- Digital Multimeter
-
Ein Digitalmultimeter (kurz DMM) ist ein digitales Test- und Messgerät in der Elektrotechnik, das zum Messen von elektrischen Strömen, Spannungen und, je nach Ausführung, verschiedener anderer Messgrößen (Widerstand, Kapazität, Induktivität, Temperatur) und zum Testen zum Beispiel von Transistoren verwendet wird.
Es arbeitet mit einem elektronischen Analog-Digital-Umsetzer (ADU, engl. ADC) und zeigt den Messwert mit einem LED- oder Flüssigkristallanzeige-Display in Dezimalzahlen an. Manche Geräte ermöglichen auch eine elektrische Datenübertragung mit einer digitalen seriellen Schnittstelle. Um die Vorteile einer Skalen-Anzeige zu erhalten, sind einige DMM zusätzlich im Display mit Zeiger und Skale ausgestattet.
Bis zur Einführung der digitalen Geräte waren Analogmultimeter auf der Basis eines Drehspulmesswerkes üblich.
Inhaltsverzeichnis
Arbeitsweise
Ein digitales Multimeter kann mehrere elektrische Größen messen. Üblich sind Spannung, Strom und Widerstand. Die Umschaltung der Messgrößen und -bereiche erfolgt meist mechanisch. Hochwertige DMM wählen den Spannungs-Messbereich selbst und können sich gegen Überlastung und Überspannungen schützen.
ADU nach dem Dual-Slope-Verfahren
Herzstück eines DMM ist der ADU. Die meisten DMM arbeiten mit einem Umsetzer nach dem Dual-Slope-Verfahren, siehe hierzu unter Analog-Digital-Umsetzer oder Digitale Messtechnik. Bei diesem integrierenden Verfahren wird der arithmetische Mittelwert des Spannungssignals gemessen durch den Vergleich mit einer eingebauten Referenz-Spannung. Die Dauer, in der die zu messende Spannung integriert bzw. über die gemittelt wird, liegt typisch bei 100 … 300 ms.
Eigenschaften des Dual-Slope-Verfahrens:
- Es ist ein nur Gleichspannung messendes Verfahren.
- Es ist ein kostengünstiges Verfahren.
- Es ist ein stabiles Verfahren. Langzeitveränderungen der Kapazität, des Eingangswiderstandes und der Taktfrequenz fallen durch das vergleichende Verfahren aus dem Ergebnis heraus.
- Es ist ein störunterdrückendes Verfahren bezüglich Brumm- und Rauschspannungen.
- Es ist ein langsames, auf das menschliche Reaktionsvermögen zur Ablesung angepasstes Verfahren.
Multimeterfunktionen
Gleichspannung
Der kleinste Messbereich reicht überwiegend bis 200 mV. Standardgeräte lösen einen Messbereich in 2000 Messpunkte auf, damit beträgt der kleinste Messschritt 100 μV. Höherwertige Geräte können um eine oder gar mehrere Zehnerpotenzen feiner auflösen. Die Messbereichsumschaltung erfolgt durch einen umschaltbaren Spannungsteiler vor dem ADU. Die Teilung wird in Schritten einer ganzen Zehnerpotenz vorgenommen (anders als bei Analogmultimetern mit typisch zwei Messbereichen pro Zehnerpotenz). Der höchste Messbereich darf allerdings nur bis ca. 700 V verwendet werden. Der Eingangswiderstand liegt typisch in allen Messbereichen bei
- 1 … 10 MΩ || 70 … 100 pF.
