- Wolf Vostell
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Wolf Vostell (* 14. Oktober 1932 in Leverkusen; † 3. April 1998 in Berlin) war einer der wichtigsten deutschen Maler, Bildhauer und Happeningkünstler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Wolf Vostell gilt als einer der Pioniere des Environment, der Videokunst, des Happening und der Fluxus-Bewegung. Techniken wie die Verwischung oder die Dé-coll/age sind ebenso ein Kennzeichen der Werke von Wolf Vostell wie das Einbetonieren.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Wolf Vostell setzte von 1950 an erste künstlerische Ideen um. 1953 begann er eine Lithografenlehre und besuchte in Wuppertal die Werkkunstschule. Unter dem Eindruck einer Parisreise 1954 stellte Vostell erste Decollagen her. 1955/1956 besuchte er die Pariser École National Supérieure des Beaux Arts und 1957 die Kunstakademie Düsseldorf.
1958 fand unter Vostells Beteiligung das erste europäische Happening in Paris statt, und Vostell produzierte erste Objekte mit Fernsehern und Autoteilen. Beeindruckt von der Arbeit von Karlheinz Stockhausen im elektronischen Studio des WDR im Jahre 1954 entstanden 1959 elektronische „TV-décoll/agen“. Damit begann sein Engagement in der Fluxus-Bewegung, die er Anfang der 1960er mitbegründete.
Fast gleichzeitig im Jahr 1959 gründete Vostell das Vostellarchiv. Mit großer Leidenschaft und strenger Kontinuität sammelte Vostell Fotografien, künstlerische Texte, persönliche Korrespondenz mit Weggefährten wie Nam June Paik, Joseph Beuys, Dick Higgins und vielen anderen, sowie Presseartikel, Einladungen zu Ausstellungen und Events oder auch Bücher und Kataloge, die sein eigenes Schaffen und das der Künstler seiner Generation dokumentieren. Vostell wurde in den frühen 1960er Jahren Aktivist des Happening, der Fluxusbewegung und der Videokunst. Dadurch wurde über die 1960er und 1970er Jahre das Vostellarchiv eine umfangreiche Informationsquelle für Autoren, Verlage und Ausstellungsmacher in aller Welt. In den 1980er und 1990er Jahre ließ Vostells Sammelleidenschaft nicht nach. Die über 6000 Bücher fassende Privatbibliothek des Künstlers ist seit den 1990er Jahren Teil des Archivs. Das umfangreiche Werk Vostells ist fotografisch dokumentiert und ein wichtiger Bestandteil des Archivs. Etwa 25.000 Dokumente aus vier Jahrzehnten machen das Vostellarchiv, das sich seit 2006 im Museo Vostell Malpartida befindet, zu einem kunsthistorischen Schatz, der für Kunsthistoriker, Journalisten und Autoren zugänglich ist.
Vostell initiierte viele Happenings, unter anderem in New York, Berlin, Köln, Wuppertal und Ulm. 1962 wirkte er bei der Planung des Festum Fluxorum in Wiesbaden mit; er beriet hier gemeinsam mit Nam June Paik und George Maciunas. 1963 wurde Vostell mit seinem Environment „6 TV décoll/age“ Sammlung Museo Reina Sofía Madrid zum Pionier der Videokunst. 1965 nahm er am 24-Stunden-Happening in der Galerie Parnass in Wuppertal teil. 1967 setzte er sich im Happening „Miss Vietnam“ mit dem Vietnamkrieg auseinander. 1968 kam es in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Mauricio Kagel und anderen zur Gründung des „Labor e. V.“, das akustische und optische Ereignisse erforschen soll.
Wolf Vostell war der erste Künstler der Kunstgeschichte, der einen Fernseher in ein Kunstwerk integrierte. Dieses Werk von Wolf Vostell aus dem Jahre 1958 mit dem Titel „Deutscher Ausblick“ ist Teil der Sammlung der Berlinischen Galerie. Frühe Werke mit Fernsehern sind auch TRANSMIGRACION I-III aus dem Jahre 1958 und ELEKTRONISCHER HAPPENINGRAUM Environment 1969.
