Bernhard Kummer

Bernhard Kummer

Bernhard Kummer, genannt Germanenbernhard[1] (* 21. Januar 1897 in Leipzig; † 1. Dezember 1962 in Bad Segeberg) war ein deutscher Germanist und Spezialist für altnordische Sprachen.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Bernhard Kummer entstammte einer Kaufmannsfamilie und wuchs in Leipzig auf, wo er von 1907 bis 1916 das Königin Carola-Gymnasium besuchte. Kurz nach seinem Abitur meldete er sich an die Westfront im Ersten Weltkrieg, wo er von 1918 bis 1920 in französische Kriegsgefangenschaft geriet. Nach seiner Rückkehr nach Leipzig begann Kummer an der dortigen Universität ein Studium der Germanistik, Geschichte, Philosophie und Zeitungskunde. Nach einer Unterbrechung von vier Semestern studierte er Altnordische- und Religionswissenschaft. Er wurde 1927 mit seiner Dissertation Midgards Untergang. Germanischer Kult und Glaube in den letzten heidnischen Jahrhunderten bei dem Nordisten Eugen Mogk und dem Religionswissenschaftler Hans Haas promoviert.[2]

Am 1. Mai 1928 trat Kummer in die NSDAP (Mitgliedsnummer 87.841) und in die SA ein. Im Oktober 1930 trat er wieder aus der NSDAP aus. Ab 1930 war Kummer Assistent bei Gustav Neckel in Berlin.[2] Kummer verfasste zahlreiche Artikel für das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens.[3] Er schrieb für den Völkischen Beobachter, die NS-Schulungsbriefe, die NS-Monatshefte und fungierte als Herausgeber und teilweise auch als Verfasser der Reihe "Reden und Aufsätze zum nordischen Gedanken".[1]

1933 engagierte sich Kummer für die Deutsche Glaubensbewegung von Jakob Wilhelm Hauer. Ab 1936 war Kummer an der Universität Jena Dozent für altnordische Sprache und Kultur und leitete das dortige Altnordische Seminar. Die Schriftleitung für die Zeitschrift Nordische Stimmen gab Kummer nach Auseinandersetzungen mit dem SS-Ahnenerbe 1938 ab. Ab 1939 gehörte er dem Volksbund für das Deutschtum im Ausland und ab 1940 dem NS-Dozentenbund an. Adolf Hitler ernannte Kummer 1942 zum Professor. Von 1942 bis 1945 war Kummer Professor für nordische Sprache und Kultur und germanische Religionsgeschichte an der Universität Jena. Kummer gehörte u.a. der Gruppe „Lebensmächte und Wesen des Indogermanentums beim Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“ an. Vor norwegischen Studenten, die Häftlinge im KZ Buchenwald waren, hielt Kummer dort im Rahmen der Germanisierung Vorlesungen ab.[1]

Nach Kriegsende befand sich Kummer als Kriegsgefangener in französischer Internierung, aus der er 1946 entlassen wurde.[1] In der Sowjetischen Besatzungszone wurden diverse seiner und von ihm herausgegebener Schriften auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[4][5][6]

Ab 1949 war er an der Volkshochschule Lübeck tätig und erhielt zudem als Professor zur Wv. ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft.[1] Ab 1950 war er Mitarbeiter von Jakob Wilhelm Hauer in der Arbeitsgemeinschaft für freie Religionsforschung und Philosophie.[7] Kummer war auch Herausgeber der Monatszeitschrift Forschungsfragen unserer Zeit, die im rechtsextremen und antisemitischen Verlag Hohe Warte erschien.[1]

Werke

  • Midgards Untergang. Germanischer Kult und Glaube in den letzten heidnischen Jahrhunderten. Leipzig 1927
  • Persönlichkeit und Gemeinschaft. (Band 1 von: Herd und Altar - Wandlungen altnordischer Sittlichkeit im Glaubenswechsel). Leipzig 1934
  • Der Machtkampf zwischen Volk, König und Kirche im alten Norden. (Band 2 von: Herd und Altar - Wandlungen altnordischer Sittlichkeit im Glaubenswechsel). Leipzig 1939
  • Brunhild und Ragnarök. Die Gestaltung der isländischen Brünhilddichtung aus dem Erlebnis des Glaubenswechsels. Lübeck 1950
  • Kampf um ein Heiligtum. Der Irminsulgedanke und die religionsgeschichtliche Bedeutung der Externsteine. Pähl 1953
  • Der Königsweg des Sverrir Unasson. Pähl 1953
  • Die Lieder des Codex Regius (Edda) und verwandte Denkmäler. Band II: Heldendichtung. Erster Teil: Die Dichtung von Helgi und der Walküre. Text, Übersetzung, Erläuterung. Zeven 1959
  • Die Lieder des Codex Regius (Edda) und verwandte Denkmäler. Band I: Mythische Dichtung. Erster Teil: Die Schau der Seherin (Voluspa). Text, Übersetzung und religionsgeschichtliche Ergänzungen. Zeven 1961

