Fänger im Roggen

Fänger im Roggen

Der Fänger im Roggen (1951; Originaltitel The Catcher in the Rye) ist ein 1951 erschienener, weltweit erfolgreicher Roman des US-amerikanischen Schriftstellers Jerome David Salinger (* 1919).

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Der Ich-Erzähler des Romans ist der 17-jährige Holden Caulfield. Er berichtet die Geschehnisse, die sich an drei Tagen – von Samstagabend bis Montag – kurz vor dem letzten Weihnachtsfest ereignet haben:

Samstag

Für den 16-jährigen Holden Caulfield, der schon an zwei anderen Schulen gescheitert ist, sind eine Woche vor Weihnachten 1949 auch am fiktionalen Internat Pencey Prep im ebenfalls fiktionalen Agerstown, Pennsylvania, die Tage gezählt. Trotz eindringlicher Ermahnungen ist er in vier von fünf Fächern nicht auf den erforderlichen Leistungsstand gekommen. Auch jetzt, kurz vor Weihnachten, macht er einen schlimmen Fehler: als Kapitän des Fechtteams lässt er vor dem Kampf in New York die gesamte Ausrüstung in der U-Bahn liegen. So beobachtet er das Footballspiel gegen den Erzrivalen Saxon Hall nur aus der Ferne und begibt sich zu einem Abschiedsbesuch bei seinem älteren, grippekranken Geschichtslehrer Spencer, von dem er sich zu allem Überdruss auch noch großväterliche Ermahnungen anhören muss.

Auf der Stube wird Holden von seinem nervtötenden Zimmernachbarn Robert Ackley beim Lesen gestört, bevor sein eitler Zimmergenosse Ward Stradlater eintrifft. Der leiht sich Holdens beste Jacke, weil er ein Rendezvous mit dessen Schwarm Jane Gallagher hat, was Holden in höchste Aufregung versetzt. Holden begibt sich nach dem Abendessen kurz mit Ackley zum Flippern ins verschneite Agerstown, bevor er gegen 21 Uhr für Stradlater die Englischhausaufgabe erledigt, die Beschreibung eines Hauses oder Raumes. Da Holden nichts zu diesem Thema einfällt, schreibt er über den Baseballhandschuh seines kleinen Bruders Allie, der am 18. Juli 1946 an Leukämie verstorben ist.

Nachdem Stradlater gegen 22:30 Uhr von seinem Rendezvous zurückgekehrt ist, regt er sich über das unbrauchbare Thema des Aufsatzes auf, den Holden daraufhin zerreißt. Als Stradlater daraufhin auch noch offen lässt ob er mit Jane intim geworden ist, wird Holden dermaßen von Eifersucht gepackt, dass sich eine Schlägerei entspinnt, bei der er sich eine blutige Nase zuzieht.

Zunächst möchte er die Nacht im Bett von Ackleys Zimmergenossen verbringen, doch dann fällt er die Entscheidung, Pencey auf der Stelle zu verlassen. Anstatt seine Eltern in der New Yorker 71. Straße aufzusuchen, will er lieber die Zeit bis Mittwoch abwarten, bis die Nachricht seiner Entlassung dort eingetroffen ist und sich gesetzt hat, und solange in einem billigen Hotel in einem anderen Stadtteil wohnen. In diesem Sinne macht Holden seine Schreibmaschine zu Geld und fährt noch am Samstagabend los.

Im Zug trifft er auf die Mutter seines Mitschülers Ernest Morrow, wobei er sich unter falschem Namen einen Spaß daraus macht, den verhassten Mitschüler als beliebt und bewundert zu schildern. In New York eingetroffen ist Holden unschlüssig, wen er gegen Mitternacht noch anrufen kann; die geliebte 10-jährige Schwester Phoebe dürfte schon längst schlafen. So checkt er im Edmont Hotel, einer Absteige für Sonderlinge, ein und probiert es bei der ihm als „lockeres Mädchen“ empfohlenen Faith, das sich aber so spät nicht mehr zu einem Cocktail überreden lässt. Stattdessen gesellt er sich im hoteleigenen Lavender Room zu drei mäßig attraktiven weiblichen Touristinnen, mit denen er tanzt; diese interessieren sich allerdings kaum für ihn sondern spähen lieber nach Filmstars.

