Feuersetzen

Feuersetzen
Darstellung des Feuersetzens in Georgius Agricolas De Re Metallica (1556)

Das Feuersetzen ist vermutlich die älteste Technik, die im Bergbau zum Abbau von sehr festem Gestein angewendet wurde. Die Technik wurde in vielen Bergbauregionen vom Altertum und bis Anfang des neunzehnten Jahrhunderts benutzt, um Gestein aufzulockern oder zu sprengen, damit das Mineral anschließend mittels Schlägel und Eisen hereingewonnen werden konnte.[1] Dabei wurde das Gestein mittels Feuer erhitzt und teilweise anschließend mit Flüssigkeit abgekühlt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliches

Mit Feuersetzen gebauter Stollen in Norwegen (Blaufarbenwerk Modum)

Die Anfänge des Feuersetzens reichen bis in die Steinzeit zurück.

Spuren im Feuersteinbergwerk Mur-de-Barrez in Frankreich deuten auf Feuersetzen zum Hereingewinnen großer Feuersteinstücke. In der Bibel wird die Methode an einigen Stellen (z.B. Hi 28 EU, und Jer 23,29 EU) genannt.[2] Auch die Römer benutzten diese Methode der Gebirgsbearbeitung (Livius Lib. XXI C. 37.).

Gemäß einer Beschreibung von Diodorus Siculus war das Feuersetzen auch in den Goldbergwerken des alten Ägyptens üblich.

Die Methode

Balthasar Rösler: Feuersetzen im Zinnbergbau (1700)

Damit ein Abbauort mittels Feuersetzens bearbeitet werden konnte, wurde vor Ort Schichtholz oder Stoßholz aufgeschichtet und angezündet. Dieser Vorgang musste teilweise mehrmals wiederholt werden. Durch das Erhitzen dehnt sich das Gestein und es entstehen im Gestein thermische Spannungen. Dadurch wird es mürbe und rissig. Teilweise werden die erhitzten Stellen mittels Wasser oder Essig bespritzt, um den Effekt durch starke Abkühlung zu verstärken (Thermoschock).[3] Nach dem Abkühlen können dann die aufgelockerten Steinplatten mittels Keilhaue oder Schlägel und Eisen abgelöst werden. Gesteinsplatten, die sich an der Firste gelockert haben, werden mittels Brechstangen heruntergebrochen. Nachteilig ist der große Verbrauch an Holz, deshalb wurde diese Methode überwiegend in holzreichen Gegenden angewendet. Aufgrund des niedrigen Holzpreises wurde diese Methode in einigen Bergbauregionen wie z.B. im Harz bevorzugt angewendet, da sie um zwei Drittel billiger war als Bohren und Schießen. In anderen Bergbauregionen wurde das Gestein nach Möglichkeit mittels Sprengarbeit hereingewonnen.[4] Außerdem lassen sich durch diese Methode keine großen Felsstücke ablösen, sondern nur einzelne Schalen.

Voraussetzungen

Das Feuersetzen ist nicht für jede Art von Gestein und nicht für jede Erzart geeignet. Eine Voraussetzung für den Einsatz dieser Methode ist die Festigkeit des Gesteins, denn bei schon stark zerklüftetem Gestein ist das Feuersetzen nicht erforderlich, da hier das Schlägeln ausreichend ist. Besonders geeignet für die Bearbeitung mittels Feuersetzen ist Gestein mit körniger Textur, das sich gut schält, wie z.B. alle schiefrigen Gesteinsarten. Aber auch Granit und Grauwacke lassen sich damit bearbeiten. Gut geeignete Erzarten für das Feuersetzen sind Zinn und Magneteisenstein. Diese Erze werden durch das Feuersetzen geröstet und lassen sich anschließend besser verhütten, da zusätzliches Rösten (um den Arsenikkiesgehalt zu senken) dann nicht mehr nötig ist.

