Eugene Debs

Eugene Debs
Eugene Debs (1912)

Eugene Victor Debs (* 5. November 1855 in Terre Haute, Indiana; † 20. Oktober 1926 in Elmhurst[1]) war ein US-amerikanischer Sozialist, der in der Arbeiterbewegung aktiv war und fünfmal für die Sozialistische Partei Amerikas für das Amt des US-Präsidenten kandidierte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Frühes Leben

Debs Eltern, die zur Mittelschicht gehörten, waren Einwanderer aus dem elsässischen Colmar, die sich in Terre Haute niedergelassen hatten, wo Debs auch den Großteil seines Lebens verbrachte. Im Alter von vierzehn Jahren verließ er den Ort, um bei verschiedenen Eisenbahnen zu arbeiten, wo er als Feuermann arbeitete. Fünf Jahre später kehrte er nach Terre Haute zurück, wo er zunächst als Angestellter in einem Lebensmittelladen arbeitete. 1875 wurde er Gründungsmitglied der örtlichen Abteilung der Eisenbahnerbruderschaft der Feuermänner. Dort stieg er rasch in der Hierarchie auf und wurde zunächst stellvertretender Redakteur ihrer Zeitschrift und 1880 Redakteur und Generalsekretär. Gleichzeitig wurde er in der Ortspolitik bekannter und wurde als Demokrat in den Landtag von Indiana gewählt.

Aus gewerkschaftlicher Sicht waren die Eisenbahnerbruderschaften vergleichsweise konservativ, mit ihrem Schwerpunkt eher auf gesellschaftliche Aspekte sowie Dienstleistungen für ihre Mitglieder, statt auf Tarifverhandlungen. Debs wurde überzeugt, dass der Bedarf bestünde für eine einheitlichere und konfrontationalistische Arbeitsweise. Er trat als Generalsekretär zurück und gründete 1893 die erste industrielle Gewerkschaft der USA, die Amerikanische Eisenbahnergewerkschaft (American Railway Union oder ARU). Diese Gewerkschaft führte in April 1894 eine Streikaktion gegen die Great Northern Railway durch, bei der die meisten ihrer Forderungen erfüllt wurden.

Pullman-Streik

Hauptartikel: Pullman-Streik

Debs beteiligte sich auch am Pullman-Streik im Jahre 1894. Dieser wilde Streik erwuchs aus den Auseinandersetzungen um die Ausgleichszahlungen an jene Arbeiter, die die Waggons der Pullman Palace Car Company gefertigt hatten. Die Pullman Company hatte wegen Einkunftseinbrüchen, die auf die Konjunkturflaute 1893 zurückgingen, die Löhne ihrer Arbeiter um 28 Prozent gekürzt. Die Arbeiter, von denen viele bereits Mitglieder der American Railway Union (ARU) waren, riefen die Gewerkschaft bei ihrer Versammlung in Chicago, Illinois, um Unterstützung an.[1] Debs versuchte die Gewerkschaftsmitglieder zu überzeugen, dass ein Boykott zu riskant sein würde, angesichts der Feindseligkeit der Eisenbahngesellschaft und der Bundesregierung, der Schwäche der Eisenbahnergewerkschaft und der Gefahr, dass andere Gewerkschaften den Streik brechen könnten. Die ARU ignorierte seine Warnungen und weigerte sich, Pullman-Züge oder mit ihnen verbundene Waggons zu rangieren, einschließlich jener Wagen, die Post beförderten.[4] Debs entschloss sich, doch am Streik teilzunehmen, der von fast allen Mitgliedern der ARU in der Gegend von Chicago getragen wurde. Die Streikenden setzten unter Debs' Führung Boykotts von Pullman-Waggons durch. Trotz seines anfänglichen Haderns wurde der Streik unter dem Namen "Debs' Rebellion" bekannt.[2]

