- Glencore
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Glencore International AG Rechtsform Aktiengesellschaft[1] Gründung 1974 Sitz Baar ZG, Schweiz Leitung Ivan Glasenberg
(CEO)
Simon Murray
(VR-Präsident)Mitarbeiter ca. 57'500 (2010)[2] Umsatz 144,98 Mrd. USD (2010)[2] Branche Rohstoffhandel Website www.glencore.com Die Glencore International AG ist die grösste im Rohstoffhandel tätige Unternehmensgruppe weltweit[3] mit Hauptsitz in Baar in der Schweiz. Der Konzern befand sich bis Mai 2011 vollständig im Privatbesitz des Managements und von Mitarbeitern in Schlüsselpositionen. Seit einem Börsengang am 19. Mai 2011 an der London Stock Exchange[4] werden Glencore-Aktien erstmals öffentlich gehandelt.
Glencore ist umsatzmässig das zweitgrösste Unternehmen der Schweiz nach dem Ölhändler Vitol.[5] Das Unternehmen erwirtschaftete 2010 einen Umsatz von 144,98 Milliarden US-Dollar, gegenüber 106,36 Milliarden im Vorjahr.[2] Direkt oder indirekt werden rund 62'000 Mitarbeiter beschäftigt. Die Marketing-Aktivitäten werden von mehr als 2'000 Mitarbeitern in über 40 Ländern ausgeführt, die industriellen Aktivitäten von weltweit mehr als 60'000 Mitarbeitern an 19 Standorten in 12 Ländern.[6]
Inhaltsverzeichnis
Unternehmen
Das Unternehmen wurde 1974 von Marc Rich unter dem Namen Marc Rich + Co AG gegründet. Nach dem vom Management de facto erzwungenen Ausscheiden des Gründers 1994 wurde es auf den Namen Glencore (Global Energy Commodity and Resources) umfirmiert.[7] Zunächst konzentrierte sich Glencore auf den physischen Handel mit Eisen und Nicht-Eisen-Metallen, Mineralien und Erdöl. In der Folge expandierte das Unternehmen mit Öl- und Kohleprodukten in den Energiebereich. Mit der Akquisition einer etablierten niederländischen Getreidevertriebs-Gesellschaft im Jahr 1982 stieg Glencore auch in die Agrarwirtschaft ein. Durch weitere Akquisitionen in den Bereichen Bergbau, Schmelzen, Raffinerie und Verarbeitung expandierte das Unternehmen in den 1980er und 1990er Jahren weiter.
Heute zählt Glencore zu den weltweit führenden Rohstoffkonzernen und umfasst unter anderem die Produktion, Verarbeitung und Handel mit Aluminium, Aluminiumoxid, Bauxit, Eisenlegierungen, Nickel, Zink, Kupfer, Blei, Kohle und Öl, sowie Agrarprodukten (Getreide bzw. Reis, Ölsaaten, verzehrbare Pflanzenöle, Zucker, Biodiesel, u. a.). Glencore hat seinen operativen Sitz im Kanton Zug in der Schweiz.
Glencore hält unter anderem namhafte Beteiligungen an den drei börsennotierten Bergwerkkonzernen Minara Resources (Australien; Nickel; 70,6 %), Century Aluminium (Vereinigte Staaten; Aluminium; 44,0 %) und Xstrata (Vereinigtes Königreich; 34,5 %).[8] In Afrika hält das Unternehmen z.B. knapp 75 Prozent an der Katanga Mining Limited im Kongo.[9]
Seit Anfang 2007 ist Glencore geschäftlich mit der russischen Holding RUSAL des Milliardärs Oleg Deripaska verwoben. Im März 2007 wurden die damaligen RUSAL-Geschäftsbereiche (unter anderem Aluminium) mit dem Aluminium-Konzern SUAL und Glencores Geschäftsbereich Aluminium zur neuen «United Company Rusal Limited» (UC Rusal) mit Sitz auf Jersey verschmolzen. An UC Rusal hält Glencore seither einen Anteil von knapp 10 %. Ab Ende 2009 hielt Glencore 50 % plus eine Aktie an der Biopetrol Industries AG in Zug, mit der Option, die Beteiligung auf zwei Drittel auszubauen. Im Laufe des Jahres 2010 wurde der Anteil auf 60,4 % erhöht und der Sitz des Unternehmens nach Baar, an den Glencore-Sitz verlegt.