Noch immer in Gedanken an Jane Gallagher, mit der er einst Golf oder Dame gespielt hat und ins Kino gegangen ist, fährt Holden nach Greenwich. Unterwegs bringt er – wie schon auf dem Weg zum Hotel – den Taxifahrer unbeabsichtigt in Rage, nur weil er seine Lieblingsfrage stellt, wo wohl die Enten aus dem Central Park im Winter bleiben. Im vollbesetzten Nachtclub des Pianisten Ernie begegnet er einer Ex-Freundin seines älteren Bruders D. B., der nach dem Militärdienst im Weltkrieg als Drehbuchautor in Hollywood gelandet ist. Um ihren Fängen zu entgehen, verlässt Holden den Club überstürzt und geht durch die Nacht zum Hotel zurück.

Dort lässt er sich vom Angebot des Liftboys Maurice überrumpeln und bekommt die Prostituierte Sunny aufs Zimmer geschickt. Ihr Anblick deprimiert ihn zu sehr, als dass er mit ihr Sex haben wollte. Stattdessen versucht er, sie unter Verweis auf eine angebliche Operation als Gesprächspartnerin zu gewinnen. Da Sunny davon nichts wissen will, zahlt er ihr die vereinbarten fünf Dollar aus, doch verlangt sie auf einmal das Doppelte. Holden lehnt ab und geht im Morgengrauen endlich zu Bett, als sich Maurice unsanft Zugang zu seinem Zimmer verschafft, während sich Sunny den Restbetrag aus dem Portemonnaie holt. Holden kann sich eine Schimpfkanonade nicht verkneifen, für die er sich von Maurice einen Boxhieb einfängt.

Sonntag

Nach einem Bad legt er sich bis 10 Uhr kurz schlafen, verstaut seinen Koffer in einem Bahnhofsschließfach und kommt beim Frühstück mit zwei Nonnen ins Gespräch, denen er trotz knapper Kasse eine Spende von zehn Dollar aufnötigt. Beim Spaziergang über den übervölkerten Broadway begegnet er einem kleinen Jungen, der ein Lied “If a body catch a body coming through the rye” singt. In einem Plattenladen kauft er für seine Schwester die Platte Little Shirley Beans, doch sucht er an jener Stelle im Central Park, an der Phoebe sonst sonntags Rollschuh läuft, vergeblich nach ihr.

Nach einem Abstecher zum Museum of Natural History trifft er sich dann um 14 Uhr mit seiner Mitschülerin Sally Hayes zum Theaterbesuch. Eigentlich hält er nicht viel von ihr, doch sieht sie heute so blendend aus, dass er sich benimmt, als wäre er in sie verliebt. Seine Zuneigung schwindet bald, weil sie sich in den Theaterpausen mit einem Wichtigtuer unterhält und Holden das Gespräch kaum ertragen kann. Trotzdem geht er mit Sally noch zum Schlittschuhlaufen in die Radio City Music Hall, wo er ihr seinen Weltschmerz klagt. Er entwickelt nun die Idee, mit ihr im Auto nach Vermont durchzubrennen, das Geld zu verprassen und nach einem Job zu suchen. Sally findet die Idee nur verrückt und wird sauer. Da Holden ihr noch einen Vorwurf macht, reagiert sie vollends beleidigt, sodass sie sich in Unfrieden trennen.

Vergeblich versucht er, Jane Gallagher ans Telefon zu bekommen. Stattdessen trifft er sich nach einem Kinobesuch um 22 Uhr mit Ex-Mitschüler Carl Luce in der Wicker Bar. Mit seinen indiskreten Fragen nach dessen Sexualleben sorgt Holden für eine angespannte Gesprächsatmosphäre, so dass Carl bald wieder geht. Holden betrinkt sich bis 1 Uhr alleine, bis er den Mut aufbringt, bei Sally anzurufen. Sie bemerkt, dass er betrunken ist und beendet das Gespräch. Ratlos, wo er die Nacht verbringen soll, steuert er den Parkteich an, um hinter das Geheimnis der Enten zu kommen. Auf einer Bank sitzend malt er sich in seiner Depression seine eigene Beerdigung aus.

