Eisenacher Parteitag

Eisenacher Parteitag

Das Eisenacher Programm war das auf dem Parteitag von Eisenach am 8. August 1869 beschlossene Gründungsprogramm der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Es enthielt dabei sowohl marxistische Ansätze, wies aber auch ähnliche Forderungen und Ziele auf wie sie der konkurrierende ADAV vertrat.

Inhaltsverzeichnis

Verlauf des Parteitags

Auf dem Eisenacher Parteitag schlossen sich die Sächsische Volkspartei, mit dem Vereinstag Deutscher Arbeitervereine sowie Mitgliedern des ADAV zur SDAP zusammen. Zu Beginn fand die Versammlung im Gasthof Goldener Löwe statt. Nachdem der Parteitag von einigen ADAV-Anhängern zunächst gesprengt wurde, trat die Versammlung im Hotel „Zum Mohren“ erneut zusammen. Erst danach konnte die Parteigründung stattfinden.

Der Parteitag beschloss organisatorisch, dass die Leitung der Partei von einem fünfköpfigen Ausschuss übernommen werden sollte. Die Mitglieder der als Vorort bestimmten Ortsgruppe in Braunschweig sollten aus ihren Reihen den Ausschuss wählen. Hinzu trat eine aus elf Mitgliedern bestehende Kontrollkommission mit Sitz in Hamburg. Höchstes Gremium der Partei sollte der jährlich stattfindende Parteikongress sein. Dieser war auch zuständig für die Bestimmung des Vorortes. Die Partei selbst sollte auf einem Vertrauensmännersystem beruhen. Als Parteiorgan wurde das Demokratische Wochenblatt bestimmt. Dieses sollte später dreimal wöchentlich unter dem Titel „Der Volksstaat“ erscheinen. Außerdem forderte der Parteitag dazu auf, eine Einigung der Gewerkschaften zu verwirklichen und weitere Gewerkschaften auf internationaler Grundlage zu bilden.

Als Vorstandsmitglieder (Ausschuss) wurden Leonard Bonhorst, Wilhelm Bracke, J. H. Ehlers, Friedrich Neidel und Samuel Spier gewählt.

Eisenacher Programm

Zentrales Ziel des in Eisenach beschlossenen Programms war die „Errichtung eines freien Volksstaates.“ Das Eintreten für die arbeitenden Klasse sei kein Kampf für Klassenprivilegien sondern es ging der Partei um die Abschaffung aller Klassenherrschaft. Dieses sollte in erster Linie durch die Überwindung der bestehenden „Produktionsverhältnisse (Lohnsystem) durch genossenschaftliche Arbeit“ geschehen. Damit knüpfte die Partei klar an Vorstellungen des konkurrierenden ADAV an. Eine Voraussetzung für die Erreichung dieses ökonomischen Ziels war die politische Freiheit. Nur ein demokratischer Staat sei in der Lage auch die soziale Frage zu lösen.

Ein bedeutender Unterschied war die Überzeugung, dass eine Befreiung der Arbeiter keine lokale oder nationale Aufgabe sein könne. Daher bezeichnete das Programm die Partei als Zweig der Internationalen Arbeiterassoziation (IAA).

Unter der Überschrift „die nächsten Forderungen“ behandelte das Programm über die grundsätzlichen Fragen hinaus konkrete Ziele. Die SDAP forderte darin das allgemeine Wahlrecht für Männer über zwanzig Jahre. Um auch weniger bemittelten eine Kandidatur für ein Parlament zu ermöglichen, wurde die Einführung von Diäten gefordert. Der Versuch von August Bebel auch die Forderung nach dem Frauenwahlrecht durchzusetzen, scheiterte an der Mehrheit der Delegierten.