Sehr nasses Gestein lässt sich mittels Feuersetzen schlecht bearbeiten, da das Feuer zunächst den Stein trocknen muss und somit an Wirkung verliert. Erze mit niedrigem Schmelzpunkt waren für das Feuersetzen ebenso ungeeignet wie Lagerstätten, bei denen sich die Erze durch Feuer verflüchtigen. Absolut ungeeignet sind Lagerstätten mit einem hohen Anteil an Quecksilber. Auch arsenikhaltige Silbererze, Bleiglanz und Kupfer- oder Schwefelkies werden durch das Feuersetzen nachteilig beeinflusst.[5]

Feuerungstechniken

Um das Feuersetzen zu optimieren, bediente man sich verschiedenster Techniken. In einigen Gruben wurde getrocknetes Grubenholz, sogenanntes Tenn, zerspalten angezündet. In anderen Gruben wurden aus trocknen Hölzern Späne, die der Bergmann Bart nannte, geschnitten und angezündet. Durch gezielte Manipulation wurde die Flamme auf das feste Gestein gelenkt. Dazu wurde das Holz speziell geschichtet, so dass es rechtwinklig auf dem Stoß steht, auf den das Feuer wirken sollte. Sollten bestimmte Stellen nicht vom Feuer erhitzt werden, wurde das Feuer an diesen Stellen durch Berge abgedeckt. Im Harzer Bergbau wurde als Brennmaterial trockenes harzreiches Holz verwendet, da sich dieses Holz schnell entzündet und lange mit einer kräftigen Flamme brennt. Außerdem wurden Bündel von leichtem Strauch- und Astwerk und harzreiches Stockholz verwendet.

Um einen guten Luftzug zu erhalten, wurden neue Holzscheite entweder auf einen eisernen Rost gelegt, oder es wurde im unteren Teil des Feuers feuchtes Holz abgelegt. Vor Ortstößen (wo der Stollen vorangetrieben werden soll, Ort) wurden kleine Feuer angelegt, die speziell geschichtet wurden.

Feuerungszeiten

Da die Bergleute in den Gruben bedingt durch den Qualm nicht arbeiten konnten, wurde in einigen Bergbauregionen das Feuersetzen nur am Wochenende durchgeführt. Zunächst wurden im Laufe der Woche an den jeweiligen Vortriebsstellen die Hölzer zu Holzschragen aufgeschichtet. Am Samstag wurde damit begonnen, die einzelnen Holzschragen in Brand zu setzen. Dazu wurden zunächst die Feuerungsstellen auf den oberen Sohlen entzündet und anschließend die Feuerungsstellen auf den unteren Sohlen. Diese Reihenfolge war erforderlich, damit die Bergleute nicht im Qualm der unteren Feuer arbeiten mussten. Begonnen wurde Samstags morgens um 4 Uhr, und am Samstagsnachmittag brannten alle Feuer. Außer den Feuerwärtern durfte sich während dieser Zeit niemand anderes in der Grube aufhalten.

Durch die Feuereinwirkung entstand, je nach Lagerstätte, teilweise schwefel- und arsenikhaltiger Rauch. Die Feuer waren in der Regel so angelegt und bemessen, dass die Bergleute Montags wieder zur Frühschicht in die Grube einfahren konnten und die Erze losschlagen konnten. Feuer, die am Montagmorgen noch glimmten, wurden von den Feuerwärtern gelöscht. Kam es vor, dass einige Holzstöße nicht genügend gebrannt hatten, wurden diese erneut angezündet und brannten dann bis zum Dienstag. Dadurch verzögerte sich die Einfahrt der Bergleute um einen Tag.[6]

Gezähe

In einigen Bergbauregionen wurde ein spezieller Ofen, die sogenannte Prägelkatze, verwendet. Dieser Ofen bestand aus eisernen Stangen und zwei kürzeren und zwei höheren Füßen. Die Füße waren durch vier Eisenstäbe verbunden. Das gesamte Gestell wurde von außen und von oben mit starken Blechplatten belegt. Dadurch entstand ein quadratischer Kasten, der die Aufgabe hatte, das geschürte Feuer zusammenzuhalten und die Flammen durch gezielte Luftströmung von vorne auf einen Punkt zu konzentrieren.

