- Oberpräsident
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Oberpräsident (eigentlich: Oberregierungspräsident) war der Titel des obersten Vertreters des Staates Preußen für das Gebiet einer Provinz.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Oberpräsident einer preußischen Provinz entsprach etwa dem Landesstatthalter eines österreichischen Kronlandes. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde er vom jeweiligen Kurfürsten bzw. König ernannt und war nur diesem verantwortlich.
Ab 1808 bzw. 1815 war der Oberpräsident Verwaltungschef der Provinz. Er war allerdings nicht der Vorgesetzte der Regierungspräsidenten; diese unterstanden direkt dem preußischen Innenministerium in Berlin. Der Oberpräsident hatte das Recht, sich von den Regierungspräsidenten über alle Belange der Provinz unterrichten zu lassen und durfte bei Gefahr im Verzug auch selbst eingreifen.
Neben Ober- und Regierungspräsidenten fungierten als oberste Beamte des Provinzialverbandes die Landeshauptleute, welche die Selbstverwaltungsbefugnisse der Provinzen ausübten und von den Provinziallandtagen gewählt wurden. Viele Oberpräsidenten waren Corpsstudenten.
Unter dem Nationalsozialismus wurden die Befugnisse der Oberpräsidenten ausgeweitet. Sie nahmen dann auch Reichsinteressen wahr, ähnlich den Befugnissen eines Reichsstatthalters. Als beratendes Gremium wurde außerdem der Preußische Provinzialrat installiert. Der Dualismus zwischen den Befugnissen von Ober- und Regierungspräsidenten wurde bis 1945 nicht mehr gelöst.
Sitz der preußischen Oberpräsidenten
Die preußischen Oberpräsidenten hatten in folgenden Provinzhauptstädten ihren Sitz:
- Berlin-Charlottenburg – Provinz Brandenburg, ab 1939 „Mark Brandenburg“ (1918–1945)
- Breslau – Provinz Schlesien (1815–1919, 1938–1941), Provinz Niederschlesien (1919–1938, 1941–1945)
- Danzig – Provinz Westpreußen (1815–1824, 1878–1920)
- Halle a. S. – Provinz Halle-Merseburg (1944–1945)
- Hannover – Provinz Hannover (1866–1945)
- Kassel – Provinz Hessen-Nassau (1866 bis 1944), Provinz Kurhessen (1944–1945)
- Kattowitz – Provinz Oberschlesien (1941–1945)
- Kiel – Provinz Schleswig-Holstein (1866–1879, 1917–1945)
- Koblenz – Provinz Großherzogtum Niederrhein (1815/16–1824), Rheinprovinz (1824–1945)
- Köln – Provinz Jülich-Kleve-Berg (1815/16–1824)
- Königsberg (Pr) – Provinz Preußen/Ostpreußen (1815–1945)
- Magdeburg – Provinz Sachsen (1815–1944), Provinz Magdeburg (1944–1945)
- Minden – Provinz Westfalen (1815?)
- Münster i. Westf. – Provinz Westfalen (1815?–1945)
- Oppeln – Provinz Oberschlesien (1919–1938)
- Posen – Provinz Posen (1815–1920)
- Potsdam – Provinz Brandenburg (1815–1918)
- Schleswig – Provinz Schleswig-Holstein (1879–1917)
- Sigmaringen (Regierungspräsident mit den Befugnissen eines Oberpräsidenten) – Hohenzollernsche Lande (1850–1945)
- Schneidemühl – Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen (1922–1938)
- Stettin – Provinz Pommern (1815–1945)
- Wiesbaden – Provinz Nassau (1944–1945)
Literatur
- Rüdiger Döhler: Säulen Preußens – 59 Corpsstudenten als Oberpräsidenten preußischer Provinzen. In: Einst und Jetzt. 55, 2010, ISSN 0420-8870, S. 143–148.
- Klaus Schwabe (Hrsg.): Die preußischen Oberpräsidenten. 1815–1945. Boldt, Boppard am Rhein 1985, ISBN 3-7646-1857-4 (Büdinger Forschungen zur Sozialgeschichte 1981 = Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit 15).
Weblinks
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