- Coltan
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Coltan (auch Koltan) ist ein Erz, dessen Hauptlagerstätte in Zentralafrika liegt und aus dem vorrangig das Metall Tantal (Ta) gewonnen wird. Der Name „Coltan“ leitet sich von der Mineralgruppe Columbit-Tantalit ab.
Inhaltsverzeichnis
Chemische Zusammensetzung
Die chemische Zusammensetzung dieser Mineralgruppe ist sehr variabel: So sind die reinen Metalloxide Niobit (Columbit) und Tantalit als Endglieder einer natürlichen Mischungsreihe der allgemeinen chemischen Formel (Fe,Mn)(Nb,Ta,Sb)2O6 anzusehen. Unter den vielen Varietäten sind die wichtigsten das eisenreiche Mineral Ferrotantalit beziehungsweise Ferroniobit und das antimonreiche Stibiotantalit beziehungsweise Stibioniobit. Primär an Kristallingesteine, unter anderem an Alkali-Pegmatit-Gänge gebunden, finden sich diese Minerale häufig auch auf sekundärer Lagerstätte, etwa in Schwermineral-Seifen.
Niob
Das Metall Niob (Nb) ist mit Tantal chemisch eng verwandt. So soll es das derzeit teurere Tantal bei der Herstellung von Kondensatoren ersetzen. Es wird ebenfalls zur metallurgischen Herstellung von harten und hitzebeständigen Legierungen (Superlegierungen) für Gasturbinen und Raketenteile verwendet.
Tantal
Das Metall Tantal wird wegen seiner hohen Temperatur- und Korrosionsbeständigkeit in der Industrie vielfältig eingesetzt, unter anderem zur Herstellung von chirurgischen Instrumenten und in der Hochvakuumtechnik. Es wird auch in der Mikroelektronik für die Produktion von kleinsten Kondensatoren mit hoher elektrischer Kapazität verwendet, die zum Beispiel in Mobiltelefonen und Laptops eingesetzt werden.
Im Dezember 2000 führte die hohe Nachfrage nach solchen Geräten kurzzeitig zu einer Vervielfachung des Weltmarktpreises für Tantal (480 US-Dollar/kg), der zeitweise sogar den Silberpreis übertraf. Danach pendelte sich der Preis wieder ein und erreichte im Frühjahr 2005 einen Wert von unter 80 US-Dollar pro Kilogramm.
Abbaustätten
Wichtige Coltanlagerstätten befinden sich in Zentralafrika. Der Coltan-Abbau konzentriert sich dort im Wesentlichen auf die Kivusee-Region in der Demokratischen Republik Kongo. In den Bergwerken Zentralafrikas gewinnen Erdarbeiter (engl. „local diggers“, frz. „creuseurs“) aus dem Erdreich durch Nasssiebung und Schweretrennung Konzentrate für die weitere Verhüttung. Die Spitzenwerte in diesen Konzentraten liegen bei 40 bis 45 % Tantalit (Tantaloxid Ta2O5). Bis zu 2000 US-Dollar im Monat konnten 2003 noch einzelne Schürfer so verdienen in einem Land, in dem das durchschnittliche Jahreseinkommen laut Weltbank bei 80 US-Dollar lag[1] und 2010 lt. US Department of State bei $189 US-Dollar lag[2]. Das Coltan aus dieser Region ist oftmals mit radioaktiven Elementen und Zinnerzen (Kassiterit) vermischt.
Weitere bedeutende Tantal-Niob-Lagerstätten finden sich in Westaustralien, Brasilien und Kanada.
Fördermengen
Im Jahr 2008 wurden weltweit 1195 t gefördert, dabei entfielen auf Australien 435 t, die Demokratische Republik Kongo 383 t, Brasilien 180 t, Äthiopien 77 t, Kanada 45 t, Ruanda 42 t und andere 43 t.[3]
Folgen des Abbaus in Zentralafrika
Die Arbeitsbedingungen (inklusive Kinderarbeit) gelten als sehr inhuman.[4] Die hohen Gewinne und die mangelnde staatliche Überwachung während des Bürgerkrieges in der Demokratischen Republik Kongo führten zu völlig planlosen Bergbauaktivitäten. Gravierende Umweltschäden waren die Folge. Unter anderem wurden größere Flächen des schon stark reduzierten Lebensraumes der Gorillas zerstört.[5]
Gleichzeitig ermöglichen die Einnahmen aus dem Bergbau und mangelhaft kontrollierte Embargos den lokalen Milizführern – vor allem Rebellen des Rassemblement Congolais pour la Démocratie (RCD, „Kongolesische Vereinigung für Demokratie“) – die Bezahlung von Soldaten, den Kauf von Waffen und die Fortsetzung des Bürgerkrieges. Als Geschäftsführer setzte die RCD eine in der ganzen Region berüchtigte Frau ein: Aziza Gulamali Kulsum, die schon seit Jahren einen Großteil des Handels mit dem begehrten Erz dominiert. Sie war jahrelang die Hauptgeldgeberin der Hutu-Rebellen in Burundi, die inzwischen vom benachbarten Kongo aus operieren. Einem kongolesischen Forschungsinstitut (Pole Institut – Institut Interculturel dans la Région des Grands Lacs) zufolge ist Gulamali eines der zentralen Glieder des Netzes aus Waffenhändlern und Schmugglern in der Region.
