Herzogtum Pleß

Herzogtum Pleß

Das Fürstentum Pleß, polnisch Pszczyna, liegt im beskidischen Vorland in der Niederung der Plesse, eines Nebenflusses der Weichsel.

Inhaltsverzeichnis

Herzogtum Pleß

Bis 1177 gehörte das Land zu Kleinpolen und anschließend zum schlesischen Herzogtum Ratibor. Pleß war im Mittelalter Herrschaftsgebiet der Piastendynastie. Die alte Burg der Piastenherzöge wurde 1263 von Truppen des böhmischen Přemyslidenkönigs Ottokar II. zerstört. Der schlesische Piast Bolko I. ließ während seiner Herrschaft (1288–1292) erneut eine Burg in Pleß errichten.

Der letzte der Piasten war Herzog Bolko II.. Nach dessen Tode 1368 erhielt seine Witwe Agnes von Habsburg ein lebenslanges Nutzungsrecht über das Herzogtum, das zur Krone Böhmen gehörte. 1375 verpfändete der Přemyslidenherzog Johann I. von Troppau-Ratibor das Plesser Land an den Piastenherzog Wladislaw II. von Oppeln, der 1412 das gesamte Gebiet von Pleß, Altberun, Myslowitz sowie Nikolai und Sohrau seiner Gattin Helena, Prinzessin von Litauen lebenszeitig verlieh. Dadurch entstand das Herzogtum Pleß, an dessen Spitze von 1424 bis zu ihrem Tode 1449 Herzogin Helena stand.

Ihr folgte Herzog Viktorin von Münsterberg, Sohn des böhmischen Königs Georg von Podiebrad. 1480 gelangte das Land an den Piastenherzog Kasimir II. von Teschen, der 1509 Teile des Plesser Landes an den ungarischen Magnaten und Bergwerksbesitzer Thurzó verkaufte. Die Standesherrschaft Pleß übernahm Konrad I. von Hochberg. 1548 erklärte Kaiser Ferdinand I. die Standesherrschaft von Pleß zum Erblehen und verlieh es als kirchliche Standesherrschaft dem Fürstbischof von Breslau Balthasar von Promnitz. Diese Maßnahme sollte auch die Ausbreitung der Reformation in diesem Gebiet verhindern. Die meist polnische Landbevölkerung bekannte sich zur katholischen Religion.

Fürstentum Pleß (1765–1847), Fürsten von Anhalt-Köthen-Pleß

Pleß verblieb bis 1765 im Besitz der kirchenfürstlichen Standesherrschaft. In diesem Jahr wurde Pleß infolge der Schlesischen Kriege (1741–1761) dem Königreich Preußen einverleibt. Die freie Ständeherrschaft blieb aber weitestgehend erhalten. 1765 erhielt Prinz Friedrich Erdmann von Anhalt-Köthen von seinem Onkel, Graf Johannes Erdmann von Promnitz, die Standesherrschaft Pleß (3 Städte und 49 Dörfer), und nahm den Titel eines Fürsten von Anhalt-Köthen-Pleß an.

Nach dem Tod seiner kinderlosen Söhne Ferdinand Friedrich, Ludwig und Heinrich erbten die Nachkommen der ältesten Tochter Anna Amalia (1770–1830) die Standesherrschaft. Sie war mit Graf Hans Heinrich VI. von Hochberg-Fürstenstein (1768–1833) verheiratet.

Die anhaltische Fürstenherrschaft brachte im 19. Jahrhundert die freie Standesherrschaft mehr und mehr in die deutsche Reichshoheit Preußens. Die im Siebenjährigen Krieg verwüsteten Güter wurden wieder bewirtschaftet. In Pleß gab es Glas- und Zinkhütten sowie Tuchmanufakturen.

Grafen von Hochberg, Fürsten von Pleß

Hans Heinrich XI. Fürst von Pleß

1847 hinterließ Herzog Heinrich von Anhalt-Köthen die Standesherrschaft Pleß seinem Neffen, Graf Hans Heinrich X. von Hochberg. Dieser verwaltete Pleß bereits seit dem Tod des Fürsten Ludwig von Anhalt-Köthen-Pleß (1783–1841) im Auftrage Heinrichs. Nachfolger wurde sein ältester Sohn Graf Hans Heinrich XI. von Hochberg. Dieser diente in der preußischen Armee, danach übernahm er die Verwaltung der Familiengüter. Er war der Oberjägermeister Kaiser Wilhelms I. und Mitglied des Preußischen Herrenhauses. In den Jahren 1867 bis 1884 war er als Abgeordneter der Reichs- und Freikonservativen Partei auch Abgeordneter im Reichstag. 1890 wurde der Fürst Mitglied des Preußischen Staatsrats. Hochberg betätigte sich auch politisch, war Landtagsmarschall von Schlesien, Mitglied der preußischen Ersten Kammer und seit dessen Gründung (1854), des Preußischen Herrenhauses . 1905 wurde er vom Deutschen Kaiser für seine Person zum Herzog von Pleß erhoben.

