Freimaurer-Loge „Zum Todtenkopfe und Phoenix“

Freimaurer-Loge „Zum Todtenkopfe und Phoenix“
Das Logenhaus im Hintertragheim
Das Logenhaus hinter dem Börsengarten in Königsberg

„Zum Todtenkopfe und Phoenix“ ist eine am 21. März 1772 unter dem Namen „Zum Todtenkopfe“ in Königsberg gegründete Freimaurerloge.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung

Die Johannisloge „Zum Todtenkopfe und Phoenix“ wurde am 21. März 1772 unter dem Namen „Zum Todtenkopfe“ in Königsberg von Friedrich Ernst Jester gestiftet und mit Hilfe der Brüder Freimaurer Christian Jacob Hewelke, Friedrich Ernst Jester, Jacob Friedrich Grimm, Nathanael Holst, Johann Ignaz Wierzbicki gegründet. Diese versammelten sich zu diesem Zweck an diesem Tag um vier Uhr nachmittags in der Sackheimer Höhe im Garten des Kaufmanns Hewelke.

Friedrich Ernst Jester war ein Mann im Alter von 29 Jahren, hauptamtlich Forstbeamter, der neben seinem Beruf auch schöngeistigen Ambitionen nachging. Er dichtete und komponierte. Aufgenommen in die Kette der Freimaurerbrüder wurde er 1764 in Paris und wurde später Mitglied der Wiener Loge „Hoffnung“. Ebenfalls aus der Wiener Loge stammte der zweite der fünf Herren, Jacob Friedrich Grimm. Als besuchender Bruder war Nathanael Holst von der Loge „Zum güldenen Apfel“ aus Eutin anwesend, weiterhin der Herr Johann Ignaz Wierzbicki aus der Loge „Zu den drei Sternen“ aus Danzig und der Gastgeber, Herr Christian Jacob Hewelke aus der Loge „Zu den drei Rosen“ in Hamburg.

Ohne entsprechendes Ritual, ohne Akten und Ritualgegenstände wurde mit verteilten Rollen die Loge geöffnet, und in geheimer Wahl wurden die Beamten aus der Reihe der fünf gewählt. Herr Jester wurde als Logenmeister gewählt, Herr Grimm der 1. Aufseher und Herr Hewelke als 2. Aufseher eingesetzt. Als Sekretär stellte sich der besuchende Bruder Holst zur Verfügung, während als Schatzmeister vorübergehend Herr Hewelke fungierte.

So war die Loge gesetzmäßig besetzt und man ging zur Aufnahme mehrerer Suchender über. Das waren die Herren Jacobi - ein Name, der als wohlhabender Kaufmann in historischen Darstellungen Königsbergs erwähnt wird -, Schwink und Fresent. Ein Diener des Herrn Hewelke wurde als dienender Bruder aufgenommen. Nach diesen Aufnahmen feierten die Freimaurer-Brüder die Gründung ihrer Loge „Zum Todtenkopfe“ in der Pottmann'schen Weinstube mit einigen Gläsern Bärenfang.

Doch waren es konkretere Themen, die die Brüder beschäftigten: sie brauchten einen Raum für ihre Arbeiten. Die Loge war arm, sie hatte nichts. Für die ersten fünf Jahre war ihnen die Abführung der Beiträge an die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland in Berlin erlassen worden. Sie spendeten aus eigener Tasche für den Erwerb der notwendigen Ritualgegenstände. Und dann musste ein Haus, ein Raum gefunden werden, der als Logenzimmer auszustatten wäre.