Die Bundesregierung griff nun ein und erwirkte am 2. Juli vor einem Bundesgericht mit Hilfe des Sherman Antitrust Act ein Verbot jeglicher Streikunterstützung durch die Eisenbahnergewerkschaft. Diese Verfügung wurde damit begründet, dass die Streikenden die Eisenbahngesellschaft behindert hätten, indem sie nicht zur Arbeit erschienen seien. Schließlich kam es zum Einsatz von Armeeeinheiten, mit der Begründung, der Streik behindere die Postzustellung. Dies provozierte eine gewaltsame Reaktion der Streikenden, die bis dahin friedlich geblieben waren. Der Ausstand kostete insgesamt 13 Menschen das Leben, 57 wurden verletzt. Der Sachschaden wurde auf 80 Millionen US-Dollar geschätzt. Gewerkschaftschef Debs und andere ARU-Führer wurden als "Verschwörer" angeklagt und der Störung des Postverkehrs für schuldig befunden. Debs wurde zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Am 2. August 1894 war der Streik beendet. Die Pullman Company nahm ihren Betrieb wieder auf, stellte aber Streikführer nicht ein. Die Beschäftigten mussten hinterher unterschreiben, sich nicht mehr gewerkschaftlich zu organisieren.

Sozialistenführer

Diese Erfahrung radikalisierte Debs noch weiter: War er vor dem Streik noch kein Sozialist, so las er in seiner Gefangenschaft die Werke von Karl Marx und begann, sich für den Sozialismus zu begeistern. Er kandidierte für das Präsidentenamt, zunächst im Jahr 1900 als Mitglied der amerikanischen Sozialdemokratischen Partei, später für die Sozialistische Partei in den Jahren 1904, 1908, 1912 und 1920.

Debs stand dem Wahlvorgang jedoch kritisch gegenüber und misstraute den politischen Zugeständnissen, die Victor Berger und andere Sozialisten zu machen gezwungen waren. Debs legte dagegen mehr Wert auf die Organisation der Arbeiter, insbesondere in der Industrie. Debs lehnte allerdings auch den apolitischen Syndikalismus ab, der teilweise in der Organisation Industrial Workers of the World gepflegt wurde. Obwohl der die IWW anfangs unterstütze, war er später über ihre, wie er meinte, verantwortungslose Befürwortung von direkter Aktion, insbesondere der Anwendung von Sabotage, entsetzt.

Schriften

  • Debs. His Life, Writings and Speeches. University Press of the Pacific, 2002, ISBN 1-4102-0154-6.
  • Gentle Rebel. Letters of Eugene V. Debs. Briefe, herausgegeben von J. Robert Constantine. University of Illinois Press, 1995, ISBN 0-252-06324-4
  • Walls & Bars. Prisons & Prison Life In The "Land Of The Free". Charles H. Kerr, 1983, ISBN 0-88286-010-0 (Ausgabe 2000: ISBN 0-88286-248-0)
  • The papers of Eugene V. Debs, 1834-1945. A guide to the microfilm edition. Microfilming Corporation of America, 1983, ISBN 0-667-00699-0.

Literatur

  • James Chace: 1912. Wilson, Roosevelt, Taft and Debs. The Election that Changed the Country. Simon & Schuster, 2005, ISBN 0-7432-7355-9
  • Ray Ginger: The Bending Cross. A Biography of Eugene Victor Debs. Rutgers University Press, 1949 (Neuauflage mit Fotos und einer Einleitung von J. Robert Constantine: Thomas Jefferson University Press, 1992)
  • Nick Salvatore: Eugene V. Debs. Citizen and Socialist. Neuauflage der University of Illinois Press, 1984, ISBN 0-252-01148-1
  • Irving Stone: Adversary in the House. Doubleday, 1947, ISBN 0-385-04003-2
  • Marguerite Young: Harp Song for a Radical. The Life and Times of Eugene Victor Debs. Alfred A. Knopf, 1999, ISBN 0-679-42757-0

Archivquellen:

  • Debs Collection der Indiana State University Library (durchsuchbare Flugblattsammlung, Briefwechsel, Fotos, Überwachungsberichte u. a.)
  • Eugene Victor Debs Papers, 1881-1940. Manukcript-Sammlung der Indiana Historical Society
  • Bernard J. Brommel - Eugene V. Debs Papers, 1886-2003. Forschungsmaterialien und Werke von Debs-Biograf Bernard J. Brommel, mit Notizen, Fotokopien, Fotos, Flugblättern, Presseartikeln und Memorabilia. Auch Primärquellen über und von Debs, mit Briefwechsel, Werke, und Verschiedenes. Bestand der Newberry Library (Online-Katalog)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die kleine Enzyklopädie, Encyclios-Verlag, Zürich, 1950, Band 1, Seite 340



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