Literatur

  • Felix Wiedemann, Rassenmutter und Rebellin: Hexenbilder in Romantik, völkischer Bewegung, Neuheidentum und Feminismus, Königshausen & Neumann, 2007, Kapitel 2.4.1. Bernhard Kummer S. 151-155.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8. 

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 351f.
  2. a b Felix Wiedemann, Rassenmutter und Rebellin: Hexenbilder in Romantik, völkischer Bewegung, Neuheidentum und Feminismus, 2007, S. 151f.
  3. Fritz Heinrich, Bernhard Kummer (1897-1962), In: Horst Junginger, The study of religion under the impact of fascism, Brill 2008, S.251
  4. http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-k.html
  5. http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-w.html
  6. http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-r.html
  7. Hubert Cancik, Uwe Puschner, Hubert Mohr: Antisemitismus, Paganismus, Völkische Religion. K.G. Saur, München 2004, S. 131.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kummer — (m.) beschreibt einen anhaltenden seelischen Schmerz oder (veraltend) Gram (siehe auch: Sorge). Kummer (f.) (vgl. auch Gummer) ist darüber hinaus in Frankfurt am Main die Bezeichnung für eine kurze Gurkenart. Kummer ist ferner der Name eines… …   Deutsch Wikipedia

  • Bernhard Riemann — 1863 Georg Friedrich Bernhard Riemann (* 17. September 1826 in Breselenz bei Dannenberg (Elbe); † 20. Juli 1866 in Selasca bei Verbania am Lago Maggiore) war ein deutscher Mathematiker, der …   Deutsch Wikipedia

  • Bernhard Stadie — Bernhard Stadié (auch Bernhard Stadie; * 29. Juli 1833 in Marienburg (Westpreußen); † 26. November 1895 in Weißenfels an der Saale) war evangelischer Pfarrer und Historiker in Preußisch Stargard, ein aktiver Heimatforscher Westpreußens,… …   Deutsch Wikipedia

  • Bernhard Stadié — (auch Bernhard Stadie; * 29. Juli 1833 in Marienburg (Westpreußen); † 26. November 1895 in Weißenfels an der Saale) war evangelischer Pfarrer und Historiker in Preußisch Stargard, ein aktiver Heimatforscher Westpreußens, Schriftsteller sowie… …   Deutsch Wikipedia

  • Bernhard, St., von Clairvaux — (Klärwoh), der große abendländische Kirchenlehrer, wurde zu Fontaine 1091 geb.; sein Vater Tesselin war adeliger Krieger, seine fromme Mutter Aletha erzog daher den Knaben ausschließlich, bis er in die Klosterschule zu Chatillon eintrat, wo er… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Bernhard Draeseke — Felix Draeseke, Porträt von Robert Sterl (1907) Felix August Bernhard Draeseke (* 7. Oktober 1835 in Coburg; † 26. Februar 1913 in Dresden) war ein deutscher Komponist. Er gehörte im deutschsprachigen Raum zu den bedeutendsten Vertretern …   Deutsch Wikipedia

  • Kummer (Mecklenburg) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Georg Friedrich Bernhard Riemann — Bernhard Riemann Georg Friedrich Bernhard Riemann (* 17. September 1826 in Breselenz bei Dannenberg (Elbe); † 20. Juli 1866 in Selasca bei Verbania am Lago Maggiore) war ein deutscher Mathem …   Deutsch Wikipedia

  • Eberhard Kummer — E. Kummer mit historischem Bettlerkostüm und ungarischer Drehleier. Carinthischer Sommer, 2003, Stift Ossiach Eberhard Kummer (* 2. August 1940 in Krems an der Donau) ist ein österreichischer Konzertsänger, Jurist und Experte für Musik des… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Bernhard Marby — Friedrich Bernhard Marby, born May 10 1882 in Aurich / Ostfriesland and died on April 3 1966, was a German rune occultist and Germanic revivalist. He is also most well known for his revivalism and use of the Armanen runes row. He was imprisoned… …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”