FRIATEC

FRIATEC
FRIATEC AG
Friatec Logo.svg
Rechtsform Aktiengesellschaft
ISIN DE0005788509
Gründung 1863
Sitz Mannheim, Deutschland

Leitung

Mitarbeiter 1093 (2008)
Umsatz 179,8 Mio. EUR (2008)[1]
Produkte Kunststoffprodukte, Keramikprodukte und Pumpen
Website www.friatec.de

Die FRIATEC Aktiengesellschaft ist ein Unternehmen mit Sitz in Mannheim. Es stellt Produkte aus korrosionsbeständigen und verschleißfesten Werkstoffen wie Kunststoff und Keramik her. 2008 erwirtschafteten etwa 1100 Mitarbeiter ein Umsatz von 180 Millionen Euro. Friatec ist einer der ältesten Industriebetriebe der Rhein-Neckar-Region und war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts führend in der Steinzeug-Branche.

Inhaltsverzeichnis

Konzernstruktur und Produkte

Friatec gehört zur Aliaxis-Gruppe in Brüssel. Das Unternehmen gliedert sich in die drei Unternehmensbereiche Kunststofferzeugnisse, Maschinenbau und Technische Keramik.

Zu den Kunststofferzeugnissen zählen Fittings, Abwassersysteme und komplette Rohrleitungssysteme für Hausinstallationen. Zum Unternehmensbereich Maschinenbau gehört die Friatec-Rheinhütte, Pumpenhersteller in Wiesbaden. Der Unternehmensbereich Technische Keramik stellt oxidkeramische Erzeugnisse und Laborprodukte wie Tischplatten, Becken, Apparate und Abluftfilter her.

Geschichte

Friedrichsfeld 1900. Links das Fabrikgelände

1863 gründete Otto Reinhard bei Friedrichsfeld eine Ziegelei. Die Standortwahl wurde geleitet von dem Tonvorkommen unter den Sanddünen, der Verfügbarkeit von billigen Arbeitskräften in den umliegenden Dörfern und der hervorragenden Verkehrsanbindung, denn Friedrichsfeld war seit 1846 Kreuzungspunkt der Badischen Hauptbahn mit der Main-Neckar-Eisenbahn. Nur vier Jahre später wurde die Ziegelei wieder liquidiert, vermutlich wegen der konkurrierenden, näher an Mannheim liegenden Betriebe. Ebenfalls 1863 übernahm Julius Friedrich Espenschied eine Zementfabrik in Mannheim-Jungbusch. Während des Gründerzeit-Booms kam es in Mannheim zu einer Verknappung der Arbeitskräfte, so dass Espenschied 1873 das brachliegende Gelände in Friedrichsfeld übernahm und eine Filiale eröffnete, in der Röhren, Tröge und Wannen aus Zement und Ton hergestellt wurden. 1878 verselbständigte Espenschied die Tochter als Portland-Cement- und Thonwarenfabrik Friedrichsfeld.

Die Zementproduktion verlor rasch an Bedeutung und die Fabrik konzentrierte sich auf die Herstellung von Tongutröhren. Gemeinsam mit den Tonfabriken in Frechen und Bitterfeld gelang es, die englische Monopolstellung zu brechen. Zur Sicherstellung der Rohstoffzufuhr wurden bis 1890 Tongrubenfelder in Waldhilsbach, Unterscharzach, Aglasterhausen, Eberbach und Darsberg erworben. Gegen Ende der 1880er Jahre begann man mit der Produktion von chemischem Steinzeug für die aufstrebende chemische Industrie, wie die BASF und Hoechst. 1886 wurden 200 Arbeiter beschäftigt.

