Französischer Präsident

Französischer Präsident

Der französische Staatspräsident ist das Staatsoberhaupt der französischen Republik. Er stellt eine Ausnahme unter den Präsidenten parlamentarischer Systeme dar, da er im Gegensatz zu den, sonst meist nur repräsentativen Aufgaben eines Präsidenten über weitreichende politische Vollmachten verfügt. Grundsätzlich zum Staatspräsidenten wählbar sind alle französischen Staatsbürger, die das 23. Lebensjahr vollendet haben. Der Staatspräsident wird alle fünf Jahre direkt vom Volk gewählt; bei der letzten Präsidentschaftswahl im April/Mai 2007 siegte Nicolas Sarkozy.

Inhaltsverzeichnis

Stellung

Gemäß der Theorie des Semipräsidentalismus, die im wesentlichen vom französischen Politologen Maurice Duverger entwickelt wurde, zeichnet er sich durch drei wichtige Kriterien aus:

  • Er wird direkt vom Volk gewählt (seit 1962)
  • Er verfügt über beträchtliche politische Kompetenzen:
  • Ihm gegenüber steht der Premierminister, der zwar durch ihn ernannt wird, aber dem Parlament verantwortlich ist.

Zunächst war die Amtszeit der auf sieben Jahre festgesetzt. Unter Jacques Chirac wurde sie jedoch auf fünf Jahre 2000 gekürzt. Durch diese Maßnahme soll die Wahrscheinlichkeit reduziert werden, dass der Präsident und der vom Parlament getragene Ministerpräsident unterschiedlichen politischen Lagern angehören (sog. Cohabitation). Außerdem wurde die ursprüngliche Amtszeit von sieben Jahren aus Gründen der mangelnden demokratischen Kontrolle (Abwahlmöglichkeit nur wegen Hochverrats) kritisiert. Es ist nur eine Wiederwahl möglich.

Der französische Staatspräsident muss keine Rechenschaft über sein Budget ablegen. Zudem kann das Parlament ihn nur Hochverrats und Verhaltens wegen, das „offensichtlich unvereinbar mit seiner Amtsausübung“ ist, abwählen.[1]

Co-Fürst von Andorra

Als Staatsoberhaupt von Frankreich ist der französische Staatspräsident ex officio neben dem Bischof von Urgell einer der beiden Co-Fürsten des Fürstentums Andorra. Die mit dieser Position einhergehenden Verpflichtungen werden durch einen in Andorra residierenden persönlichen Vertreter wahrgenommen. Durch die Einführung einer andorranischen Verfassung im Jahr 1993 ist die Rolle der beiden Co-Fürsten hauptsächlich zeremonieller Natur.

Nachfolgeregelungen

Im Falle des Todes oder des Rücktritts des Präsidenten gehen die Amtsgeschäfte auf den Präsidenten des Senats über, der das Amt jedoch nur geschäftsführend ausübt. Dies war erstmalig 1969 nach Charles de Gaulles Rücktritt und ein weiteres Mal 1974 nach Georges Pompidous Tod der Fall. Weil die Amtsvertretung nur temporär erfolgt, ist es nicht erforderlich, dass der Senatspräsident von seinem Amt zurücktritt. Obwohl er dementsprechend nur Interimspräsident war, wird Alain Poher, der bislang als einziger Senatspräsident die Amtsgeschäfte des Präsidenten übernehmen musste, als ehemaliger Staatspräsident angesehen und in der Präsidentengalerie auf den Webseiten des Élysée-Palastes geführt.

Grundsätzlich wird nach Tod oder Rücktritt des Präsidenten eine Neuwahl angesetzt, deren erster Wahlgang nicht früher als 20 Tage und nicht später als 35 Tage nach der Erledigung des Amtes erfolgen muss. Da zwischen erstem und zweitem Wahlgang 15 Tage liegen können, kann der Senatspräsident maximal 50 Tage die Amtsgeschäfte des Präsidenten führen. Dabei hat er bestimmte Kompetenzen des Staatspräsidenten nicht:

  • Er darf die Nationalversammlung nicht auflösen
  • Er darf keine Volksabstimmungen ansetzen
  • Er darf keine Verfassungsänderungen initiieren

Befindet sich zur Zeit der Erledigung des Amtes des Staatspräsidenten kein Senatspräsident im Amt, so gehen die Befugnisse des Präsidenten auf das Kabinett über. Dies wird von einigen Staatsrechtlern so interpretiert, dass zunächst der Premierminister und im Falle seiner Verhinderung die Kabinettsmitglieder die Vertretung des Präsidenten übernehmen. Ein derartiger Fall gilt jedoch als äußerst unwahrscheinlich, da sich der Senat in einem solchen Fall einen Präsidenten wählen würde.