1989 eröffnete das Art'otel Berlin Kudamm, das Wolf Vostel als Thema hat und somit zu einer Dauerausstellung für ihn wurde.[1] 1992 ehrte die Stadt Köln Wolf Vostell mit einer großen Retrospektive seines Schaffens. Seine Werke wurden auf sechs Ausstellungsorte verteilt, das Kölnische Stadtmuseum, die Kunsthalle Köln, das Rheinisches Landesmuseum Bonn, die Kunsthalle Mannheim, das Schloss Morsbroich Leverkusen und das Städtische Museum Mülheim/Ruhr. Unter der künstlerischen Leitung seines Sohnes David Vostell entstand über diese Retrospektive der Dokumentarfilm VOSTELL 60 - RÜCKBLICK 92.
Seit 1989 steht auf dem Mittelstreifen des Hohenzollernrings in Köln die Auto-Beton-Skulptur „Ruhender Verkehr“, die Vostell 1969 geschaffen hatte. Er goss hierfür einen Opel Kapitän in Beton. Weitere solcher Skulpturen stehen in Berlin („Beton Cadillacs“) und in Spanien in seinem Museum.
Im Jahr 1997, wenige Monate vor seinem Tod, wurde ihm der Hannah-Höch-Preis verliehen.
Werke (Auswahl)
- „DEUTSCHER AUSBLICK“ 1958 Objektbild mit Fernseher Berlinische Galerie Berlin
- „6 TV De-coll/age“ 1963 Environment mit Fernsehern Museo Reina Sofía Madrid
- „YOU“ 1964 Environment mit Fernsehern
- „HOURS OF FUN“ 1968 Verwischung Berlinische Galerie Berlin
- „RUHENDER VERKEHR“ 1969 Skulptur. Einbetonierter Opel Kapitän (amtl. Kennzeichen: K-HM 175). Hohenzollernring Köln
- „Coca-Cola“ 1969 De-coll/age Museum Ludwig Köln
- „Miss Amerika“ 1968, Verwischung „Coca-Cola“ 1969 Dé-coll/age Museum Ludwig Köln
- „Heuschrecken“ 1971 Objektbild mit Videokamera und Monitoren Museum Ludwig Wien
- „Elektronischer Happening Raum“ 1969 Environment mit TV-Geräten Neue Nationalgalerie Berlin
- „2 Betoncadillacs in Form der nackten Maja“ 1987 Skulptur Rathenauplatz (Berlin)
- „Auto-Fieber“ 1973 Environment Museo Vostell Malpartida
- „Mythos-Berlin“ 1987 Leinwand Museo Vostell Malpartida
- „Der Fall der Berliner Mauer“ 1989 Leinwand mit TV-Geräten
- „Jetzt sind die Deutschen wieder Nr. 1 in Europa“ (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Gm 2179), 1968, 2-Schichten-Bild
- „La Tortuga“, Vostells größte Skulptur, 1988, Berlin Anhalter Bahnhof, jetzt Marl
- „Schule von Athen“ 1988 Installation, Öl auf Leinwand LVR-LandesMuseum Bonn
Ausstellungen
- 1966 Bilder, Verwischungen, Happening-Notationen 1961-1966, Kölnischer Kunstverein, Köln
- 1970 happening & fluxus, Kölnischer Kunstverein, Köln (kuratiert zusammen mit Harald Szeemann)
- 1974 Retrospektive, Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris
- 1975 Retrospektive, Neue Nationalgalerie, Berlin
- 1977 La Quinta del Sorto (Enviroment), documenta 6, Kassel
- 1978 Bilder 1959–1974, Museo de Arte Contemporaneo, Madrid
- 1980 Bilder 1959–1979, Kunstverein Braunschweig
- 1980 FluxusZug in Nordrhein-Westfalen (bereist 15 Städte)
- 1982 Die gesamte Druckgraphik, Bibliothèque National de France, Paris
- 1992 Retrospektive, Rheinisches Landesmuseum Bonn Bonn; Josef-Haubrich-Kunsthalle, Köln; Kölnisches Stadtmuseum; Städtisches Museum Leverkusen; Städtische Kunsthalle Mannheim; Städtisches Museum in der Alten Post, Mühlheim
- 1999 out of actions, Museum of Contemporary Art, Tokyo
- 2006 Die gesamte Druckgraphik, Kunsthalle Bremen
