Erna Scheffler

Erna Scheffler

Erna Haßlacher, geb. Friedenthal, später Scheffler (* 21. September 1893 in Breslau; † 22. Mai 1983 in London) war eine deutsche Juristin.

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung und erste Berufsjahre

Sie besuchte die Höheren Töchterschulen in Liegnitz und Breslau und legte das Abitur 1911 als Externe an einem Knabengymnasium in Ratibor ab. Zunächst studierte sie in Heidelberg ein Semester lang Medizin und wechselte dann zu Jura in Breslau, München und Berlin. Im Dezember 1914 schloss sie ihr Studium mit der Promotion in Breslau ab. Das Thema der Dissertation lautete: Straftilgende Maßnahmen. Frauen waren damals zum juristischen Staatsexamen noch nicht zugelassen. Sie arbeitete zunächst in der Sozialfürsorge und dann als Hilfskraft in einer Rechtsanwaltspraxis. Sie heiratete ihren Ehemann Haßlacher 1916, war bis 1918 im besetzten Belgien, wo ihr Ehemann tätig war, als Juristin in der deutschen Zivilverwaltung eingesetzt. Nach dem ersten Weltkrieg fand sie Beschäftigung beim Bund Deutscher Architekten und in verschiedenen Anwaltskanzleien. Ab 1921 durften auch Frauen Staatsexamina ablegen. 1922 legte sie das Erste und 1925 das Zweite Staatsexamen ab. In der Referendariatszeit wurde ihre Ehe geschieden. Von Ende 1925 bis Juli 1928 war sie Rechtsanwältin an den Landgerichten I bis III in Berlin und am Amtsgericht Berlin-Mitte. Danach war sie Gerichtsassessorin in Berlin, seit Februar 1930 ständige Hilfsarbeiterin und seit 1932 Amtsgerichtsrätin am Amtsgericht Berlin-Mitte.

1933 bis 1945

Im April 1933 wurde sie zwangsweise beurlaubt und im Juli zunächst als „Arierin“ anerkannt und konnte im Amt bleiben. Im November 1933 wurde sie allerdings rückwirkend zum 1. März 1933 mit Berufsverbot belegt, da sich zwischenzeitlich ihre „nichtarische“ Herkunft herausgestellt hatte. Sie erhielt nur ein geringes Ruhegehalt. Die zweite Eheschließung mit Kammergerichtsrat Georg Scheffler wurde im Mai 1934 untersagt, da sie „Halbjüdin“ sei. Im Geschäft einer Freundin arbeitete sie als Buchhalterin und verteilte während des Krieges Lebensmittelkarten in ihrem Wohnbezirk. Von Januar 1945 an versteckte sie sich bis Kriegsende in einem Gartenhäuschen außerhalb Berlins.

Nach 1945

Unmittelbar nach dem Krieg heiratete sie Georg Scheffler und kehrte Ende Mai 1945 zuerst als Landesgerichtsrätin und später als Landgerichtsdirektorin beim Landgericht Berlin in den Justizdienst zurück. Nach der Währungsreform 1948 wurde sie in Düsseldorf Verwaltungsgerichtsrätin und dann Verwaltungsgerichtsdirektorin am Verwaltungsgericht Düsseldorf. Auf dem Deutschen Juristentag 1950 hielt sie ein Referat zum Thema Gleichstellung von Mann und Frau und empfahl sich damit als Bundesverfassungsrichterin. Im September 1951 wurde sie als einzige Frau an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe berufen und war dort bis 1963 Richterin. Danach war sie unter anderem als Sachverständige vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages und bei tarifrechtlichen Auseinandersetzungen tätig.

Scheffler war Mitglied des Deutschen Juristinnenbundes.

Sie starb 1983 bei ihrer Tochter in London.

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Scheffler — ist der Familienname folgender Personen: Andreas Scheffler (* 1966), deutscher Autor, Lesebühnenmitglied und Herausgeber Axel Scheffler (* 1957), deutscher Illustrator von Kinderbüchern Beate Scheffler (* 1952), deutsche Politikerin (Bündnis… …   Deutsch Wikipedia

  • Erna (Vorname) — Erna ist ein weiblicher Vorname, der um 1900 im deutschen Sprachraum sehr beliebt war. Mit dem Aufkommen der Klein Erna Witze ließ die Popularität des Namens stark nach. Heute kommt er nur noch selten vor. Inhaltsverzeichnis 1 Namenstage 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Erna Dorn — (* nach eigenen Angaben 17. Juli 1911 als Erna Kaminsky in Tilsit, Ostpreußen; † 1. Oktober 1953 in Dresden) behauptete, im KZ Ravensbrück in der „Politischen Abteilung“ gearbeitet zu haben und für den Tod von achtzig bis neunzig Häftlingen… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Sche — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Bundesverfassungsrichter — Diese Liste enthält alle Personen, die seit seiner Gründung im Jahre 1951 zu Richtern am Bundesverfassungsgericht berufen wurden. Alphabetisch sortiert (Stand April 2008) B Ernst Benda (1925 2009), Richter und Präsident von 1971 bis 1983 Hugo… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Richter am Bundesverfassungsgericht — Diese Liste enthält alle Personen, die seit seiner Gründung im Jahre 1951 zu Richtern am Bundesverfassungsgericht berufen wurden. Alphabetisch sortiert (Stand April 2008) B Ernst Benda (1925 2009), Richter und Präsident von 1971 bis 1983 Hugo… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Richter am deutschen Bundesverfassungsgericht — Diese Liste enthält alle Personen, die seit seiner Gründung im Jahre 1951 zu Richtern am Bundesverfassungsgericht berufen wurden in alphabetischer Darstellung sowie sortiert nach Senaten und Richterstellen. Eine schematische Übersichtsdarstellung …   Deutsch Wikipedia

  • Haßlacher — oder Hasslacher ist der Familienname folgender Personen: Bertha Akermann Hasslacher (1840–1904), deutsche Schriftstellerin Brosl Hasslacher (1941–2005), US amerikanischer Physiker Erna Scheffler (Erna Haßlacher, geb. Friedenthal, später… …   Deutsch Wikipedia

  • Rupp-von Brünneck — Emmi Agathe Karola Margarete Wiltraut Rupp von Brünneck (* 7. August 1912 in Berlin Lankwitz; † 18. August 1977 in Karlsruhe) war Richterin am Bundesverfassungsgericht. Nach ihrem Studium der Rechte an den Universitäten Berlin, Königsberg,… …   Deutsch Wikipedia

  • Federal Constitutional Court of Germany — The Bundesverfassungsgericht Germany …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”