Aber es waren ja keine armen Männer, die dort zusammensaßen. In Königsberg blühten die Geschäfte. Nach der rigiden Regierung des Königs in Preußen Friedrich Wilhelm I., der die Einkünfte hoch besteuerte, um seine Militärausgaben zu bestreiten, und Kunst und Kultur hinten an stellte, wehte nun ein anderer Wind, da Friedrich II. (Preußen), der Große, ein Freimaurer wie sie, nun seit 1740 die Regierung in aufgeklärterem Stile führte. Königsberg besaß einen großen Seehafen für die Ausfuhr von Holz, Getreide und Bernstein; die Handelsverbindungen gingen bis nach Holland. Die Stadt prosperierte. In den Bürgerhäusern wurden Feste gefeiert, es wurden Bälle veranstaltet, es gab Künstler- und Literatenvereine und öffentliche Konzerte. Seit zwei Jahren lehrte Kant an der dortigen Universität, der 1544 gegründeten Albertina. Selbst die russische Besetzung während des siebenjährigen Krieges war für die Stadt ein Vorteil gewesen, denn auch die Russen konsumierten kräftig, feierten und beteiligten sich rege am gesellschaftlichen und kulturellen Leben.

Das erste Logenjahr

Die Brüder fanden sehr bald ein Quartier für ihre Loge in einem Haus in der Tragheimer Pulverstraße, wo am 21. April 1772 eine Lehrlingsloge abgehalten wurde. Weitere Arbeiten mit Aufnahmen Suchender führte dazu, dass das gemietete Quartier zu eng wurde, und man fand noch im gleichen Jahr ein geeignetes Heim im Hause des Rotgerbers Abel auf dem Sackheim, das am 10. November 1772 bezogen wurde.

Am Ende des ersten Arbeitsjahres hatte die Loge 37 Arbeiten durchgeführt. Die Mitgliederzahl war auf 34 Brüder angestiegen: 11 Offiziere, 10 Kaufleute, 5 Beamte, 2 Apotheker, 1 Rittergutbesitzer, 1 Schauspieler, 1 Medizinstudent und 3 dienende Brüder. Den dynamischen Verlauf der Logenentwicklung macht das Beispiel der freimaurerischen Karriere des Bruders Schreiber deutlich: Aufgenommen am 21. Mai 1772, wurde er Geselle am 2. Juli und zum Meister am 18. September des gleichen Jahres befördert. Als einmal ein Diener, Lorentz mit Namen, wegen einer dringenden Nachricht an den Bruder Hewelke in eine Aufahmearbeit hineinplatzte und dort wohl Unbekanntes erspähen konnte, wurde er kurzerhand aufgenommen.

Das freimaurerische Umfeld erschien in Königsberg äußerst günstig für das Wachsen einer Loge. Die erste Loge wurde in Königsberg am 16. April 1746 gegründet: es war die Loge „Zu den 3 Ankern", eine Tochterloge der Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ in Berlin. 1758 wurde sie nach zwölf Jahren gelöscht. Zwei Jahre später, 1760, wurde die Loge Zu den 3 Kronen von einer Schar der Ankerbrüder gegründet, ebenfalls eine Tochterloge derselben Großloge, die ihr eigenes Haus am Schloßteich 1771 bezog. Es war eine große Loge, die jedoch, wie viele anderen Logen damals auch, nach dem Ritual der Strikten Observanz arbeitete. Dieses Lehrsystem beruhte auf einer Art Wiederbelebung des Templerordens in einer klerikalen Ordnung. Dieses System wurde von vielen modern-liberal-aufklärerisch eingestellten Brüder abgelehnt und führte zur Spaltung der gesamten Freimaurerei in Deutschland.

Auflehnung gegen die Strikte Observanz

Bruder Johann Wilhelm Kellner von Zinnendorf hatte 1770 in Berlin die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland nach dem Schwedischen Lehrsystem gegründet. Er wollte, wie auch der ihm gut bekannte Bruder Jester, mit der Einführung des „Schwedischen Systems“ ein Gegengewicht zur Strikten Observanz bilden, die später am 1. Oktober 1779 wieder aufgegeben werden sollte. Nicht ohne Grund wurde also die Loge „Zum Todtenkopfe“ in Königsberg gestiftet.