Die zwölf Personen des obersten Managements sind zugleich die grössten Aktionäre von Glencore.[10] Mit einem Anteil von geschätzten 10 Prozent galt der ehemalige Verwaltungsratspräsident Willy Strothotte als der grösste Einzelaktionär von Glencore.[11] Im April 2011 wurde Simon Murray zu Strothottes Nachfolger ernannt, nachdem Gespräche mit dem als Wunschkandidaten gehandelten, ehemaligen BP-Vorstandsvorsitzenden John Browne, im Sande verlaufen waren.[3] Zuvor wurde bereits der ehemalige BP-Manager Tony Hayward zum Verwaltungsrat ernannt.[12]
Murrays Verpflichtung diente der Vorbereitung eines Börsenganges von Glencore, der dem Unternehmen 12 Milliarden US-Dollar einbringen sollte.[13] Der Börsengang erfolgte in London am 19. Mai 2011, ab dem 25. Mai 2011 sollen die Papiere auch in Hongkong gehandelt werden. Glencore wurde vorab mit 61 Milliarden US-Dollar bewertet[14] und 16,9 Prozent der Aktien werden an die Börse gebracht[5], es stellt somit den grössten Börsengang des Jahres 2011 dar. Schweizer Banken wurden die Kernaktionäre des Unternehmens. Im Zuge des Börsenganges wurde eine Holding auf der Kanalinsel Jersey gegründet. Die Dachgesellschaft soll den juristischen Sitz von Glencore darstellen, während der operative Hauptsitz in Baar (Zug) verbleibt.[15] Nach Angabe des geschäftsführenden Vorstands wird der Börsengang keinen Einfluss auf das Geschäft haben, laut Experteneinschätzung dient er ausschliesslich der Finanzmittelbeschaffung.[16]
Kritik
Menschenrechtsverletzungen
2008 wurde Glencore der Negativpreis Public Eye Swiss Award verliehen. Der Firma wird vorgeworfen, in kolumbianischen Kohleminen skrupellos gegen Gewerkschaftsmitglieder in der Belegschaft vorzugehen. Durch die Minen würden Bevölkerung und Umwelt der Region massiv geschädigt. Zahlen und Geschäftspraxis würden völlig im Dunkeln bleiben.[17] Ein Anführer der kolumbianischen Paramilitärs, die Gewerkschafter töteten, sagte gegenüber Medien 2008, dass sie von Glencore finanzielle Unterstützung erhielten, Glencore wies die Angaben zurück.[18]
Der Entwicklungsdienst Brot für alle kritisierte die Unternehmensmethoden im Kongo als Raubbau und Ausbeutung der Minenarbeiter.[19]
Steuermanipulation
Die Nichtregierungsorganisation Erklärung von Bern wirft dem Konzern vor, seine Geschäftsbücher durch erhöht ausgewiesene Betriebskosten und unrealistisch tiefe Rohstoffpreise zu manipulieren, um dadurch in den Entwicklungsländern keine Abgaben oder Steuern zahlen zu müssen.
So soll die sambische Glencore Tochterfirma laut einer Untersuchung zweier internationaler Rechnungsprüfungsgesellschaften im Auftrag der sambischen Steuerbehörden (vorläufige Fassung) unerklärlich "niedrige Einnahmen" und ebenso unerklärlich "hohe Betriebskosten" haben. So berichtet die ARD-Sendung Monitor: Das Kupfer der Mopanimine, werde rund 25 Prozent unter Weltmarktpreis von der Glencore-Tochter per Vertrag mit einer britischen Tochter an die Glencore-Zentrale in der Schweiz verkauft und von dort zu Marktpreisen an die Abnehmer. "Der Gewinn entsteht also nicht in Sambia, sondern steuergünstig in der Schweiz, so die Prüfer." </ref> [3]</ref>
Mehrere Nichtregierungsorganisationen haben bei OECD eine Beschwerde eingereicht.[20][21][22][23] Glencore weist diese Vorwürfe zurück.[24]
Umweltverschmutzung
Zudem ist das Unternehmen mit seiner Tochtergesellschaft Century Aluminium an umstrittenen Aluminiumindustrie-Projekten in Island beteiligt, in denen unter anderem Europas grösstes Staudammprojekt Kárahnjúkavirkjun zur Stromgewinnung gebaut werden soll.[25]
Ein anderes Tochterunternehmen von Glencore besitzt zu 73.1% die sambische Kupfer und Kobaldmine Mopani [26]. Hier bemängelt beispielsweise die ARD-Sendung Monitor die Verschmutzung von Trinkwasser und die mangelnden Bemühungen zum Auffangen von Schwefeldioxid Emissionen. Die Messwerte lägen zum Teil 72-fach über sambischen Grenzwerten [27]
Literatur
- Daniel Ammann: King of Oil. Marc Rich. Vom mächtigsten Rohstoffhändler der Welt zum Gejagten der USA. Orell Füssli, Zürich 2010, ISBN 978-3-280-05396-6.
