Friedrich Gogarten

Friedrich Gogarten

Friedrich Gogarten (* 13. Januar 1887 in Dortmund; † 16. Oktober 1967 in Göttingen) war als lutherischer Theologe Mitbegründer der Dialektischen Theologie im Deutschland des frühen 20. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Unter Führung von Karl Barth grenzte sich diese neue theologische Richtung von der bis dahin vorherrschenden Liberalen Theologie und ihren Vertretern (Albrecht Ritschl u. a.) ab. Gegen den Historismus und Anthropozentrismus der evangelischen Theologie des 19. Jahrhunderts stellte die dialektische Theologie den absoluten Gegensatz von Gott und Mensch heraus. Das entscheidende Publikationsorgan der Dialektischen Theologie war die nach einer Formulierung Gogartens benannte Schriftenreihe "Zwischen den Zeiten".

Auch wenn Karl Barth 1920 in einem Brief an Eduard Thurneysen über Gogarten begeistert schreibt: "Das ist ein Dreadnought für uns und gegen unsere Widersacher. Wer weiß, wird er eines Tages uns noch belehren! Er hat durchaus die Allüren und auch das Zeug derjenige Mann, welcher ... zu sein.", ist gleichwohl bereits wenige Jahre später eine gewisse Distanz zwischen Barth und Gogarten spürbar. Später kam es dann zur Auflösung der Zeitschrift "Zwischen den Zeiten" und zum Bruch mit Barth und zeitweise auch mit Rudolf Bultmann, der jedoch 1940 die Beziehung zu Gogarten wieder aufnimmt.

Kurz nach dem 4. August 1933 tritt Gogarten den Deutschen Christen bei. Nach der sog. "Sportpalastkundgebung" am 13. November 1933 in Berlin trennt er sich allerdings bereits mit einer in mehreren Zeitschriften erscheinenden Erklärung von der "Glaubensbewegung Deutsche Christen". Der NSDAP ist Gogarten nie beigetreten.

Gogarten lehrte seit 1927 in Jena, wo er sich auf Grund seiner Antrittsvorlesung über "Theologische Tradition und theologische Arbeit. Geistesgeschichte oder Theologie?" habilitiert hatte, übernahm 1931 als Nachfolger von Erich Schaeder in Breslau den Lehrstuhl für Systematische Theologie, musste im Sommersemester 1935 für den aus dem Dienst entlassenen Karl Barth in Bonn die Vertretung übernehmen und wurde dann zum Wintersemester 1935 in Göttingen als Nachfolger von Carl Stange zum ordentlichen Professor für systematische Theologie berufen und zum Universitätsprediger ernannt. Am 25. Februar 1955 erfolgte in Göttingen seine Emeritierung.

Gogartens Generalthema ist »Der Mensch zwischen Gott und Welt«, »Die Kirche in der Welt« und die Säkularisierung als Folge der christlichen Offenbarung.

Zitate

"Das ist das Schicksal unserer Generation, daß wir zwischen den Zeiten stehen. Wir gehörten nie zu der Zeit, die heute zu Ende geht. Ob wir je zu der Zeit gehören werden, die kommen wird? Und wenn wir von uns aus zu ihr gehören könnten, ob sie so bald kommen wird? So stehen wir mitten dazwischen. In einem leeren Raum."

Ehrungen

  • Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Gießen (1924)
  • Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland (1957)
  • Großes Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland (1967)

