Er tanzte das Leben

Er tanzte das Leben
Filmdaten
Deutscher Titel Er tanzte das Leben
Produktionsland BRD
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 2003
Länge 90 Minuten
Stab
Regie Marian Czura
Produktion MTM, arte, mdr
Kamera Marian Czura
Schnitt Olaf Frackmann

Er tanzte das Leben ist ein Film des in Darmstadt wohnhaften polnischen Regisseurs Marian Czura der (unter Mitarbeit des TAZ-Mitgründers Kuno Kruse) über mehrere Jahre den polnisch-russisch-jüdischen Flamencotänzer Sylvin Rubinstein mit der Kamera begleitete und aus dem gesammelten Material eine beachtenswerte Kinodokumentation über dessen facettenreiches, ergreifendes Schicksal formte.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Er tanzte das Leben erzählt das bewegte Leben des bis zu seinem Tode im April 2011 in Hamburg St. Pauli wohnenden, 1914 bei Moskau geborenen jüdischen Flamencotänzers Sylvin Rubinstein. Als Kind, zusammen mit seiner Zwillingsschwester Maria Rubinstein, von der Mutter nach Riga zu einer renommierten Primaballerina geschickt um Tanzen zu lernen werden die Geschwister wenige Jahre später als das Flamencoduo Imperio y Dolores europaweit in den großen Varietees begeistert gefeiert.

Der Film blickt mit Sylvin Rubinstein kurz zurück auf diese erste, von jugendlichem Glück geprägte Phase in Rubinsteins Leben, welche ihn bis zum heutigen Tage prägt und verfolgt.

Der Überfall Deutschlands auf Polen am 1. September 1939 überraschte die politisch bis dato uninteressierten Geschwister in Warschau. Sie waren dort gerade im bekannten „Cafe Adria“ beschäftigt.

Um die Mutter zu retten trennten sich die Zwillinge nach einer überstürzten Flucht aus dem Ghetto. Maria fuhr nach Brody in der heutigen Ukraine um die Mutter zu holen, während Sylvin Rubinstein sich auf die Reise nach Krakau begab, um gefälschte Pässe zu besorgen. Sie sollten sich nie wieder sehen. Verzweifelt ob des Verlusts seiner Nächsten, nahm der nun als Sylvin Turski lebende Rubinstein Kontakt zur in Krosno stationierten deutschen Widerstandsgruppe um den Wehrmachtsmajor Kurt Werner auf und entwickelte zu ihm ein freundschaftliches Verhältnis, das sich allerdings nach dem Krieg als schwierig erwies, weil Werner für Rubinstein als Deutscher zu dem Volk gehörte, das für die Ermordung von Millionen Juden und seinen Familienmitgliedern verantwortlich war. Werner, angetan von Rubinsteins agiler Art und seiner Fähigkeit mehrere Sprachen zu sprechen, überzeugte ihn während des Weltkriegs als Partisan gegen die Nazis zu kämpfen. Eine Szene des Films, für die damalige Zeit noch ungewöhnlich in Farbe, zeigt Rubinstein auf dem Markt von Krosno als Frau verkleidet. Weil er in Polen als Widerstandskämpfer gesucht und verfolgt wurde, zog er nach Berlin, um dort mit logistischer Unterstützung des Majors Werners als Partisan gegen die Nazis zu kämpfen und im Widerstand SS-Führer oder in der Judenverfolgung besonders aktive Personen zu töten.

Nach dem Krieg wandte er sich, ausgerechnet in Deutschland, wieder dem Tanz zu und erlebte eine zweite Blüte der Kunst. Doch nun trat er nicht mehr als Mann (Imperio) auf, sondern wurde auf der Bühne zu Dolores. In deren Gestalt lebt er den fürchterlichen Verlust der Schwester, huldigt ihr und gedenkt ihrer im Tanz.

Heute lebt er als zwar alter, aber hochaktiver Mann in St. Pauli in Hamburg, hilft nach seinen Möglichkeiten den Armen und hatte im Jahr 2006 seinen letzten Tanzauftritt in der unvergesslichen Gestalt der Dolores.

