- F-Schlepp
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Beim Flugzeugschlepp oder kurz F-Schlepp hängt man ein Segelflugzeug mittels eines 30 bis 60 Meter langen Schleppseiles an ein ausreichend starkes Schleppflugzeug an. Neben einem normalen Motorflugzeug dienen auch Ultraleichtflugzeuge oder ausreichend starke Motorsegler als Schleppflugzeuge. Der Schlepppilot bringt das Segelflugzeug nach Möglichkeit in einen Aufwind.
Inhaltsverzeichnis
Prinzip
Vorflugcheck: Meist klinkt ein Helfer das Schleppseil mit dem dafür vorgesehenen Metallring am Seilende in die Motorflugzeugschleppkupplung ein, die sich meist am Ende oder unter dem Rumpf des Motorflugzeuges befindet. Bei manchen Schleppflugzeugen kann das Seil auch eingezogen werden und wird dann vor dem Start durch den Helfer ausgezogen. Sobald der Segelflugzeugführer seine Startbereitschaft kenntlich gemacht hat ('Daumen nach oben'), klinkt der Helfer das Schleppseil auch am Segelflugzeug ein. Es ist darauf zu achten, dass aus Stabilitätsgründen das Schleppseil nirgends verknotet ist. Lediglich am Übergang vom Seil zu den beiden einklinkbaren Metallringen ist mit einer speziellen Technik ein strukturschonender Knoten möglich, eine andere Verbindemöglichkeit ist das Verflechten des Seils mit dem Metallring (Spleiß), was auch ohne nennenswerten Zugfestigkeitsverlust möglich ist.
Startverfahren: Ein Helfer hält, nach dem er das Seil an beiden Maschinen wie oben beschrieben eingeklinkt hat, die Flächen des Segelflugzeuges waagerecht. Gibt der Flugzeugführer des Segelflugzeugs über Funk die Bereitschaft zum Start durch „Seil straffen!“, bestätigt dies der Motorflugpilot im Schleppflugzeug z.B. durch „ziehe Seil straff“. Dabei rollt die Schleppmaschine langsam vor. Üblicherweise folgt dann vom Segelflieger das Funkkomando „Seil straff, Start!“ worauf der Schleppilot das Schleppflugzeug zum Start beschleunigt. Das Segelflugzeug hebt normalerweise zuerst ab und signalisiert das dem Schleppiloten über Funk durch das Kommando „Frei“. Vereinzelt werden die Kommandos auch noch durch Handzeichen signalisiert. Dabei signalisiert der Helfer an der Fläche mit Handzeichen, wann das Seil gestrafft ist. Beim Beschleunigen auf der Piste läuft der Helfer solange mit, bis das Segelflugzeug auch ohne seine Hilfe die Flächen horizontal halten kann, also genügend Winddruck auf den Querrudern hat. Wichtig für den Piloten im Motorflugzeug ist, das schlaffe Schleppseil nicht mit voller Fahrt straff zu ziehen, da die Elastizität des Schleppseiles bewirken würde, dass sich das Schleppseil ruckartig anspannt und entspannt und so Lastspitzen in die Flugzeugstruktur einleiten würde oder die Sollbruchstelle reißt.
Beim Start hebt das Segelflugzeug zuerst ab, da es aufgrund seiner Aerodynamik bei geringeren Geschwindigkeiten früher flugfähig ist als die Schleppmaschine. Solange die Schleppmaschine noch nicht abgehoben hat, gilt es, das Segelflugzeug flach am Boden zu halten (ca 30-50 cm), um das Heck des Schleppflugzeuges mit dem Schleppseil nicht hochzuziehen und somit das Abheben des Schleppflugzeuges zu verhindern oder sogar einen Unfall herbeizuführen. Sind beide Flugzeuge bei ca. 100 km/h abgehoben, hat der Segelflugpilot dem Schleppflugzeug exakt zu folgen. Im Gradeausflug fliegt der Segelflugpilot so, dass das Schleppflugzeug sich aus seiner Sicht auf der Horizontlinie befindet bzw. bei Tiefdeckern Flächen und Höhenruder der Schleppmaschine eine Linie ergeben. Im Kurvenflug steuert der Segelflugpilot etwas auf das Kurvenäußere Querruder der Schleppmaschine.
In der Ausbildung wird der sogenannte Kastenflug trainiert. Dabei soll der Schüler lernen, seinen Flug im Schleppzug zu kontrollieren. Der Schüler soll zunächst seitlich zum Schleppflugzeug fliegen, dann absinken, unter dem Propellerstrahl des Schleppflugzeuges zur anderen Seite fliegen und wieder in Normalfluglage steuern. Der Flugweg sollte dabei ein Rechteck hinter der Schleppmaschine beschreiben.
