Drehspulgalvanometer

Drehspulgalvanometer

Unter dem Begriff Galvanometer versteht man elektromechanische Strommessgeräte und Antriebe nach dem Prinzip eines Drehspulmesswerkes.

Das Prinzip wird auch bei Galvanometerantrieben (kurz Galvoantrieb oder Galvo) auch zur schnellen Positionierung und Winkelverstellung angewendet, z. B. zum Spiegelantrieb in vektorgesteuerten Laserscannern und Lasershow-Geräten, für Lichtzeiger (siehe unten Spiegelgalvanometer) sowie in den Abtast- und Schreibbaugruppen von CD- und DVD-Laufwerken.

Galvanometer sind im praktischen Einsatz weitgehend durch die digitale Messtechnik wie Digitalmultimeter ersetzt worden. Geblieben sind wenige Nischenanwendungen als Nullindikator mit schnell erfassbarer Trendanzeige. Selten kommen sie noch zum Nachweis kleinster Ströme im Lehr- und Forschungsbereich vor.

Aufbau eines Galvanometer

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Galvanometer im engeren Sinne sind Drehspulmesswerke, jedoch mit sehr hoher Empfindlichkeit. Galvanometer werden entweder für sich oder als Bestandteil von Messeinrichtungen (Messbrücke, Kompensator usw.) zum Nachweis kleiner Ströme und Spannungen verwendet.

Galvanometer haben meist den Nullpunkt in der Mitte der Skala und sind oft nicht kalibriert. Da Galvanometer oft als Nullindikatoren, d. h. für die Aussage kein Strom bzw. keine Spannung, eingesetzt werden, kann auf die Kalibrierung verzichtet werden. Im Gegensatz zu normalen Drehspulmesswerken ist die Spule nicht auf einen Aluminiumrahmen gewickelt, dadurch entfällt die Dämpfung durch Wirbelstrom. Die Spule wird entweder auf einen nichtmetallischen Träger gewickelt oder wird freitragend vergossen oder verbacken ausgeführt.

Wie viele andere analog anzeigende und elektromechanisch aufgebaute Messinstrumente sind Galvanometer sehr stoßempfindlich und müssen vor Luftströmungen geschützt werden.

Prinzipien

Es gibt verschiedene Ausführungen von Galvanometern, die sich nach Art der Ablesung und Lagerung unterscheiden.

Ablesung

Zeigergalvanometer
Historisches Spiegelgalvanometer

Folgende Prinzipien der Ablesung des Messwertes sind bekannt:

Zeigergalvanometer
sind aufgebaut wie im Bild gezeigt, d. h. an der Drehspule ist ein Zeiger angebracht.
Spiegelgalvanometer
besitzen an Stelle des Zeigers einen kleinen Spiegel an der Drehspule. Eine von einer Projektionslampe oder einem Laser erzeugte Strichmarke wird vom Spiegel reflektiert und auf eine getrennt vom Galvanometer aufgestellte Skala projiziert. Spiegelgalvanometer können sehr empfindlich ausgelegt werden, da der masselose Lichtzeiger, entsprechend lichtstarke Projektionslampen bzw. Laser vorausgesetzt, nahezu beliebig lang gemacht werden kann. Auch verdoppelt sich durch die Reflexion der Ablenkwinkel. Nachteilig ist, dass es sich um drei getrennte Komponenten handelt, die aufeinander eingerichtet und justiert sein müssen.
Lichtmarkengalvanometer
Sie vermeiden diese Nachteile, indem die drei Teile des Spiegelgalvanometers (Messwerk, Skala und Lampe mit Optik) in einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht werden. Allerdings ist die Länge des Lichtzeigers durch die Größe des Gehäuses begrenzt.

Lagerung

Nach der Art der Lagerung werden die folgenden Typen unterschieden:

Spitzenlagerung
Bei Galvanometern mit Spitzenlagerung besitzt die Drehspule eine Achse mit Stahlspitzen, die in gefederten Edelsteinen gelagert sind. Die Stromzuführung zur Drehspule geschieht über zwei Spiralfedern, die auch der Rückstellung des Zeigers auf Nullposition dienen.
Spannbandlagerung
Galvanometer mit Spannbandlagerung haben anstatt einer Achse zwei Metallbänder, die federnd gespannt sind. Die Bänder dienen der Stromzuführung zur Drehspule und deren Torsionskraft als Rückstellkraft. Eine besondere Bauart vereint die Funktionen der Rückstellung und die der Drehspule dadurch, dass nur noch eine einzige Drahtschleife durch zwei parallel gespannte Leiterfäden mit einem eingeklemmten Spiegel Verwendung findet, wodurch sich eine sehr kurze Reaktionszeit ergibt und oszillographische Aufzeichnungen möglich werden.
Bandaufhängung
Galvanometer mit Bandaufhängung haben ebenfalls zwei Metallbänder zur Stromzuführung. Die Drehspule ist an einem der Bändchen senkrecht aufgehängt, dessen geringe Torsionskraft der Rückstellung dient. Das tragende Bändchen kann so dünn ausgeführt werden, dass es gerade in der Lage ist, das Gewicht der Drehspule auszuhalten. Mit diesen Geräten wird die höchste Empfindlichkeit erreicht.

