Firstresponder

Firstresponder

Helfer vor Ort (Abk. HvO), auch First Responder (Abk. FR, englisch wörtlich zuerst Antwortender), auch Notfallhilfe oder Sanitäter vor Ort (Abk. SanVo) ist eine Ergänzung der Rettungskette. Ein Helfer vor Ort ist eine mindestens in Erster Hilfe und Notfallmaßnahmen ausgebildete Person, die bei Notfällen die Zeit bis zum Eintreffen eines Rettungsmittels mit qualifizierten basismedizinischen Maßnahmen überbrücken soll. Ersthelfer dagegen bezeichnet jeden, der zufällig bei einem Unfall anwesend ist und Hilfe leistet, insbesondere Laien.

Erstversorgungsroller in Jerusalem

Inhaltsverzeichnis

Begriff

In Deutschland wurde der Begriff First Responder zunächst meist nur von Feuerwehren verwendet. Inzwischen ist er jedoch auch bei Hilfsorganisationen weit verbreitet, dort wird jedoch auch der deutschsprachige Begriff Helfer vor Ort oder Notfallhilfe benutzt. Die Bedeutung ist synonym. Es gibt auch die Bezeichnung "Sanitäter vor Ort" (SanvO oder SvO). Hiermit soll deutlich gemacht werden, dass das eingesetzte Personal eine geregelte Ausbildung absolviert hat und die Hilfeleistungen ein Niveau deutlich oberhalb der Laienhilfe erreichen (das ist bei den anderen Bezeichnungen auch so, nur steckt es nicht im Begriff).

Aufgaben

Der FR/HvO

Sinn und Zweck

First Responder sollen die Zeit zwischen Eintreten des Notfalls und der ersten medizinischen Versorgung (sog. Therapiefreies Intervall) verkürzen.

Je schneller qualifizierte Maßnahmen durchgeführt werden, desto günstiger ist der Heilungsablauf und umso kürzer ist im Durchschnitt die nachfolgend notwendige Behandlungszeit.

Man geht davon aus, dass mit jeder Minute, in der ein Kammerflimmern oder Kreislaufstillstand (Herz-Kreislauf-Versagen) nicht mit einer Herz-Lungen-Wiederbelebung behandelt wird, die Chancen für eine erfolgreiche Genesung um 10 % sinken. Nach bereits sechs bis acht Minuten fehlender Sauerstoffversorgung treten schwere irreversible Schäden am Hirn auf. Da jedoch allein das Absetzen des Notrufs und die Disponierung in der Rettungsleitstelle bereits zwei Minuten in Anspruch nimmt, und zuzüglich die Hilfsfrist bis zu 12 Minuten oder u. U. auch mehr betragen kann, erreichen die Einsatzkräfte eines Rettungswagens möglicherweise erst 14 Minuten nach einem Herzinfarkt den Patienten, um einen Defibrillator einzusetzen - bei einem Herzinfarkt ist dies für eine Wiederbelebung kritisch, und der Patient wird, sofern er überlebt, ein schwerer Pflegefall.

Eine Reanimation könnte aber von Laien als First responder mit einer Unterweisung in Erste Hilfe, Sanitätsdienst und ggf. vorhandene Ausbildung einer Hilfsorganisation und Ausrüstung (v.a. einen Automatischen Externen Defibrillator) schon nach wenigen Minuten eingeleitet werden. Durch die Verkürzung der Hilfsfrist können viele Patienten selbst nach einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall vollständig genesen.

Bei Unglücken und Unfällen ist der First Responder außerdem verantwortlich für eine konkretere Einschätzung der Lage am Unglücksort und kann über BOS-Funk Einsatzkräfte nachfordern, so dass eine effektivere Disponierung der Hilfe möglich ist.

