. a b Dactylopius coccus bei "Scale Insects" (Systematic Entomology Laboratory, United States Department of Agriculture)
  4. a b c d e Yair Ben-Dov, Douglass R. Miller, Gary A. P. Gibson: A systematic catalogue of eight scale insect families (Hemiptera: Coccoidea) of the world: Aclerdidae, Asterolecaniidae, Beesoniidae, Carayonemidae, Conchaspididae, Dactylopiidae, Kerriidae and Lecanodiaspididae. Elsevier, 2006, ISBN 9780444528360, S. 215-218. 
  5. Luis C. Rodriguez, Eric H. Faundez, Hermann M. Niemeyer: Mate searching in the scale insect, Dactylopius coccus (Hemiptera: Coccoidea: Dactylopiidae). In: European Journal of Entomology. 102, 2005, S. 305-306 (http://abulafia.ciencias.uchile.cl/publicaciones/pdf/204-EurJEntomol-102-305-2005.pdf). 
  6. a b c Luis C. Rodriguez, Marco A. Mendez, Hermann M. Niemeyer: Direction of dispersal of cochineal (Dactylopius coccus. Costa) within the Americas. In: Antiquity. 75, 2001, S. 73-77 (http://abulafia.ciencias.uchile.cl/publicaciones/pdf/168-Antiquity-75-73-2001.pdf). 
  7. a b Rita J. Adrosko, Margaret Smith Furry: Natural dyes and home dyeing. Courier Dover Publications, 1971, ISBN 9780486226880, S. 24-25. 
  8. a b Lucía E. Claps, María E. de Haro: Coccoidea (Insecta: Hemiptera) Associated With Cactaceae in Argentina. In: Journal of the Professional Association for Cactus Development. 2001, S. 77-83 (http://www.jpacd.org/JPACD01/clapsfnl.pdf). 
  9. John L. Capinera: Encyclopedia of Entomology. 2 Auflage. Springer, 2008, ISBN 9781402062421, S. 2112-2114. 

Siehe auch


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