- Dritter Russisch-Schwedischer Krieg
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Der Russisch-Schwedische Krieg 1808 – 1809 wird auch Dritter Russisch-Schwedischer Krieg genannt, weil ihm bereits der Russisch-Schwedische Krieg 1590–1595 und der Russisch-Schwedische Krieg 1656–1658 vorausgegangen waren. Zwischen Russland und Schweden gab es Dutzende von kriegerischen Auseinandersetzungen, darunter auch den Livländischen Krieg.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
1807 wurde das russische Großfürstentum Finnland proklamiert. Ende 1807 ignorierte die schwedische Regierung sämtliche Berichte massiver Manöver an der russischen Grenze. Der schwedische Botschafter in Sankt Petersburg sandte Berichte vom Aufmarsch der russischen Armee an der Grenze. Ohne dass Russland Schweden den Krieg erklärt hätte, überquerten russische Truppen am 21. Februar 1808 die Grenze zu Finnland. Seit 700 Jahren war Finnland ein Teil Schwedens. Doch durch diesen Krieg ging Finnland für Schweden verloren.
Schweden unter König Gustav IV. Adolf versuchte zunächst, sich während der napoleonischen Kriege neutral zu verhalten. 1805 schloss sich Schweden allerdings mit Österreich, Russland und Großbritannien zu der dritten gegen Frankreich gerichteten Koalition zusammen. Grund hierfür war zum einen die enge wirtschaftliche Verbindung Schwedens mit Großbritannien, zum anderen aber auch der Hass des schwedischen Königs Gustav IV. Adolf auf Napoleon. Schweden geriet jedoch in eine prekäre Lage, als Russland sich 1807 im Frieden von Tilsit mit Frankreich verbündete. Im Rahmen dieses Vertrages verpflichtete sich Russland, Schweden anzugreifen, falls Schweden an seinem Bündnis mit Großbritannien festhielt. Zugleich schloss auch Dänemark einen Vertrag mit Frankreich. Gleichwohl weigerte sich der schwedische König, das Bündnis mit Großbritannien aufzugeben.
Als im Februar 1808 russische Truppen in Finnland einmarschierten, konnte aus Schweden keine Unterstützung kommen, weil die Ostsee zugefroren war. Auch die verbündeten Briten konnten nicht zu Hilfe eilen. Die schwedisch-finnische Armee zog sich daher nach Nordfinnland zurück und wich der Konfrontation zunächst aus. Eine Katastrophe für die schwedische Kriegsführung war es, als am 3. Mai 1808 die Schärenfestung Sveaborg an der Südküste, die eigentlich russische Kräfte binden sollte und der schwedischen Armee den Rücken freihalten sollte, unter Admiral Carl Olof Cronstedt kapitulierte. Die Ursachen hierfür sind bis heute nicht ganz geklärt.
Letztlich war der Krieg ein Teil des europäischen Machtkampfes zwischen Napoleon und seinen Feinden. Der Russisch-Schwedische Krieg führte zum Sturz des schwedischen Königs in einem Staatsstreich (13. März 1809), da die Öffentlichkeit dem König die Schuld für das Debakel gab. Die Folgen des Kriegs waren für Skandinavien enorm: Schweden musste Finnland an Russland abtreten. In Finnland wurde dies sogar als Fortschritt betrachtet, denn in der schwedischen Zeit war Finnland integraler, aber rückständiger, Teil des schwedischen Reichs, während unter russischer Herrschaft Finnland den Status eines autonomen Großfürstentums mit dem russischen Zaren als finnischem Großfürsten erlangte. Als Ausgleich für das verlorene Finnland und als Belohnung für die Unterstützung im Kampf gegen Napoleon erhielt Schweden 1814 im Frieden von Kiel Norwegen, das bis dahin zu Dänemark gehört hatte. Diese – in Schweden wie Norwegen eher unpopuläre – Union bestand bis 1905. Außerdem gelangte durch den Sturz des Königs Gustav IV. Adolf die bis heute regierende Bernadotte-Dynastie auf den schwedischen Thron: Der zum neuen König gewählte Karl XIII., ein Onkel von Gustav IV. Adolf, war kinderlos und adoptierte daher den französischen Marschall Jean-Baptiste Bernadotte, der 1818 als Karl IV. Johan den schwedischen Thron bestieg.