Literatur über Gogarten

  • Gerhard Schröder, Das Ich und das Du in der Wende des Denkens. Untersuchung zum Aufbruch der Ich-Du-Problematik und ihrer Verwendung bei Gogarten und Brunner, Kiel 1948.
  • J. A. van Wyk, Die Möglichkeit der Theologie bei Friedrich Gogarten. Diss., Basel 1950.
  • Fritz Flick, Die Frage nach dem Sinn geschichtlicher Aneignung bei Jaspers, Marx und Gogarten. Diss., Bonn 1953.
  • Wilhelm Kamlah, Gibt es wirklich 'die Entscheidung zwischen geschichtlichem und metaphysischem Denken'? Anmerkungen zur Friedrich Gogarten, Entmythologisierung und Kirche, in: Evangelische Theologie 14. 1954, S. 171–177.
  • Ernst Kinder, Das neuzeitliche Geschichtsdenken und die Theologie. Antwort an Friedrich Gogarten (= Luthertum, Bd. 12), Berlin 19541.
  • Albert Brandenburg, Glaube und Geschichte bei Friedrich Gogarten, in: Münchener theologische Zeitschrift VI. 1955, S. 169–197.
  • Ernst Fuchs, Begegnung mit dem Wort. [Rede anlässlich der Emeritierung von Friedrich Gogarten auf Einladung der Theol. Fachschaft in Göttingen am 25. Februar 1955 gehalten], Bad Cannstatt 1955.
  • Regin Prenter, Das Evangelium der Säkularisierung. Bemerkungen zu Friedrich Gogartens letzten Werken, in: Theologische Zeitschrift XII. 1956, S. 605–630.
  • Alfred Kretzer, Zur Methode von Karl Barth und Friedrich Gogarten. Diss., Münster 1957.
  • Carl Michalson, The Rationality of Faith, Philadelphia 1959.
  • Theodor Strohm, Konservative politische Romantik in den theologischen Frühschriften Friedrich Gogartens, Berlin 1961.
  • Roland Wagler, Der Ort der Ethik bei Friedrich Gogarten. Der Glaube als Ermächtigung zum rechten Unterscheiden (= Theologische Forschung. Wissenschaftliche Beiträge zur kirchlich-evangelischen Lehre, Bd. 24), Hamburg-Bergstedt 1961.
  • G. W. Ittel, Sein und Existenz. Eine Auseinandersetzung mit Nollers gleichnamigem Buch im Hinblick auf die Theologie Friedrich Gogartens, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche LX. 1963, S. 349–369.
  • Walter Kreck, Die Christologie Gogartens und ihre Weiterführung in der heutigen Frage nach dem historischen Jesus, in: Evangelische Theologie 23. 1963, S. 169–197.
  • Bernhard Langemeyer, Der dialogische Personalismus in der evangelischen und katholischen Theologie der Gegenwart, Paderborn 1963.
  • Hans Ulrich Nievergelt, Die theologische Idealismuskritik des frühen Gogarten in ihrer pädagogischen Bedeutung, Zürich 1963.
  • Larry Shiner, The secularization of history. An introduction to the theology of Friedrich Gogarten, Nashville u.a. 1966.
  • Harry Edmund Smith, The concept of secularization in the thought of Friedrich Gogarten and Dietrich Bonhoeffer and its implications for American higher education, Madison, N.J. 1966.
  • Dorothee Sölle, Friedrich Gogarten, in: Hans Jürgen Schultz (Hg), Tendenzen der Theologie im 20. Jahrhundert. Eine Geschichte in Porträts, Stuttgart 1966, S. 291–295.
  • Armin Volkmar Bauer, Freiheit zur Welt. Zum Weltverständnis und Weltverhältnis des Christen nach der Theologie Friedrich Gogartens. Diss., 1968. (= Konfessionskundliche und kontroverstheologische Studien, Bd. 25), Paderborn 1967.
  • Gerhard Bruch, Der geschichtliche Christus im Zusammenhang von Grund und Gestalt des christlichen Glaubens nach der Theologie Friedrich Gogartens, Berlin 1967.
  • Hermann Fischer, Christlicher Glaube und Geschichte. Voraussetzungen und Folgen der Theologie Friedrich Gogartens, Gütersloh 19671.
  • Joachim Kahl: Philosophie und Christologie im Denken Friedrich Gogartens. Theologische Dissertation, Marburg 1967 (Dissertationsdruck)
  • Rudolf Weth, Gott in Jesus. Der Ansatz der Christologie Friedrich Gogartens. Mit einer Gogarten-Bibliographie (= Forschungen zur Geschichte und Lehre des Protestantismus, 10. Reihe, Bd. 36), München 1968.
  • Friedrich Duensing, Gesetz als Gericht. Eine lutherische Kategorie in der Theologie Werner Elerts und Friedrich Gogartens. Univ., Diss.--Göttingen (= Forschungen zur Geschichte und Lehre des Protestantismus, 10, 40), München 1970.
  • Karl-Wilhelm Thyssen, Begegnung und Verantwortung. Der Weg der Theologie Friedrich Gogartens von den Anfängen bis zum Zweiten Weltkrieg (= Hermeneutische Untersuchungen zur Theologie, Bd. 12), Tübingen 1970.