Der Film begleitet ihn auf den ersten Reisen zurück an die Orte seiner Vorkriegszeit, der Untergrundtätigkeit und des Neubeginns, nach Warschau, Brody, Krosno und Hamburg.

Der Film wurde im Laufe der Jahre in Programmkinos und mehrfach im Fernsehen auf Arte und im MDR gezeigt.

Kritiken

  • FAZ: "Ein faszinierendes Portrait"
  • Die Welt: " Abenteuer eines Artisten und antifaschistischen Agenten - Man muss diesen Film sehen; er zeigt, wie viel Geschichte in ein Menschenleben passt, wenn es wirklich gelebt wird."
  • UAZ: "Es gibt kaum ein Schicksal, dass das Schöne und Grausame des vergangenen Jahrhunderts so eindrucksvoll widerspiegelt, wie das von Sylvin Rubinstein."

Trivia

Der nach dem Krieg zeitweise bei Rubinstein lebende Komponist Michael Jary widmete ihm 1951 das Lied: Das machen nur die Beine von Dolores.

Literatur

  • Kuno Kruse: "Dolores&Imperio. Die drei Leben des Sylvin Rubinstein". Kiepenheuer&Witsch Taschenbuch, Köln 2003. ISBN 3-462-03335-2.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Leben wir jetzt — Dieser Artikel wird evtl. gelöscht, er wurde vorsichtshalber in das Musik Wiki exportiert. Lady Whistler (Disk|Bew) 10:25 …   Deutsch Wikipedia

  • Arkadien (das alte) — Arkadien (das alte), (das alte). Ein in hundert und aber hundert poetischen Dichtungen gepriesenes Hirtenland, an dessen Namen sich stets der Gedanke eines ungetrübten idyllischen Glücks knüpft. Göttergeliebt und von Göttern gesegnet, prangte… …   Damen Conversations Lexikon

  • Sie tanzte nur einen Sommer —   Der Titel des schwedischen Films von Arne Mattsson aus dem Jahr 1951 bezieht sich auf die nur einen Sommer währende Liebe eines Mädchens vom Dorf zu einem Studenten. Bei einem Autounfall kommt das Mädchen ums Leben. Das Zitat verwendet man… …   Universal-Lexikon

  • Der Löwe und das Mäuschen — ist eine Tierfabel des altgriechischen Fabeldichters Äsop und weist große Parallelen zu der altägyptisch demotischen Fabel Der Löwe und die Maus auf. Inhalt Der Löwe und das Mäuschen …   Deutsch Wikipedia

  • Czura — Marian Manfred Theodor Czura ist ein polnischer Filmemacher, Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann und Maler, seit 1988 in Darmstadt lebend. Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 2 Filmografie (Auswahl) 2.1 Spielfilme …   Deutsch Wikipedia

  • Sylvin Rubinstein — (* 1914 bei Moskau; † 30. April 2011 in Hamburg, Deutschland) war ein russisch polnischer Tänzer und Widerstandskämpfer. Inhaltsverzeichnis 1 Werdegang 2 Film 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Marian Czura — Marian Manfred Theodor Czura ist ein polnischer deutscher Filmemacher, Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann und Maler, seit 1988 in Darmstadt lebend. Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 2 Filmografie (Auswahl) 2.1 Spielfilme …   Deutsch Wikipedia

  • Sylvin Rubinstein — (Moscú, 1914 Hamburgo, 30 de abril de 2011) fue un bailarín ruso polaco que participó en la resistencia contra la invasión alemana en Polonia. Contenido 1 Vida 2 Cine 3 Referencias …   Wikipedia Español

  • Sylvin Rubinstein — Sylvin Rubenstein is a Russian Jewish dancer and cross dresser, who claimed to have been a member of the resistance to Nazism during World War II.Pre WarRubenstein was Born in 1917 in Russia. He left Russia for Poland with his mother and his twin …   Wikipedia

  • Liste Darmstädter Persönlichkeiten — Inhaltsverzeichnis 1 Bürgermeister und Oberbürgermeister 2 Ehrenbürger 3 Söhne und Töchter der Stadt 3.1 bis 1850 …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”