- David Vostell
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Santiago David Vostell (* 10. Oktober 1960 in Köln) ist ein deutsch-spanischer Komponist und Filmregisseur.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Er geht als erstes Kind aus der Ehe zwischen Wolf Vostell und seiner spanischen Ehefrau Mercedes Guardado hervor. Sein Vater und dessen Kunst formen sein Weltbild seit frühester Kindheit. Das künstlerische Umfeld der 1960er Jahre und der frühen 1970er Jahre, sowie die Weggefährten seines Vaters wie Nam June Paik und Joseph Beuys, mit denen er als Teenager oft am Tisch sitzt, prägen ihn stark.
1978 absolviert er ein Praktikum beim Sender Freies Berlin, bei der Werbeagentur TBWA und als Cutterassistent. Er arbeitet als Filmvorführer, Fotolaborant und Fotograf. 1979 dreht er mit ehemaligen Schulfreunden auf Super 8 den Experimentalfilm 36574 Bilder. 1981 entsteht der Dokumentarfilm Endogen Depression über die Realisierung eines Environment von Wolf Vostell.
1982 dreht er den Kurzfilm Ginger Hel mit Mark Eins, Gründer von DIN A Testbild, und Panterra Hamm. Es handelt sich um eine skurrile Liebesgeschichte aus dem Berliner Underground. Hel ist in der nordischen Mythologie der Name sowohl der Unterwelt als auch der ihrer Göttin. Diese Anspielung auf die Mythologie wird in einigen Szenen des Films über die Rollen der Darsteller, die sich in mythologische Figuren verstricken, vermittelt. Schon dieser frühe Kurzfilm lässt seine besondere Affinität zur Musik erkennen. Der Film wird geprägt durch Musik in langen rhythmischen Passagen, lange Kameraeinstellungen und auf elementare Szenen reduzierte Handlung und Dialoge der Darsteller. So entsteht eine Stilistik, in der die Musik die Szenen begleitet und gleichberechtigt mit dem Film ist. Von 1985 bis 1989 realisiert er acht Musikvideos.
1990 dreht David Vostell in Los Angeles den Spielfilm The Being from Earth in englischer Sprache. Das Wesen der Erde, so der deutsche Verleihtitel, erzählt die phantastische Geschichte eines Wesens, einer Mischung aus Tier und Pflanze, geboren aus dem Sand der Mojave-Wüste. Der Filmtitel weist in erster Linie auf das aus der Erde geborene Wesen hin. Er kann aber auch als Metapher zu verstehen sein. In einer übertragenen Bedeutung könnte er sich auch auf den Zustand der Erde oder auf das Wesen oder auf die Existenz beziehen. Lange Kamerafahrten, auf das Essentielle konzipierte Spielszenen der Schauspieler, nur so viele Dialoge wie nötig und viel Musik lassen seine individuelle Regie erkennen, den Kinobesucher aber oft ratlos. Nach der Premiere am 8. Dezember 1991 im Kino Babylon in Berlin-Mitte schreibt Lars Olav Beier im Tip Berlin Magazin Nr. 25/1991 die einzige Filmkritik zu Das Wesen der Erde, die in der Presse erscheint. Der Film floppt an der Kinokasse.
1992 entsteht unter seiner künstlerischen Leitung der Dokumentarfilm Vostell 60-Rückblick 92 über die Retrospektive von Wolf Vostell in mehreren Museen von Köln und anderen Städten. Der ausbleibende Erfolg seiner Filmprojekte zwingt ihn, sich ab 1993 als Kunsthändler zu betätigen. 1995 arbeitet er an einer Serie von Zeichnungen, in denen er filmische Visionen skizziert, und veröffentlicht das Sketch Book 95/96.
Nach dem Tod von Wolf Vostell im Jahr 1998 erkennt David Vostell die Verantwortung im Erbe seines Vaters. Von 1998 bis 2001 strukturiert und chronologisiert er das Vostellarchiv.
Seit 2002 arbeitet David Vostell als Komponist in Spanien. 2003 entsteht die Sinfonía nº 1 , 2004 die Sinfonía nº 2. 2005 komponiert David Vostell El Universo es Música: 16 Musikstücke zu den vom Hubble-Weltraumteleskop zur Erde übermittelten und überarbeiteten Videosequenzen ferner Galaxien. Das digitale Booklet zur CD zeigt 26 Abbildungen digitaler Fotocollagen, die Zeitreisen und die Suche nach fremden Lebensformen im Universum konkret visualisieren. 2006 komponiert David Vostell Fórmulas de la Vida: 32 Suiten zu 32 fundamentalen Wörtern wie Geburt, Liebe, und Traum. Das digitale Booklet zur CD zeigt alle 32 Wörter als digital visualisierte Fotocollagen, die im direkten Kontext zu seinen Kompositionen stehen.
Stil
David Vostells Spielfilm Das Wesen der Erde weicht stark vom herkömmlichen Kinoverständnisses ab. Wie auch sein Kurzfilm Ginger Hel ist Das Wesen der Erde ein ausgesprochen rätselhafter Film, der die Frage nach dem Warum laufend stellt aber nur selten beantwortet. Die Erwartung des Zuschauers auf eine erklärende konventionelle Erzählstruktur weicht schnell der Suche nach einer Erkenntnis. Aber auch diese ist schwer zu erlangen. Verschiedene Deutungen der Handlung sind möglich und wohl auch gewollt. Es entwickelt sich eine Verselbständigung des Films der man nur mühsam folgen kann. Das Wesen der Erde wirkt wie ein Angebot an den Zuschauer sich treiben zu lassen und die Vollkommenheit im Leben und im Film als regulative Idee zu erkennen. Das Wesen im Film ist extrem passiv. Es beißt, frisst und tötet nicht. Charakteristisch ist es nur mit dem Wesen in Eraserhead von David Lynch zu vergleichen.
David Vostells Musikvideos sind von der technischen Perfektion der Musikvideos der 1980er Jahre weit entfernt. Seine Musikvideos sind experimentelle Mischungen von Bildern und Musik. Unscharfe, unruhige und sich oft wiederholende Einstellungen sind hier gegen alle Konventionen ein stilbildendes Merkmal.
Filmografie
- 1979 - 36574 Bilder
- 1981 - Endogen Depression
- 1982 - Das Porträt
- 1982 - E.d.H.R.
- 1982 - Ginger Hel
- 1985 - Homo Sapiens
- 1985 - Lost in Life
- 1985 - She is so nice - Musik: DIN A Testbild
- 1985 - Tutila
- 1986 - Cabala Música
- 1986 - Blue way in
- 1987 - Blood and Cocee
- 1989 - Coma Amazonica
- 1990 - The Being from Earth
- 1992 - Rückblick 92
- 1992 - Bestia Picra
- 1996 - Sketch Book 95/96
- 1998 - Sketch Book 97/98
Diskografie
- 2003 - Sinfonía nº 1
- 2004 - Sinfonía nº 2
- 2005 - Fórmulas de la Vida
- 2006 - El Universo es Música
- 2007 - Influences
- 2008 - EEM/Erotic Enlightenment Mythologies
Literatur
- David Vostell Biografie/Recopilation 1978-2008 von Michaela Nolte, nivel88 Verlag, ISBN 978-84-612-2941-3
- Lexikon des Science Fiction Films von Ronald M. Hahn und Volker Jansen, Heyne Verlag ISBN 3-453-11860-X
- Fischer Film Almanach 1995, Fischer Verlag ISBN 3-596-12762-9
- Filmjahrbuch 1995, von Lothar R. Just, Heyne Verlag ISBN 3-453-08130-7
Weblinks
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