Schließlich steuert er das Appartement seiner Eltern an, schleicht sich in die Wohnung und weckt Phoebe auf, von der er erfährt, dass Vater und Mutter noch nicht von ihrer Party zurückgekehrt sind. Da Holden sich erst für Mittwoch angesagt hat, durchschaut die Kleine bald, dass ihr Bruder schon wieder von der Schule gegangen ist. Beleidigt macht sie ihm Vorwürfe, wobei sie auch deutlich fragt, ob es eigentlich irgendetwas gäbe, was er wirklich möge. Nach einigem Denken fällt ihm nur das ein: Er stellt sich vor, dass Kinder in einem Roggenfeld, das auf einer Klippe liegt, Fangen spielen. Diese Kinder möchte er davor bewahren, in den Abgrund am Ende des Feldes zu stürzen. Holden und Phoebe tanzen und unterhalten sich noch, bis Holden sich vor den heimkehrenden Eltern im Kleiderschrank verstecken muss. Er leiht sich von seiner Schwester Geld und verschwindet dann von seinen Eltern unbemerkt aus der Wohnung.

Montag

Bei seinem ehemaligen Englischlehrer Antolini, der gerade seine letzten Partygäste verabschiedet hat, findet er noch zu vorgerückter Stunde freundliche Aufnahme. Antolini erkundigt sich sofort nach den Gründen für den abermaligen Schulverweis. Er warnt Holden. Der solle aufpassen, damit er nicht immer weiter auf die schiefe Bahn gerate. Zugleich preist Antolini die Vorzüge einer akademischen Ausbildung, zu der es, wie er meint, keine Alternative gibt. Geplagt durch Kopfschmerzen und zunehmende Müdigkeit fühlt sich Holden von dem Gespräch überfordert. Er darf auf der Gästecouch schlafen. Nach einer gewissen Zeit wacht er plötzlich auf, weil Antolini ihm über den Kopf streichelt. Das versetzt Holden in so große Panik, dass er die Wohnung am Sutton Place unter einem Vorwand fluchtartig verlässt.

Den Rest der Nacht verbringt er im Wartesaal der Grand Central Station, bis er gegen 9 Uhr auf der vorweihnachtlichen Fifth Avenue ein Café zum Frühstück ansteuert – deprimiert, übermüdet und geplagt von Kopfschmerzen. Beim Überqueren der Straßen bekommt er sogar Panikattacken. In dieser Situation fällt er die Entscheidung, nie mehr nach Hause oder auf eine Schule zu gehen. Lieber will er in Richtung Westen trampen, um sich dort als Tankwart durchzuschlagen – vorgeblich taubstumm, damit er keine dummen Gespräche mehr führen muss.

Um sich von Phoebe zu verabschieden, lässt er ihr über das Schulsekretariat eine Nachricht zukommen, mit der er sie für 12:15 Uhr zum Treffpunkt am Museum zitiert. Zu Holdens Entsetzen kreuzt sie mit einem gepackten Koffer auf, weil sie unbedingt mitkommen will. Da er das unnachgiebig ablehnt, fängt sie an zu weinen und straft ihn mit Schweigen, auch wenn sie ihm auf seinem Weg durch den Zoo folgt. An ihrem Lieblingskarussell beruhigt sich Phoebe dann endlich, weil Holden seine Auswanderungspläne widerruft und nun doch noch am Montag nach Hause zurückkehrt. Er wird sogar ab September einen neuen Anlauf an einer neuen Schule wagen.

Analyse

Der Fänger im Roggen lässt sich auf verschiedenen Ebenen interpretieren. Oft wurde vor allem die Sozialkritik betont, die Salinger seinen Hauptcharakter Holden Caulfield an der verlogenen amerikanischen Gesellschaft der 1940er und 50er Jahre üben lässt. Einen anderen Interpretationsansatz bietet der psychologische Aspekt des Heranwachsens und Erwachsenwerdens, der sich vor allem in der inneren Wandlung Holdens innerhalb des Romans manifestiert. Andere Kritiker und Wissenschaftler haben den Roman vor allem auf einer moralischen Ebene interpretiert. Sie stellen dabei den moralischen Anspruch Holdens heraus, der sich vor allem in verschiedenen Metaphern äußert. Ausgangspunkt jeder Analyse ist dabei immer die Hauptperson Holden Caulfield. Der Roman ist aus der Ich-Perspektive erzählt, die die Gefühle und Überzeugungen Holdens deutlich werden lässt.