Startabbruch: Auf Grund der zahlreichen Faktoren des Systems Schleppflugzeug/geschlepptes Flugzeug ist eine Startstreckenberechnung (auch wegen meist nicht vorhandener erflogener Leistungsdaten) schwierig. Ein übliches Verfahren ist, aus Sicherheitsgründen auszuklinken, wenn das Schleppgespann nach 70% der zur Verfügung stehenden Pistenlänge noch nicht in der Luft ist.
Sobald der Segelflugzeugführer das Schleppseil ausgeklinkt hat, dreht das Segelflugzeug nach rechts und das Motorflugzeug nach links, um Zusammenstöße zu vermeiden. Nachdem sich der Schlepppilot davon überzeugt hat, dass das Segelflugzeug tatsächlich nicht mehr am Seil hängt (z.B. durch einen Funkspruch des Segelpiloten oder durch Kontrolle per Rückspiegel), fliegt er das Flugzeug in steilem Sinkflug zm Flugplatz zurück, um die Flugzeit kurz und so die Schleppkosten niedrig zu halten. Dabei ist bei luftgekühlten Flugmotoren die Temperatur intensiv zu überwachen. Da im Segelflugschlepp eine Sinkphase unmittelbar auf eine Vollgasphase mit niedriger Luftgeschwindigkeit folgt (für einen „normalen“ Flug ungewöhnlich), kann dies ein Shock Cooling mit kostspieligem Motorschaden zur Folge haben.
Sofern der betroffene Segelflugverein/die betr. Segelflugschule nicht einem anderen Verfahren zugestimmt hat, wird das Schleppseil, welches nach dem Ausklinken nur noch am Motorflieger hängt, kurz vor der Schwelle ausgeklinkt. Bei nicht ausreichender Landebahnlänge dreht der Motorpilot noch eine Platzrunde ohne Seil und landet danach konventionell. Bei guten STOL-Eigenschaften (short take off and landing) des Schleppers ist auch eine Landung sofort nach Seilabwurf denkbar. Andere Schleppflugzeuge sind mit einer Seileinzugsvorrichtung ausgestattet, mit der das Schleppseil nach dem Ausklinken in den Rumpf eingezogen wird, so dass sich ein Seilabwurf erübrigt. Ist die Ausklink- oder Seileinholfunktion beim Schleppflugzeug defekt, so muss es mit dem noch eingeklinkten Seil landen. Dabei muss der Schlepppilot darauf achten, dass er mit dem Schleppseil keine am Boden stehenden Flugzeuge bzw. Fahrzeuge beschädigt oder Menschen verletzt.
Flugzeugschlepp aus Sicht des Segelfliegers: die bereits im obigen Absatz erwähnte Elastizität des Schleppseils kann - insbesondere bei ungeübten Segelpiloten - dazu führen, dass das Segelflugzeug wie an einem Bungeeseil fliegt und so periodisch das vorausfliegende Flugzeug durch Seilstraffen bremst, wonach das Seil wieder in der Luft durchhängt, usw.. Um das zu vermeiden wird in der Einweisungsphase für den Segelflugpiloten der Kastenschlepp geübt.
Flugfehler beim Flugzeugschlepp können vor allem für das Motorflugzeug gefährlich werden. Übersteigt das Segelflugzeug die Schleppmaschine, zieht es das Heck des Motorflugzeugs in die Höhe und zwingt ihm so einen Sinkflug auf. Der Abtrieb des Motorflugzeug-Höhenleitwerks kann den Auftrieb der sehr viel größeren Segelflugzeug-Tragflächen nicht überwinden. In geringer Flughöhe kann dann nur ein sofortiges Ausklinken des Schleppseils einen Unfall verhindern. Sinkt das Segelflugzeug unterhalb der Schleppmaschine, kann es in den stark turbulenten Propellerwind des vorausfliegenden Motorflugzeugs geraten. Dies sollte ebenso vermieden werden, da Steuerbewegungen des Segelfluges - gerade bei sehr kurzen Schleppseilen - diese Kräfte nicht sofort ausgleichen können und der Drall des Luftstromes erhöhtes Gegenhalten um die Längsachse erfordert.
