- E 160
-
Als Carotinoide (auch: Karotinoide) bezeichnet man eine umfangreiche Klasse an natürlichen Farbstoffen, die eine gelbe bis rötliche Färbung verursachen. Carotinoide zählen zu den Terpenen.
Sie kommen vor allem in den Chromoplasten und Plastiden der Pflanzen, in Bakterien, aber auch in der Haut, in der Schale und im Panzer von Tieren sowie in den Federn oder im Eigelb der Vögel vor, wenn die betreffenden Tiere mit ihrer Nahrung farbstoffhaltiges Pflanzenmaterial aufnehmen. Denn nur Bakterien, Pflanzen und Pilze sind in der Lage, diese Pigmente de novo zu synthetisieren.
Es sind mittlerweile 800 verschiedene Carotinoide identifiziert.
Inhaltsverzeichnis
Struktur
Meistens bestehen die Carotinoide aus ungesättigten Kohlenwasserstoffketten und deren Oxidationsprodukten. Carotinoide sind formal aus 8 Isopren-Einheiten aufgebaut. Man unterteilt sie in
- Carotine, die nur aus Kohlenstoff und Wasserstoff aufgebaut sind und
- Xanthophylle, sauerstoffhaltige Derivate der Carotine.
Das Absorptionsspektrum der Carotinoide liegt bei der Wellenlänge 400 bis 500 Nanometer.
Physiologie beim Menschen
Das bekannteste und am häufigsten vorkommende Carotinoid ist das β-Carotin (Karotte), das auch als Provitamin A bekannt ist. Etwa 50 Carotinoide zeigen diese Wirkung, d. h. werden im menschlichen Körper in Retinol umgesetzt. Diese Wirkung drückt man mit Hilfe sogenannter Retinoläquivalente aus, wobei etwa 6 mg β-Carotin und 12 mg gemischte Carotinoide einem Retinoaläquivalent entsprechen. Den Carotinoiden wird auch sonst große gesundheitliche Bedeutung zugesprochen. Im menschlichen Körper spielen 6 Carotinoide eine wesentliche Rolle: β-Carotin, α-Carotin, Lycopin, β-Cryptoxanthin, Lutein und Zeaxanthin. Die meisten von ihnen haben die Funktion von Antioxidantien. Dadurch sollen sie vielen Erkrankungen wie Krebs, Arteriosklerose, Rheuma, Alzheimer und Parkinson, Grauem Star oder der Hautalterung vorbeugen.
Von allen Nahrungscarotinoiden hat Lycopin (z. B. in Tomaten) das größte antioxidative Potenzial und gilt als wirksamster Schutz vor dem besonders reaktiven Singulett-Sauerstoff. Lycopin hemmt auch das Wachstum von Tumorzellen effektiver als α- oder β-Carotin.
Die antikanzerogene Wirkung der Carotinoide ergibt sich theoretisch auch aus ihrer Eigenschaft, eine gut funktionierende Kommunikation zwischen den Zellen herstellen zu können. Insbesondere β-Carotin, Cryptoxanthin und Canthaxanthin, regen den Austausch zwischen den Zellen an, indem sie die Synthese von Connexin bewirken. Diese Verbindung ist maßgeblich an der Bildung der Gap Junctions beteiligt, deren Anzahl bei Krebszellen vermindert ist. Carotinoide sollen jedoch nur in der Prävention eingesetzt werden, da sie in der eigentlichen Krebstherapie oder in der Vorbeugung von Rückfällen keine Wirkung zeigen. Besonders bei bereits an Krebs erkrankten Patienten sei mit hochdosierten Präparaten Vorsicht geboten.
In Leber, Augen, Haut und Fettgewebe liegen bestimmte Carotinoide in deutlich höherer Konzentration vor als in anderen Körpergeweben. In der Netzhaut des Auges, im sogenannten gelben Fleck (Macula), kommen die Carotinoide Lutein und Zeaxanthin in größeren Mengen vor. Diese Carotinoide wirken hier vermutlich als natürliche Schutzmechanismen, da die Netzhaut mit ihren besonders oxidationsempfindlichen mehrfach ungesättigten Fettsäuren besonders anfällig für den Angriff von freien Radikalen ist.
Ebenso wie für die anderen sekundären Pflanzenstoffe gilt für Carotinoide, dass sie nicht in Form von isolierten, hochkonzentrierten Präparaten aufgenommen werden sollten, sondern im natürlichen Verbund mit anderen Nahrungsinhaltsstoffen. Die Einnahme hochdosierter Präparate birgt sogar Gefahren. Eine regelrechte Vergiftung mit Carotinoiden ist zwar nicht möglich, β-Carotin-Supplemente können aber möglicherweise das Krebsrisiko erhöhen.[1]
Vorkommen in Lebensmitteln [1]
Carotinoid Vorkommen Astaxanthin Garnelen, Hummer, Lachse β-Carotin Möhren, Spinat, Aprikosen, Einkorn Canthaxanthin Lebensmittelfarbstoff Capsanthin Paprika Capsorubin Paprika Cryptoxanthin Orange Lutein Grünkohl, Spinat, Eidotter Luteoxanthin Orangen Lycopin Tomaten, Wassermelonen Zeaxanthin Mais Funktion bei der Photosynthese
Die primäre Aufgabe der Carotinoide bei der pflanzlichen Photosynthese ist es, Chlorophyllmoleküle vor Zerstörung durch Photooxidation zu schützen. Außerdem erweitern sie das Absorptionsspektrum der photosynthetischen Organismen im blau-grünen Spektralbereich und sind teilweise auch am Energietransfer innerhalb der Antennenkomplexe und Photosysteme beteiligt. Man bezeichnet sie deshalb, zusammen mit den Phycobilinen, als akzessorische Pigmente der Photosynthese. Im Xanthophyll-Zyklus, der in den Chloroplasten stattfindet, wird überschüssige Lichtstrahlung absorbiert und in unschädliche Wärme umgewandelt.
Schätzungen über die jährliche Carotinoidsynthese durch Pflanzen belaufen sich auf 100 Millionen Tonnen im Jahr.
Technische Bedeutung und Synthese
Von den ca. 700 bekannten natürlichen Carotinoiden besitzen einige eine größere technische Bedeutung und werden im industriellen Maßstab synthetisiert: β-Carotin, Astaxanthin, Canthaxanthin, 8'-Apo-β-carotinsäureethylester, 8'-Apo-β-carotinaldehyd, Citraaxanthin, Lycopin und Zeaxanthin.[2] Die technische Herstellung der naturidentischen Carotinoide wurde zuerst bei der Hoffmann-La Roche AG und bei der BASF AG entwickelt. Die Verfahren sind komplex und beinhalten als universielle Verknüpfungsmethoden:
- Wittig-Reaktion
- Horner-Reaktion
- Sulfonverknüpfung nach Julia
- Enoletherkondensation
- Umlagerungen nach Saucy-Marbet.
Da häufig E/Z-Isomerengemische entstehen, schließt sich oft eine photochemische Isomerisierung (Umwandlung der meist unerwünschten Z-Form in die gewünschte E-Form an.
Einzelnachweise
- ↑ a b UGB: Carotinoide: Rot und gelb halten fit[1]
- ↑ Bernd Schäfer: Naturstoffe der chemischen Industrie, Elsevier GmbH, Spektrum Verlag, 2007, Seiten 407−434, ISBN 978-3-8274-1614-8.
Wikimedia Foundation.