Wechselspannung
Soll Wechselspannung gemessen werden, so ist ein Gleichrichter als Betragsbildner notwendig. In DMM ist dieser elektronisch so geschaltet, dass die bei mechanischen Zeigerinstrumenten auftretenden Verzerrungen nahe dem Nullpunkt entfallen. Es wird der arithmetische Mittelwert der gleichgerichteten Wechselspannung (der Gleichrichtwert) gemessen. Bei einer Wechselspannung wird jedoch die Anzeige des Effektivwertes erwartet. In der Mehrzahl der Messaufgaben hat man es mit sinusförmigen Wechselgrößen zu tun. Dazu wird der gebildete Gleichrichtwert um den Formfaktor 1,11 (= π/√8) vergrößert angezeigt. Dabei ist der Formfaktor definiert als das Verhältnis Effektivwert zu Gleichrichtwert, der konkrete Wert 1,11 gilt nur für sinusförmigen Verlauf. Hiermit wird für sinusförmige Spannungen der Effektivwert angezeigt. Bei einem anderen Zeitverlauf wird diese Anzeige fehlerhaft, und sie weicht teilweise katastrophal vom Effektivwert ab.
Digitalmultimeter, die den echten Effektivwert („true RMS“) eines beliebigen Spannungsverlaufes messen können, sind mit einer Vorrichtung (integrierter Schaltkreis oder Software in einem Mikrokontroller) ausgestattet, die analog oder digital den Effektivwert errechnet. Der analog-technische Baustein zur Effektivwertbildung ist als integrierte Schaltung verfügbar, siehe beim Artikel Effektivwert. In höherwertigen Multimetern ist ihr Einbau inzwischen üblich.
Zur digital-technischen Effektivwertbildung sind sehr schnelle Umsetzer erforderlich, die sich allein schon aus Preisgründen (noch) nicht durchsetzen können.
In der Regel zeigen Digitalmultimeter den Effektivwert nur des Wechselanteils Uw an. Für Mischspannungen, also bei Spannungen, die einen Gleichanteil Ug und einen Wechselanteil uw(t) enthalten, gibt es Multimeter, die zur Effektivwertmessung nicht nur den Wechselanteil erfassen, sondern die den Effektivwert der Gesamtspannung messen, ohne dass vorher der Gleichanteil abgetrennt wird:
Strom
Zur Strommessung wird die Spannung über einem eingebauten Messwiderstand Rmess gemessen – je nach Einstellung als Gleich- oder Wechselspannung. Zur Messbereichsumschaltung wird in der Regel der Widerstand umgeschaltet. Er ergibt sich zu
- Rmess ≥ kleinster Spannungsmessbereich geteilt durch eingestellter Strommessbereich.
Beispiel: Im Strommessbereich 200 μA ist Rmess ≥ 200 mV / 200 μA = 1 kΩ.
Die meisten DMM sind daher anderen Strommessverfahren unterlegen, die mit wesentlich geringerem Spannungsabfall auskommen.Zur Messung von Wechselstrom gilt dasselbe wie bei Wechselspannung.
Widerstand
Zur Widerstandsmessung enthält ein DMM eine elektronisch stabilisierte Konstantstromquelle, die einen von der Belastung unabhängigen Gleichstrom liefert. Bei Anschluss des zu messenden Widerstands an die Eingangsklemmen wird der Strom durch das Messobjekt geschickt, und die dabei entstehende Spannung wird gemessen, vorzugsweise im kleinsten Spannungsmessbereich. Zur Messbereichsumschaltung wird dann die Stromquelle umgeschaltet.
Beispiel: Mit I = 10,00 μA erhält man zusammen mit dem kleinsten Spannungs-Messbereich 200 mV einen Widerstands-Messbereich 20 kΩ.
Der Zusammenhang zwischen Messgröße und Anzeige ist eine Proportionalität, und man erhält recht genaue Messwerte. Die Fehlergrenze ergibt sich aus der Fehlergrenze für die Gleichspannungsmessung und der Fehlergrenze für die Justierung des Stromes. Die Qualität des Messwertes ist damit ganz wesentlich besser als bei Analogmultimetern mit einem Anzeigebereich ∞ … 0, wo allein schon von der Ablesemöglichkeit her das Ergebnis sehr ungenau wird.