Bis zum 2. Stiftungsfest 1774 hatte sich die Zahl der Brüder der Todtenkopfloge um weitere 11 erhöht und es war nun an der Zeit, sich um ein eigenes Logenhaus zu kümmern. Es fand sich ein geeignetes Heim am Schlossteich (Hinter Tragheim 26/27 [Lenning 1]) neben dem Haus der Dreikronenloge (Hinter Tragheim 31). Am 25. Mai 1775 fand dort die erste Arbeit statt.

Zuvor jedoch, im März 1775, wurde das 3. Stiftungsfest noch im Haus des Rotgerbers Abel begangen. Zu diesem Anlass sprach der Bruder Redner Johann Ernst Schultz zum Thema „Weisheit, Stärke, Schönheit“. Es war und ist noch heute eine durchaus interessante Rede, beantwortet sie doch die eingangs gestellte Frage nach den Hoffnungen der Brüder bezüglich der Logenentwicklung.

„Alle vorzüglichen Werke“, sagte er, „gründen sich auf eine kluge Anlage, auf eine herzhafte Ausführung und auf eine geschmackvolle Auszierung“. Er vergleicht das Zusammenwirken von Weisheit, Stärke und Schönheit im Tun mit „Regentropfen, die durch gehäuften Zusammenfluss die Quelle erzeugen, die durch ihren Überfluss den Bach bildet, der zum Strom anschwillt, sich selbst Bett und Ufer gräbt und sich durch seine eigene Kraft erweitert“. „Urteilen Sie selbst, meine Brüder“, sagt er an anderer Stelle, „ob ein Werk nicht vortrefflich genannt zu werden verdient, darinnen Weisheit, Stärke und Schönheit sich vereinigt zeigen“. - Und weiter führt er aus, „daß der ehrwürdige Orden sich durch die Verbindung von Weisheit, Stärke und Schönheit gegründet hat. Nur dadurch kann er seinen Bau fortführen und vollenden“. - Und weiter: „Die Kette wird untrennbar, unauflöslich sein“.

Die ältere Dreikronenloge und die nun hinzugekommene Todtenkopfloge waren Konkurrenten, nicht nur was die Zahl der Mitglieder anging, sondern man war auch prinzipiell kontrovers in der Lehrart, da die Dreikronenloge der Strikten Observanz angehörte und auf dem Konvent von Kohlo 1772 die Stellung einer Groß- und Mutterloge erhielt. Man beschlich und denunzierte sich, wo immer es möglich war, ohne aber den Anstand allzu sehr zu verletzen.

Am 3. Mai 1775 erhielt die Todtenkopfloge ihren Freibrief durch die Große Landesloge und wurde durch diese am 19. Juni 1775 eingeweiht. Es kam nun zu einer beidseits akzeptierten Regelung gegenseitiger Besuche.[Lenning 1] Bis dahin stritt man sich sogar um den Zaun, oder besser um eine mögliche Öffnung, um ein Türchen in der Grenze zwischen dem Garten des Logenhauses der Kronenloge und dem daneben liegenden Garten des Hauses der Todtenkopfloge.

Dennoch war die Situation für die Todtenkopfloge längst nicht so günstig, wie es aus der Entwicklung der Mitgliederzahl abzulesen sein könnte. Anfangs war die Logendisziplin nicht sehr ausgeprägt, der man angesichts der lauernden Konkurrenz durch die Dreikronenloge mit Geldstrafen versuchte Herr zu werden. In den folgenden Jahren wurden jedoch so viele Brüder aufgenommen, dass diese am 10. September 1775[Lenning 1] eine Schwesterloge stifteten. Sie nannte sich „Zum Phönix“ und erhielt ihren Freibrief von der Großen Landesloge bereits am 30. Januar 1776[Lenning 1]. Auch sie wuchs und gedieh sehr prächtig. Sie hatte ihr Domizil im gleichen Hause am Schlossteich wie die Todtenkopfloge.

