Entwicklungsökonomie

Entwicklungsökonomie

Entwicklungsökonomie oder Entwicklungsökonomik bezeichnet jenen Teil der Volkswirtschaftslehre, der sich mit Entwicklungsunterschieden einzelner Volkswirtschaften beschäftigt. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Entwicklungsländern, wirtschaftlichen Gründen für ihre Unterentwicklung (Entwicklungstheorie) und Empfehlungen für eine Entwicklungspolitik.

Die Definition von Entwicklung rückt i. d. R. von reinen wirtschaftlichen Kennzahlen (wie bspw. Volkseinkommen, Wachstum, Verteilung) ab und berücksichtigt auch sozio-ökonomische Faktoren, wie Analphabetenrate, Kindersterblichkeit und Bildungsgrad.

Bei den Gründen für wirtschaftliche Unterentwicklung wird zwischen endogenen (im Land selber liegenden) und exogenen (von außen bestimmten) Gründen unterschieden.

Entwicklungsökonomie wird unterteilt in die makroökonomische und die mikroökonomische Betrachtung. Während sich die makroökonomische Sicht mit langfristigem Wirtschaftswachstum beschäftigt, behandelt die mikroökonomische Sicht Anreizprobleme auf der Ebene einzelner Haushalte und Unternehmen.

Entwicklungsökonomie beschäftigt sich auch mit institutionellen Fragestellungen, wie der nach den Funktionen der Weltbank und des IWF (Internationaler Währungsfonds). Ein besonderes Thema sind Gescheiterte Staaten (Failed States), die Ursachen für deren Scheitern und Ansätze die Situationen zu überwinden.

Inhaltsverzeichnis

Wichtige Vertreter

  • Daron Acemoğlu, Professor für angewandte Ökonomik am Massachusetts Institute of Technology, verweist auf schlechte institutionelle Rahmenbedingungen als einen Hauptgrund für die Unterschiede im Grad der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen verschiedenen ehemaligen Kolonien.
  • Kaushik Basu, indischer Ökonom an der Cornell University und Herausgeber des Oxford companion to economics in India, beklagt unter anderem den Rückzug der Demokratie als Folge der Globalisierung. [1] und kritisiert die These der ökonomischen Rationalität (Urlauberdilemma)
  • Ha-Joon Chang, Südkoreaner, seit 2005 als Reader in the Political Economy of Developmentan der Universität Cambridge, veröffentlichte verschiedene Bücher zur Entwicklungspolitik, darunter: Kicking away the ladder. Policies and institutions for economic development in historical perspective (2002), das 2005 den Gunnar Myrdal-Preis erhielt. Er vertritt die These, dass für begrenzte Zeit zum Schutz der Entwicklung eines unterentwickelten Landes auch protektionistische Maßnahmen gerechtfertigt sein können.
  • Paul Collier, Professor für Ökonomie und Direktor des Zentrums für afrikanische Ökonomien an der Universität Oxford, davor Leiter der Forschungsabteilung der Weltbank, schrieb das Buch: Die unterste Milliarde. Warum die ärmsten Länder scheitern und was man dagegen tun kann (Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 2008).
  • Dani Rodrik, türkischer Ökonom und Professor an der Harvard-Universität ist ein prominenter Kritiker des Freihandels.
  • Sir William Arthur Lewis, britischer Ökonom und Entwickler des nach ihm benannten Lewis-Modells, Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften, verwies auf die Dualität des Marktes in Entwicklungsländern zwischen einem traditionellen Agrarsektor und einem modernen Industriesektor.
  • Raúl Prebisch, argentinischer Entwicklungsökonom, entwickelte die These der säkularen Verschlechterung der Terms of Trade (Prebisch-Singer-These).
  • Walt Whitman Rostow, US-amerikanischer Ökonom, lieferte mit dem Buch The Stages of Economic Growth: A Noncommunist Manifesto einen Beitrag zur Modernisierungstheorie.
  • Jeffrey D. Sachs, US-amerikanischer Ökonom und seit 2002 Sonderberater der Millennium Development Goals, engagiert sich für weitgehenden Schuldenerlass für extrem arme Staaten und im Kampf gegen Krankheiten, insbesondere HIV/AIDS in Entwicklungsländern.
  • Amartya Sen, indischer Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftsphilosoph, Professor der Wirtschaftswissenschaften an der Harvard University, Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften befasst sich mit der Problematik der Armut und Fragen der Wohlfahrtsökonomie. War maßgeblich an der Entwicklung der Human Development Index und verwandter Indikatoren beteiligt. Sen wurde mit dem Buch Ökonomie für den Menschen. Wege zu Gerechtigkeit und Solidarität in der Marktwirtschaft, in dem er das Konzept des Capability Approaches (der Verwirklichungschancen) allgemeinverständlich darlegt, auch einem breiterem Publikum bekannt.
  • Hernando de Soto, peruanischer Ökonom, setzt sich vor allem mit Fragen des informellen Wirtschaftssektors auseinander.
  • Joseph E. Stiglitz, US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften, setzt sich in verschiedenen Schriften, darunter: Die Schatten der Globalisierung und Die Chancen der Globalisierung mit den Problemen der Globalisierung auseinander und fordert einen globalen Gesellschaftsvertrag.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Der globale Rückzug der Demokratie

Literatur

  • Rainer Durth, Heiko Körner, Katharina Michaelowa: Neue Entwicklungsökonomik. Stuttgart 2002. ISBN 3-8252-2306-X
  • Hendrik Hansen: Politik und wirtschaftlicher Wettbewerb in der Globalisierung: Kritik der Paradigmendiskussion in der Internationalen politischen Ökonomie, VS Verlag, Wiesbaden 2008 , ISBN 978-3-531-15722-1
  • Hemmer, Hans-Rimbert (2002): Wirtschaftsprobleme der Entwicklungsländer
  • von der Goltz, Nicolaus und Brand, Alexander (2004): Herausforderung Entwicklung
  • Amartya Sen (2002): Ökonomie für den Menschen

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