Eulenfalter

Eulenfalter
Eulenfalter
Großkopf-Rindeneule (Acronicta megacephala)

Großkopf-Rindeneule (Acronicta megacephala)

Systematik
Klasse: Insekten (Insecta)
Überordnung: Neuflügler (Neoptera)
Ordnung: Schmetterlinge (Lepidoptera)
Unterordnung: Glossata
Überfamilie: Noctuoidea
Familie: Eulenfalter
Wissenschaftlicher Name
Noctuidae
Latreille, 1809
Messingeule (Diachrysia chrysitis)
Raupe der Ampfereule (Acronicta rumicis)
Raupe der Achateule (Phlogophora meticulosa)
Dunkelgrüne Flechteneule (Cryphia algae)
Scheck-Tageule (Callistege mi)
Raupe der Spodoptera frugiperda

Die Eulenfalter (Noctuidae), oft auch nur als Eulen bezeichnet, sind eine sehr artenreiche Familie der Schmetterlinge. Obwohl es Arten aller Größen, Formen, Farben und Lebensweisen gibt, ist der Großteil der Eulenfalter schlicht gefärbt, groß und robust.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Die Falter erreichen eine Flügelspannweite von 14 bis 300 Millimetern, wobei die meisten europäischen Arten eine Spannweite von ca. 20 bis 60 Millimetern haben. Ihr Körper ist langgestreckt und mittelmäßig bis kräftig gebaut. Ihre Vorderflügel variieren von schmal bis breit. Die Flügelgrundfärbung ist meist hell- oder dunkelbraun, rötlich, dunkel, grau oder grün. Die Musterung ist sehr verschieden und variiert auch innerhalb der gleichen Arten zum Teil stark. Die verschiedenen Komponenten der Musterung sind aber immer gleich. Das Muster besteht in erster Linie aus mehreren Querlinien, die meist wellenförmig sind. Dabei teilen die dominantesten und häufigsten Querlinien, die Flügel in drei etwa gleich große Teile: Basal- oder Innenfeld, Mittelfeld und Saum- oder Außenfeld. Im Mittelfeld finden sich meist zwei bis drei Flecken (Makeln), die unterschiedlich ausgeprägt und geformt sein können. Zusätzlich kann, wie auch im Saumfeld im Mittelfeld eine weitere Querlinie verlaufen. Von diesem „Grundplan“ weichen aber zahlreiche Arten mehr oder weniger stark ab. Die Arten der Unterfamilie Catocalinae und Plusiinae tragen z. B. einen vierten Makel, bei Letzteren sind überdies die Muster metallisch schimmernd gezeichnet. Auch mehrere Gattungen der Acontiinae weichen von der Grundmusterung ab. Besonders im Gras lebende Arten weisen statt den Querlinien eine Längszeichnung auf, die sie besser an ihre Umgebung anpasst. Die Hinterflügel sind breit abgerundet und in etwa gleich breit bis etwas breiter, als die Vorderflügel. Sie sind in ihrer Grundfärbung einfärbig und schwach gezeichnet. Es gibt auch Arten mit kräftigen Farben auf den Hinterflügeln, die Feinde beim Abflug der Falter schrecken sollen, wie z. B. das Rote Ordensband (Catocala nupta). Die Vorderflügel haben überwiegend 12 Flügeladern mit einer Analader (1b), manchmal gibt es auch eine zweite (1a und 1b). Die Hinterflügel haben bei fast allen Arten 8 Flügeladern mit zwei Analadern (1a und 1b), manche Arten haben 9 Adern.

Ihre Fühler sind mittellang und erreichen ca. 0,5 bis 0,8 mal die Länge der Vorderflügel. Die Weibchen haben fadenförmige Fühler, bei den Männchen sind sie fadenförmig, gezähnt oder gekämmt. Am Metathorax tragen manche Arten Tympanalorgane. Neben den Facettenaugen haben die Tiere auch Punktaugen (Ocelli). Ihre Maxillarpalpen sind schlecht entwickelt, die Labialpalpen sind gut ausgebildet. Bei den meisten Arten ist der Saugrüssel voll entwickelt, es gibt aber auch Arten mit reduzierten oder fehlenden Saugrüsseln.

