Dagome iudex

Dagome iudex

Das Dagome Iudex (auch: Dagone iudex) ist ein Rechtsdokument aus dem 11. Jahrhundert.

"Dagome Iudex" sind die Anfangsworte eines Regestes – also der Zusammenfassung des Inhalts einer Urkunde –, das in der Collectio canonum (entstanden 1086/1087) des Kurienkardinals Deusdedit enthalten ist, der während des Pontifikats von Papst Gregor VII. in Rom gewirkt hat. Die entsprechende Originalurkunde ist nicht vorhanden.

Man geht davon aus, dass in der Eintragung eines Mönchs aus den Jahren 1086/1087 ein Schenkungsakt des polnischen Herzogs Mieszko I. († 992) an den Apostolischen Stuhl aus dem Jahr 991 beschrieben wird, mit dem der Piastenfürst sein Land dem direkten Schutz des Papstes unterstellt. An der Krakauer Akademie wurde die Urkunde als Schenkung Oda's bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Der Text

Lateinischer Text

Dokument im Vatikan

Item in alio tomo sub Iohanne XV papa Dagome iudex et Ote senatrix et filii eorum Misicam et Lambertus – nescio cuius gentis homines, puto autem Fardos fuisse, quoniam ipsi a IIII iudicibus reguntur – leguntur beato Petro contulisse unam civitatem in integro, que vocatur Schinesghe, cum omnibus suis pertinentiis infra hos affines, sicuti incipit a primo latere longum mare, fine Bruzze usque in locum, qui dicitur Russe et fines Russe extendente usque in Craccoa et ab ipsa Craccoa usque ad flumen Odde recte in locum, qui dicitur Alemure, et ab ipsa Alemura usque in terram Milze recte intra Oddere et exinde ducente iuxta flumen Oddera usque in predictam civitate Schinesghe.

Übersetzung ins Deutsche

Auch sollen in einem anderen Buch aus der Zeit des Papstes Johannes XV. der Herr Dagome und die Herrin Ote, ebenso wie ihre Söhne Misico und Lambertus – ich weiß nicht, welchem Stamm diese Leute angehören, glaube aber, dass es sich um Sarden handelt, da jene stets von drei Herren regiert werden –, dem Heiligen Peter einen ganzen Staat namens Schinesghe geschenkt haben, mit allen Ländern, die sich entlang seiner Grenzen erstrecken und einerseits das Lange Meer berühren, entlang Preußens bis zu einem Ort namens Rus reichen und von dort weiter bis Krakau und direkt am Fluss Oder entlang bis zu einem Ort namens Alemure, und von diesem Alemura weiter bis zum Land der Milzen und von dessen Grenze bis zum Fluss Oder, dessen Lauf sie bis zur oben erwähnten Stadt Schinesghe folgen. (Quellenangabe: siehe Diskussionsseite)

Siehe Weblink mit Beschreibung der Nordgrenze Polens gegen Preußen um das Jahr 1000 bis zu den Flüssen Warthe, Netze (Drewenz) bei Strasburg und weiter südöstlich bis Narew und Bug.

Interpretation

Kopie in Cambrai

Man nimmt u.a. an, dass dieser angebliche Schenkungsakt die direkte Thronfolge in Gnesen ("Schinesghe" im vatikanischen Dokument bzw. "Schignesne" in der Kopie von Cambrai) für die minderjährigen Kinder Mieszkos I., Mieszko (jun.) und Lambert, gegen Bolesław I. Chrobry, Mieszkos Sohn aus der Ehe mit Dubrawka, sichern sollte. Andererseits kann davon ausgegangen werden, dass Bolesław gemäß damaliger slawischer Sitte sein Erbe bereits mit Erreichen der Volljährigkeit zugesprochen bekam. In der Forschung wird auch für möglich gehalten, dass die Schenkung erfolgte, um die Metropolitanorganisation der polnischen Kirche, die tatsächlich im Jahr 1000 durchgeführt wurde, vorzubereiten. Das Regest enthält die älteste geografische Beschreibung der politischen Grenzen des Gebietes des Dagome's (auch Dagone) und Ote und überliefert die erste bekannte Schenkung eines Staates an den Apostolischen Stuhl. Da man weiß, dass Ote sich auf Oda von Haldensleben bezieht, nimmt man an, daß Dagome Mieszko I. war und es sich um Polen handelt, obwohl dieser Name nicht erwähnt ist.

Der Hinweis auf eine nicht im Original vorliegende Urkunde eines "Dagome Iudex" hat zu zahlreichen Spekulationen geführt – unter anderem wurde seitens deutscher nationalistischer Kreise auf eine angenommene Identität Mieszkos mit dem Träger des Namens "Dagome Iudex" die These einer normannischen Herkunft der polanischen Herzogsfamilie gestützt (in Analogie zu den russischen Warägern). Für wahrscheinlich erachtet werden jedoch zwei Hypothesen: Zum einen kann es sich um eine Modifikation von Kopisten handeln, die den Ausdruck Ego Mesco dux ("Ich, Herzog Mieszko") zu Dagome [iudex] verkürzt haben, zum anderen kommt ein nicht genauer überlieferter Taufname Herzog Mieszkos, der sich 966 zum katholischen Glauben bekehrte, in Betracht, sowie eine verkürzende Kombination aus seinem Taufnamen und seinem heidnischen Namen Mieszko, der aus anderen Quellen bekannt ist.

Literatur

  • B. Kurbis, Dagome iudex. Studium krytyczne, [w:] Początki państwa polskiego – Księga Tysiąclecia, t. II, Poznań 1962, s. 362-423.
  • H. Łowmiański, Początki Polski, t. V, Warszawa 1973, s. 595-605.
  • G. Labuda, Studia nad początkami państwa polskiego, t. II, Warszawa 1988, s. 240-261.
  • Bibliographie unter pl.sci.historia

WebLink


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