Aegidientorplatz

Aegidientorplatz
Zentrum des Aegidientorplatzes als Verkehrsinsel mit dem Aegidienwald, ein stilisierter Birkenwald

Der Aegidientorplatz, im Volksmund kurz Aegi genannt, ist ein verkehrsreicher Platz in Hannover, unter dem sich eine U-Bahn-Station befindet. Er wurde nach dem Aegidientor benannt, dem südöstlichen Stadttor der mittelalterlichen Stadt, das hier bis 1780 stand.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Mittelalter

Aegidientor in der Stadtbefestigung Hannover
Aegidientor als dekoratives Rundbogentor um 1830

Das Aegidientor war seit dem Mittelalter das südöstliche Stadttor der Stadtbefestigung Hannover. Den Namen – gelegentlich auch als Egidien Thor geschrieben – erhielt es von der benachbarten Aegidienkirche. Hier traf die Fernstraße aus Richtung Hildesheim auf die Stadt. Vor dem Tor lag die im 9. Jahrhundert entstandene und später wüst gefallene Siedlung Eddingerode.

Das Tor wurde im Jahre 1307 erstmals erwähnt. Der mehrgeschossige innere Torturm, versehen mit einer Durchfahrt, stand inmitten der Breiten Straße. Im Zuge des Ausbaus der Stadtbefestigung wurde 1504 außerhalb des Walles ein, direkt neben dem äußeren Torhaus (etwa an der Mitte des heutigen Aegiendientorplatzes) ein Zwinger gebaut. Der Zugang zur Stadt führte hier fortan über eine Zugbrücke über den Graben, durch das äußere Torhaus, über eine zweite Brücke und durch das innere Tor. Diese Anlagen wurden bei Niederlegung der Stadtbefestigung Hannover ab 1763 beseitigt. Danach entstanden dort dekorative Rundbogentore, die im 19. Jahrhundert abgerissen wurden. An den früheren Standort des mittelalterlichen inneren Torturms erinnert heute eine Gedenktafel am Haus Breite Straße 7/10. Der Turm war 1748 beim Bau der Aegidien-Neustadt durch den Bürgermeister Christian Ulrich Grupen abgetragen worden.

Neuzeit

Im Zuge der Schleifung der Stadtbefestigung ab 1780 wurde die restliche Toranlage abgetragen. Die Stelle des Aegidientors nahm ab 1844 der Aegidientorplatz ein. Ein Wachhaus (etwa an der heutigen Einmündung der Marienstraße) und eine mehr dekorative, repräsentative Toranlage übten jetzt die letzten noch verbleibenden Funktionen des Stadttors aus. Diese letzte Anlage wurde 1859 abgebrochen.

Der Platz wurde lange Zeit von einem streng geometrischen, klassizistischen Straßenzuschnitt geprägt. Ab 1872 führte die erste Pferdebahn über den Aegidientorplatz. Vom Kröpcke her führt die Georgstraße auf den Platz.

Nachkriegszeit

Durch den Um- und Ausbau der hannoverschen Hauptverkehrsadern zum „Cityring“ in den 1950er Jahren wurde der Aegi großräumig erweitert. Für den Bau der Stadtbahn Hannover wurde nach 1969 im Zuge des Innenstadtringes eine Stahlhochstraße über dem Platz geführt. Diese ursprünglich als Provisorium geplante Straße blieb bis 1998 in Gebrauch, zuletzt nur noch für Pkw bis 3,5 t und begrenzt auf 30 km/h.

Gegenwart

1996 begannen Planungen zum Umbau und zur Neugestaltung des Platzes. Die Stadtbahnlinie 10 endete zu diesem Zeitpunkt noch in der Friedrichstraße (heute vom Gebäude der NORD/LB überbaut). Durch den Rückbau der Stadtbahn und den Abriss der baufälligen Hochstraße sollte eine völlige Neukonzeption erreicht werden. Diese Planung erfolgte als Gemeinschaftsplanung vom Tiefbauamt der Stadt Hannover mit der üstra Tochtergesellschaft TransTeC-bau. In der Baumaßnahme ab Ende 1997 bis 1999 wurde der Platz dann vollständig umgestaltet. Die Stadtbahn erhielt einen Hochbahnsteig nach Plänen des Architekturbüros Wiege und endete jetzt vom Thielenplatz kommend am Anfang des Platzes. Der frei gewordene Platz unter der Brücke wurde für zusätzliche Abbiegespuren und auch für eine spezielle Busspur in Mittellage verwendet.