Jahr Unternehmensname
1878 J.F. Espenschied Portland-Cement-
und Thonwarenfabrik Friedrichsfeld
1890 Badische Thonröhren- und Steinzeugwarenfabrik AG,
vormals J.F. Espenschied
1894 Deutsche Steinzeugwarenfabrik für Canalisation
und Chemische Industrie
1961 Deutsche Steinzeug- und Kunststoffwarenfabrik für
Kanalisation und Chemische Industrie Mannheim-Friedrichsfeld
1972 Friedrichsfeld GmbH Steinzeug- und Kunststoffwerke
1985 Friedrichsfeld GmbH Keramik- und Kunststoffwerke
1993 FRIATEC AG Keramik- und Kunststoffwerke
1997 FRIATEC Aktiengesellschaft

1889 geriet das Unternehmen in Liquiditätsschwierigkeiten. Das Bankhaus Bonte in Berlin übernahm daraufhin die Aktienmehrheit, beließ aber Espenschied als Direktor. Als es zu Differenzen über die Finanzierung des Aktientauschs kam wurde er aber 1892 entlassen und durch Otto Hoffmann ersetzt. Hoffmann, ein ausgebildeter Techniker und Kaufmann, prägte die Steinzeug bis zum ersten Weltkrieg. Er stellte die Steinzeugfabrikation auf eine neue wissenschaftliche Grundlage und stand im ständigen Austausch mit mehreren Technischen Hochschulen. Produkte aus Friedrichsfeld erhielten auf den Weltausstellungen in Antwerpen, Paris und Turin sowie mehreren internationalen Ausstellungen Goldmedaillen und Ehrendiplome. Bis 1913 lieferte das Unternehmen Kanalisationsanlagen für 180 deutsche Städte, darunter Berlin, München und Hannover. Es war Marktführer in Deutschland und exportierte in fast alle Länder der Welt. 1914 wurden 770 Arbeiter beschäftigt.

Nur kurz unterbrochen wurde der Aufstieg durch einen großen zweimonatigen Streik 1912. Die aufkommenden Gewerkschaften hatten die Deutsche Steinzeugwarenfabrik zum „Hauptkampfplatz“ gewählt, um exemplarisch die Forderungen nach mehr Lohn, Einführung von bezahltem Jahresurlaub und die Anerkennung der Gewerkschaften als Verhandlungspartner zu stellen. Nach einem hart geführten Arbeitskampf konnten die Arbeiter ihre Forderungen im Wesentlichen durchsetzen. Jäher waren die Umwälzungen des Ersten Weltkriegs. Die Nachfrage nach Kanalisationsprodukten brach ein, dafür stieg der Anteil des chemischen Steinzeugs am Gesamtumsatz auf 70 Prozent, das insbesondere für die Rüstungsindustrie geliefert wurde. Das Verhältnis drehte sich nach dem Krieg wieder um und 1919 wurde die 48-Stunden-Woche eingeführt. 1926 übernahm die Cremergruppe das Unternehmen.

Verwaltungsgebäude aus dem Jahr 1899
Casino von 1910

1928 wurde ein Höchststand von 915 Beschäftigten erreicht, bis die Weltwirtschaftskrise die Konjunktur abwürgte. Bis 1932 hatte sich der Umsatz geviertelt und die Zahl der Arbeiter sank auf 238. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Gesellschaft gleichgeschaltet. Im Zweiten Weltkrieg wurden viele Arbeiter in die Wehrmacht eingezogen. Im Werk mussten 130 Zwangsarbeiter arbeiten. Trotz der zahlreichen Fliegerangriffe auf Mannheim blieb das weit im Osten gelegene Fabrikgelände verschont und wurde erst in den letzten Kriegstagen durch Artilleriebeschuss beschädigt.

Im Herbst 1945 konnte die Produktion wiederaufgenommen und zwei Jahre später erstmals wieder ins Ausland exportiert werden. 1958 arbeiteten 1000 Beschäftigte und der Marktanteil in Deutschland lag bei zwölf Prozent. Gleichzeitig bahnte sich ein Strukturwandel an. Der Bedarf der boomenden Bauindustrie konnte von der deutschen Steinzeugbranche nicht gedeckt werden. Erste Marktanteile gingen an die schneller und flexibler herzustellenden Zement- und später auch Kunststoffrohre verloren. Auch in Friedrichsfeld begann man 1955 mit der Verarbeitung von Kunststoffen.

