Darginer

Darginer
Verbreitung der Darginer in Kaukasien.

Die Darginer (auch Darginen, Eigenbezeichnung dargwa, in deutschsprachiger Literatur des 19. Jahrhunderts nach Uslar als Hürkaner oder Hürkiliner bezeichnet) sind ein Volk in der russischen Kaukasusrepublik Dagestan.

Die Darginer bilden rund 16% der Bevölkerung dieser Republik (rund 450.000) und sind somit nach den Awaren die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe. Sie leben vorwiegend in der gebirgigen Region im Süden des Landes. Mit den Darginern in weiteren Regionen Russlands gibt es nach der russischen Volkszählung von 2002 über 510.000 Darginer.

Inhaltsverzeichnis

Sprache

Die Darginische Sprache gehört zur Gruppe der Lakisch-Darginischen Sprachen im nordöstlichen Zweig der Kaukasischen Sprachen. Seit dem 16. Jahrhundert wurde sie gelegentlich in arabischer Schrift geschrieben, in der Zeit der Sowjetunion wurde 1928 eine lateinische Schriftsprache entwickelt, die 1938 durch die kyrillische Schrift ersetzt wurde.

Religion

Die Darginer konvertierten seit dem 8. Jahrhundert bis spätestens zum 15. Jahrhundert zum sunnitischen Islam, Anfang des 19. Jahrhunderts kamen sie unter russische Oberhoheit (siehe auch: Islam in Russland).

Untergruppen

Historisch gehören zu den Darginern drei Untergruppen deren Dialekte sich unterschieden:

  • Die eigentlichen Darginer, historisch "Kara-Kaitaken" ("Schwarz-Kaitaken") genannt, in den ebeneren östlichen Gebieten, die sich durch die Nähe zur Handelsstraße über Derbent zwischen Persien und Russland auch überregional verbreiteten und zwei Dialekte sprechen.
  • Die Kaitaken im westlichen Gebirge, die sprachlich seit dem 19. Jahrhundert stark assimiliert wurden und zu denen sich in der Volkszählung 1926 noch über 20.000 Menschen zählten, bei der russischen Volkszählung 2002 dagegen nur noch vier Menschen.
  • Die Kubatschen in der Kleinstadt Kubatschi oder Kubatscha und Umgebung im Süden des darginischen Siedlungsgebietes. In der Volkszählung 1926 bezeichneten sich noch 4900 Menschen als Kubatschen, 2002 nur noch 57[1].

Einige hundert Darginer, meist Kaitaken und Kubatschen leben seit dem 17. Jahrhundert abseits des Hauptsiedlungsgebietes im nördlichen Aserbaidschan. Die genaue Anzahl der Sprecher dort ist nicht bekannt, weil die aserbaidschanische Volkszählung im Gegensatz zur russischen die Minderheitensprachen nicht erfragte. Wahrscheinlich haben viele die Mehrheitssprache der Region Aserbaidschanisch angenommen.

Geschichte

Darginer

Die Darginer lebten seit dem Altertum in Ostdagestan und wurden im 7. Jahrhundert Vasallen der Chasaren, seit etwa 737 Vasallen des arabisch- muslimischen Kalifats, das damals die Grenzfestung Derbent eroberte und übernahmen in der Folgezeit den Islam. Nach den Mongolenzügen im 13. Jahrhundert wurden sie von den Herrschern der Kumyken, den Schamchal beherrscht. Durch den erfolgreichen Aufstand der Laken gegen die Kumyken 1578, dem sich auch andere dagestanische Bergvölker anschlossen, wurden auch die Darginer unabhängig. Ihre Khane trugen den darginischen Titel Usmi und residierten in dem Ort Akuscha. Vom Ende des 16. Jahrhunderts bis in Anfang des 18. Jahrhunderts war das darginische Usmijat unter persischer Oberhoheit wichtigste Regionalmacht im dagestanischen Bergland, wurde aber 1715 von den Laken unterworfen. Nunmehr im Bündnis mit den Laken besiegten die Darginer unter Usmi Ahmed-Khan II. die Awaren und eroberten gemeinsam mit den Laken die Region Schirwan im heutigen Aserbaidschan, was den persischen Herrscher Nadir Schah zum Gegenangriff auf Dagestan veranlasste. Die Darginer unterwarfen sich anfangs Nadir, beteiligten sich aber 1742 am großen Aufstand Dagestans gegen Nadirs Besatzung.

Nachdem Russland um 1800 die Umgebung des dagestanischen Berglandes annektiert hatte, eroberte die russische Armee 1819 das Darginergebiet. Der bewaffnete Widerstand der Usmis endete erst 1826. Ein Teil der darginischen Stämme beteiligte sich daraufhin ab etwa 1838 am antirussischen Aufstand unter Imam Schamil. Erst 1860 konnte Russland die letzten Darginer militärisch unterwerfen.

Der langjährige Präsident der autonomen Republik Dagestan (1983-2006) Magomedali Magomedowitsch Magomedow (links im Bild neben Wladimir Putin) ist Darginer.

In der Ära der Sowjetunion kam das Darginergebiet zur Dagestanischen Autonomen SSR innerhalb der russischen Teilrepublik. Damals wurde eine Schriftsprache auf der Grundlage des Dialektes von Akuscha gebildet, die auch für die Sprecher anderer Dialekte, darunter die Kaitaken und Kubatschen verbindlich ist und die Darginer wurden vollständig alphabetisiert. Darginisch ist heute die dritthäufigste Sprache Dagestans nach Russisch und Awarisch. Einige zehntausend Darginer leben nach der Volkszählung 2002 außerhalb Dagestans , v.a. in Südrussland.

Kaitaken und Kubatschen

Glasurmalerei aus Kubatscha, Louvre, Paris

Die Kaitaken und Kubatschen bildeten traditionell eigene Stammesverbände, die aber häufig mit dem darginischen Stammesverband unter Führung der Usmis verbündet waren. Sie konvertierten erst im 13. und 14. Jahrhundert zum Islam. Das Zentrum der Kubatschen, der Ort Kubatschi, war seit dem 15. Jahrhundert ein überregional bekanntes Zentrum der Glasurmalerei auf Keramikkacheln.

Im 17. Jahrhundert wanderten einige Kubatschen und Kaitaken unter der führenden Familie Kaytaq ins nördliche Aserbaidschan aus und beteiligten sich hier an der Gründung der Stadt Quba, die zum Zentrum des zeitweilig mächtigsten aserbaidschanischen Fürstentums, des Khanates von Quba (1680-1806) wurde. Kaitaken und Kubatschen waren stets nur eine sehr kleine Minderheit der Bevölkerung dieses Khanates.

Die Dialekte der Kubatschen und Kaitaken wurden nicht zu Schriftsprachen und werden deshalb seltener gesprochen. Viele Kaitaken und Kubatschen sehen sich heute als Darginer.

Einzelnachweise

  1. [1]

Literatur

  • Michael Kemper: Herrschaft, Recht und Islam in Daghestan : von den Khanaten und Gemeindebünden zum ǧihād-Staat. Wiesbaden 2005
  • Otto Luchterhandt: Dagestan: unaufhaltsamer Zerfall einer gewachsenen Kultur interethnischer Balance?. Hamburg 1999
  • Johannes Rau: Politik und Islam in Nordkaukasien : Skizzen über Tschetschenien, Dagestan und Adygea. Wien 2002
  • Emanuel Sarkisyanz: Geschichte der orientalischen Völker Rußlands bis 1917, S. 123- 133. München 1961

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