Der Russisch-Schwedische Krieg ist Gegenstand der Gedichtsammlung Fähnrich Stahl des finnlandschwedischen Dichters Johan Ludvig Runeberg.
Verlauf des Kriegs
Russische Angriffe
- 16. April 1808: Schlacht von Pyhäjoki
- 18. April 1808: Schlacht von Siikajoki
- 27. April 1808: Schlacht von Revolahti
- 2. Mai 1808: Schlacht von Pulkkila
Die Sommeroffensive 1808
- 19.-20. Juni: Schlacht von Lemo
- 24. Juni: Schlacht von Nykarleby
- 25.-26. Juni 1808: Schlacht von Vasa
- 30. Juni: Seeschlacht von Rimito Kramp
- 11. Juli: Schlacht von Kokonsaari
- 14. Juli: Schlacht von Lappo
- 2.-3. August: Seeschlacht von Sandöström
- 10. August: Schlacht von Kauhajoki
- 17. August: Schlacht von Alavo
- 30. August: Seeschlacht von Grönviksund
- 31. August-2. September: Die Schlachten von Ruona und Salmi
Der schwedische Rückzug
- 13. September 1808: Schlacht von Juthas
- 14. September 1808: Schlacht von Oravais
- 18. September 1808: Seeschlacht von Palva Sund
- 27. Oktober 1808: Schlacht von Virta Bro
Der Feldzug in Nordschweden 1809
- 5. Juli: Schlacht von Hörnefors
- 19. August: Schlacht von Sävar
- 20. August: Schlacht von Ratan
Verlauf der wichtigsten Schlachten
Schlacht von Siikajoki
Der schwedische Chefkommandant, Wilhelm Mauritz Klingspor, genoss wegen seines Rückzugs nach Norden weder in der Armee noch in der Zivilbevölkerung Ansehen. Russische Truppen hatten bald den gesamten Süden Finnlands besetzt und folgten kontinuierlich Klingspor und dessen sich zurückziehender Armee. Tatsächlich aber führte Klingspor nur den offiziellen Plan aus – sich nach Norden zurückziehen und dort auf schwedische Verstärkung zu warten. In Siikajoki (später auch Revolax), direkt südlich von Oulu, waren die ersten schwedischen Aktionen, um den russischen Vormarsch aufzuhalten, zu treffen.
Während Georg Carl von Döbeln an der Südseite des Flusses in der Nähe von Siikajoki den Russen harten Widerstand leistete, kam Carl Johan Adlercreutz mit seiner Armee und konnte die Schlacht in einer Konteroffensive zum Sieg führen. Das Interessanteste dieser Schlacht war das Kavalleriegefecht. Die russische Kavallerie, einschließlich des Grodno-Husaren-Regiments zusammen mit Kosaken, griff auf dem zugefrorenen Fluss an.
Obwohl Schweden einen Sieg erlangte, zog sich Klingspor weiter nach Norden zurück.
Schlacht von Lappo
Während der schwedischen Sommeroffensive zog sich der russische Kommandant der Hauptarmee (Nikolai Rayevskij) mit 4100 Soldaten nach Lappo zurück und errichtete dort seine Verteidigung. Die Stellungen, die er fand, waren sicherlich nicht zu seinem Vorteil. Am 14. Juli griff Adlercreutz mit der Hauptarmee von etwa 4700 Männern an. Das schwedische Ziel war es, die Russen an der Außenflanke anzugreifen, sie einzukesseln und die gesamte russische Armee zu vernichten.
In dieser Schlacht zeichnete sich von Döbelns Regiment „Björneborg“ besonders aus. Als sie über Felder Richtung Lappo, wo sich die Russen verschanzt hatten, marschierten, gab Adlercreutz den Befehl zum Anhalten. Von Döbeln und seine Männer waren einem brutalen Artilleriefeuer ausgesetzt. Das war Döbeln zu viel, sodass er seinem Regiment den Befehl gab, weiter vorzurücken. Nach harten Häuserkämpfen gelang es „Björneborg“ schließlich, die Stadt von allen Feinden zu befreien.