Ursprung

Entstanden ist diese Einrichtung aus der Erkenntnis, dass der organisierte Rettungsdienst oft zu lange zum Einsatzort benötigt, um schwere gesundheitliche Schäden von Notfallpatienten abzuwenden, allerdings die mangelnde Notfallhäufigkeit in diesem Gebiet die Einrichtung einer zusätzlichen Rettungswache nicht rechtfertigt.

Hintergrund ist wohl auch die Tatsache, dass in vielen meist ländlichen Bereichen bereits ehrenamtliche Hilfskräfte verschiedener Hilfsorganisationen und Gruppierungen vor Ort etabliert sind. So kam und kommt es immer wieder auch vor, dass ein Hilfesuchender einen ortsbekannten qualifizierten ehrenamtlichen Helfer einer Hilfsorganisation oder Feuerwehr privat durch das Telefon kontaktierte. Dieser kam dann im Rahmen seiner erweiterten Hilfeleistungspflicht an den Notfallort - natürlich nicht ohne die zuständige Rettungsleitstelle über das Geschehen zu informieren. Diese Bürgerhilfe wurde und wird natürlich von den Rettungsleitstellen nicht unkritisch gesehen, weil dabei der Einsatz nicht von Anfang an unter deren Koordination verläuft. Andererseits ist dieses Verhalten der Bürger im akuten medizinischen Notfall aber auch sehr verbreitet und nachvollziehbar.

Besonders in den USA mit ihren großen und vergleichsweise dünn besiedelten Flächenlandkreisen wurden die örtlichen Strukturen und die Verfügbarkeit von organisierten Kräften in Form von Freiwilliger Feuerwehr und Streifenwagen der Polizei bereits früh genutzt, um die ersten Maßnahmen bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes mit sehr langen Anfahrtszeiten zu übernehmen. Auch Mitglieder der American Women's Voluntary Service Organization waren als Helfer tätig.

Aus ähnlichen Gründen entstanden auch in Deutschland Vorläufer in der Anfangszeit des Rettungsdienstes moderner Prägung Anfang der 1970er Jahre: Der Rettungsdienst war damals noch nicht in dem Maße ausgebaut wie heute - oft war die örtliche Freiwillige Feuerwehr lange alleine am Unfallort tätig und bat deshalb Mitglieder einer örtlichen Hilfsorganisation mit auszurücken. Die Alarmierung war oft sehr langwierig, da weder tragbare Funkmeldeempfänger noch ausreichend Telefone verfügbar waren. Mit der Verkürzung der rettungsdienstlichen Hilfsfristen wurde dieses Konzept dann bedeutungslos.

Erst Mitte der 1980er Jahre wurden zunehmend ehrenamtliche Einheiten des Katastrophenschutzes mit tragbaren Funkmeldeempfängern ausgerüstet. Es lag nahe, diese Möglichkeit auch wieder für eine schnelle Hilfe vor Ort einzusetzen.

Im Jahr 1986 unternahm das DRK Kreisverband Karlsruhe e. V. einen ersten Pilotversuch moderner Prägung in Deutschland, der in einer Fachzeitschrift publiziert wurde. Die BRK Ortsgruppe Glonn begründete daraufhin im Jahr 1988 ebenfalls eines der ersten Teams in Deutschland und stellte die Idee und die Integration mit einer Schnelleinsatzgruppe auf einem Fachkongress vor, sie besteht ununterbrochen noch heute. Ab Mitte der 1990er Jahre verbreitete sich diese Art der Hilfeleistung dann sehr weitflächig.

Gründe dafür sind:

  • Die Alarmierungsmittel waren mittlerweile geeignet und vorhanden (seit Anfang der 1990er: weitgehend Umstellung von Sirenenalarm auf Funkmeldeempfänger, Verfügbarkeit von Mobiltelefonen).
  • Die Idee wurde anerkannt, einige Pilotprojekte konnten gute Ergebnisse vorweisen.
  • Die rechtlichen Gegebenheiten wurden nach kontroversen Diskussionen weitgehend geklärt (z. B. Versicherungsschutz, Fahrzeuggenehmigungen).
  • Die Feuerwehren (als größte Einsatzorganisation) erkannten die Gelegenheit, gerade für wenig beanspruchte Einheiten in abgelegenen Gebieten eine interessante Einsatzmöglichkeit für engagierte Helfer zu schaffen. Auch die Hilfsorganisationen entdeckten diese Einrichtung als motivierender und nützlicher Dienst für ihre Ortsverbände.