Vereinigung „Zum Todtenkopfe und Phoenix“

Durch Napoleonische Kriege jedoch änderte sich die Situation: viele Brüder leisteten Kriegsdienst und kamen nicht wieder zurück, andere gaben wegen des Niedergangs der wirtschaftlichen Situation ihre Geschäfte auf und verließen Königsberg. Den Logen „Zum Todtenkopfe“ und „Zum Phönix“ schwanden die Mitglieder, so dass man sich zur Vereinigung beider Logen entschloss; es entstand am 10. September 1832 die Loge Vereinigte Johannisloge zum Totenkopf und Phönix [Lenning 1]. 1899 umfasste die Loge 354 Mitglieder.[Lenning 1]

Nie wieder hat das freimaurerische Leben im Königsberg des 19. Jahrhunderts die Blüte erreicht, die im 18. Jahrhundert nicht nur in Königsberg geherrscht hatte, sondern im gesamten preußischen Raum. Bis zum Beginn der Nazi-Diktatur jedoch konnte sich die Loge in Königsberg eines lebendigen Logenlebens erfreuen, doch ab 1933 wurde den Logen ihre Arbeit erschwert, ab 1935 gab es keine Freimaurerei mehr in Deutschland; sie wurde verboten, verfolgt, ihre Besitzungen wurden eingezogen. Erst 1947 wurden die ersten Logen in Westdeutschland und Westberlin wieder reaktiviert, so auch die Loge „Zum Todtenkopfe und Phoenix“. Sie bezog zusammen mit anderen reaktivierten Logen das halb zerstörte Logenhaus der Großen Landesloge in der Eisenacher Straße. Dort begann also das Logenleben wieder neu, Brüder wurden aufgenommen und die Loge konnte wieder ihr freimaurerisches Brauchtum pflegen. Bald jedoch wurde es in den begrenzt zur Verfügung stehenden Räumen in der Eisenacher Straße zu eng, und man entschloss sich zu einem Umzug in ein größeres Haus in Dahlem, das nun seit 1965 das Ordenhaus der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland ist. Hier ist nun seit 1965, zusammen mit elf weiteren Logen, das Domizil der Loge „Zum Todtenkopfe und Phönix“.

Im Juni 2002 erfolgte in Kaliningrad (Königsberg) die Reaktivierung der Loge „Zu den drei Kronen“ (siehe: Johann Georg Scheffner) durch Moskauer Brüder gemeinsam und mit Hilfe von Brüdern aus Hannover und Danzig, wobei auch Brüder der Loge „Zum Todtenkopfe und Phönix“ teilnahmen. An der Stelle, wo die Logenhäuser einmal standen, befindet sich heute ein kleiner Park mit einer Uferpromenade am See. Der Gründer der Loge, Bruder Jester, ließ sich im Garten des Logenhauses im Jahre 1818 bestatten. Damals zierte ein großer Granitkubus sein Grab, umgeben von einem kleinen Metallzaun, drei Stufen führten hinauf. Diese drei Stufen sind noch heute zu entdecken - eine Spur in die Vergangenheit.

Vorsitzende Logenmeister von 1772 bis 1884

Literatur

  • Otto Hieber: Geschichte der Vereinigten Johannis-Loge zum Todtenkopf und Phönix zu Königsberg i. Pr. 1897
  • Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurerlexikon. Überarbeitete und erweiterte Neuauflage der Ausgabe von 1932, München 2003, ISBN 3-7766-2161-3
  • Klaus C.F. Feddersen: Contitutionen, Statuten und Ordensregeln der Freimaurer in England, Frankreich, Deutschland und Skandinavien. Eine historische Quellenstudie aus den Constitutionen der freimaurerischen Systeme, insbesondere zur religiösen und christlichen Tradition in der Freimaurerei. Herausgegeben von der freimaurerischen Forschungsvereinigung Frederik der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Allgemeines Handbuch der Freimaurerei. Dritte, völlig umgearbeitete und mit den neuen wissenschaftlichen Forschungen im Einklang gebrachte Auflage von Lennings Encyklopädie der Freimaurerei, Verein deutscher Freimaurer, Leipzig. Max Hesse’s Verlag, 1900.

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