Er war der erste Montanmagnat der deutschen Schwerindustrie. Die Steinkohlenbergwerke bei Waldenburg brachten ihm hohe Gewinne. Seine Besitzung bei Freiburg in Schlesien, die mittelalterlich befestigte Burg Fürstenstein, ließ er zu einem barocken Schloss umbauen, umgeben von Gärten und Terrassen, und wählte es zu seinem Landsitz. Sein ältester Sohn vollendete das fürstliche Bauwerk, das größte und schönste Schloss im deutschen Kaiserreich. Der Herzog verstarb 1907 auf Schloss Albrechtsberg in Dresden.

Hans Heinrich XV. von Pleß

Sein Sohn und Nachfolger Hans Heinrich XV. rühmte sich nach dem Tod des Herzogs, der reichste Fürst des Deutschen Reichs zu sein. Reichsgraf und Freiherr zu Fürstenberg, 1861 in Pless geboren, war nach seinem Universitätsstudium im diplomatischen Dienst des Kaiserreichs in London tätig. 1891 heiratete er die siebzehnjährige Engländerin Mary Theresa Olivia Cornwallis-West, genannt Daisy, eine der attraktivsten Frauen der Londoner Salons. Ihre Ehejahre verbrachte die Familie mit ihren drei Kindern im Schloss Fürstenstein. Sie reiste oft und veranstaltete in Fürstenstein aufwändige Festlichkeiten. Vergeblich versuchte Daisy vor Kriegsbeginn zwischen dem Deutschen Kaiser und dem englischen König persönlich friedensstiftend zu vermitteln und betätigte sich engagiert in der deutschen Sozialfürsorge als Helferin.

Während des Ersten Weltkriegs war sie als Krankenschwester im Deutschen Roten Kreuz auf Bahnhöfen zur Truppenbetreuung tätig. Ihre Ehe war während der Kriegsjahre zerbrochen. 1922 wurde die Ehe geschieden. Sie selbst musste Schloss Fürstenstein verlassen und wohnte mit ihren drei Kindern verarmt in München, Berlin und anderen Städten, zuletzt in einer Villa im schlesischen Waldenburg, nahe der einstigen Residenz. Ihr Gatte scheiterte an seinen ehrgeizigen Unternehmungen. Er verschuldete sich und musste seinen Besitz während der Inflation verkaufen. 1926 heiratete er erneut, ließ sich nach mehrjähriger Ehe jedoch abermals scheiden.

Obwohl das Fürstentum Pleß bei der Teilung Oberschlesiens nach 1919 infolge des Friedensvertrages von Versailles an Polen fiel, blieben die Güter und das Schloss bis 1939 im Besitz der Familie Hochberg-Fürstenstein.

1922 besetzte polnisches Militär die Stadt Pless. Hans Heinrich XV. nahm in diesem Jahr die polnische Staatsangehörigkeit an, wohnte aber in seiner niederschlesischen Residenz Schloss Fürstenstein. Erst im Jahre 1936 verließ er Deutschland hoch verschuldet und starb 1938 verarmt in Paris. Nach seinem Tod wurde das Schloss durch seinen ältesten Sohn Hans Heinrich XVII. von Hochberg, der polnischer Staatsbürger war, übernommen. Er emigrierte nach England, wo er in der britischen Armee diente. 1939 wurde er von den deutschen Behörden enteignet.

1941 wurde das Schloss Fürstenstein von den deutschen Behörden beschlagnahmt und 1945 von der sowjetischen Militärverwaltung besetzt.

Literatur

  • W. John Koch: Schloss Fürstenstein - Erinnerungen an einen schlesischen Adelssitz - Eine Bilddokumentation. Würzburg 1989
  • Princess Daisy of Pless, Princess Daisy of Pless by Herself, London, John Murray, 1929.
  • Klemens Skibicki: Industrie im oberschlesischen Fürstentum Pless im 18. und 19. Jahrhundert, Stuttgart 2002

Weblinks


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