Nikolai Rayevskij zog sich zurück und Adlercreutz' Plan, die Russen einzukesseln, schlug fehl. Dennoch war Lappo ein wichtiger Sieg für Schweden, das jetzt seine Sommeroffensive fortsetzte. Als direkte Konsequenz aus der Schlacht wurde Nikolai Rayevskij durch seinen jüngeren Kollegen Nikolai Kamenskij ersetzt.
Schlacht von Jutas
Im Spätsommer, fast schon frühem Herbst 1808 stand fest, dass die schwedische Sommeroffensive fehlgeschlagen war. Adlercreutz zog sich mit der Hauptarmee nach Norden zurück, weil ihm die Russen unter Kamenskij erfolgreich folgten. In Oravais fand Adlercreutz hervorragende Positionen zur Verteidigung. Er plante, den Russen hier einigen Schaden zuzufügen und das russische Vorrücken aufzuhalten. Der eigentliche schwedische Plan war es, hierfür in Oravais nur eine kleinere Offensive durchzuführen. Die große, entscheidende Schlacht, die man kämpfen musste, war nicht geplant.
Der russische General Kossatchoffskij versuchte dem Rückzug der schwedischen Hauptarmee den Weg abzuschneiden. Am 13. September war von Norden her Kanonenfeuer zu hören. Es kam aus Jutas, wo von Döbeln gegen russische Truppen unter der Leitung von Kossatchovskij kämpfte, die versuchen wollten, von Döbeln zu umgehen und die ganze schwedische Armee einzukesseln. Von Döbeln rettete die Situation, indem er sein Regiment „Björneborg“ direkt auf den Feind schickte. Die schwedische Hauptarmee unter der Leitung von Carl Johan Adlercreutz kämpfte am nächsten Tag in der Schlacht von Oravais, und wenn von Döbeln in Jutas nicht gewonnen hätte, wäre dies eine Katastrophe für die schwedische Hauptarmee gewesen. Jutas war einer der schwedischen Siege.
Schlacht von Oravais
In der Nacht zwischen dem 13. und 14. September kampierte die schwedische Armee in ihren Verteidigungspositionen in Oravais. Der Wachposten war im Süden stationiert (in Lilleträsket). Etwa um 5 Uhr am Morgen des 14. Septembers 1808 durchbrachen Kanonenschläge aus der Richtung des Außenpostens die Stille der Morgendämmerung. Der russische Vormarsch griff bereits die Truppen an den Außenposten an (Helsinge Regiment, stationiert auf der Straße südlich des Hauptlagers). Die Russen, angeführt vom legendären Kavallerieoffizier Jakow Petrowitsch Kulnew, überrannten die schwedischen Außenposten nach einigen Stunden intensiver Kämpfe. Es war der anfängliche Kampf, in dem der junge schwedische Artillerieoffizier Wilhelm von Schwerin tödlich verletzt wurde, als er mit seinem Bataillon eine Brücke verteidigte.
Während der gesamten Zeit kämpfte man in Lilleträsket; der Großteil der schwedischen Armee wartete ruhig bei den Hauptpositionen. Aber als die russische Verstärkung eintraf, und die schwedische Außenpostenarmee sich zurückzog, rückte Kulnew bis zu den von Adlercreutz vorbereiteten Hauptstellungen vor. Es war etwa 10 Uhr morgens.
Das dritte russische Jäger-Regiment war nördlich der Straße stationiert, während die Sevsk südlich der Straße standen. Die Petrovsk- und Perm-Regimenter waren weiter südlich stationiert. Die Schweden hatten sich beim Wald aufgestellt (unterhalb der Hauptstellungen). Die schwedischen Reserven standen auf der Straße zwischen der Kirche von Oravais und den Hauptstellungen. Die schwedische Armee zählte 5500 Mann, während die Russen geschätzte 6000 bis 7000 Soldaten waren. Interessant übrigens, dass russische Quellen von einer Flottille schwedischer Kanonenboote in der Bucht sprechen, doch dies in schwedischen Quellen nicht berichtet ist. Es konnte nicht mehr lange bis zur großen Schlacht dauern.