Heute ist das System anerkannt.

Organisation

Die Organisation ist nicht einheitlich geregelt, sie beruht auf dem freiwilligen Engagement der Feuerwehren und Hilfsorganisationen, die sie stellen. Aus diesem Grund gibt es keine übergreifend einheitlichen Ausstattungs- oder Ausbildungsvorschrift für diesen Dienst (organisationsinterne Regelungen gibt es jedoch sehr wohl, in Nordrhein-Westfalen gibt es eine Empfehlung des Landesfachbeirates für die organisierte Notfallhilfe). Häufig sind dienstfreie ehren- und hauptamtliche Rettungsdienstmitarbeiter dabei tätig.

Es gibt verschiedene alternative Merkmale der unterschiedlichen Organisationsformen:

Status: ehrenamtliche Kräfte, selten hauptamtliches Personal (wie z. B. Berufsfeuerwehr und Polizei, die oft in der Öffentlichkeit unterwegs sind)
Alarmierung: Funkmeldeempfänger, Mobil-Telefon
Durchführende: Hilfsorganisation, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk
Personalstärke: eine oder mehrere Personen die gleichzeitig alarmiert werden; davon gehen maximal 3 zum Patienten vor, die übrigen halten sich bereit
Fahrzeug: Privat- oder Dienst-Kfz: Pkw, Mannschaftstransportfahrzeug, Löschfahrzeug oder Rettungs-/Krankentransportwagen
Fahrzeugstandort: beim diensthabenden Helfer (zu Hause, in der Arbeit), Fahrzeughalle oder Wache

Alarm

Alarmiert wird die Einrichtung durch die zuständige Leitstelle.

Einsatzindikation

Die Einsatzindikationen sind örtlich unterschiedlich geregelt, meist kommt der FR/HvO zum Einsatz, wenn das nächste reguläre Rettungsmittel deutlich länger braucht als der FR/HvO und somit die Gefahr besteht, dass notwendige Hilfe nicht schnell genug ankommt. Diese Indikation besteht in der Regel bei allen Notarzteinsätzen.

Das kann auch bei Einhaltung der gesetzlichen Hilfsfrist durch den Rettungsdienst der Fall sein und ist der Hauptgrund für die Existenz der FR/HvO. Besonders wertvoll wird die Überbrückung der Eintreffzeit, wenn der reguläre Rettungsdienst mit Versorgung anderer Patienten ausgelastet oder durch ein Einsatzgeschehen länger gebunden ist bzw. aufgrund Witterungsbedingungen oder ähnlichem ungewöhnlich viel Zeit zur Anfahrt braucht.

Zusätzlich zum FR/HvO wird immer ein Rettungsmittel des regulären Rettungsdienstes eingesetzt; der FR/HvO ist nur Ergänzung, kein Ersatz des Rettungsdienstes.