Fehler beim Messen mit dem Digitalmultimeter
Abgleichfehler für Nullpunkt und Empfindlichkeit
Die Kennlinie eines ADU (mit extrem feiner Stufung) ist eine Gerade durch den Nullpunkt. Der Nullpunkt muss durch horizontale Verschiebung eingestellt werden. Die Empfindlichkeit muss durch Verdrehung (Änderung der Neigung der Kennlinie) eingestellt werden, siehe auch unter dem Stichwort Messgerätefehler. Beides ist nur innerhalb gewisser Fehlergrenzen möglich.
Quantisierungsfehler
Dadurch, dass die Messgröße nur schrittweise abgebildet wird, entsteht ein Quantisierungsfehler.
Linearitätsfehler
Dieser Fehler ist deutlich kleiner als die typisch auftretenden Abgleichfehler. Man unterscheidet zwischen dem
- integralen Linearitätsfehler durch eine Nicht-Linearität der Kennlinie,
- differenziellen Linearitätsfehler durch ungleiche Breite benachbarter Quantisierungsschritte.
Die Grenzen von Nullpunkts-, Quantisierungs- und Linearitäts-Fehler sind Konstanten über den ganzen Messbereich; die Grenze des Empfindlichkeitsfehlers ist proportional zum Messwert; zusammengefasst erhält man die Fehlergrenze G des Messgerätes aus zwei Summanden,
- z. B. G = 0,2 % v.M. + 1 Digit
- = 0,2 % v.M. + 0,05 % v.E. , falls das Gerät in 2000 Schritte (Digit) auflöst.
- Die Abkürzungen „v.M.“ und „v.E.“ gemäß Sprachregelung in DIN 43751 stehen für „vom Messwert“ und „vom Endwert“.
Einflusseffekte
Die bisher genannten Grenzwerte gelten für die Eigenabweichung bei Betrieb unter festgelegten Bedingungen. Wird von diesen Referenzbedingungen abgewichen, so können Einflusseffekte den Fehler des Messgerätes erhöhen. Die Problematik ist dieselbe wie bei analogen Messgeräten; zur Erläuterung der Begriffe siehe Genauigkeitsklasse.
Temperatur
Digitale Multimeter sind üblicherweise nach DIN 43751 auf eine der Temperaturen 20, 23 oder 25 °C justiert. Bei Änderung der Temperatur des Messgeräts ändern sich die elektrischen Eigenschaften seiner Komponenten. Durch Einflusseffekte wird der Messgerätefehler möglicherweise größer. Der Einfluss der Temperatur auf den Messwert wird mit Hilfe einer Kenngröße angegeben.
Kurvenform
Die Kurvenform kann durch verschiedene Kennwerte beschrieben werden. Eine dieser Größen ist der Scheitelfaktor (engl. Crestfactor) C, definiert als das Verhältnis von Amplitude zu Effektivwert. Für Gleichspannung gilt C = 1 und für sinusförmige Wechselspannung C = √2 = 1,414.
Ist die Amplitude sehr viel größer als der Effektivwert (ist also C groß gegen 1), wie zum Beispiel bei Impulsen, kommt es zu Fehlmessungen.
Bei gleichrichtwert-bildenden Messgeräten für Wechselgrößen ist die Sinusform zwingend, sonst können erhebliche Fehler auftreten. Bei effektivwertbildenden DMM ist die Kurvenform typisch bis C = 7 von geringem Einfluss, wenn die Frequenz nicht allzu hoch ist (50 bis teilweise 400 Hz).Berechnung der Fehlergrenze
Beispiel 1:
- Anzeige U = 193,4 V; Angabe des Herstellers: G = 0,2 % v.M. + 1 Digit
Beispiel 2:
- Das Messgerät wird in einer Umgebungstemperatur von 35 °C betrieben. Der Hersteller gibt die obige Fehlergrenze für einen Referenzwert 23 °C an. Für den Betrieb bei anderer Temperatur sei eine weitere Angabe des Herstellers ein bezogener Zusatzfehler: (0,05 % v.M. + 2 Digit)/10 K
Siehe auch
- Arithmetischer Mittelwert und Effektivwert bzw. quadratischer Mittelwert verschiedener Spannungsformen
- Messtechnik
- Digitale Messtechnik
- SMU
Wikimedia Foundation.