Eulersche Formel

Eulersche Formel
Veranschaulichung in der komplexen Zahlenebene
Dreidimensionale Darstellung der Eulerschen Formel

Die eulersche Formel bzw. Eulerformel, in manchen Quellen auch eulersche Relation genannt, bezeichnet die Gleichung:

\mathrm{e}^{\mathrm{i}\,\varphi} = \cos\left(\varphi \right) + \mathrm{i}\,\sin\left( \varphi\right) ,

Die eulersche Formel bildet das Bindeglied zwischen den trigonometrischen Funktionen und den komplexen Zahlen. Die Konstante \ \mathrm{e} bezeichnet dabei die eulersche Zahl (Basis des natürlichen Logarithmus) und die Einheit \ \mathrm{i} die imaginäre Einheit der komplexen Zahlen.

Im Fall, dass φ = π wird, vereinfacht sich die obengenannte Formel zu der Gleichung

\;\mathrm{e}^{\mathrm{i}\,\pi} = -1,

die man auch als eulersche Identität (siehe unten) bezeichnet.

Die eulersche Formel erschien erstmals 1748 in Leonhard Eulers zweibändiger Introductio in analysin infinitorum, zunächst unter der Prämisse, dass der Winkel φ dabei eine reelle Zahl ist. Diese Einschränkung jedoch erwies sich bald als überflüssig: Die eulersche Formel gilt gleichermaßen für alle reellen wie komplexen Argumente \varphi\in\Bbb C:

\mathrm{e}^\varphi = \mathrm{e}^{x+\mathrm{i}y} = \mathrm{e}^x \cdot \mathrm{e}^{\mathrm{i}y} = \mathrm{e}^x \cdot \left(\cos\left( y \right) + \mathrm{i}\,\sin\left( y \right)\right) .

Inhaltsverzeichnis

Herleitung mittels Reihenentwicklung

Die eulersche Formel lässt sich auf einfache Weise aus den taylorschen Reihenentwicklungen der Funktionen \ \mathrm{e}^x, \ \sin x und \ \cos x herleiten:

\begin{align}
\mathrm{e}^{\mathrm{i} z} &= 1 + \mathrm{i} z + {(\mathrm{i} z)^2 \over 2!} + {(\mathrm{i} z)^3 \over 3!} + {(\mathrm{i} z)^4 \over 4!} + \dots\\
       &= \left(1 - {z^2 \over 2!} + {z^4 \over 4!} - \dots \right) + \mathrm{i}\cdot \left(z - {z^3 \over 3!} + {z^5 \over 5!} - \dots \right)\\
       &= \cos (z) + \mathrm{i}\cdot \sin (z)
\end{align}

Eulersche Identität

Für \varphi = \pi ergibt sich aus der eulerschen Formel die sogenannte eulersche Identität

\begin{matrix} \mathrm{e}^{\mathrm{i}\,\pi} = \end{matrix}-1\;,

die einen einfachen Zusammenhang zwischen vier der bedeutendsten mathematischen Konstanten herstellt: der eulerschen Zahl \ \mathrm{e}, der Kreiszahl \ \mathrm{\pi}, der imaginären Einheit \ \mathrm{i} sowie der reellen Einheit −1. Die folgende umgeformte Variante der Gleichung wird bisweilen – obwohl komplizierter – bevorzugt, da in ihr mit der Null noch eine weitere mathematisch bedeutende Konstante hinzukommt:

\begin{matrix}\mathrm{e}^{\mathrm{i}\,\pi}\end{matrix}+1=0\;.
Animation der Approximation von e durch den Ausdruck \lim_{n \rightarrow \infty}(1 + \mathrm{i}\pi/n)^n.

Erweitert man die Definition des Zahlenwerts von \ \mathrm{e}^z als Grenzwert \lim_{n \rightarrow \infty}(1 + z/n)^n auf die komplexe Zahlenebene mit z\in\Bbb C, sollte sich dementsprechend für \ z = \mathrm{i}\pi der Wert −1 ergeben. Die nebenstehende Animation zeigt die zu einem Streckenzug in der komplexen Ebene verbundenen Zwischenergebnisse der Berechnung des Ausdrucks \ (1+\mathrm{i}\pi/n)^n: Sie veranschaulicht, dass dieser Streckenzug für wachsendes n die Form eines Kreisbogens annimmt, dessen linkes Ende sich tatsächlich der Zahl −1 auf der reellen Achse nähert.

Verwandtschaft zwischen Exponential- und Winkelfunktionen

Da es mit Hilfe der Eulerformel möglich ist, trigonometrische Funktionen als Linearkombinationen imaginärer Exponentialfunktionen darzustellen, ist sie ein zentrales Bindeglied zwischen Exponentialfunktionen und Trigonometrie:

\sin x = {\mathrm{e}^{\mathrm{i}x} - \mathrm{e}^{-\mathrm{i}x} \over 2\mathrm{i}}, \quad \cos x = {\mathrm{e}^{\mathrm{i}x} + \mathrm{e}^{-\mathrm{i}x} \over 2}.

Im Endeffekt ermöglicht die Eulerformel damit eine völlig neue Sicht auf die trigonometrischen Funktionen, da die in der herkömmlichen Trigonometrie allein mit reellen Argumenten verwendeten Funktionen Sinus und Kosinus nun auch noch eine Bedeutung in der komplexen Analysis erhalten. Mehr noch: Versieht man sie mit imaginären Argumenten, wird dadurch eine Brücke zu den Hyperbelfunktionen geschlagen:

 \sin(\mathrm{i}y) =  {\mathrm{e}^{-y} - \mathrm{e}^{y} \over 2\mathrm{i}} = \mathrm{i} {\mathrm{e}^{-y} - \mathrm{e}^{y} \over 2(-1)} = \mathrm{i} \frac{1}{2} \left( \mathrm{e}^y - \mathrm{e}^{-y} \right) = \mathrm{i} \sinh(y) ,
 \cos(\mathrm{i}y) =  {\mathrm{e}^{-y} + \mathrm{e}^{y} \over 2} = \frac{1}{2} \left( \mathrm{e}^y + \mathrm{e}^{-y} \right) = \cosh(y) .

Wie zu sehen, entsprechen die beiden erhaltenen Funktionen genau den Definitionen des Sinus Hyperbolicus und Kosinus Hyperbolicus.

Weitere Anwendungen

Zeigerdarstellung einer Wechselspannung in der komplexen Ebene

Ausgehend davon findet die eulersche Formel auch zur Lösung zahlreicher anderer Probleme Anwendung, etwa bei der Berechnung der Potenz \ \mathrm{i}^\mathrm{i} der imaginären Einheit mit sich selbst. Obwohl das erhaltene Resultat mehrdeutig ist, bleiben alle Einzellösungen im reellen Bereich mit einem Hauptwert von \mathrm{i}^\mathrm{i}=\mathrm{e}^{-\pi/2}=0{,}207\,879\dots

Eine praktisch wichtige Anwendung der eulerschen Formel findet sich im Bereich der Wechselstromtechnik, namentlich bei der Untersuchung und Berechnung von Wechselstromkreisen mit Hilfe komplexer Zahlen.

Literatur


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