Anfahrt zum Einsatzort

Da First Responder nicht Bestandteil des Rettungsdienstes sind, greifen nach überwiegender juristischer Meinung die nur für Fahrzeuge des Rettungsdienstes geltenden Vorschriften für Sonderrechte nach § 35 Abs. 5a StVO nicht. Somit stehen First Respondern bei der Anfahrt zum Einsatzort grundsätzlich keine Sonderrechte zu (Ausnahme: First Responder sind Mitglieder einer Feuerwehr - für diese wird meist § 35 Abs. 1 StVO als einschlägig erachtet). Allerdings kann sich der anfahrende First Responder auf die allgemeinen Notstandsregelungen berufen, welche u. a. in § 16 OWiG und § 34 StGB normiert sind. In Maßen kann somit ein Verstoß gegen Verkehrsvorschriften (Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit etc.) strafrechtlich bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlich gerechtfertigt sein. In Bayern gibt es eine Regelung des Innenministeriums, die für Dienstfahrzeuge der First Responder-Einheiten unter bestimmten Voraussetzungen die Verwendung von Sondersignaleinrichtungen zulässt (Pressemeldung des bay. Innenministeriums).

Dienstzeiten

Das Angebot des FR/HvO ist in der Regel eine rein freiwillige Leistung der Organisation, die sich meist auf ehrenamtliches Engagement stützt. Deshalb sind die Bereitschaftszeiten mancherorts auf die Nächte (z. B. von 18:00 Uhr bis 6:00 Uhr) und Wochenenden/Feiertage beschränkt. Die weitaus meisten Helfer von Ortsgruppen sind jedoch 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr in Bereitschaft und rücken aus, wenn ein Notfall geschieht und sie zurzeit ausrücken können.

Die Alarmierung durch die Leitstelle erfolgt oft dennoch rund um die Uhr, es ist jedoch dann nicht sicherzustellen, dass wirklich jemand ausrückt. Der reguläre Rettungsdienst kommt pflichtgemäß immer zum Einsatz, das heißt, der Patient bekommt mindestens die Hilfe, die gesetzlich geregelt ist (Landesrettungsdienstgesetz o. ä.) - wenn der FR/HvO ausrücken kann, dann bekommt er eine freiwillige Zusatzleistung.

Ausbildung

Voraussetzung für die Teilnahme am Dienst ist eine medizinische Grundausbildung (etwa als Sanitäter). Darüber hinaus ist ein laufendes Reanimationstraining und die Berechtigung zur Frühdefibrillation wünschenswert. Praktika im regulären Rettungsdienst verbessern die Sicherheit im Einsatz und schaffen die Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit vor Ort.

Schwerpunkte der Aus- und Fortbildung sind (aus BRK-Richtlinie für Helfer vor Ort von 2002):

Weit verbreitet ist auch die rettungsdienstlich anerkannte Weiterbildung zum Rettungshelfer oder Rettungssanitäter im Rahmen einer Helfer-vor-Ort-Tätigkeit.

Ausrüstung

typisches First-Responder-Fahrzeug

Kommunikationsmittel

Bekleidung

  • mindestens eine Warnweste
  • möglichst Einsatzbekleidung (Helm, Anorak, Jacke/Hose oder Overall, Stiefel)

medizinisches Material

Wünschenswert ist die Mitführung eines Automatisierten Externen Defibrillators (AED).

Fahrzeug

Zum Einsatz kommen

Finanzierung

Laufende Kosten entstehen vor allem durch:

  • Telefongebühren,
  • Verbrauchsmaterial
  • Betriebskosten für organisationseigenes Fahrzeug.

FR/HvO erhalten selten öffentliche Zuschüsse, da ihre Hilfeleistung nicht gesetzlich gefordert ist (keine Pflichtaufgabe der Kommune wie z. B. Feuerwehr). Die entstandenen Kosten können auch nicht über die Krankenkasse abgerechnet werden.

Die FR/HvO-Teams werden weitgehend aus Spenden finanziert.

Literatur

  • Bayerisches Rotes Kreuz: Richtlinie für Helfer vor Ort, Landesausschuss der BRK-Bereitschaften 2002
  • P. Poguntke, M. Eichner: Schrittmacher in der Rettungskette - First Responder..., Stumpf&Kossendey Verlag: Edewecht 2001
  • Zeitschrift Notfall und Rettungsmedizin, Springer Verlag, Ausgabe 5, 10. Jhg., S. 350 - 356, 2007

Weblinks


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