- 2007 Mein Leben ist ein ständiger Kampf gegen den Tod, LVR-LandesMuseum Bonn
- 2010 Wolf Vostell: Reise nach Italien, Fondazione Mudima, Mailand [2]
Happenings (Auswahl)
- „9-Nein-dé-coll/age“, Galerie Parnass, Wuppertal, 1963
- „You“, New York, 1964
- „Phaenomene”, Berlin, 1964
- „Dogs and Chinese Not Allowed”, New York, 1966
- „Miss Vietnam”, Köln, 1967
- „Die Nackten und die Toten” (Fluxuskonzert), Berlin, 1983
Zitate
- „Kunst ist Leben, Leben ist Kunst.“ 1961
- „Ereignisse sind Waffen zur Politisierung der Kunst.“ 1970
- „Ich erkläre den Frieden zum größten Kunstwerk.“ 1979
- „Jeder Mensch ist ein Kunstwerk.“ 1985
Literatur
- Jürgen Becker/Wolf Vostell: Happenings, Fluxus, Pop Art, Nouveau Réalisme. Eine Dokumentation. Rowohlt Verlag, Reinbek 1965
- Wolf Vostell: Aktionen. Happenings und Demonstrationen seit 1965. Eine Dokumentation / Visualisiert und herausgegeben von Wolf Vostell. Rowohlt Verlag, Reinbek 1970, ISBN 3-498-07053-3
- Wolf Vostell: Automobile Herausgegeben von Pablo J. Rico. Wasmuth Verlag, Tübingen, 1999 ISBN 978-3-8030-3093-1
- Rolf Wedewer: Vostell, Papierarbeiten, Intermedia - TV &, Video. Ausstellungskatalog mit Texten von Michael Euler-Schmidt. Edition Braus, Heidelberg, 1992 ISBN 3-925520-44-9
- 10 Happenings von Wolf Vostell, von José Antonio Agúndez García, Hrsg. Editora Regional de Extremadura und Verein der Freunde des Museo Vostell Malpartida, 1999/2001, ISBN 84-7671-510-2
- WOLF VOSTELL - Die Druckgrafik, von Dr. Wolfgang Vomm, Prof. Dr. Wulf Herzogenrath u. José Antonio Agúndez García, Hrsg.: Städtische Galerie Villa Zanders in Zusammenarbeit mit dem Galerie + Schloßverein e.V. Bergisch Gladbach 2005, ISBN 3-9810401-0-4.
- Vostell - I disastri della pace/The Disasters of Peace, von Varlerio Dehò, Hrg.: Edizioni Charta, Milano 1999, ISBN 88-8158-253-8
- Ursula Peters: Moderne Zeiten. Die Sammlung zum 20. Jahrhundert, in Zusammenarbeit mit Andrea Legde, Nürnberg 2000 (= Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum, Bd.3), insb. S.245–246.
- Ursula Peters: Wolf Vostell „Jetzt sind die Deutschen wieder Nr.1 in Europa“, 1968, in: Anette Scherer (Red.): Mäzene, Schenker, Stifter. Das Germanische Nationalmuseum und seine Sammlungen, Nürnberg 2002 (= Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum, Bd.5), S.164–165.
- Vostell: Dipinti 1954-1991. Werkkatalog und Katalog der Ausstellung im Palazzo delle Esposizioni, Rom 1992
- sediment: Wolf Vostell. auf Straßen und Plätzen durch die Galerien Mitteilungen zur Geschichte des Kunsthandels, Heft 14/2007. Zentralarchiv des internationalen Kunsthandels e.V., Verlag für moderne Kunst, Nürnberg ISBN 978-3-939738-61-9
Weblinks
Commons: Wolf Vostell – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von und über Wolf Vostell im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Birte Radau: Tabellarischer Lebenslauf von Wolf Vostell im LeMO (DHM und HdG)
- Extremadura - Das Wolf Vostell Museum in Caceres
- Informationen zu seinem Werk
- Informationen über Wolf Vostell im museum FLUXUS+
- Fotos von Werken und Biographie zum Herunterladen
Einzelbelege
- ↑ Webseite des Art'otels Berlin Kudamm über Vostell
- ↑ Internetseite Goetheinstitut Mailand (Link nicht mehr abrufbar)
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