Merkmale der Raupen

Die Raupen der einzelnen Unterfamilien sind, ebenso wie die Falter, mitunter sehr verschieden. Manche Arten, wie z. B. die der Gattung Acronycta, die auch Brennhaare haben, sind lang bis extrem lang behaart, die meisten Eulenfalterarten tragen aber nur vereinzelte, kurze Haare. Die meisten Raupen dieser Familie haben, wie auch üblicherweise die andere Schmetterlingsraupen vier Bauchbeinpaare und einen Nachschieber. Bei einigen Eulenfalterarten (z. B. Catocalinae und Plusiinae) fehlen aber die ersten oder die ersten beiden Beinpaare bzw. sind reduziert. Diese können entweder nur bei den Jungraupen, oder aber auch in allen Stadien fehlen.

Lebensweise

Die Tiere sind überwiegend nacht- oder dämmerungsaktiv. Nur einige wenige Arten, wie z. B. die Braune Tageule (Euclidia glyphica) und mehrere Arten der Plusiinae sind tagaktiv. Manche Arten kann man auch im Winter bei Temperaturen um den Gefrierpunkt noch fliegen sehen.

Die meisten Raupen fressen auf den Pflanzen sitzend. Es gibt aber auch Minierer und solche, die unterirdisch an Wurzeln fressen. Sie sind, ähnlich, wie die Falter überwiegend nachtaktiv. Zu ihrem Futterspektrum gehören nahezu alle krautigen Pflanzen, Laubbäume und Sträucher, lediglich an Nadelbäumen fressen nur wenige Arten. Es gibt auch räuberisch lebende Raupen, die neben pflanzlicher Nahrung zusätzlich auch andere Raupen angreifen und sogar kannibalisch sind.

Schadwirkung

Es gibt zahlreiche Arten, die als Schädlinge in Landwirtschaft und Forst auftreten können, so beispielsweise die Kieferneule (Panolis flammea).

Einige Arten als Krankheitsüberträger

Bei den südostasiatischen Arten Calyptra eustrigata, Calyptra minuticornis, Calyptra orthograpta und Calyptra labilis der Gattung Calyptra (Calpinae) ist der Saugrüssel zu einem Stechrüssel umgebildet und kann bis zu sieben Millimeter tief in die Haut des Wirtstieres eindringen. Diese Schmetterlingsarten ernähren sich vom Blut bestimmter Säugetiere und des Menschen. Sie können daher auch als Vektoren diverse Krankheitserreger auf mechanischem Wege übertragen, siehe auch Infektionswege und Virusinfektion.[1] [2] [3]

Gefährdung

Auf den Hawaii-Inseln haben einige Eulenfalter-Arten einen ausgeprägten Endemismus entwickelt. Die Zerstörung der meist sehr kleinen Verbreitungsgebiete (teils direkt durch den Menschen, teils durch eingeführte Kaninchen) führte zum Aussterben von mehreren Taxa, darunter von Agrotis crinigera, Agrotis fasciata, Agrotis kerri, Agrotis laysanensis, Agrotis photophila, Agrotis procellaris, Helicoverpa confusa, Helicoverpa minuta, Hypena laysanensis, Hypena newelli, Hypena plagiota, Hypena senicula. [4] Besonders bemerkenswert ist der Fall von Agrotis laysanensis, da das Verschwinden dieses Nachtfalters auf Laysan eine der Hauptursachen für das Aussterben des Laysan-Rohrsängers war.

Systematik

Weltweit wurden bis jetzt etwa 35.000 Arten von Eulenfaltern beschrieben. Eine weitaus größere Artenzahl wird vermutet. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind etwa 640 Arten beheimatet.[5] In Europa ist die Familie der Eulenfalter mit über 1.800 Arten und Unterarten in 36 Unterfamilien mit insgesamt 343 Gattungen vertreten.[6] Die folgende Übersicht nach der Systematik der Fauna Europaea listet nur die in Europa vertretenden Unterfamilien mit einigen ausgewählten Arten.

