Edouard Drumont

Edouard Drumont
Édouard Drumont und La Libre Parole

Édouard Drumont (* 3. Mai 1844 in Paris; † 5. Februar 1917 in Paris) war ein französischer Journalist und ein Hauptvertreter des Antisemitismus in Frankreich.

Inhaltsverzeichnis

„La France Juive“

Drumont verfasste 1886 den umfangreichen zweibändigen Bestseller La France Juive (deutsche Ausgabe: „Das verjudete Frankreich“), in dem er im Anschluss an Henri Roger Gougenot des Mousseaux (1869: Le Juif, le Judaisme et la judaisation des peuples Chretiens) die Verschwörungstheorie einer Zusammenarbeit von Juden, Freimaurern und Jakobinern gegen den Katholizismus Frankreichs und ihre heimliche Herrschaft über die französische Republik behauptete. Er unterschied Semiten von Ariern und wies ihnen gegensätzliche Charaktermerkmale zu. Krankheiten wie Gelbsucht und Anämie sah er als von „jüdischen Parasiten“ eingeschleuste Seuchen zur Schwächung der „edlen Rassen“, die er mit gallischen, keltischen, normannischen und germanischen Ethnien gleichsetzte. Die jüdische Dominanz über die Öffentlichkeit verhindere, das dies aufgedeckt werde.

Doch in den Mittelpunkt seiner antisemitischen Agitation stellte er die antijudaistische Gottesmord-These. Einzelne Juden sollten zudem Meuchelmörder an fränkischen Herrschern gewesen sein und etwa Schuld am Tod Karls des Großen tragen. Die Nachfahren der Verlorenen Stämme Israels seien in Äthiopien, China und Nordamerika bei den Mormonen zu finden. Sie sorgten dort und in Europa für die moralische Dekadenz. Drumont forderte den Ausschluss der Juden aus der französischen Gesellschaft.

Das Buch wurde im ersten Jahr in einigen 100.000 Stück verkauft, erschien 1887 als erschwingliche Volksausgabe und 1892 illustriert. Es erlebte bis 1945 über 200 Auflagen, wobei es besonders in Deutschland viele Leser fand. So schrieb Drumont auch ein Vorwort für das erfolgreiche Pamphlet Der Talmudjude des deutschen katholischen Theologen August Rohling. Völkische und rassistische Motive spielten dabei eine untergeordnete Rolle. Als einer der ersten Antisemiten neben Karl Eugen Dühring machte er Antisemitismus zu einer Ideologie mit dem Anspruch auf Welterklärung.[1]

Politischer Agitator

1889 gründete Drumont eine französische „Antisemitenliga“ nach dem Vorbild der deutschen Liga Wilhelm Marrs. 1892 gründete er die Tageszeitung La Libre Parole („Die freie Parole“), die in den 1890er-Jahren in einer Auflage von mehreren 10.000 Stück täglich verkauft wurde. Er benutzte zeitgeschichtliche Ereignisse für gezielte Skandalisierungen und antisemitische Agitation: etwa den Konkurs der Panama-Gesellschaft und darauf folgende Insolvenzen von einigen ihrer Investoren. Dabei deckte er aber auch tatsächliche Bestechungen von Politikern auf.

In der Dreyfus-Affäre war Drumont mit seiner Zeitung radikaler Wortführer der Antidreyfusards, also der antirepublikanischen und antisemitischen Haltung in der öffentlichen Debatte. Nach dem Suizid des in die Affäre verwickelten Colonel Hubert-Joseph Henry beschuldigte er die Juden, sie hätten ihn ermordet, und sammelte Spenden für seine Witwe. 25.000 Leser folgten dem Spendenaufruf, darunter viele Politiker, Priester und hochgestellte Persönlichkeiten.

Drumont wurde wegen Verleumdung eines Parlamentariers angeklagt, dem er vorwarf, er habe sich eine Konkubine von dem prominenten jüdischen Bankier Edouard Alphonse de Rothschild bezahlen lassen, um für einen Gesetzentwurf zu stimmen, den der Bankier befürwortete.

Drumont war ursprünglich katholischer Monarchist und Vordenker der 1898 gegründeten Action française, die unter anderem die Wiedereinführung der Monarchie in Frankreich forderte. Im Sinne eines französischen Nationalismus setzte er aber mehr und mehr auch den preußisch-deutschen Protestantismus mit dem Judentum gleich und unterstellte ihm einen gesamteuropäischen Herrschaftsanspruch.

Referenzen

  1. Johannes Heil: Antisemitismus, Kulturkampf und Konfession - Die antisemitischen „Kulturen“ Frankreichs und Deutschlands im Vergleich. In: Olaf Blaschke u.a. (Hrsg).: Katholischer Antisemitismus im 19. Jahrhundert S. 198ff

Literatur

  • Olaf Blaschke, Aram Mattioli (Hrsg.): Katholischer Antisemitismus im 19. Jahrhundert, orell Füssli Verlag, Zürich 2000, ISBN 328002806X



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