- Erklärung von Bern (Hrsg.): Rohstoff. Das gefährlichste Geschäft der Schweiz. Salis, Zürich 2011, ISBN 978-3-905801-50-7.[Anmerkung 1]
Filme
- Glencore: der stumme Riese. 27-minütige Reportage in der Sendung ECO des Schweizer Fernsehens, 5. Januar 2009
Weblinks
- Website der Glencore International AG
- Kritische Informationen auf der Seite des Public Eye People's Award (PDF-Datei; 156 kB)
- Rohstoffe und Menschenrechte: Kaufe und schweige, Die Wochenzeitung, 14. Februar 2008
- Sie versetzen Berge…, Die Zeit, 1. Oktober 2009
Anmerkungen
- ↑ Michael Soukup: Neues Buch über Rohstoffhandel: Blutsauger der Dritten Welt, Rezension, Der Spiegel, 24. September 2011, abgerufen am 2. Oktober 2011.
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag der «Glencore International AG» im Handelsregister des Kantons Zug
- ↑ a b c Glencore, Financial Overview
- ↑ a b Lord Browne, former BP boss, to chair Glencore in BBC vom 14. April 2011, abgerufen am 14. April 2011.
- ↑ Geheimnis gelüftet: Glencore ist 61 Milliarden wert, Tages-Anzeiger, 4. Mai 2011
- ↑ a b Glencore mit drittgrösstem Börsengang Europas, Neue_Zürcher_Zeitung, 19. Mai 2011
- ↑ PolyMet and Glencore Sign Strategic Marketing Agreement, Reuters, 4. September 2008
- ↑ Daniel Ammann: King of Oil. Marc Rich. Vom mächtigsten Rohstoffhändler der Welt zum Gejagten der USA. Zürich: Orell Füssli Verlag 2010, ISBN 978-3-280-05396-6
- ↑ SF Videoportal: Glencore: der stumme Riese, ECO vom 5. Januar 2009
- ↑ Das Beispiel von Glencore in der DR Kongo, Studie von Brot für alle, März 2011
- ↑ Licht ins Dunkel einer sehr verschwiegenen Firma. NZZ am Sonntag, 5. Oktober 2008
- ↑ Markus Diem Meier: Der mächtigste Manager der Schweiz, Tages-Anzeiger, 2. März 2010
- ↑ Tagesanzeiger: Nicht alles glänzt bei Glencore, 4. Mai 2011.
- ↑ Bettina Wassener: Glencore Announces I.P.O., Seeking Up to $12.1 Billion in New York Times vom 14. April 2011, abgerufen am 14. April 2011.
- ↑ Tagesanzeiger: Geheimnis gelüftet: Glencore ist 61 Milliarden wert, 4. Mai 2011.
- ↑ Handelszeitung: Glencore: Ab nach Jersey, 18. Mai 2011.
- ↑ Swissinfo: Rohstoffgigant Glencore geht an die Börse, 14. April 2011
- ↑ Public Eye Awards
- ↑ SonntagsZeitung: Dem Zuger Rohstoffhändler Glencore werden in Kolumbien Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, 10. Februar 2008; Ausgabe-Nr. 6; Seite 57 (Wirtschaft)
- ↑ Brot für alle: Kritische Töne zum Börsengang von Glencore, 15. April 2011; Studie von Brot für alle März 2011
- ↑ tagesschau: Börsengang eines umstrittenen Rohstoff-Giganten, 19. Mai 2011
- ↑ Pressemeldung: NGOs lancieren OECD-Beschwerde gegen Glencores Steuerpraktiken, Februar 2011
- ↑ spiegel.de: Neues Buch über Rohstoffhandel. 24. September 2011
- ↑ tax evasion in Zambia: Five NGOs file an OECD complaint against Glencore International AG and First Quantum Minerals for violation of OECD guidelines , 12. April 2011
- ↑ Glencore: Medienmitteilung vom 2. Juni 2011
- ↑ SavingIceland.org
- ↑ [1]
- ↑ [2]
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