In der Dritten Republik fungierte der Premierminister als Interimsnachfolger des Staatspräsidenten.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Der Tagesspiegel, 19.02.2007 [1]

Literatur

  • Udo Kempf: Das politische System Frankreichs; Verlag für Sozialwissenschaften, 4., aktualisierte und erweiterte Auflage (2007)
  • Hans-Georg Franzke: Die Kompetenzen des französischen Staatspräsidenten. In: Der Staat. Zeitschrift für Staatslehre, Öffentliches Recht und Verfassungsgeschichte. 38. Bd., 1999, S. 86-106.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Französischer Einmarsch in Mexiko — Französische Intervention in Mexiko Datum 8. Dezember 1861 …   Deutsch Wikipedia

  • Französischer Fußballverband — Die Fédération Française de Football (FFF) ist der nationale Fußballverband Frankreichs. Gegründet wurde der Verband am 7. April 1919 als Fédération Française de Football Association (FFFA); der Zusatz Association (dieser stand für die… …   Deutsch Wikipedia

  • Französischer Politiker — Logo der französischen Regierung Das politische System Frankreichs ist durch die Verfassung der V. Republik von 1958 geprägt. Nach Artikel 1 ist Frankreich eine unteilbare, laizistische, demokratische und soziale Republik. Das System basiert auf …   Deutsch Wikipedia

  • Französischer Senat — Der Palais du Luxembourg, Sitz des Senats Der französische Senat (Sénat) ist neben der Nationalversammlung die zweite Kammer des französischen Parlaments. Senatoren werden indirekt durch etwa 150.000 Abgeordnete und Lokalpolitiker gewählt. Die… …   Deutsch Wikipedia

  • Französischer Rat Muslimischen Glaubens — Der Conseil français du culte musulman (CFCM) wurde als islamischer Dachverband am 28. Mai 2003 gegründet, bestehend aus 25 Regionalräten (frz.: Conseil Regional du Culte Musulman, CRCM). Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Aufgaben 3 Kritik 4… …   Deutsch Wikipedia

  • Französischer Staat — Als Vichy Regime bezeichnet man im Rückblick die Regierung von Vichy Frankreich (offiziell: État français, dt.: Französischer Staat), das heißt der „unbesetzten Zone“ Frankreichs nach Anerkennung der militärischen Niederlage gegen das Deutsche… …   Deutsch Wikipedia

  • Französischer Schachbund — Fédération Française des Échecs Gründung: 19. März 1921 Gründungsort: Paris Präsident: Jean Claude Moingt Vereine (ca.): 900 Mitglieder (ca.): 52.000 URL …   Deutsch Wikipedia

  • Französischer Fußball-Ligapokal — Dieser Artikel behandelt den Fußballwettbewerb, für den Ligapokal im Eishockey siehe Coupe de la Ligue (Eishockey). Logo der Coupe de la Ligue Die Coupe de la Ligue (dt.: Ligapokal) ist ein französischer Fußballpokalwettbewerb, an dem nur… …   Deutsch Wikipedia

  • Französischer Indochinakrieg — Indochina im Jahr 1954 Der Indochinakrieg (1946 bis 1954) (auch als Erster Indochinakrieg oder Französischer Indochinakrieg bezeichnet) war ein Krieg um die Dekolonisierung und die Unabhängigkeit in Französisch Indochina zwischen Frankreich und… …   Deutsch Wikipedia

  • Französischer Ligapokal — Dieser Artikel behandelt den Fußballwettbewerb, für den Ligapokal im Eishockey siehe Coupe de la Ligue (Eishockey). Logo der Coupe de la Ligue Die Coupe de la Ligue (dt.: Ligapokal) ist ein französischer Fußballpokalwettbewerb, an dem nur… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”