Ein Großbrand an Heiligabend 1961 vernichtete Teile des Werkes. Es wurde mit neuen Produktionsanlagen wiederaufgebaut, allerdings geriet man dann in die erste Nachkriegsdepression. Bis 1968 wurden einige Altanlagen und das Zweigwerk in Muggensturm stillgelegt. Zugleich wurde die Gesellschaft kritischer für ökologische Belange. Die Kohlenstoffverbrennung im Unterzug zur Verdichtung des Steinzeugs sorgte jahrzehntelang für mehrstündigen rußigen Qualmablass. Die Kohlebefeuerung wurde daher von Kohle auf Öl und später Gas umgestellt und die Kammer- durch Tunnelöfen ersetzt, so dass die Fabrik 1971 rauch- und rußfrei wurde. Die neun Schornsteine wurden bis auf einen abgetragen.

1979 hatte das Unternehmen zwar einen Höchststand von 1297 Beschäftigten, befand sich aber bereits am Beginn einer existenzbedrohenden Krise. Die Steinzeugröhrenproduktion verlor weiter an Bedeutung und wurde schließlich 1982 ganz eingestellt. Neue Werkstoffe wie Oxidkeramik, Siliziumguss oder PVC gewannen an Bedeutung, konnten aber die Verluste nicht ausgleichen. In den folgenden Jahren wurde die Produktpalette bereinigt und gleichzeitig in neue Werkstoffe investiert. Bereits 1977 war von der Degussa die Degussit-Abteilung übernommen worden. Sie verstärkte die eigene Oxidkeramik-Abteilung Frialit. Neuaufgebaut wurde die Medizin-Technik-Sparte. Zahlreiche alte Gebäude und Hallen wurden 1984/85 abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Der Turnaround gelang, allerdings bei einer um 40 Prozent reduzierten Belegschaft. In den Jahren 1985 bis 1988 lag die Rendite immer über 10 Prozent. Das Eigenkapital konnte von 10 auf 22 Prozent gesteigert werden. Die Investitionen stiegen von 1,5 Mio. DM im Jahr 1982 auf 13 Mio. DM im Jahr 1988.

In der Folge stieg auch wieder die Zahl der Arbeitnehmer bis auf über 2500 und aus der Einzelgesellschaft entstand eine Gruppe mit 42 Gesellschaften. 1990 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und drei Jahre später in FRIATEC umfirmiert. 1995 erfolgte der Börsengang. Zwei Jahre später verkaufte die Cremergruppe ihre Anteile. Hauptaktionäre wurden die Flowtex-Gründer Manfred Schmider und Klaus Kleiser. Nur kurze Zeit später stießen sie ihre Anteile wieder ab. Nach mehreren Eigentümerwechseln und dem Verkauf der Medizin-Sparte Friadent 1999 gehört FRIATEC seit 2003 zur belgischen Aliaxis-Gruppe. Die Obergesellschaft übernahm die Auslandsgesellschaften. 2005 wurden die letzten Kleinaktionäre in einem Squeeze-out abgefunden und Friatec zog sich von der Börse zurück. Zum 1. November 2007 verkaufte die FRIATEC AG ihren Geschäftsbereich Armaturen in St. Ingbert an die Th. Jansen-Armaturen GmbH.[2]

Einzelnachweise

  1. Mannheimer Morgen, 18. Juni 2009
  2. Mannheimer Morgen, 17. November 2007

Literatur

  • Hansjörg Probst: 130 Jahre Firmengeschichte: Von der Steinzeug zur FRIATEC. Mannheim 1993, ISBN 3-87804-228-0
  • Friedrich Reutner: Turn around: Strategie einer erfolgreichen Umstrukturierung. Landsberg am Lech 1991, ISBN 3-478-31543-3

Weblinks


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