Drei-Grafen-Kabinett

Drei-Grafen-Kabinett
Johann Kasimir Kolbe Reichsgraf von Wartenberg
Premierminister und Kopf des Trios
Alexander Hermann von Wartensleben
Generalfeldmarschall, Wirklicher Geheimer Rat und Statthalter von Berlin

Das Drei-Grafen-Kabinett, wegen der Anfangsbuchstaben ihrer Namen auch Die Drei Wehs genannt[1], bezeichnete einen Günstlingskreis um den König Friedrichs I. bestehend aus Hofmarschall August David Graf zu Sayn-Wittgenstein, Generalfeldmarschall von Wartensleben und dem Emporkömmling Johann Kasimir Kolbe von Wartenberg, das ohne eine wirkliche Institution zu sein,[2] die preußische Politik von 1702 bis 1710 maßgebend beeinflusste und gestaltete.

Inhaltsverzeichnis

Das Dreifache Weh

Nach dem Sturz des Oberpräsidenten Eberhard von Danckelman Ende 1697, stieg der Einfluss von Kolbe, der seit 1688 im brandenburgischen Staatsdienst stand. Bei der Krönung Friedrichs I. und in Staatssachen attestierte er Friedrich am nächsten. Er förderte nach Kräften die Neigung Friedrichs III., König zu werden und gewann damit größten Einfluss auf die Staatsgeschäfte. Nach der Königskrönung erhielt er den Titel eines Reichsgrafen und wurde 1702 zum Premierminister ernannt.[2]

Friedrich vertraute ihm in allen Fragen und war froh, das strenge Regime von Danckelman losgeworden zu sein.[3] Nachdem Wartenberg seine Konkurrenten am Hof nach und nach ausschaltete, besetzte er in der Folgezeit wichtige Hofstellen mit ihm ergebenen Handlangern. Den Posten des Wirklichen Geheimen Rates ließ er mit dem ihm ergebenen Generalfeldmarschall von Wartensleben besetzen, der darüber hinaus Statthalter von Berlin war. Graf von Wittgenstein, ein eigennütziger Mann erhielt die Finanz- und Kammergeschäfte.[1]

Das Wirken Wartenbergs wurde durch Ämterhäufung begünstigt, die es ihm gestattete, nach belieben zu schalten und walten. Er war neben Premierminister und Chef der Generalökonomiedirektion darüber hinaus auch noch Marschall des Königreichs Preußen, Protektor der Königlichen Akademien, Kanzler des Ordens vom Schwarzen Adler, Oberstallmeister, Oberaufseher der Königlichen Schlösser, Oberhauptmann aller Schatullenämter, Generalpostmeister, und bekleidete diese Stellungen in Personalunion.

Besonders Wartenberg, auch in der Funktion als Oberkämmerer, und Wittgenstein wirtschafteten in ihrer Wirkenszeit vorwiegend für die eigene Tasche, in deren Folge Preußen vollkommen ausgeplündert wurde.

Es gehörte zur Politik Wartenbergs, sich ständig neue, überflüssige Ämter auszudenken. Zudem erfand er ständig neue Steuern um den Prunkbedürfnissen Friedrichs nachzukommen, die Land und Leute schwer belasteten. Neben der traditionellen Kontribution, einer Grundsteuer, wurde die Akzise, eine Konsumsteuer, ständig in die Höhe getrieben. Allein für Berlin steigerte sie sich zwischen 1690 und 1710 von 60.000 auf 180.000 Taler. Hinzu kamen Sondersteuern, so eine Kopfsteuer. Für den Konsum von Tee, Kaffee oder Kakao musste ein Erlaubnisschein erworben werden, der pro Jahr zwei Taler kostete. Es folgte die Einführung einer Perückensteuer, Hut-, Stiefel-, Strumpf- und Kutschensteuer und junge Mädchen mussten bis zur Heirat auf ihre Jungfernschaft im Monat 2 Groschen Jungfernsteuer entrichten. Schließlich wurde auch noch der Salzverbrauch besteuert, was insbesondere die Armen traf.

Erst als Preußen, seit 1709 von Pest und Hungersnöten heimgesucht, kurz vor dem finanziellen Zusammenbruch stand, ließ der König Friedrich I. nach der Veröffentlichung des Gutachtens der Geheimen Hofkammer und der Domänenkomission zur Lage Preußens, das Dreigrafenkabinett fallen.

Zunächst ließ er Wittgenstein verhaften. Seine Machenschaften mit Versicherungsbetrug beim Feuer- und Brandschutz sowie die unpopuläre Salzsteuer, die ihm angelastet wurde, ließen ihn stürzen. Der 1711 angestrengte Prozess gegen Wittgenstein wurde aber auf Geheiß Friedrichs nicht eröffnet. Wartensleben blieb, wurde aber seiner Macht beraubt. Das Drei-Grafen-Kabinett hinterließ dem preußischen Staat einen Schuldenberg, der beim Tode des Königs 1713 noch 25 Millionen Taler betrug.

Einzelnachweise

  1. a b Gustav Adolf Harald Stenzel, S. 180
  2. a b Günter Barudio, S. 214
  3. PreußenJahrBuch, S. 83

Literatur

  • Samuel Buchholz: Versuch einer Geschichte der Churmark Brandenburg, Vierter Teil: neue Geschichte, Berlin 1767, Seiten 350-353
  • Werner Schmidt: Friedrich I. - Kurfürst von Brandenburg König in Preußen, Heinrich Hugendubel Verlag, München 2004
  • PreußenJahrBuch - Ein Almanach, MD-Berlin, Berlin 2000
  • Günter Barudio: Weltgeschichte - Das Zeitalter des Absolutismus und der Aufklärung 1648-1779, Band 25, Weltbild Verlag, Augsburg 1998, ISBN 3-89350-989-5
  • Gustav Adolf Harald Stenzel: Geschichte des Preussischen Staats, Dritter Teil, Verlag Friedrich Perthes, Hamburg 1841

Weblinks


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