Lafontaine und Fibiger haben 2006 eine revidierte Klassifikation der Noctuoidea vorgestellt, in der viele Gruppen im Familienrang (z.B. Lymantriidae, Arctiidae) auf Unterfamilienniveau gesetzt wurden. Es bleibt noch abzuwarten, ob sich die neue Klassifikation allgemein durchsetzen wird.[7]

Quellen

Einzelnachweise

  1. http://www.eamg-med.com/members/encyclopedia/7/7_17.shtml
  2. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=PubMed&list_uids=240258&dopt=Abstract
  3. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&list_uids=35931&dopt=Citation
  4. http://hbs.bishopmuseum.org/endangered/ext-insects.html Bishop Museum - Hawaii Extinct Insects
  5. Noctuidae. Lepiforum e. V., abgerufen am 19.01.
  6. Noctuidae. Fauna Europaea, abgerufen am 19.01.
  7. J. Donald Lafontaine und Michel Fibiger: Revised higher classification of the Noctuoidea (Lepidoptera). Canadian Entomologist, 138: 610-635, Ottawa 2006 ISSN 0008-347x

Literatur

  • Günter Ebert (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs Band 5, Nachtfalter III (Sesiidae, Arctiidae, Noctuidae). Ulmer Verlag Stuttgart 1997. ISBN 3-8001-3481-0
  • Günter Ebert (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs Band 6, Nachtfalter IV. Ulmer Verlag Stuttgart 1997 (Eulen (Noctuidae) 2. Teil), ISBN 3-8001-3482-9
  • Günter Ebert (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs Band 7, Nachtfalter V (Eulen (Noctuidae) 3. Teil), Ulmer Verlag Stuttgart 1998. ISBN 3-8001-3500-0
  • Manfred Koch: Wir bestimmen. Schmetterlinge. Band 3. Eulen. Neumann Verlag Radebeul 2. Auflage 1972
  • Bernard Skinner: Colour Identification Guide to Moths of the British Isles, Penguin UK 1999, ISBN 0-670-87978-9
  • Malcolm J. Scoble:The Lepidoptera: Form, Function and Diversity. Oxford University Press 1995, ISBN 978-0-19-854952-9
  • Arno Bergmann: Die Großschmetterlinge Mitteldeutschlands. Band 4/1 Eulen. Urania-Verlag GmbH, Jena, 1954
  • Arno Bergmann: Die Großschmetterlinge Mitteldeutschlands. Band 4/2 Eulen. Urania-Verlag GmbH, Jena, 1954
  • Michael Fibiger: Noctuinae I. – Noctuidae Europaeae, Volume 1. Entomological Press, Sorø, 1990, ISBN 87-89430-01-8
  • Michael Fibiger: Noctuinae II. – Noctuidae Europaeae, Volume 2. Entomological Press, Sorø, 1993, ISBN 87-89430-02-6
  • Michael Fibiger: Noctuinae III. – Noctuidae Europaeae, Volume 3. Entomological Press, Sorø, 1997, ISBN 87-89430-05-0
  • H. Hacker, Lázló Ronkay, Márton Hreblay: Hadeninae I.- Noctuidae Europaeae, Volume 4., Sorø, 2002, ISBN 87-89430-07-7
  • Lázló Ronkay, José Luis Yela, Márton Hreblay: Hadeninae II. – Noctuidae Europaeae, Volume 5., Sorø, 2001, ISBN 87-89430-06-9
  • Gábor Ronkay, Lázló Ronkay: Cuculliinae I. – Noctuidae Europaeae, Volume 6., Sorø, 1994, ISBN 87-89430-03-4
  • Gábor Ronkay, Lázló Ronkay: Cuculliinae II. – Noctuidae Europaeae, Volume 7., Sorø, 1995, ISBN 87-89430-04-2
  • Alberto Zilli, Lázló Ronkay, Michael Fibiger: Apameini. – Noctuidae Europaeae, Volume 8., Sorø, 2005, ISBN 87-89430-09-3
  • Barry Goater, Lázló Ronkay, Michael Fibiger: Catocalinae & Plusiinae. – Noctuidae Europaeae, Volume 10., Sorø, 2003, ISBN 87-89430-08-5
  • J. Donald Lafontaine und Michel Fibiger: Revised higher classification of the Noctuoidea (Lepidoptera). Canadian Entomologist, 138: 610-635, Ottawa 2006 ISSN 0008-347x

Weblinks

 Commons: Eulenfalter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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