Dreistufenwirtschaft

Dreistufenwirtschaft

Die Dreistufenwirtschaft fasst in der Landwirtschaft eine umfassende Nutzung der gesamten Vegetation des Lebensraumes über die Höhenstufen im alpinen Raum ins Auge.

Almdorf: Vorsäße Vorderhopfreben und Schalzbach, gegenüber (Üntschenspitze 2.135 m) oberhalb der Baumgrenze die Hochalp –Schoppernau, Vorarlberg
Almdorf: Vorsäße Vorderhopfreben und Schalzbach, gegenüber (Üntschenspitze 2.135 m) oberhalb der Baumgrenze die Hochalp –Schoppernau, Vorarlberg

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Die Dreistufenform der Transhumanz ist vornehmlich in den Zentralen Alpen verbreitet, in Westösterreich, den Bayerischen Alpen, im Südtirol und Trentino, in den Schweizer Alpen und den französische Hochalpen, dort, wo enger Talsiedlungsraum sich mit weiten hochmontanen Fluren findet.

Ablauf

Die Bauern in den alpinen Regionen zogen mit ihrem Vieh dem Futter nach. Das heißt, sie wechselten mehrmals jährlich von einem Stall zum anderen, bildet also eine Form der Transhumanz.

Stufe Eins

Die erste Stufe betrifft das Heimgut im Tal, das vom Frühling bis in den Herbst bewirtschaftet werden konnte und Vorrat für den Winter schaffen sollte. Die dazugehörigen Almregionen werden Niederalm oder Niederleger genannt, das Vieh kann in der Hofstelle eingestallt werden.

Almabtrieb, Rückkehr des Vieh in die Talorte (Kufstein, Tirol)
Tieflage/Tallage
Hügelland-/Mittelgebirgsstufe
kollin/submontan
Ökumene

Stufe Zwei

Die Vorsäße oder Maisäße, Unterstafel (alemann.), Mittelalm (bair.), Niederleger (tir.) befinden sich auf etwa 1.500 Meter Seehöhe, etwa zwei Gehstunden über den Dauersiedlungen: Gingen die Futtervorräte im Tal zu Ende, trieb man das Vieh (Rinder, Pferde, Schafe, Ziegen) etwa Anfang Juni für etwa drei bis vier Wochen auf den Maisäß.

Auch nach dem Hochalmbetrieb war noch ein Nachgrasen am Vorsäß möglich, bis der eigentliche Almabtrieb stattfindet, und es dann endgültig Winterquartier in Tallagen fand.

Vorsäß in Seewald bei Fontanella, Vorarlberg
Mittellage
Gebirgsstufe (Montanstufe)
submontan/montan
Subökumene

Stufe Drei

Vom Vorsäß dort wurde das Vieh im Juni auf die Hochalpe/Hochalm, Oberleger, Oberstafel in Höhen von etwa 1.600 bis 2.000 Meter gebracht und Stufe drei war erreicht. Während der Alpzeit werden die Wiesen auf dem Maisäß gemäht, in alpinen Lagen auch Wildheuen. Mitte September bis Mitte Oktober kam das Vieh wieder auf den Maisäß.

Engstligenalp, Kanton Bern
Hochlage
Hochgebirgsstufe
subalpin/alpin
Anökumene

Diese Form der Bewirtschaftung funktionierte jahrhundertelang und war lediglich eingeschränkt durch den Umstand, dass viele Menschen in der warmen Jahreszeit außerhalb des Tales ihrem Broterwerb nachgehen mussten und somit vor allem die weibliche Bevölkerung zurückließen, die diese Dreistufenwirtschaft aufrechtzuerhalten hatte.

Wandel im 20. Jahrhundert

Ein tiefgreifender Wandel erfolgte im 20. Jahrhundert: Zum einen sollte die Landwirtschaft durch neue Erwerbszweige, die sich in der Nutzung der Wasserkraft und im aufkommenden Fremdenverkehr boten, stetig und statistisch deutlich belegt an Bedeutung verlieren. In manchen Gegenden der Schweiz, beispielsweise in der Innerschweiz, in Graubünden und im westlichen Berner Oberland war dieser Wandel weniger ausgeprägt und die Alpwirtschaft spielt bis heute noch eine wirtschaftliche und auch kulturelle Rolle und trägt auch wesentlich zur Landschaftspflege bei.