Der schleppende Motorpilot hat beim Schlepp insbesondere die Geschwindigkeit, die Tempoänderung und die Rollrate/Gierrate seines Motorflugzeuges zu überwachen. Eine zu niedrige Geschwindigkeit kann ihn nahe an den Stall bringen, eine zu hohe Geschwindigkeit kann zu gefährlichem Flattern am Segler führen, eine schnelle Tempoabnahme des Motorflugzeuges kann ein Notausklinken des hinterherfliegenden Segelflugzeugs nötig machen, da dieses durch seine vergleichsweise hervorragende Aerodynamik „aufläuft“ und nicht über ausreichend wirksame Bremseinrichtungen verfügt; durch sehr schnelles Rolles/Gieren des Motorfliegers kann der Segelflugpilot evtl. dem Kurven des vorausfliegenden Schleppers nicht mehr folgen, insbesondere Segelflug-Anfänger sind hier überfordert.
Selten folgen Schlepppiloten festgelegten F-Schlepp-Routen (auch Volten oder F-Schlepp-Platzrunden genannt) sondern fliegen bei jedem Schlepp eine etwas andere Strecke in Richtung bester Thermik, um den Lärm für die Flugplatzanwohner am Boden - insbesondere an thermisch guten Tagen, an denen viel geflogen wird - bestmöglich zu verteilen.
Es können nicht nur Segelflugzeuge, sondern auch Lasten wie ein Werbeschleppbanner oder ein Ziel für Schießübungen geschleppt werden.
Doppelschlepp
Eine Besonderheit ist der Doppelschlepp: Zwei Segelflugzeuge hinter einem (Motor-) Flugzeug (kein Motorsegler oder Ultraleichtflugzeug erlaubt). Dabei werden die Segelflugzeuge an zwei verschieden langen Schleppseilen geschleppt und staffeln sich während des Schlepps auch seitlich und in der Höhe.
Beim Doppelschlepp hebt das vordere Flugzeug zuerst ab. Es steigt leicht seitlich zum Schleppflugzeug entgegen der Windrichtung (also mit dem Seitenwind). Das hintere Flugzeug startet und fliegt seitlich versetzt in Luv-Richtung (in den Seitenwind). Ein Doppelschlepp stellt für die Segelflugpiloten eine hohe Arbeitsbelastung im Cockpit dar. Deshalb ist eine Erfahrung von mindestens 50 Flugzeugschleppstarts Voraussetzung für einen Doppelschlepp.
Fangschlepp
Relativ gebräuchlich ist zur Zeit auch noch der Fangschlepp, bei dem der zu schleppende Gegenstand (Schleppbanner oder früher sogar auch Lastensegler) von einem fliegenden Flugzeug aufgenommen wird. Hierzu wird das am Boden liegende Schleppseil in einer runden Schlaufe ausgelegt und locker zwischen zwei Masten gehängt, während das Schleppflugzeug nur über ein kurzes Seil mit einem Haken zur Aufnahme des am Boden liegenden Schleppseils verfügt.
Troika-Schlepp
Es gibt darüber hinaus auch noch die Varianten mit mehreren Flugzeugen, die im Zweiten Weltkrieg für Lastensegler angewendet wurde. Dabei zogen drei Messerschmitt Bf 110 eine Messerschmitt Me 321. Dieses Schleppverfahren nannte man Troika-Schlepp. Da es sehr unfallträchtig war, wurde es bald aufgegeben.
In der Sowjetunion wurden in den 1930er Jahren propagandawirksame Schlepps mit bis zu neun Segelflugzeugen durchgeführt. Als Schleppflugzeug diente ein zweimotoriger TB-1-Bomber.
Deichselschlepp
Beim Deichselschlepp wird an dem zu schleppenden Flugzeug eine Deichsel des Schleppflugzeuges eingehakt, ähnlich wie ein LKW-Anhänger an seinen LKW.
Huckepackschlepp
Beim Huckepack- oder Mistelschlepp wird das zu schleppende Flugzeug mit einer mechanischen Vorrichtung an dem Schleppflugzeug befestigt. Der erste Start eines Huckepackgespanns fand am 17. Mai 1917 in England statt. Dabei wurde von einer Porte I Baby eine Bristol Scout C in die Luft geschleppt und erfolgreich getrennt. Im Zweiten Weltkrieg entstanden so nach erfolgreichen Versuchen bei der DFS die Mistel-Gespanne. Die NASA benutzte diese Methode um Ihre Space Shuttle mit einer umgebauten Boeing 747 zu schleppen. Die UdSSR nutzte für Ihre Buran-Fähre ebenfalls dieses Verfahren.
Weitere Methoden sind Starrschlepp mit Kugelgelenkkupplung, Tragschlepp, Tragstart und Wolga-Startverfahren.
Siehe auch
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