David Roentgen

David Roentgen
David Roentgen
Schreibschrank von David Roentgen, um 1780/90
Kommode (Chinoiserie) von David Roentgen

David Roentgen (* 11. August 1743 in Herrnhaag; † 12. Februar 1807 in Wiesbaden) war ein deutscher Ebenist (Kunsttischler) und Kabinettmacher.

Nachdem der älteste Sohn Abraham Roentgens seine Schulausbildung in der Lehranstalt von Niesky/Oberlausitz beendet hatte, absolvierte er ab 1757 – wie später auch seine jüngeren Brüder – eine Schreinerlehre bei seinem Vater und trat nach seinen Wanderjahren als Geselle wieder in die väterliche Schreinerei ein.

Er wurde zu einem der besten Ebenisten seiner Zeit, der in diesem Handwerk neue Maßstäbe in Europa setzte und auch in künstlerischer Hinsicht seinen Vater deutlich übertraf, aber sein tatsächliches Genie in der Organisation und der Vermarktung entwickelte, was sich erstmals 1769 zeigte, als das damals noch vergleichsweise kleine Unternehmen am Rande des Bankrotts stand.

Die Rezession der 60er Jahre des 18. Jahrhunderts machte auch vor dem Adel nicht halt. Produktion auf Vorrat, langzeitiges Lagern der teuren, exotischen Edelhölzer zum Trocknen sowie Vorratshaltung teurer Materialien wie Elfenbein, Perlmutt oder feuervergoldete Bronzebeschläge brachten Abraham Roentgen in finanzielle Schwierigkeiten. Der einfallsreiche David Roentgen konnte seinen skeptischen Vater dazu überreden, das Möbellager durch die Veranstaltung einer Lotterie zu leeren und so die schlimmsten finanziellen Sorgen abzuschütteln.

1772, also noch zu Lebzeiten seines Vaters, wurde ihm die Leitung des Betriebes übertragen, das er zu einem Unternehmen von Weltruf ausbaute.

1774 reiste David Roentgen erstmals nach Paris: Er erkannte den Stilumbruch vom Rokoko zum Klassizismus und übertrug die reichen Intarsienverzierungen der Inneneinrichtungsgegenstände auf die in Paris gesehenen neuen Möbeltypen. Vor allem seine Stücke mit raffiniert angelegten Geheimfächern und ausgeklügelten technischen Spielereien wurden berühmt, die seinerzeit „mechanische Möbel“ genannt wurden. Hierbei arbeitete er eng mit dem Uhrmacher und Erfinder Peter Kinzing zusammen.

Es folgte eine Zeit großen wirtschaftlichen Aufschwungs. Fortschrittliche Betriebsorganisation mit Gruppenarbeit, Rationalisierung, die Verwendung einheimischer Obsthölzer anstelle der teureren exotischen sowie vielerlei andere Maßnahmen zur Kostenreduzierung verbesserten die wirtschaftliche Lage von Jahr zu Jahr. Da seine Werkstatt vom Zunftzwang befreit war, der die Höchstzahl von einem Gesellen und zwei Lehrlingen vorschrieb, konnte er die Zahl seiner Beschäftigten bis Ende der 80er Jahre auf ca. 80 Mitarbeiter erhöhen. Es war eine stattliche Manufaktur entstanden, in der aber gänzlich ohne Maschinen gearbeitet wurde. Dennoch wurden jährlich mehrere hundert Möbel für den Export gefertigt.

David belieferte fast alle Fürsten- und Königshäuser Europas, den Adel und wohlhabende Bürger mit seinen künstlerisch gestalteten Möbeln. Vom preußischen König wurde er zum „Geheimen Kommerzienrat“ ernannt. Nachdem er sich 1780 das Meisterrecht in Paris erkauft hatte und damit auch den französischen Hof beliefern durfte, erhielt er von dem handwerklich interessierten Ludwig XVI. den Titel „Ebeniste Mecanicien du Roi et de la Reine“ (Königlicher Kunsttischler für mechanische Möbel). Die meisten seiner Röntgenmöbel verkaufte er aber an den Hof Katharinas der Großen von Russland.

In Folge der Französischen Revolution ließ die Nachfrage seitens der Adelshäuser stark nach. Daraufhin schloss David Roentgen seine Manufaktur. Er starb auf einer diplomatischen Reise im Dienst der Herrnhuter Brüdergemeine.

Sonstiges

Die Möbel aus der Röntgen-Werkstatt waren zu ihrer Zeit so bekannt und geschätzt, dass selbst Goethe sie in einer Erzählung erwähnt:

„Wer einen künstlichen Schreibtisch von Röntgen gesehen hat, wo mit einem Zug viele Federn und Ressorts in Bewegung kommen, Pult und Schreibzeug, Brief- und Geldfächer sich auf einmal oder kurz nacheinander entwickeln, der wird sich eine Vorstellung machen können, wie sich jener Palast entfaltete, in welchen mich meine süße Begleiterin nunmehr hineinzog.“

Goethe: Wilhelm Meisters Wanderjahre: Die neue Melusine

Literatur

  • W. F. Schmidt u. a.: Kinzing u. Roentgen. Uhren aus Neuwied. Leben u. Werk der Uhrenmacherfamilien Kinzing u. der Kunstschreiner Abraham u. David Roentgen. Bad Neustadt 1984
  • D. Fabian u. a.: Roentgenmöbel aus Neuwied. Leben u. Werk von Abraham u. David Roentgen. Bad Neustadt 1986

Weblinks

 Commons: David Roentgen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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