„Tausende Gewehre eröffneten auf beiden Seiten des Flusses die Schlacht…leichte Wolken von Gewehrrauch lagen wie eine Decke über den grünen Feldern, wo Soldaten wie die Ameisen krabbelten…die russische Artillerie antwortete mit großem Erfolg…die Kanonade war die schlimmste, die ich bis jetzt gehört habe“, erzählt Fähnrich Ljunggren später. Kulnew kommandierte jetzt die linke Seite der Russen, fast das gesamte Kommando, während Demirov den rechten Flügel befehligte. Die Tatsache, dass Kulnew nahezu das gesamte Kommando übernommen hatte ist ein interessantes Detail, wenn man bedenkt, dass Demirov einen höheren Rang als Kulnew hatte! Möglicherweise wurde das Kommando so verteilt, da es dadurch eventuell praktikabler war.
Nach einem schweren Artillerie-Schlagabtausch rückte die russische Infanterie vor, jedoch blieb der erste Vormarsch stecken. Kulnew bewegte Truppen verstärkt über Demirovs rechten Flügel. Demirov schlug sofort mit einem neuen Angriff zu, doch auch dieser wurde von den Schweden gekonnt abgewehrt. Aus keinem nachvollziehbaren Grund und auf eigene Initiative hin konterte das schwedische Västerbotten-Regiment mit einem verheerenden Angriff. Sie wurden vom mörderischen Feuer der russischen Gewehre getroffen, sodass sie flüchten mussten. Nach diesem Vorfall versuchte Kulnew mit einem dritten Angriff, die schwedischen Linien zu durchbrechen. Es brachte nichts. Die Russen konnten die schwedischen Stellungen nicht durchbrechen; stattdessen wurden die russischen Linien mehr und mehr ausgedünnt, als immer mehr Männer über den rechten Flügel bewegt wurden, um die Schweden von der Außenflanke her anzugreifen.
Die Lage musste für Adlercreutz wirklich sehr gut ausgesehen haben, der das Geschehen von seinem Kommandoposten aus beobachtete. Die russische Mitte war jetzt schwach genug, um mit einem Konterangriff verheerende Verluste für die russischen Angreifer zu erzielen. Abweichend von seinen ursprünglichen Verteidigungsplänen bereitete Adlercreutz einen Konterangriff vor.
Um etwa 2 Uhr nachmittags begann der schwedische Angriff. Der sehr schnell näher kommende Konterangriff der Schweden war eine Überraschung für die Russen. Schnell gewannen die Schweden an Boden. Die Schweden attackierten die russische Mitte in Richtung der Straße. Anfänglich waren nur die Regimenter Västmanlanders und Uppland betroffen, aber bald schon war die ganze schwedische Armee in Bewegung gegen die Russen. Der schwedische Angriff begann mit dem Erfolg des Eroberns einer russischen Kanone; die Attacke erreichte überall die Stellungen des ersten Kampfes an diesem Tag: Lilleträsket. Die Russen flüchteten zwar, bevor die Schweden angriffen, doch es mussten sich nun Dinge ändern.
Die flüchtenden Truppen der Russen wurden bald aufgefüllt durch die russische Verstärkung, die vom Süden der Straße her anrückte. Diese Truppen wurden von Uschakow angeführt, neben dem Kamenskij ritt. Uschakow und Kamenskij waren unentschlossen ob sie mit ihren frischen Männern die anderen Truppen auffüllen sollten.
Als die Russen erneut gegen 17 Uhr kamen, arbeitete die schwedische Waffenmunition nicht allzu gut. Es wurden viele Versuche unternommen, die Stellungen zu halten, doch letztendlich mussten sich die Schweden ihre Niederlage bei Lilleträsket eingestehen und zu ihren anfänglichen Positionen weiter nördlich zurückziehen. Verzweifelt wurde gekämpft, als schwedische Truppen hinter den russischen Linien in die Enge getrieben wurden und sich selbst wieder befreien mussten. Als Adlercreutz zu seinem Kommandoposten zurückging, war die Schlacht immer noch unentschieden, aber die Dunkelheit brach herein, was ein Kämpfen immer mehr unmöglich machte.
