Evangelisches Hilfswerk

Evangelisches Hilfswerk

Das Evangelische Hilfswerk war nach dem Zweiten Weltkrieg eine Hilfsorganisation der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Ziel war es angesichts der Not im Nachkriegsdeutschland, jede Gemeinde und jedes Gemeindeglied zur tätigen Mithilfe anzuregen. Dazu entstanden in den Landeskirchen Hauptbüros sowie das Zentralbüro in Stuttgart. Das Hilfswerk wendete sich dem Flüchtlingsproblem, dem Bau von Wohnungen (Siedlungswerk), dem Aufbau von Alten- und Lehrlingsheimen sowie von Notkirchen zu.

Das Hilfswerk wurde 1945 auf der Kirchenkonferenz von Treysa gegründet. Initiator und erster Leiter von 1945 bis 1951 war Eugen Gerstenmaier, der außerdem zum Vorsitzenden des Evangelischen Siedlungswerks ernannt wurde. Ein bekanntes Projekt war der Aufbau der Stadt Espelkamp als Siedlung für Vertriebene. 1957 ging das Hilfswerk im Diakonischen Werk der EKD auf.

Von 1945 bis 1949 arbeiteten etwa 55.000 Menschen, davon 5.000 hauptamtlich, für das Hilfswerk. Seine größte Wirkung erreichte das Hilfswerk als Verteilungsorganisation von Auslandsspenden. Sie verteilten 62 Millionen kg Lebensmittel und Kleidung. In der britischen Besatzungszone war das Hilfswerk zu 50 % für die Verteilung der Care-Pakete zuständig, in der amerikanischen Zone zu 34 %. Mit Kinder- und Schulspeisungen sowie Jugendlagern kümmerte sich das Hilfswerk um Jugendliche: 1947 nahmen 168.500 Teilnehmer an 3.450 Jugendlagern teil. Es gab einen Suchdienst, der Familienzusammenführungen ermöglichen sollte. Ende 1947 umfasste seine Zentralkartei 10 Millionen Personendaten.

Das Hilfswerk setzte sich nach dem Krieg auch für die Internierten ein. Dazu gehörte die Prozesskostenhilfe für die Anklagen vor den Spruchkammern. Viele ehemalige Internierte wurden dann selbst im Hilfswerk aktiv. Im Januar 1948 setzte es sich in einer Denkschrift auch für die Internierten ein, die als mutmaßliche Kriegsverbrecher in die Länder der Kriegsgegner ausgeliefert werden sollten.[1]

Das Evangelische Hilfswerk legte unter der Leitung von Otto Bartning zwischen 1946 und 1953 zwei Serienkirchenprogramme auf. Zunächst wurden 43 Notkirchen errichtet, in einem Folgeprogramm dann weitere kleinere Kirchbauten in drei Typen, Gemeindezentren, Diasporakapellen und Häuser der Kirche.[2][3]

Einzelnachweise

  1. Heiner Wember: Umerziehung im Lager. Internierung und Bestrafung von Nationalsozialisten in der britischen Besatzungszone Deutschlands. Essen 1991, ISBN 3-88474-152-7 (Düsseldorfer Schriften zur Neueren Landesgeschichte Nordrhein-Westfalens; Band 30), S.221f., S.271
  2. Infoblatt der Otto Bartning-Arbeitsgemeinschaft Kirchenbau (OBAK)
  3. Immo Wittig: Otto Bartning. Architekt der Himmelfahrtkirche Berlin-Wedding. In: Festschrift „50 Jahre Himmelfahrtkirche Mai 2006“, Hrsg. von der Evangelischen Kirchengemeinde am Humboldthain. S. 21

Literatur

  • Johannes Michael Wischnath: Kirche in Aktion. Das Evangelische Hilfswerk 1945–1957 und sein Verhältnis zu Kirche und Innerer Mission. Göttingen 1986.
  • Kurt Nowak: Geschichte des Christentums in Deutschland. München 1995, ISBN 3-406-38991-0.
  • Martina Skorvan: Das Hilfswerk der Evangelischen Kirche und seine Flüchtlingsarbeit in Hessen 1945-1955. Historische Kommission für Nassau, 1995, ISBN 3-922244-99-8.

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