Der Stricker

Der Stricker

Der Stricker war ein produktiver mittelhochdeutscher Dichter in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.

Über seine Lebensumstände ist wenig bekannt, außer dass er von niederer und unfreier Herkunft war und sich seinen Lebensunterhalt als Wander- und Berufsdichter verdienen musste. Ob sein Name ein sprechender „Künstlername“ war, wie ihn die Spruchdichter traditionell trugen, etwa in der Bedeutung „der Geschichtenknüpfer“, oder ob es sich um einen Eigennamen handelt, ist umstritten. Sprachlich-dialektale Eigenheiten sprechen dafür, dass er aus dem südlichen Rheinfranken oder aus dem östlichen Franken stammte; seine dichterische Laufbahn zeigt ihn jedoch überwiegend in Österreich. Seine Werke dürften zwischen 1220 und 1250 entstanden sein.

Sein Werk umfasst Groß- und Kleinformen der Epik aus verschiedenen Gattungen: die Überarbeitung des als formal und narrativ veraltet empfundenen Rolandslieds (Karl), einen höchst untypischen Artusroman (Daniel von dem blühenden Tal), und die neue Form der (lehrhaften oder komischen) Kurzerzählung, die als die eigentliche literarhistorische Leistung des Strickers gelten kann. Die Streiche seines Pfaffen Amis, Hauptgestalt der gleichnamigen Schwanksammlung, finden sich in späterer Zeit bei anderen literarischen Figuren, wie z.B. Till Eulenspiegel, wieder.

Werke

  • Daniel von dem blühenden Tal, hrsg. von M. Resler, Tübingen 1983
  • Karl, hrsg. von Karl Bartsch, Karl der Große von dem Stricker, Quedlinburg 1857 (Neudruck mit einem Vorwort von D. Kartschoke, 1965)
  • Kleinere Erzählungen (Mären, Fabel, Bîspel): W. W. Moelleken (Hg.), Die Kleindichtung des Strickers, 5 Bde., Göppingen 1973-1978; H. Janota (Hg.), Der Stricker. Verserzählungen, 2 Bände, 4, 1979/97; O. Ehrismann, Der Stricker, Erzählungen, Fabeln, Reden. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch, 1992
  • Frauenehre, hrsg. von K. Hofmann, Diss. Marburg 1976
  • Der Pfaffe Amis, hrsg. von K. Kamihara, Göppingen 1978, 2. Aufl. 1990; (mittelhochdeutsch - neuhochdeutsch) hrsg. von H. Henne, Göppingen 1991

Literatur

  • S. Böhm: Der Stricker. ein Dichterprofil anhand seines Gesamtwerks, (= Europäische Hochschulschriften), Frankfurt am Main 1995
  • Helmut Brall: Höfische Ideologie und feudale Herrschaftsgewalt. Überlegungen zum Strukturwandel höfischer Epik im Werk des Stricker, in: Ebenbauer, A. (Hg.): Philologische Untersuchungen gewidmet Elfriede Stutz zum 65. Geburtstag, Wien 1984
  • Helmut Brall, H.: „Wahrlich, die Pfaffen sind schlimmer als der Teufel!“. Zur Entstehung der deutschen Schwankdichtung im 13. Jahrhundert, in: Euphorion-Zeitschrift fur Literaturgeschichte 94/2000, S. 319–334.
  • Michael Egerding: Probleme mit dem Normativen in Texten des Strickers. Vorüberlegungen zu einem neuen Strickerbild, in: Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik 50/1998, S. 131–147
  • Karl-Ernst Geith, Elke Ukena-Best, Hans-Joachim Ziegeler: Der Stricker, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Band 9, 2. Auflage Berlin, New York 1995, Spalte 417-449
  • Kin'ichi Kamihara: Des Strickers „Pfaffe Amis“, (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik; Band 233), Göppingen 1978
  • Hansjürgen Linke: Der Dichter und die gute alte Zeit. Der Stricker über Schwierigkeiten des Dichtens und des Dichters im 13. Jahrhundert, in: Euphorion-Zeitschrift fur Literaturgeschichte Band 71, Heft 2, 1977
  • Hedda Ragotzky: Gattungserneuerung und Laienunterweisung in Texten des Strickers, (= Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur; Band 1)Tübingen 1981 ISBN 3-484-10420-1
  • Werner Röcke: Die Freude am Bösen. Studien zu einer Poetik des deutschen Schwankromans im Spätmittelalter, (= Forschungen zur Geschichte der älteren deutschen Literatur; Band 6), München 1987 ISBN 3-7705-2397-0
  • Elke Ukena-Best: Der Stricker, in: Killy, W. (Hg.): Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache, Bd. 11, Gütersloh-München 1988/ff., S. 257–260.
  • Stephen L. Wailes: Studien zur Kleindichtung des Stricker, (= Philologische Studien und Quellen; Band 104), Berlin 1981 ISBN 3-503-01642-2
  • Henning Wuth: Till, Niemand und der Hof. Zur paradoxalen Auflösung von Repräsentation in der frühen Neuzeit, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 116/1997, S. 101–107.
  • Ludwig Julius Fränkel: Stricker. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 580–587.
  • Fritz Peter Knapp: Der Stricker. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 11, Herzberg 1996, ISBN 3-88309-064-6, Sp. 53–54.