Auf der anderen Seite machte auch die Landwirtschaft selbst einen grundlegenden Wandel mit, welcher innerhalb kürzester Zeit einen gewaltigen Technisierungsschub verbunden mit Zeitersparnis und Verkürzung der Wege mit sich brachte. Weniger Landwirtschaft bedeutet, dass die landwirtschaftlichen Güter des Tales und jene der Alpen ausreichen. Der Technisierungsschub sowie die Verkürzung der Wege bedeutet, dass die noch gegebene Maisäßbewirtschaftung vom Tal aus durchgeführt werden kann.

Bis zur verkehrstechnischen Erschließung der Maisäßgebiete wurde die Milch an Ort und Stelle zu Butter und Käse verarbeitet, was sich vielerorts noch durch Inventar nachweisen lässt und sich gelegentlich noch heute so vorfindet.

Regionales

Österreich

In Österreich gibt es (Erfassung Almkataster 2007)[1] etwa 2.000 Niederalmen, 4.500 Mittelalmen und 2.400 Hochalmen. Dabei zeigen sich deutliche regionale Unterschiede: Die Dreistufenwirtschaft ist nur in den Innenalpen ausgeprägt, während in den Randalpen aufgrund der fehlenden Höhenlagen, aber auch eine weiter hinaufreichenden Dauersiedlung im südalpineren Bereich eine reduzierte Zweistufenform vorherrscht. In Tirol, das gänzlich in den Innenalpen liegt, beträgt das Verhältnis Nieder-:Mittel-:Hochalmen etwa 1:3:3, was zeigt, dass viele Höfe keine ausgewiesenen Niederalmen haben, aber durchwegs beide Bergformen, während in Kärnten mit fehlender Hochlage der Niederen Tauern und Kargheit der Südlichen Kalkalpen mittelhohe Lagen 1:7:4 dominieren, ebenso in Vorarlberg mit seiner Kultur der Maiensässe (feste Almdörfer) 2:5:2, und in Salzburg, wo mit den Unterschieden von Voralpen, Kalk-, Schiefer- und Zentralalpen im Landesdurchschnitt ein Verhältnis bei 1:2:1 zu liegen kommt. In der Steiermark, am Südostrand der Alpen und in Oberösterreich, das hauptsächlich Anteil an den nördlichen Voralpen hat, das Verhältnis 3:3:1 respektive 17:8:1 beträgt, also eine Niederstufenwirtschaft dominiert, und nahezu keine Melkalmen (unter 10 %), im Rahmen der Schwaigwirtschaft der Großteil der Almen also für Jungvieh genutzt wird.

Struktur der Almen 2007
Anzahl der Almen Ktn Sbg Stmk Tir Vlbg AT ges.
Anzahl der Almen 2.010 81 210 1.816 2.034 2.163 596 8.910
davon Niederalmen 177 50 138 421 821 347 132 2.086
Mittelalmen 1.168 29 64 948 915 994 321 4.439
Hochalmen 665 2 8 447 298 822 143 2.385
davon Melkalmen insgesamt 176 3 11 546 149 1.248 413 2.546
Im Burgenland und in Wien gibt es keine Almflächen
Quelle: Grüner Bericht 2008[1]

Literatur

  • Ernst Bruckmüller, Franz Ledermüller (Hrsg.): Geschichte der österreichischen Land- und Forstwirtschaft im 20. Jahrhundert. Band 1: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft. Band 2 Regionen, Betriebe, Menschen. Austria. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Verlag Ueberreuter, 2003, ISBN 978-3800038688
  • Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde: Archives suisses des traditions populaires. Diverse Bände.

Medien

  • Bergauf, Bergab. Dokumentarfilm, Hans Haldimann, CH 2008 – über einen Dreistufenbauernbetrieb im Kanton Uri

Einzelnachweise

  1. a b Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung II 5 (Hrsg.): Struktur der Almen: Anzahl, Flächen und gealptes Vieh 2007. In: Grüner Bericht 2008. Wien, Tabelle 3.1.16.

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