  • Peter Lange, Konkrete Theologie? Karl Barth und Friedrich Gogarten „Zwischen den Zeiten“ (1922 - 1933). Eine theologiegeschichtlich-systematische Untersuchung im Blick auf die Praxis theologischen Verhaltens (= Basler Studien zur historischen und systematischen Theologie, Bd. 19), Zürich 1972.
  • Eckhard Lessing, Das Problem der Gesellschaft in der Theologie Karl Barths und Friedrich Gogartens (= Studien zur evangelischen Ethik), Gütersloh 1972.
  • Carlos Naveillan, Strukturen der Theologie Friedrich Gogartens (= Beiträge zur ökumenischen Theologie), München 1972.
  • Alfred Dubach, Glauben in säkularer Gesellschaft. Zum Thema Glaube und Säkularisierung in der neueren Theologie, besonders bei Friedrich Gogarten. Diss. (= Europäische Hochschulschriften, Bd. 17), Bern 1973.
  • Alexander Schwan, Geschichtstheologische Konstitution und Destruktion der Politik. Friedrich Gogarten und Rudolf Bultmann, Berlin 1976.
  • Christof Gestrich, Neuzeitliches Denken und die Spaltung der dialektischen Theologie. Zur Frage der natürlichen Theologie, Tübingen 1977.
  • Josef Vohn, Sittliche Erkenntnis zwischen Rationalität und Glauben. Ein Aspekt der Säkularisierung im Licht der Theologie Friedrich Gogartens (= Konfessionskundliche und kontroverstheologische Studien), Paderborn 1977.
  • Bernd H. Stappert, Weltlich von Gott handeln. Zum Problem der Säkularität in der amerikanischen Theologie und bei Friedrich Gogarten (= Koinonia, Bd. 15), Essen 1978.
  • Theodor Strohm, Friedrich Gogarten (1887-1967), in: Martin Greschat (Hg), Theologen des Protestantismus im 19. und 20. Jahrhundert. Band 2 (= Urban-Taschenbücher 285), Stuttgart 1978, S. 331–349.
  • Michael Freyer, Der Dialog zwischen Friedrich Gogarten und Eberhard Grisebach, in: Neue Zeitschrift für systematische Theologie und Religionsphilosophie 22. 1980, S. 108–116.
  • Michael Weinrich, Der Wirklichkeit begegnen … Studien zu Buber Grisebach Gogarten Bonhoeffer und Hirsch, Neukirchen-Vluyn 1980.
  • Jörg Baur, Friedrich Gogarten - Theologe (31.01.1887 - 16.10.1967). Rede anläßlich der Enthüllung einer Gedenktafel am 13. 1. 1987, Hainholzweg 60 [Göttingen], in: Göttinger Jahrbuch. 1987, S. 243f.
  • Friedrich Wilhelm Graf, Friedrich Gogartens Deutung der Moderne, in: ZKG 100. 1989, S. 169–230.
  • Klaus Bartl, Theologie und Säkularität. Die theologischen Ansätze Friedrich Gogartens und Dietrich Bonhoeffers zur Analyse und Reflexion der säkularisierten Welt. Zugl.: Bonn, Univ., Diss., 1989 (= Europäische Hochschulschriften : Reihe 23, Theologie, Bd. 393), Frankfurt am Main u.a. 1990.
  • Friedrich Paul Sebastian Brandi-Hinnrichs: Von der personalen zur politischen Theologie. Die theologie- und kulturgeschichtlichen Hintergründe der Theologie Friedrich Gogartens zwischen 1924 und 1934; mit einem Vergleich zu Emil Brunner. Univ., Diss.--Hamburg, Hamburg 1990.
  • Dietrich Braun, Carl Schmitt und Friedrich Gogarten. Erwägungen zur "eigentlich katholischen Verschärfung" und ihrer protestantischen Entsprechung im Übergang von der Weimarer Republik zum Dritten Reich, in: Berliner theologische Zeitschrift 11. 1994, S. 219–242.
  • Matthias Kroeger, Friedrich Gogarten. Leben und Werk in zeitgeschichtlicher Perspektive. Mit zahlreichen Dokumenten und Materialien, Bd. 1, Stuttgart 1997.
  • Göckeritz, Hermann Götz: "Friedrich Gogarten", in: Wolf-Dieter Hauschild (Hg), Profile des Luthertums. Biographien zum 20. Jahrhundert (= Die lutherische Kirche, Geschichte und Gestalten, Bd. 20), Gütersloh 1998, S. 215–258. ISBN 3579003860
  • Martin Leiner, Gottes Gegenwart. Martin Bubers Philosophie des Dialogs und der Ansatz ihrer theologischen Rezeption bei Friedrich Gogarten und Emil Brunner, Gütersloh 2000.
  • Soo-Hwan Han, Die Wirklichkeit des Menschen im Personalismus Martin Bubers, Ferdinand Ebners, Emil Brunners und Friedrich Gogartens, Hamburg 2001.
  • Christian Danz, Reformation, Neuzeit und die ethische Bestimmtheit des Glaubens. Überlegungen zur Lutherdeutung von Ernst Troeltsch und Friedrich Gogarten, in: Christian Danz u.a. (Hg), Erinnerte Reformation. Studien zur Luther-Rezeption von der Aufklärung bis zum 20. Jahrhundert ; [Udo Kern zum 65. Geburtstag] (= Theologische Bibliothek Töpelmann, Bd. 143), Berlin 2008, S. 259–279.
  • Hermann Götz Göckeritz: Einleitung, in: Ders. (Hg), Friedrich Gogartens Briefwechsel mit Karl Barth, Eduard Thurneysen und Emil Brunner, Tübingen 2009.

Weblinks


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