Against everything phony: Moralischer Anspruch und Gesellschaftskritik

Der 16-jährige Holden ist ein vielschichtiger, oftmals ambivalenter Charakter. Er verabscheut alles, was er „phony“ (in den deutschen Ausgaben „piefig“, „verlogen“ oder „affektiert“) nennt: Die Verlogenheit und Falschheit der erwachsenen Welt. Er erkennt überall in seinem Umkreis „phonies“, vor allem natürlich bei den Erwachsenen, aber auch bei vielen Altersgenossen. Seine Freundin Sally Hayes, die sich wie eine Erwachsene aufspielt, nennt er „queen of the phonies“, die „Königin der Piefigen“. Positiv werden nur diejenigen Personen dargestellt, die sich nett, verständnis- und mitleidvoll verhalten, mithin also keine phonies sind. Dazu gehören Holdens toter Bruder Allie, seine Schwester Phoebe, sein ehemaliger Englischlehrer Mr. Antolini, seine Freundin Jane Gallagher, zwei Nonnen, die er zufällig kennenlernt, ebenso wie Ernest Morrows Mutter, welche er während einer Zugfahrt kennen lernte.

Die Ambivalenz des Charakters Holden zeigt sich etwa in seiner Stellung gegenüber Geld und Besitz. So ist ihm selbst Geld zwar nicht wichtig – er richtet z. B. eine großzügige Spende an die zwei Nonnen, die er in einem billigen Café kennenlernt –, andererseits urteilt er häufig abschätzig über Menschen, denen er die geringen finanziellen Möglichkeiten ansieht. Der Grund, warum er an der Schule einen Raum mit dem für ihn unausstehlichen phony David Stradlater teilt, ist hauptsächlich, dass dessen Kleider und Koffer ähnlich edel sind wie seine eigenen. Die Komplexität und Ambivalenz von Holdens Charakter zeigt sich auch in dem Zitat “I’m quite illiterate, but I read a lot.

Die Charakterisierung Holdens findet auch stark über dessen Stellung zu bestimmten, absichtlich gegensätzlichen Paaren von Nebenfiguren statt. Seinen Geschichtslehrer Mr. Spencer, der ihm einen besonders misslungenen Aufsatz noch einmal genüsslich vorliest, urteilt er in Gedanken moralisch ab, während er seinen Englischlehrer Mr. Antolini, der ihm gegenüber äußerst freundlich und verständnisvoll auftritt, positiv charakterisiert. Ähnliches gilt für ein anderes Paar: Holdens Jugendschwarm Jane Gallagher und seine jetzige Freundin Sally Hayes. Jane, die zwar als nicht allzu gutaussehend beschrieben wird, hat in den Augen Holdens aber einen ausgezeichneten Charakter. Darum wird Jane fortlaufend mit positiven Erinnerungen in Verbindung gebracht, und so gerät Holden auch in Wut, als Stradlater sein Date mit eben dieser Jane erwähnt. Seine Freundin Sally jedoch, die unglaublich gut aussieht, beschreibt er fortlaufend negativ. Er ist schließlich dermaßen genervt von ihr, dass er ihr an den Kopf wirft: “You are annoying the hell out of me”.

In diesen jeweils gegensätzlichen Charakterisierungen der Sekundärcharaktere zeigt sich vor allem der moralische Anspruch des Romans. Aus Holdens Sicht dürfen Menschen nicht phony sein, sie sollen Mitleid haben, Verständnis zeigen, freundlich sein zu ihren Mitmenschen. Ein weiteres gegensätzliches Paar sind Holdens Brüder D. B. und Allie. Der ältere D. B. ist ein erfolgreicher Schriftsteller in Hollywood, den Holden zwar für sein Können als Schriftsteller bewundert, aber auch dafür kritisiert, dass er sich in Hollywood „prostituiert“ hat. Allie hingegen, der zum Zeitpunkt der Handlung bereits tot ist, wird als nahezu perfekter Mensch beschrieben, der nie „mad at anyone“, sondern immer nett und freundlich zu jedem gewesen sei.

Auch dass sich Holden die Frage stellt, wohin eigentlich die Enten des Central Park gehen, wenn das dortige Wasser zufriert, ist ein Indiz für den mitleidvollen Charakter der Hauptperson. Diese Frage, eine der Hauptmetaphern des Romans, lässt Holden nicht mehr los: Er stellt sie zwei Taxifahrern, er sucht trunken die Enten sogar mitten in der Nacht und kann sie nicht finden. Unter anderem auf dieser Ebene lässt sich auch die Hauptmetapher des Romans, die des „Fängers im Roggen“ deuten: Holden hat in diesem Bild nur die Aufgabe, anderen zu helfen, mehr will er nicht.