Viele Historiker kritisierten Adlercreutz für seinen verheerenden Konterangriff. Tatsächlich spielte er den Glauben an seine Armee an dem Zeitpunkt, von dem er wusste, dass der Gegner Verstärkung erwartete, mit einer, wie es scheint, nutzlosen Karte aus.
Wie auch immer, zu dieser Zeit war der Angriff entschieden worden, da die Lage wirklich gut aussah. Und schließlich würde eine ausschlaggebende Attacke, sollte sie gelingen, die von Kulnew geleiteten Truppen in die Flucht schlagen und somit Demirov vom Rest der Armee abschneiden. Vielleicht hätte der Angriff für Russland tatsächlich ein heilloses Durcheinander auslösen könne. Doch wie so oft in diesem Krieg schlug dieser gewagte schwedische Angriff fehl.
Nun hatten die Russen unbestritten die Möglichkeit, die Initiative zu ergreifen. Kamenskij gab den Befehl, die Außenflanke der schwedischen Linken anzugreifen. Als der Angriff im Laufen war, begann auch die ganze restliche Armee der Russen zu kämpfen. Dieser Angriff durchbrach die schwedischen Linien. Um etwa 22 Uhr befahl Adlercreutz, sich im Schutz der Dunkelheit nach Norden zurückzuziehen. Doch der Rückzug wurde ein Debakel:
„Ich stand die ganze Zeit auf einem nahe gelegenen Hügel und beobachte das schreckliche Gemetzel. Später am Abend gingen ich und Jernefelt hinunter zu einem der Bauernhöfe, wo wir die Nacht verbringen wollten. Dann erreichte uns die Meldung, dass die gesamte schwedische Armee sich auf dem Rückzug befand. Es wurde ein schrecklicher Rückzug. Wir schritten immer nur ein Stück der Straße voran. Wir wechselten das Gepäck. Es regnete und es war so dunkel, dass man kaum etwas vor sich sehen konnte. […] Die schwedischen Truppen, von denen jetzt Soldaten durch den Wald kamen, waren in totaler Unordnung. Sie hatten keine Offiziere mehr. Alle tot. Die finnischen Truppen machten die Nachhut und wir zogen uns geordnet zurück. Sie hatten nicht einmal Gewehre, um sich zu schützen“, erzählt uns Eric Gustaf Ehrström, einer der Augenzeugen, in seinem Tagebuch.
Mehr als 1200 schwedische Soldaten fielen in den Gefechten; die Russen verloren etwa 900 Mann. Die strategischen Effekte der unverzüglichen schwedischen Rückkehr waren gewaltig. Die besiegte Armee musste weiter nach Norden flüchten und schon bald Finnland verlassen. Oravais war die entscheidende Schlacht und der Wendepunkt des gesamten Krieges. Es war das schwedische Gettysburg.
Schlacht von Virta Bro
Während des Spätsommer 1808 waren die schwedischen Stellungen in Finnland in ernsthafte Bedrängnis geraten. Im September hatte Adlercreutz mit der schwedischen Hauptarmee die entscheidende Schlacht von Oravais verloren und war somit gezwungen gewesen, den Rückzug nach Norden anzutreten. Im Osten hatte Johan August Sandels die Toivala-Front 3 Monate lang gegen nahezu täglich erfolgende russische Angriffe verteidigt. Jetzt, da die Hauptarmee im Westen besiegt war und die Kommunikationsverbindungen zusammenzubrechen drohten, sah sich Sandels gezwungen, sich nach Norden zurückziehen, um nicht in einen russischen Hinterhalt zu gelangen. Und als Gipfel dieser tragischen Ereignisse für Sandels waren die Russen an der Toivala-Front jetzt auch noch durch weitere Soldaten aus Russland gestärkt. Prinz Dolgorukij kam bald mit ausgeruhten Männern an; bald hatten die beiden feindlichen Armeen die vierfache Größe von Sandels Armee erreicht. Sandels entdeckte perfekte Verteidigungsstellungen in Virta Bro. Also zog er sich nach Norden zurück, damit die Russen die Tovaila-Stellungen besetzten konnten. Am 29. September signalisierte der Waffenstillstand von Lochteå den Soldaten, dass es jetzt eine kurze Unterbrechung des Krieges gäbe.