Weblinks

 Wikisource: Der Stricker – Quellen und Volltexte

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Der Stricker — is the pseudonym of a 13th century Middle High German itinerant poet whose real name has been lost to history. His name, which means The Knitter, may indicate he was a commoner; he was likely from Franconia but later worked in Austria. His works… …   Wikipedia

  • Der Stricker — Der Stricker,   mittelhochdeutscher Dichter, ✝ um 1250; stammte aus dem rheinfränkischen Raum, wirkte aber zumindest vorübergehend in Bayern und Österreich. Seine umfassende Bildung zeigt sich nicht nur in seinen Kenntnissen der antiken und… …   Universal-Lexikon

  • Der Pfaffe Amis — (mhd. der pfaf/pfaff/e Amîs/Ameis/Amys/Ameys) ist der erste mittelhochdeutsche Schwankroman. Sein Autor, der Stricker, mhd. der Strickære, war vermutlich in Österreich beheimatet und schrieb den Roman um 1240.[1][2] Die Erzählung handelt von den… …   Deutsch Wikipedia

  • Stricker — ist der auf den Beruf des Strickers zurückgehende Familienname folgender Personen: Adolf Stricker (* 1940), österreichischer Politiker (ÖVP) Augustin Reinhard Stricker (um 1680–unsicher: 1718), deutscher Komponist und Dirigent Carlos Stricker (*… …   Deutsch Wikipedia

  • Der Pleier — is the pen name of a Middle High German poet active between 1240 and 1270 whose real name is unknown.[1] He is the author of three long romances all on Arthurian subjects, the most famous of which is Garel von dem blühenden Tal (Garel of the… …   Wikipedia

  • Der Richter und der Teufel — ist ein Märchen aus Ludwig Bechsteins Deutsches Märchenbuch, das sich sowohl in der Erstausgabe von 1845 (mit der Nummer 23), als auch in der Ausgabe letzter Hand von 1857 (mit der Nummer 18) finden lässt und das direkt auf einem Text aus dem 13 …   Deutsch Wikipedia

  • Stricker — Der Stricker was the pseudonym of a 13th century Middle High German itinerant poet whose real name has been lost to history. His works include a German adaptation of the Song of Roland , an epic, Karl and an Arthurian romance, Daniel von… …   Wikipedia

  • Der nackte Ritter — ist ein Schwank des Strickers. Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Literatur 3 Weblinks 4 Einzelnachweise …   Deutsch Wikipedia

  • Der gute Sünder — Gregorius oder Der gute Sünder ist eine in Versen verfasste mittelhochdeutsche Legende von Hartmann von Aue. Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Literaturgeschichtliche Einordnung 2.1 Der Gregorius im Werk Hartmanns 2 …   Deutsch Wikipedia

  • STRICKER, ROBERT — (1879–1944), Zionist leader and journalist. Born in Bruenn (Brno), Stricker worked as an engineer for the state railways, rising to the position of chief surveyor. He was a member of the students Zionist association, Veritas, and a contributor to …   Encyclopedia of Judaism

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”