Der psychologische Aspekt: Holdens innerer Wandel vom Kind zum Erwachsenen

Ein anderer Interpretationsansatz bezieht sich auf den inneren Wandel, den Holden im Verlauf des Romans durchmacht. Er wird von dem pubertären Jugendlichen zu einem verantwortungsbewussten Erwachsenen. Hier liegt auch der Schlüssel zum Erfolg des Romans vor allem bei Jugendlichen, die sich mit dem jungen Hauptcharakter an der Schwelle zum Erwachsenwerden identifizieren konnten und können. Auf die pubertäre Attitüde verweist, besonders auffällig, vor allem der Stil: Salinger benutzt konsequent eine mit Slang durchsetzte Jugendsprache. Das Buch wurde in einigen angelsächsischen Ländern zunächst verboten, es enthielt in der Originalausgabe 255 mal den Begriff „goddam“ und 44 „fuck“s.

Auf den Aspekt des Erwachsenwerdens bezieht sich auch der Titel des Buches, der eine Zeile aus dem Gedicht Comin’ Thro’ the Rye von Robert Burns falsch zitiert: „When/If a body meet a body coming through the rye“ („Trifft ein Jemand einen Jemand, der durch den Roggen gelaufen kommt“). In Holdens Erinnerung wird das „meet“ (treffen) zu „catch“ (fangen). Das Liebesgedicht, das eher frivolen Charakter besitzt, wird von Holden falsch interpretiert. Er leitet daraus die Vorstellung von spielenden Kindern in einem Roggenfeld ab, die er vor dem Absturz an einer Klippe bewahren muss, wobei der Absturz das Erwachsenwerden symbolisiert. Als zentrales Motiv des Buches wird hier die Rettung der Kinder vor dem Verlust der Unschuld, sozusagen vor dem Phony-Werden dargestellt.

Im größten Teil des Romans ist Holden noch ein pubertierendes Kind. Deshalb stößt ihn die Gesellschaft ab, was u. a. durch die rote Jägerkappe symbolisiert wird, die Holden falsch herum trägt. Hiermit will er sich von der erwachsenen Gesellschaft der phonies abgrenzen, will zeigen, dass er nicht dazugehört. Eine andere Metapher für die Ausgestoßenheit Holdens aus der Gesellschaft ist seine Phantasie von einer einsamen Hütte, in der er allein leben möchte. Er will sich als Taubstummer tarnen, damit er von niemandem belästigt wird. Er trennt sich von allem Verlogenen: „Es wäre mein Gesetz, daß niemand, der mich besuchte, etwas Verlogenes tun dürfte. Falls jemand etwas Verlogenes tun wollte, könnte er nicht bei mir bleiben“.[1]

Der Wandel geschieht erst auf den letzten Seiten des Romans. Holden fasst den Entschluss, aus New York zu fliehen und seine Phantastereien von einem Leben als Taubstummer in einer einsamen Hütte zu verwirklichen. Doch seine Schwester Phoebe macht ihm einen Strich durch die Rechnung: Sie will mitkommen. Indem er nun seinen Plan aufgibt, übernimmt er Verantwortung – ihm wird bewusst, dass er für Phoebe sorgen muss. Darum überwindet er in der letzten Szene des Romans endlich seine anhaltenden Depressionen, ist das erste Mal richtig glücklich: „Ich war plötzlich so verflucht glücklich, weil Phoebe immer im Kreis herumfuhr. Ich hätte beinah geheult, so verflucht glücklich war ich, falls das jemand interessiert“.[2] So setzt Holden in der letzten Szene seine Jägerkappe auch endlich richtig herum auf – er ist erwachsen.

Rezeption

The Catcher in the Rye erschien erstmals am 16. Juli 1951, 1953 kam die Taschenbuchausgabe bei Signet heraus und verkaufte sich innerhalb von 10 Jahren dreieinhalb Millionen mal. Die Weltauflage betrug zur gleichen Zeit mehr als 10 Millionen. Heute hat sich der Fänger als Long-Seller mit jährlich einer Viertelmillion Exemplaren etabliert.

Mark David Chapman, der Mörder John Lennons, trug das Buch am Tag der Tat bei sich und gab an, sich mit Holden Caulfield zu identifizieren. Dies wurde auch im Film Fletchers Visionen aufgegriffen. Auch der berüchtigte Gewaltverbrecher Charles Manson erwähnte einmal, sich als der „Fänger im Roggen“ zu sehen. Ebenso befand sich das Buch im Besitz von John Hinckley, Jr., der das Attentat auf Ronald Reagan im Jahr 1981 verübte. Auch Theodore Kaczynski, bekannt als Una-Bomber, hatte in seiner Hütte ein Exemplar.