Am 27. Oktober endete der Waffenstillstand und die Russen sahen ihre Chance, Sandels und seine Truppen jetzt ein für alle mal zu vernichten. „Sandels war der beste General, der uns bekämpfte“, sagen später die Russen. Die Russen hatten 6000 der besten Soldaten in Virta Bro zu Verfügung, die Schweden nur 1800 Männer mit 12 Kanonen. Aber die Schweden hatten ein militärisches Genie unter ihnen – Sandels.
Am Mittag begannen die Russen ihren Angriff: Massen von Soldaten strömten über die Brücke, um die schwedischen Stellungen auf der anderen Seite anzugreifen. Vier Bataillone aus den Reval-, Tengin- und Navagin-Regimentern wurde von Prince Dolgorukij, der den Angriff befohlen hatte, über die Brücke geleitet. Sandels führte die Männer zurück zu den Verteidigungsstellungen direkt nördlich der Brücke, denn er wusste, dass ihm die Russen wegen der größeren Feuerkraft der schwedischen Artillerie nicht unmittelbar folgen würden. Hier erwartete er den russischen Hauptangriff, während sich die Russen neu ordneten. Sandels wollte die Russen in einen Hinterhalt locken.
Als das Signal gegeben wurde und die ersten Russen die schwedischen Linien erreichten, begannen die schwedischen Männer einen Gegenangriff mit ihren Bajonetten (Bajonette seien die einzige Sprache, die die russischen Soldaten verstünden, hieß es). Eine schwere Schlacht folgte, wobei es den Schweden gelang, die Russen Richtung Brücke zurückzutreiben. Es war das totale Chaos, als die Russen die Brücke erreichten und alle auf einmal die Brücke überqueren wollten. Die Schweden schoben zwei Kanonen vor und feuerten auf die zusammengetriebenen Russen. Bald hatten die russischen Regimenter Nisov und Navagin die andere Seite der Brücke erreicht; für über eine Stunde folgten schwere Feuergefechte.
Die russischen Verluste betrugen 764 Verletzte und Getötete; 74 Männer wurden von den Schweden gefangen genommen. Die Schweden berichteten, dass sie 312 Männer verloren hätten, von denen 18 Offiziere waren. Das Vasa-Regiment beispielsweise verlor 20 % seiner Soldaten. Sandels hatte einen enorm wichtigen taktischen Sieg errungen; tatsächlich aber war diese Schlacht der letzte schwedische Sieg auf finnischem Boden. „Meine Herren, das war unser Austerlitz“, soll Sandels gesagt haben.
Schlacht von Sävar
Nachdem sie Finnland erobert hatten, marschierten russische Truppen nach Schweden. In einer gemeinsamen Operation des Militärs und der Marine landete die letzte noch existente schwedische Armee im Rücken der Russen, die ihr Lager in Umeå aufgeschlagen hatten. Gustaf Wachtmeister, der sehr vorsichtig war, wartete zu lange auf die Unterstützung von Wrede, der zugesichert hatte, Umeå vom Süden her anzugreifen. Kamenskij, ein rasch agierender und gefährlicher Gegner, hetzte seine Armee sofort auf die Schweden. Wachtmeister nutzte viele seiner Reserven während der Schlacht von Sävar, jedoch ohne einen Durchbruch zu erzielen. Er zog sich nach Ratan im Norden zurück, wo ihn die starke Artillerie der schwedischen Marine schützte, denn diese Artillerie war wesentlich stärker als normale Kanonen.
Um etwa 7.30 Uhr morgens begann der Kampf mit dem Angriff russischer Truppen auf die schwedische Vorhut. Der Kampf war auf „Krutbrånet“, einem Hügel, auf dem die Schlacht nach und nach zu führen war. Die Schweden standen fest, obwohl immer wieder Soldaten versuchten, durchzubrechen. Die Russen kämpften sehr gut, obwohl sie großen Hunger hatten und erschöpft waren. Als sich das 23. russische Jägerregiment im bewaldeten Terrain direkt nordöstlich des Schlachtfelds in der Offensive befand, fand Kamenskij, dass sie sich zu langsam bewegten. Also ließ er zwei Kanonenschüsse auf sie abfeuern. Die russischen Kommandanten durften die ihnen zur Verfügung gestellten Kräfte rücksichtslos nutzen.
