Erfurter Kongress

Erfurter Kongress
Napoleon empfängt mit Alexander (3. v. re.) den österreichischen Botschafter in Erfurt
Programmatisches Historiengemälde
von Nicolas Gosse.

Als Erfurter Fürstenkongress (auch Erfurter Kongress oder Erfurter Fürstentag) wird das Zusammentreffen Napoleons I. mit dem russischen Zaren Alexander I. vom 27. September bis zum 14. Oktober 1808 in Erfurt bezeichnet. Höhepunkt des Treffens war die Unterzeichnung eines Bündnisvertrags zwischen Napoleon und Alexander, der später jedoch nicht eingehalten wurde.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Im Sommer 1808 hatte die französische Armee in Spanien eine unerwartet schwere Niederlage erlitten. Gleichzeitig beobachtete der Kaiser die zunehmenden Kriegsvorbereitungen Österreichs mit Sorge. Sich der Unterstützung Russlands zu versichern, um Wien in Schach zu halten, erschien ihm daher politisch notwendig. Das Verhältnis zu Alexander I. war aber seit dem Freundschaftsvertrag von 1807 nicht ungetrübt geblieben. Die Erwartung des Zaren, von Frankreich im Kampf gegen das Osmanische Reich unterstützt zu werden, war enttäuscht worden, und die Teilnahme an der Kontinentalsperre gegen England wirkte sich für Russland sehr ungünstig aus. Vor diesem Hintergrund lud der Kaiser zu einem Fürstenkongress nach Erfurt ein, damals als Fürstentum Erfurt eine französische Exklave in Thüringen. Da zumal die deutschen Vasallenfürsten des Rheinbunds zahlreich erschienen, war er als Machtdemonstration gegenüber dem Zaren geeignet. Auch mit einem glanzvollen Rahmenprogramm wollte Napoleon die Teilnehmer beeindrucken. Nominell war der Kongress als festlandeuropäischer Gipfel ausgelegt. Er war in der Sache ein Treffen Napoleons mit den Fürsten des Rheinbunds zur außen- und militärpolitischen Koordination für alle Fälle und vor allem ein Versuch zur längerfristigen Abstimmung mit dem Russischen Reich.

Der Kongress

Am 16. Oktober 1808 verabschiedeten sich Napoleon I. und Alexander I. an dieser Stelle an der jetzigen Bundesstraße 7 bei Mönchenholzhausen.

Die beiden Kaiser trafen einander häufig und ließen keine Gelegenheit aus, in der Öffentlichkeit die Herzlichkeit ihrer Beziehung zu demonstrieren. Hierzu dienten auch die prachtvollen Theateraufführungen der Comédie-Française im Kaisersaal. Inhaltlich kamen sie sich keinen Schritt näher, obwohl am 12. Oktober ein Bündnisvertrag geschlossen wurde, der freilich eine folgenlose Formalie blieb.

Rahmenprogramm

Der Kongress war von glanzvollen Empfängen, Ausflügen, Jagden, den allabendlichen Theateraufführungen im Kaisersaal und ähnlichen repräsentativen Veranstaltungen geprägt, die bewusst auf politische und öffentliche Wirkung zielten.

Napoleon benutzte auch die Gelegenheit, drei deutsche Geistesgrößen kennenzulernen – den politischen Publizisten und Dichter Christoph Martin Wieland (der bereits seinen Aufstieg vorausgesagt hatte, als Napoleon noch einfacher General gewesen war), den berühmten Historiker Johannes von Müller (mit dem er ein Dilemma diskutierte, das aktuell auch das seine war: ob Cäsar auf dem Gipfelpunkt seiner Macht, wenn er nicht ermordet worden wäre, eher den großen Feldzug gegen Osten - gegen das Partherreich - oder die Konsolidation des Römischen Reiches als Priorität gewählt hätte[1]), und Deutschlands größten Dichter Johann Wolfgang Goethe (den für sich einzunehmen propagandistisch wertvoll werden konnte[2]).

Die Goethebegegnung wurde die populärste: Napoleon empfing ihn in Erfurt, diskutierte mit ihm Werthers Leiden und überreichte ihm das Kreuz der Ehrenlegion; er kommentierte die Begegnung mit dem legendären Ausspruch Voilà un homme! (sinngemäß Das ist ein Mann!). (Milan Kundera beschreibt dieses Treffen ironisierend in dem Buch Die Unsterblichkeit.) In Weimar dann nahm Napoleon an einer Theateraufführung teil.

Literatur

Darstellungen

  • Steffen Raßloff und Ulrich Seidel: Der Erfurter Kaisersaal. Erfurt 2008. ISBN 978-3-86680-303-9 (S. 31-38).
  • Werner Greiling: Napoleon in Thüringen. Wirkung – Wahrnehmung – Erinnerung, Erfurt 2006, ISBN 3-937967-11-7 (S. 109–117).
  • Klaus-Dieter Kaiser: Erfurt, Napoleon und Preußen 1802 bis 1816, Erfurt 2002, ISBN 3-9807188-7-5 (S. 86–92).
  • Rudolf Benl: Der Erfurter Fürstenkongreß 1808. Hintergründe, Ablauf, Wirkung, Erfurt 2008, ISBN 978-3-941020-00-9
  • Gustav Seibt: Goethe und Napoleon. Eine historische Begegnung. C. H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406577-48-2

Quellen

  • Theodor Ferdinand Kajetan Arnold: Erfurt in seinem höchsten Glanze während der Monate September und Oktober 1808. (Kommentierter Faksimile-Druck der Ausgabe von 1808). Erfurt 2008. ISBN 978-3-932655-33-3
  • Karl Bertuch: Weimar und Erfurt im September und October 1808, in: Journal des Luxus und der Moden 23 (1808), passim (Berichterstattung über den Kongress in sieben aufeinanderfolgenden, von Oktober 1808 an veröffentlichten Briefen)
  • Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord: Mémoires du prince de Talleyrand, publiés avec une préface et des notes par le Duc de Broglie, Bd. 1, Paris 1891, S. 319–321, sowie das Kapitel „Entrevue d’Erfurt“, S. 393–457 (S. 453–457 geben den Text der Convention d’Erfurt wieder).
  • Aus Metternich’s nachgelassenen Papieren, hgg. von Fürsten Richard Metternich-Winneburg, geordnet und zusammengestellt von Alfons v. Klinkowström, Erster Theil: Von der Geburt Metternich’s bis zum Wiener Congreß. 1773–1815, Wien 1880 („Die Monarchen-Zusammenkunft in Erfurt“, S. 221–233, Wiedergabe von vier Briefen Metternichs an den österreichischen Außenminister Johann Philipp von Stadion).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bekanntlich führte Napoleon dann seine Armeen gegen Russland.
  2. Erfolgreich; Goethe stand dann auch den „Freiheitskriegen“ auffällig skeptisch gegenüber (vgl. Gebhard Leberecht von Blücher#Zitat).

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