Vor Baubeginn gab es große Bedenken, ob der Platz auch ohne die Brücke die Verkehrsströme aufnehmen kann. Von vielen Kritikern wurden Dauerstaus befürchtet, die sich in alle Richtungen ergeben würden. Die Erfahrungen der ersten Betriebsjahre haben jedoch gezeigt, dass diese Befürchtungen nicht eingetreten sind.

2003 begannen dann Planungen für einen weiteren Umbau, der im November 2004 beginnen konnte, nachdem die Bindungsfrist gemäß Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz für den vorherigen Umbau ausgelaufen war. Die in Verlängerung des Hochbahnsteiges angelegte Busspur sollte bis zur Einmündung Hildesheimer Straße aufgegeben werden, was eine vereinfachte Busführung ermöglicht. Ein Teil der Fläche wurde in Richtung Schiffgraben für eine weitere Fahrspur genutzt. Der überwiegende Teil der Fläche wurde bis Oktober 2006 nach einem Entwurf der Landschaftsarchitekturstudenten der Leibniz Universität Hannover Dominik Geilker und Stefanie Schmoll, betreut von Professor Udo Weilacher und Stadtgestalter Thomas Göbel-Groß, zum sogenannten Aegidienwald umgestaltet[1]. Die Planung und Realisierung des Projektes lag in der Verantwortung des Architekturbüros von Klaus Determann.

Gebäude

U-Bahn-Station unterhalb des Platzes mit historischen Tordarstellungen

Direkt am Aegi befindet sich das 1953 eingeweihte Theater am Aegi, das seit 1994 ein privatisiertes Gastspielhaus ist. Das aus der gleichen Ära stammende Verwaltungsgebäude der Sparkasse Hannover ist ein Baudenkmal.[2]

Städtebaulich bemerkenswert ist am Aegidientorplatz das große Verwaltungsgebäude der Norddeutschen Landesbank. Architektonisch interessant ist das zwischen den Einmündungen Marienstraße und Hildesheimer Straße liegende sogenannte Torhaus-Hannover. Dieses Gebäude überragt den Gehweg um mehrere Meter, konnte aber aus statischen Gründen nicht auf der darunter liegenden Stadtbahnstation gegründet werden. Das Gewicht dieses Gebäudeteils wird daher mittels großer Stahlträger über Drahtseile in den hinteren Gebäudeteil übertragen.

Für die Bushaltestelle der Linien 100 und 120 auf dem Platz entwarf Jasper Morrison im Zuge des Kunstprojekts BUSSTOPS einen funktionell anmutenden Unterstand.

Im Untergeschoss der U-Bahn-Station Aegidientorplatz (Ausgang Hildesheimer Straße) zeigt eine große Reproduktion an der Wand die Ansicht des Aegidientores um 1620 von Arnold Nöldeke (aus seinem Buch Die Kunstdenkmale der Stadt Hannover). Die Wände der Station sind mit historischen Tordarstellungen als dekorativen Elementen versehen.

Literatur

  • Arnold Nöldeke: Die Kunstdenkmale der Stadt Hannover. 1: Denkmäler des "alten" Stadtgebietes Hannover. Hannover 1932. Neudruck: Osnabrück : Wenner, 1979, S. 41-74 (S. 61: Das äußere und innere Ägidientor um 1620, rekonstruierte Ansicht). ISBN 3-87898-151-1
  • Hans Ulrich Stockmann: Der Aegidientorplatz. Entwicklung und Veränderung eines Platzes am Rande der Innenstadt von Hannover. Unter Mitarb. von Camilla Hughes-Hunt. In: Hannoversche Geschichtsblätter. N. F. Bd. 35 (1981) S. 159–180.
  • Dieter Tasch: Aegidientorplatz und Georgsplatz im Wandel der Zeit. Hannover: Norddeutsche Landesbank 1987.
  • Helmut Knocke, Hugo Thielen: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon, Handbuch und Stadtführer. 3., rev. Aufl. Hannover: Schäfer 1995, S. 63–64. ISBN 3-88746-313-7

Einzelnachweise

  1. Aegi hat neues Gesicht: Oberbürgermeister Schmalstieg weiht Projekt „Aegidienwald“ ein. Pressemitteilung. Landeshauptstadt Hannover, Büro des Oberbürgermeisters Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, 26. Oktober 2006, abgerufen am 25. November 2010.
  2. Conrad von Meding: Das sollen Denkmale sein?, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 23. März 2010, S. 15

Weblinks

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