Astatische Nadeln

Galvanometer mit astatischen Nadeln stellen eine Form von Galvanometer dar, welche vom italienischen Physiker Leopoldo Nobili um 1826 erfunden wurden. [1]

Bei diesem Aufbau sind zwei gleichstarke hartmagnetische Nadeln exakt parallel untereinander befestigt mit entgegengesetzter Polarisierung und an einem Faden befestigt. Durch die entgegengesetzte Polung wird der Einfluss des Erdmagnetfeldes eliminiert, der Meßaufbau wird astatisch. Dieser Aufbau kann in jeder Position in die er gebracht wird verbleiben ohne sich wieder am Erdmagnetfeld auszurichten. Um eine Messung von Fremdkräften zu ermöglichen, darf der Einfluss des Erdmagnetfeldes nicht komplett eliminiert werden, da die Nadel sonst nicht in ihre Ausgangslage gebracht werden kann. Um die Empfindlichkeit zum Erdmagnetfeld zu steuern, wird ein Berichtigungsstab genutzt. Dieser magnetische Stab wird in Wirkrichtung des Erdmagnetfeldes unter die Nadeln gelegt. Dieser Stab wirkt auf die untere Nadel und sein Einfluss auf die Nadel kann durch die Distanz zu dieser gesteuert werden.

Galvanometerkonstante

Nach der Galvanometerkonstante G, die das Produkt aus Spulenfläche, Windungszahl und magnetischer Feldstärke ist, werden die folgenden Unterscheidungen getroffen:

stromempfindliche Galvanometer
mit kleiner Stromkonstante. Die Stromkonstante gibt an, welcher Strom eine bestimmte Drehung der Drehspule hervorruft.
spannungsempfindliche Galvanometer
mit kleiner Spannungskonstante. Um die Spannungskonstante klein zu machen, muss der innere Widerstand des Messwerks möglichst klein sein. Spannungsempfindliche Galvanometer haben deshalb einen kleineren Innenwiderstand und eine geringere Windungszahl als stromempfindliche Galvanometer gleichen Messwerkaufbaus.

Erweiterungen des Messbereichs bei geeichten Instrumenten sind natürlich mit den in Strommesser und Voltmeter angegebenen Schaltungen und Berechnungen möglich.

Dynamisches Verhalten

Das dynamische Verhalten eines Galvanometers wird über die folgende Differentialgleichung beschrieben:

\Theta \cdot \ddot\varphi + \rho\cdot \dot\varphi + D\cdot \varphi = G \cdot I_{ges}

Dabei ist \varphi der zeitabhängige Ausschlag des Galvanometers, \dot\varphi die Änderung des Ausschlags über der Zeit, also die Winkelgeschwindigkeit des Zeigers und \ddot\varphi die Winkelbeschleunigung des Ausschlags. Durch Θ wird das Trägheitsmoment des rotierenden Teils dargestellt, ρ ist die mechanische Dämpfungskonstante, D die Federkonstante der Rückstellfeder, Iges der Gesamtstrom durch die Spule bestehend aus Messstrom und induziertem Strom und G ist schließlich die Galvanometerkonstante.

Praktische Ausführungen

Bedingt durch die Anwendung als Nullindikator oder zum Nachweis kleinster Ströme ist bei Galvanometern die maximale Auflösung, das heißt der kleinste Messwert, der noch sichtbar gemacht werden kann, die bestimmende Größe.

Zeigergalvanometer mit Spitzenlagerung
sind robuste Betriebsmessgeräte, deren maximale Auflösung im Bereich von ein Mikroampere (10-6 A) liegt.
Zeigergalvanometer mit Spannbandlagerung
können, bedingt durch den Wegfall der Lagerreibung, eine Auflösung von 10-8 A erreichen. Sie sind jedoch stoßempfindlicher als Geräte mit Spitzenlagerung.
Lichtmarkengalvanometer mit Spannbandlagerung
erreichten je nach Ausführung der Spannbänder Auflösungen um 10-9 A.
Spiegelgalvanometer mit Spannbandlagerung
erreichten durch ihren längeren Zeiger Auflösungen von unter 10-10 A.
Spiegelgalvanometer mit Bandaufhängung
erreichen Auflösungen kleiner als 10-12 A. Das sind Laborgeräte aus handwerklicher Einzelfertigung. Sie müssen bei Transport und Aufstellung vor Erschütterungen geschützt werden und müssen daher auf einer schwingungsisolierten Unterlage aufgestellt werden. Die Drehspule muss senkrecht hängen; dazu sind die Gehäuse mit Libellen und Stellschrauben zur vertikalen Ausrichtung versehen. Zum Transport muss das Bändchen entlastet und die Drehspule arretiert werden. Wenn Störfelder ferngehalten werden können, sind diese Instrumente auch heute (2005) empfindlicher als elektronische Messungen, die im Bereich sehr kleiner Ströme Probleme mit Störgrößen wie Rauschen, Leckströmen, Drift und Temperaturabhängigkeit haben.
Ballistische Galvanometer
werden dynamisch betrieben. Ein Stromimpuls führt zu einem Drehimpuls. Der Maximalausschlag ist proportional zur Ladungsmenge, die durch das Galvanometer geflossen ist.

Einzelnachweise

  1. Klaus Beneke: Biographien und wissenschaftliche Lebensläufe von Kolloidwissenschaftlern. Knof, 1999, ISBN 3-93441301-3, S. 97-99. 

Weblinks


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