Ernst Girzick

Ernst Girzick
Ernst Girzick während der Internierung

Ernst Adolf Girzick (* 17. Oktober 1911 in Wien; † unbekannt) war SS-Obersturmführer (1945) und Mitarbeiter im Eichmannreferat des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA). Girzick war in seinen Funktionen mitverantwortlich für die Deportation von Juden in die Konzentrations- und Vernichtungslager und wurde dafür nach Kriegsende in Wien zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Girzick, von Beruf Elektrotechniker, wurde nach dem Abschluss seiner Berufsausbildung arbeitslos. Er wurde 1931 Angehöriger des Bundesheeres sowie Mitglied im Deutschen Soldatenbund und der NSDAP. Nach seiner Entlassung aus dem Bundesheer 1933 war er wieder arbeitslos. Aufgrund sogenannter „Bölleranschläge“ wurde Girzick 1934 zu fünf Jahren Kerkerhaft verurteilt, jedoch bereits nach zwei Jahren aus der Haftanstalt in Stein an der Donau wegen einer Amnestie entlassen. Girzik siedelte in das Deutsche Reich über und kam durch die Österreichischen Legion in das SS-Lager Ranis. Ab November 1937 war er als Straßenbahnschaffner in Dresden tätig.[1] Nach dem Anschluss von Österreich an das Deutsche Reich wurde Girzick der sogenannte Blutorden verliehen. Nachdem er ab 1938 zunächst in der „Vermögensverkehrsstelle“ des Wirtschaftsministeriums in Wien tätig gewesen war, wechselte er bald darauf in die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien“ und verblieb dort, ab 1939 als Stellvertreter Alois Brunners, bis zum März 1943. Anschließend wurde er Leiter des Hauptbüros des „Zentralamtes für die Regelung der Judenfrage“ in Prag. Von März bis Dezember 1944 gehörte Girzick dem Sonderkommando Eichmann in Budapest an.[2] Er erhielt noch das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse. Danach war Girzick wieder in Prag bis Kriegsende eingesetzt. Von dort flüchtete er am 5. Mai 1945 in einer Wagenkolonne mit Brunner und weiteren RSHA-Mitarbeitern.[3]

Nach Kriegsende

Gierzick wurde nach Kriegsende interniert. Ab Ende 1946 musste er sich vor dem Volksgericht Wien verantworten. Er wurde schließlich am 3. September 1948 zu 15 Jahren Haft verurteilt, da er an der Deportation von Wiener Juden nach Theresienstadt und in Vernichtungslager beteiligt war.[4] Am 18. Dezember 1953 wurde er begnadigt, da unter anderem seine Ehefrau und die beiden Kinder in ärmlichen Verhältnissen lebten. Zudem bestehe das ihm zur „Last gelegte Delikt […] nur darin, dass er in der Judenaussiedlungsstelle beschäftigt war“.[5] Er lebte danach in Seewalchen am Attersee.[6] Über seinen weiteren Lebensweg ist nichts bekannt.

Literatur

  • Hans Safrian: Eichmann und seine Gehilfen. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-596-12076-4.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
  • Jan Björn Potthast: Das jüdische Zentralmuseum der SS in Prag – Gegnerforschung und Völkermord im Nationalsozialismus. Campus-Verlag, München 2002 ISBN 3-593-37060-3.

Einzelnachweise

  1. Hans Safrian: Eichmann und seine Gehilfen, Frankfurt am Main 1995, S. 54f.
  2. Jan Björn Potthast: Das jüdische Zentralmuseum der SS in Prag – Gegnerforschung und Völkermord im Nationalsozialismus. München 2002, S. 86, 154.
  3. Jan Björn Potthast: Das jüdische Zentralmuseum der SS in Prag – Gegnerforschung und Völkermord im Nationalsozialismus. München 2002, S. 87, 381.
  4. Holocaust vor Gericht: Die Deportation der Wiener Juden in den Jahren 1941 und 1942 und die österreichische Justiz nach 1945 auf www.nachkriegsjustiz.at
  5. Claudia Kuretsidis-Haider: "Persönliche Schuld ist faktisch keine vorhanden" - Innenminister Oskar Helmer und die Begnadigung von verurteilten NS-Tätern, aus: "Justiz & Erinnerung" Nr. 8, S. 1-6.
  6. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt am Main 2007, S. 185.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Girzick — Ernst Girzick während der Internierung Ernst Adolf Girzick (* 17. Oktober 1911 in Wien; † unbekannt) war SS Obersturmführer (1945) und Mitarbeiter im Judenreferat des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA). Girzick war in seinen Funktionen… …   Deutsch Wikipedia

  • Anton Brunner (Kriegsverbrecher) — Anton Brunner (* 8. August 1898 in Bregana; † 24. Mai 1946 in Wien) war ein österreichischer Mitarbeiter der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien“, die praktisch dem Eichmannreferat im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) unterstand.… …   Deutsch Wikipedia

  • Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Prag — Dienstbrief der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Prag von 1939 Die Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Prag, auch als Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Böhmen und Mähren bezeichnet, war eine auf Anordnung des… …   Deutsch Wikipedia

  • Von Dobschütz — Dieser Artikel beschreibt die schlesische Adelsfamilie Dobschütz; nicht zu verwechseln mit den schlesischen Adelsgeschlechtern von Doberschütz und von Debschitz Wappen der schlesischen Familie von Dobschütz (Quelle: Weigel sches Wappenbuch von… …   Deutsch Wikipedia

  • Dobschütz (Adelsgeschlecht) — Wappen der schlesischen Familie von Dobschütz (Quelle: Weigel’sches Wappenbuch von 1734, handkoloriert) Dobschütz ist der Name eines alten schlesischen Adelsgeschlechts, das mit Gunemar de Dobeschitz im Jahr 1266, Hugo de Dobswize im Jahr 1280[1] …   Deutsch Wikipedia

  • Chorula — Hilfe zu Wappen …   Deutsch Wikipedia

  • Chorulla — Chorula Hilfe zu Wappen …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”