Zusätzlich zu den Parlamenten wollte die Partei Formen der direkten Demokratie durch die Einführung der „direkten Gesetzgebung“ durchsetzen. Außerdem sollte das bestehende Militär durch eine milizartige Volkswehr abgelöst werden. Hinzu kamen Forderungen nach einer Unabhängigkeit der Gerichte, dem Ende von Standesvorrechten, eine strikte Trennung von Kirche und Staat, die Aufhebung aller Zensurbestimmungen, Vollendung des obligatorischen Volksschulunterrichts sowie die Einführung unentgeltlichen Unterrichts in allen Bildungseinrichtungen.

In Hinblick auf die soziale Frage forderte das Programm die Begrenzung der Arbeitszeiten durch Einführung eines Normalarbeitstages und die Beschränkung der Frauen- und das Verbot der Kinderarbeit. Außerdem sollten alle indirekten Steuern, die als Konsumsteuern die unteren Schichten stärker trafen als die wohlhabenden Schichten, durch eine direkte progressive Einkommenssteuer und eine Erbschaftssteuer abgeschafft werden. Wie der ADAV forderte die SDAP die Förderung des Genossenschaftswesens auch durch Staatskredite für Produktivgenossenschaften.

Literatur

  • Detlef Lehnert: Sozialdemokratie zwischen Protestbewegung und Regierungspartei 1848–1983. Frankfurt, 1983. ISBN 3-518-11248-1. S.58f.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eisenacher Programm — Das Eisenacher Programm war das auf dem Parteitag von Eisenach am 8. August 1869 beschlossene Gründungsprogramm der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Es enthielt dabei sowohl marxistische Ansätze, wies aber auch ähnliche Forderungen und Ziele… …   Deutsch Wikipedia

  • Bad Godesberger Parteitag — Das Godesberger Programm war von 1959 bis 1989 das Parteiprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Ein außerordentlicher SPD Parteitag in der Stadthalle von Bad Godesberg, heute ein Stadtbezirk Bonns, verabschiedete es mit… …   Deutsch Wikipedia

  • Görlitzer Parteitag — Das Görlitzer Programm war das auf dem Görlitzer Parteitag von 1921 angenommene Programm der SPD. Es löste das Erfurter Programm von 1891 ab und wurde seinerseits bereits 1925 vom Heidelberger Programm ersetzt. Inhaltsverzeichnis 1 Parteitag und… …   Deutsch Wikipedia

  • Erfurter Parteitag — Deckblatt des Erfurter Programms …   Deutsch Wikipedia

  • Gedenkstätte Goldener Löwe — Eingang der Gedenkstätte, 2009 …   Deutsch Wikipedia

  • Gothaer Tivoli — Das Tivoli in Gotha Das Tivoli ist eine ehemalige Gaststätte im thüringischen Gotha. Es ist das Gründungshaus der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschland (SAP), des unmittelbaren Vorgängers der SPD. Das Jahr 1875 wird als das eigentliche… …   Deutsch Wikipedia

  • Tivoli Gotha — Das Tivoli in Gotha Das Tivoli ist eine ehemalige Gaststätte im thüringischen Gotha. Es ist das Gründungshaus der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschland (SAP), des unmittelbaren Vorgängers der SPD. Das Jahr 1875 wird als das eigentliche… …   Deutsch Wikipedia

  • Tivoli (Gotha) — Das Tivoli in Gotha Das Tivoli ist eine ehemalige Gaststätte im thüringischen Gotha. Es ist das Gründungshaus der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschland (SAP), des unmittelbaren Vorgängers der SPD. Das Jahr 1875 wird als das eigentliche… …   Deutsch Wikipedia

  • Theodor Yorck — (* 13. Mai 1830 in Breslau; † 1. Januar 1875 in Hamburg; auch als Theodor York in der Literatur) war einer der Mitbegründer des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins ADAV und betrieb später die Vereinigung der deutschen Sozialdemokratie zur SPD …   Deutsch Wikipedia

  • Arno Esch — Gedenktafel in der Universität Rostock Arno Esch (* 6. Februar 1928 in Memel; † 24. Juli 1951 in Moskau) war ein liberaler Politiker in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Er studierte Jura in Rostock. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”