Siegfried Lenz nahm in seinem Roman Die Klangprobe mehrere Motive aus dem Fänger im Roggen auf. In dem Lied We Didn’t Start the Fire von Billy Joel erfährt das Buch eine zeitgeschichtliche Erwähnung innerhalb einer epochalen Aufzählung. Auch in Life is a flower von Ace of Base wird das Buch erwähnt. In Ulrich Plenzdorfs Roman Die neuen Leiden des jungen W. wird das Buch (zusammen mit Robinson Crusoe von Daniel Defoe) vom Protagonisten Edgar Wibeau als einziges lesenswertes Buch bezeichnet.

Auch die kalifornische Punkrock-Band Green Day beschäftigt sich in dem Lied Who Wrote Holden Caulfield? mit Holdens Psyche.

Die britische Metalcore-Band Bring Me the Horizon nutzt mit Who Wants Flowers When You're Dead? Nobody. ebenfalls ein Zitat Holdens als einen ihrer Songtitel.

Übersetzung

Die ursprüngliche erste deutsche Übersetzung wird häufig Heinrich Böll zugeschrieben. Dies ist jedoch nur zum Teil korrekt, da bald nach Erscheinen des Buches in den USA (1951) das Buch von der Schweizerin Irene Muehlon übersetzt wurde und unter dem Titel Der Mann im Roggen erschien. Allerdings wurde dies nicht auf Basis der amerikanischen Originalversion durchgeführt, sondern auf einer bereits überarbeiteten englischen Variante. Zudem wurde die jugendliche Sprache nicht in der Form übernommen und ganze Textpassagen vollständig gestrichen. Erst 1962 wurde diese deutsche Übersetzung von Heinrich Böll „durchgesehen“, nachdem die Rechte von einem deutschen Verlag gekauft wurden. Dieser nutzte als Vorlage seiner Arbeit die Penguin-Ausgabe. In dieser hatten die Lektoren des britischen Verlages bereits mehr als 800 Schnitte am Text vorgenommen. Im Jahre 2003 wurde das Buch von Eike Schönfeld neu übersetzt, um eine etwas zeitgemäßere Version des Klassikers auf den Markt zu bringen.[3]

Ausgaben

  • Der Mann im Roggen. Roman. Deutsch von Irene Muehlon, Diana Verlag, Zürich 1954 (deutschsprachige Erstausgabe).
  • Der Fänger im Roggen. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1962 (Neubearbeitung von Heinrich Böll). Als Taschenbuch: Rowohlt (rororo 851), Reinbek 1966.
  • Der Fänger im Roggen. Deutsch von Eike Schönfeld, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003, ISBN 3-462-03218-6 (aktuell erhältliche, neu übersetzte Ausgabe). Als Taschenbuch: Rowohlt (rororo 23539), Reinbek 2004, ISBN 3-499-23539-0.

Literatur

  • Matthias Bode: Erläuterungen zu Jerome David Salinger, Der Fänger im Roggen (The catcher in the rye). (2. Auflage.) Königs Erläuterungen und Materialien, Band 328. Bange, Hollfeld 2005, ISBN 3-8044-1743-4.
  • Eberhard Alsen: “The Catcher in the Rye”. In: Ders.: A Reader’s Guide to J. D. Salinger. Greenwood Press, Westport 2002, ISBN 0-313-31078-5, S. 53–77.

Einzelnachweise

  1. Zit. nach J. D. Salinger, Der Fänger im Roggen, Übersetzung bearbeitet von Heinrich Böll, Reclam, Leipzig 1988, S. 188. Im Original: „I’d have this rule that nobody could do anything phony when they visited me. If anybody tried to do anything phony, they couldn’t stay“. Zit. nach J. D. Salinger, The Catcher in the Rye, Penguin Books, London 1994, S. 184.
  2. Zit. nach J. D. Salinger, Der Fänger im Roggen, Übersetzung bearbeitet von Heinrich Böll, Reclam, Leipzig 1988, S. 195. Im Original: „I felt so damn happy all of a sudden, the way old Phoebe kept going around and around. I was damn near bawling, I felt so damn happy, if you want to know the truth“. Zit. nach J. D. Salinger, The Catcher in the Rye, Penguin Books, London 1994, S. 191.
  3. Zur neuen Übersetzung von Eike Schönfeld vgl. Rezension der Neuübersetzung in der taz

Weblinks


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