Zurück in Sävar gewannen die Russen und die Schweden zogen sich über den Fluss zurück. Die Russen hatten jetzt eine hervorragende Möglichkeit, die Schweden von hinten anzugreifen. Also überquerten sechs russische Kompanien unter der Leitung Schreiders den Fluss und fielen den schwedischen Truppen, die unter Anselm de Giberoy kämpften, in den Rücken. Das alles machte Wachtmeister dermaßen unsicher, dass er allen den Befehl gab, sich zurückzuziehen. Obwohl die Schweden noch fünf Kompanien als Reserve hatten, wurde der Rückzug nur mit Beschwerden der Soldaten angetreten. Die Russen waren zu erschöpft, um den Schweden zu folgen, aber Wachtmeister hatte einen perfekten Sieg errungen. Die Schlacht endete um etwa drei Uhr nachmittags.
Schwedische Verluste beliefen sich auf 758 Tote und Verwundete, während die Russen 1312 Tote und Verletzte zu beklagen hatten, eine harte Niederlage für die russische Armee. Sävar beendete in der Tat den gesamten Krieg.
Die Schlacht von Ratan am 20. August war die letzte Schlacht des Krieges. Der Krieg wurde durch den Vertrag von Fredrikshamn am 17. September 1809 beendet; Schweden verlor ein Drittel seines Territoriums.
Literatur
Schwedische und finnische Literatur
- Krig kring Kvarken, Oravais historiska förening r. f., Martin Hårdstedt och Göran Backman (Red.), 1999
- Duncker och Savolaxbrigaden, Bertil Nelsson, Historiska Media, Lund 2000
- När riket sprängdes, Eirik Hornborg, Holger Schildts Förlag, Helsinki 1955
- Kungliga Österbottens regemente under slutet av svenska tiden, C-B. J. Petander, Vasa 1978
- Georg Carl von Döbeln – Liv och Ära, Bengt Kummel, Scriptum, Vasa 1998
- Sveriges sista krig, Allan Sandström, Bokförlaget Libris, Örebro 1994
- Striden om Finland 1808–09, Hugo Schulman, Werner Söderström Osakeyhtiö, Borgå, 1909
- Fänrik Ståls sägner, J-L Runeberg, Fabel, Stockholm 1991
- „Engelska flottan har siktats vid Vinga“, Hans Hansson, Rundqvists Bokförlag, Göteborg 1984
- 1808 Gerillakriget i Finland, Anders Persson, Ordfronts förlag, Stockholm 1986
- Kanonerna vid Oravais, Eric Gustaf Ehrström, Legenda, Stockholm 1986
- Efter 1809, Bernces Förlag, Helsingfors, Malmö 1970
- Svenska äventyr 1788-1900-t., Lars Widding, Semic, Sundbyberg 1997
- Skärgårdsflottan, Hans Norman (Red.), Historiska Media, Lund 2000
Englische Literatur
- Between the Imperial Eagles. Sweden's armed forces during the Revolutionary- and Napoleonic wars, 1780–1820, publisher Johan Engström, Director, Army Museum
- Dictionary of the Napoleonic Wars, David Chandler, 1979 (Paperback edition published 1999, Wordsworth Editions Limited, GB)
- Swords around a Throne, Col. John Elting, 1988 (Paperback; Da Capo Press, edition 1997)
- Napoleon's Invasion of Russia, George F. Nafziger, Presidio press 1988, Novato CA
- The Russian army of the Napoleonic Wars; Osprey Men-At-Arms series; parts 1 (Infantry) and 2 (Cavalry), Philip Haythornthwaite, Osprey Publishing 1987, UK
- Uniforms and organisation of the Royal Swedish army during the Napoleonic period 1806–14, article published in Tradition magazine 1969 (Nr. 60), Whitney B. Young
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