- Freie Standesherrschaft
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Die Freie Standesherrschaft geht auf die Böhmische Krone zurück. Es waren Güterkomplexe, die von der Lehnshoheit des Landesfürsten aufgrund eines königlichen Sonderprivilegs befreit und zu Zwergstaaten gemacht wurden.
Inhaltsverzeichnis
Oberlausitz
In der Oberlausitz bestanden ursprünglich drei dieser privilegierten Grundherrschaften. Die Standesherrschaften
- Muskau,
- Seidenberg (später Reibersdorf) und
- Hoyerswerda
bildeten mit den geistlichen Stiften und landsässigen Rittern den ersten Stand der Landstände, die Landschaft. 1562 wurde auch die Grundherrschaft Königsbrück zur Standesherrschaft erhoben. Alle vier Standesherrschaften wurden 1635 sächsisch. Im Jahr 1815 kamen, als Ergebnis des Wiener Kongresses, der die politische Ordnung Europas nach den Napoleonischen Kriegen (1813–1815) neu regelte, Muskau und Hoyerswerda zu Preußen („Preußische Oberlausitz“). Verwaltungsmäßig wurden sie in die Provinz Schlesien integriert. Königsbrück und Reibersdorf blieben bis zur Auflösung aller sächsischen Standesherrschaften im Jahre 1920 sächsisch.
Schlesien
Schlesien unter den Habsburgern
Vor allem die Habsburger schufen als Könige von Böhmen diese freien Standesherrschaften. In Schlesien gab es ursprünglich drei:
- ab 1489 Groß-Wartenberg erst die Herren von Haugwitz, danach die Freiherren von Maltzan,
dann die Grafen von Dohna, die Herren von Braun, schließlich die Fürsten von Biron-Kurland),
- ab 1492 Trachenberg (erst den Kurzbach, dann den Schaffgotsch, schließlich den Hatzfeldt gehörig),
- ab 1494 Militsch (erst den Kurzbach, danach bis 1945 den Grafen von Maltzan). Diese wurden alle aus dem Herzogtum Oels herausgelöst und überdauerten die Zeit bis 1945.
Anfang des 17. Jahrhunderts wurde in Oberschlesien die Standesherrschaft Pless errichtet (Grafen von Promnitz, Sekundogenitur der Fürsten von Anhalt-Köthen, danach Grafen von Hochberg, später zu Fürsten von Pless erhoben). Da Pless 1922 zu Polen kam, erlosch die Standesherrschaft in diesem Jahre. Am 14. November 1697 schuf Kaiser Leopold I. noch zwei Standesherrschaften, die bis 1945 existierten:
- Beuthen an der Oder (Fürsten Schoenaich-Carolath) und
- Beuthen in Oberschlesien (Grafen Henckel von Donnersmarck).
Schlesien unter Preußen
Auch Könige von Preußen errichteten nach der Eroberung von Schlesien neue Freie Standesherrschaften. Die größte von ihnen war Goschütz (8245 ha) im Kreis Groß-Wartenberg und gehörte bis 1945 den Grafen von Reichenbach. 1815 kamen noch Muskau und Hoyerswerda dazu (siehe oben im Kapitel Oberlausitz). Im Laufe der Zeit entstanden auch sogenannte Minderfreie Standesherrschaften, die alle bis 1945 bestanden. Es waren:
- Freyhan bei Militsch, (2432 ha), Grafen von Pückler;
- Neuschloss bei Militsch (5237 ha), der Grafen von Reichenbach-Neuschloß, im Erbgang später der Grafen von Hochberg;
- Sulau bei Militsch (3730 ha), Grafen von Schweinitz.
Verwaltung
Die Freien Standesherren hatten Sitz und Stimme auf dem schlesischen Fürstentag (Militsch, Trachenberg und Wartenberg eine Stimme zusammen) und standen unmittelbar unter dem König von Böhmen (später: Preußen) als Lehnsherrn. Sie hatten das Recht der unmittelbaren und mittelbaren Gerichtsbarkeit, das Kirchenpatronat und Oberaufsicht über das Schulwesen in ihren Gebieten. Ihre Zwergstaaten hatten eigene Justiz- und Regierungsbehörden mit bombastischen Titeln wie „Kanzler“ und „Regierungskanzler“. Um 1830 wurden diese Vorrechte der Freien Standesherren vom preußischen Staat abgeschafft.
Siehe auch
Literatur
- Schlesisches Güter-Adreßbuch, Breslau 1937
- Freye Standes-Herrschafften. In: Zedlers Universal-Lexicon, Band 9, Leipzig 1735, Spalte 1865.
Kategorien:- Recht (Mittelalter)
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- Rechtsgeschichte der Frühen Neuzeit
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