Rund die Hälfte des weltweiten Coltans wird von H. C. Starck, bis 2006 eine hundertprozentige Tochterfirma der Bayer AG, aufgekauft und verarbeitet.[6] Weitere wichtige Verarbeiter sind Treibacher (Österreich), Cabot (USA), Mitsui (Japan) und Ulba (Kasachstan).[3]
Eine NGO-basierte Studie von 2010 weist auch der Firma Glencore mit Sitz in Baar/ZG in der Schweiz eine bedeutende Rolle im Coltan-Abbau in Zentralafrika zu. Laut der Studie plant Glencore über die Tochterfirma Katanga Mining Limited zum weltgrössten Förderer von Coltan zu werden. Die Schürfmengen sollen bis 2015 auf 30.000 t gesteigert werden. Gemäß der Studie arbeitet Glencore mit ungerechten Verträgen, Missachtung von Menschenrechten und Steuerunterschlagung. [7][8]. Glencore bestreitet alle Vorwürfe und bezeichnet die Studie als fehlerhaft.[9]
Film
- Frank Piasecki Poulsen (Regie und Interviewer im Film): Blood in the Mobile. Deutschland, 2010, 52 Min. Poulsen zeigt eine Kette von einem Handyhersteller in Finnland zu den Schürfern in einer großen Mine im Kongo bis hin zu US-Politikern, die eine Verwendung von Konfliktmineralien ausschließen wollen (2010 kam es zu einem US-Gesetz dazu).[10]
- Hannes Jaenicke: Im Einsatz für Gorillas Deutschland, 2010, 30 Min. Die Dokumentation zeigt nicht nur das Abholzen der Regenwälder in Zentralafrika, sondern auch was für Schäden der Abbau von Coltan für die Umwelt anrichtet.[11]
Einzelnachweise
- ↑ Michael Bitala: Krieg um Rohstoffe. In: Süddeutsche Zeitung. 17. Juni 2003.
- ↑ Bureau of African Affairs Background Note: Democratic Republic of the Congo In: US Department of State. 13. April 2011.
- ↑ a b Simone Schlindwein, Dominic Johnson: Wie das Blut vom Erz gewaschen wird. In: die tageszeitung. 4./5. Juli 2009.
- ↑ TV-Rückblick. Kongos verfluchter Schatz.. In: Der Spiegel. Nr. 35, 2008, S. 100 (online).
- ↑ Sascha Koesch, Fee Magdanz, Robert Stadler: Handys bedrohen Gorilla-Bestand. In: Spiegel Online. 27. April 2008.
- ↑ Angeblich finanziert die Starck GmbH auch Rebellengruppen im Kongo.
- ↑ Chantal Peyer: Wie ein Weltkonzern ein Land ausbeutet: Das Beispiel von Glencore in der DR Kongo. (Zusammenfassung der Studie über Glencore auf deutsch)
- ↑ Chantal Peyer:Contrats droits humains et fiscalité: comment une entreprise dépouille un pays. Le cas de Glencore en République Démocratique du Congo.
- ↑ Plündern Rohstoffriesen schwache Entwicklungsländer aus? Tages-Anzeiger
- ↑ Information des Senders arte-tv (Aufgesucht 9. Februar 2011)
- ↑ Hannes Jaenicke: Im Einsatz für Gorillas
Literatur
- Pole Institute (Hrsg.): The Coltan Phenomenon: How a rare mineral has changed the life of the population of war-torn North Kivu province in the East of the Democratic Republic of Congo. Goma 2002.
- Klaus Werner, Hans Weiss: Schwarzbuch Markenfirmen. Die Machenschaften der Weltkonzerne. Deuticke, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-216-30715-8.
- Simon Hartmann: Globalisierte Konfliktökonomie im Herzen Afrikas. Zur Rolle von Coltan im „Afrikanischen Weltkrieg“, Zeitgeschichte 36. Jg., H. 1, S. 19-31, Wien 2009
- Michael Nest: Coltan, J. Wiley, Hoboken, New Jersey 2011 ISBN 978-0-7456-4932-0
Weblinks
- Coltan im Mineralienatlas-Wiki
- Tantalum-Roskill Metals and Mining Reports (englisch)
- Tantalum-Niobium International Study Center (englisch)
- Links zur politischen Situation im Hauptabbaugebiet von Coltan
- Frank Piasecki Poulsen: Blutige Handys (deutscher Dokumentarfilm). WDR, 25. November 2010.
- Ian Redmond: Coltan Boom, Gorilla Bust. The Impact of Coltan Mining on Gorillas and other Wildlife in Eastern DR Congo. Mai 2001 (englisch, PDF-Datei, 345 kB)
- Päivi Pöyhönen, Eeva Simola: Connecting components, dividing communities. Tin production for consumer electronics in the DR Congo and Indonesia. FinnWatch, Dezember 2007.
- Sollen im Kongo deutsche Interessen vertreten werden? In: ngo-online. 18. Mai 2006.
- Johann Hari: The war the world ignores. In: Sunday Independent. 14. Mai 2006.
- „The War The World Ignores“. 7. August 2006 (englische Radiosendung auf Democracy Now)
- Michael Bitala: „Kein Blut auf meinem Handy“. In: Süddeutsche Zeitung. 17. Juni 2003.
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