Das Feuer wurde mittels Gabeln oder Forken und mit Rennstangen bearbeitet. Dabei diente die zweizackige Gabel dazu, das Feuer aus sicherer Entfernung zu unterhalten. Hierfür war sie mit einem langen Stiel versehen. Außerdem wurden mit der Forke lose Gesteinsplatten heruntergeholt, damit sie nicht auf die Prägelkatze fielen. Die Stoß- und Rennstangen waren einfache lange Stangen mit einer eisernen Spitze oder einem Haken oder Meißel. Die Rennstangen dienten ebenfalls dazu, loses Gestein abzubrechen. Als sogenanntes Hülfsgezäh (Hilfsgezähe) wurden Brechstangen, Kratzen, Keilhauen sowie Schlägel und Eisen verwendet.

Voraussetzung für diese Art der gezielten Feuerung war ein Grubengebäude, das ausreichend bewettert wurde.

Sicherheitsprobleme

Sicherheitsprobleme ergeben sich in erster Linie durch den starken Sauerstoffverbrauch des Feuers. Insbesondere in Bergwerken, in denen nur minimaler Wetterzug herrscht, macht sich der zusätzliche Sauerstoffverbrauch stark bemerkbar. Zusätzlich werden Gase freigesetzt, insbesondere Kohlenmonoxid, die die Atemluft noch weiter verschlechtern.[7] Je nach Beschaffenheit des Holzes kommt es zu starker Rauchentwicklung im gesamten Grubengebäude. Bis sich der Rauch verzogen hatte, mussten die Bergleute mit dem Einfahren warten. Daher durfte bei benachbarten Gruben nur in Absprache mit dem benachbarten Grubenbesitzer und mit Genehmigung des Bergmeisters Feuer gesetzt werden.[8]

Ein großes Problem war die Abwetterung des beim Feuersetzen entstehenden Rauches. Hierzu waren entsprechend viele Wetterörter erforderlich und mehrere Wetterschächte.[9] Ein weiteres Problem war die durch das Feuersetzen entstehende große Hitze, die auch noch mehrere Tage nach Erlöschen der Feuer ansteht. Diese Hitze war teilweise so groß, dass die Bergleute nur mit Kopfbedeckung, Fußbekleidung und Arschleder bekleidet die Erzadern bearbeiteten. Da sie keine Putztücher hatten, wischten sie sich ihren Schweiß mit Holzspänen vom Körper.

Literatur

  • Wilhelm Leo: Lehrbuch der Bergbaukunde. Druck und Verlag von G. Basse, Quedlinburg, 1861

Einzelnachweise

  1. Johann Karl Gottfried Jacobson: Technologisches Wörterbuch, alphabetische Erklärung aller nützlichen mechanischen Künste, Manufakturen, Fabriken und Handwerker. Friedrich Nicolai, Berlin und Stettin 1781
  2. F.M. Feldhaus: Die Technik der Vorzeit, der geschichtlichen Zeit und der Naturvölker. Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig und Berlin 1914
  3. Peter Rosumek: Zur antiken Hüttentechnik
  4. Carl Friedrich Richter: Neuestes Berg-und Hütten-Lexikon. Erster Band, Kleefeldsche Buchhandlung, Leipzig 1805
  5. Swen Rinmann: Allgemeines Bergwerkslexikon. Zweyter Theil, Fr. Chr. W. Vogel, Leipzig 1808
  6. Beschreibung des Bergbaues am Rammelsberge bei Goslar.
  7. Friedrich Alexander von Humboldt: Ueber die unterirdischen Gasarten und die Mittel ihren Nachteil zu vermindern. Friedrich Vieweg, Braunschweig 1799
  8. Georg Agricola: Zwölf Bücher vom Berg- und Hüttenwesen. Fünftes Buch, In Kommission VDI-Verlag GmbH, Berlin
  9. Kurze Darstellung des Bergbaues im Rammelsberge und der Hüttenprozesse am Communion-Unterharze

Weblinks


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