Fünftelregelung

Fünftelregelung

Außerordentliche Einkünfte wie z. B. Veräußerungsgewinne, Entlassungsentschädigungen und Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten sind bei der Einkommensteuer mit der sogenannten Fünftelregelung begünstigt (§ 34 EStG). Regelmäßig handelt es sich hierbei um Einkünfte, die über mehrere Jahre erwirtschaftet wurden, aber nur in einem Jahr besteuert werden. Das ist zum Beispiel bei einer Abfindung oder der Kapitalabfindung einer Unterstützungskasse der Fall. Durch die Steuerprogression käme es ohne diese Begünstigung zu einer außergewöhnlich hohen Steuerbelastung. Ziel der Fünftelregelung ist es hierfür einen Ausgleich zu schaffen.

Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so beträgt die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte.

Die Fünftelregelung kommt allerdings nur zur Anwendung, wenn eine Zusammenballung vorliegt. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn das Jahreseinkommen mit den außerordentlichen Einkünften höher ist als das vergleichbare Jahreseinkommen des Vorjahres. Zahlungen sind - nach Jahren getrennt - zu betrachten.

Bei Veräußerungsgewinnen gibt es noch die Möglichkeit, statt der Fünftelregelung einen ermäßigten Steuersatz und einen besonderen Freibetrag zu wählen. Das geht aber grundsätzlich nur einmal im Leben und nur, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er dauernd berufsunfähig ist.

Zu beachten ist, dass im Zusammenhang mit der Fünftelregelung reguläre Einkünfte durchaus auch einen negativen Einfluss auf das Nettoeinkommen haben können. Dies verdeutlichen die unten stehenden Beispiele 2 und 3.

Berechnungsbeispiele

Beispiel 1:
Ein lediger Arbeitnehmer, Steuerklasse I/0, rentenversicherungspflichtig, erhält im Jahr 2009 eine Abfindung von 5.000 EUR. Das zu versteuernde Einkommen beträgt 15.000 EUR. Zur Berechnung der Einkommensteuer wird die Grundtabelle 2009 verwendet.

Das zu versteuernde Einkommen wird um ein Fünftel der Abfindung (um 1000 EUR) erhöht:

Einkommensteuer von 16.000 EUR 1.711 EUR
Einkommensteuer von 15.000 EUR 1.461 EUR
Differenz 250 EUR
Von der Abfindung ist Lohnsteuer von (250 EUR x 5 =) einzubehalten 1.250 EUR
Verbleibt eine Nettoabfindung von (5.000 EUR - 1.250 EUR =) 3.750 EUR


Beispiel 2:
Ein lediger Arbeitnehmer erhält im Jahr 2009 eine Abfindung von 250.000 EUR. Das zu versteuernde Einkommen beträgt wie in Beispiel 1 ebenfalls 15.000 EUR.

Das zu versteuernde Einkommen wird um ein Fünftel der Abfindung erhöht:

Einkommensteuer von 65.000 EUR 19.236 EUR
Einkommensteuer von 15.000 EUR 1.461 EUR
Differenz 17.775 EUR
Von der Abfindung ist Lohnsteuer von (17.775 EUR x 5 =) einzubehalten 88.875 EUR
Verbleibt eine Nettoabfindung von (250.000 EUR - 88.875 EUR =) 161.125 EUR

Beispiel 3:
Der gleiche ledige Arbeitnehmer erhält im Jahr 2009 eine Abfindung von 250.000 EUR, hat aber kein sonstiges zu versteuerndes Einkommen.

Einkommensteuer von 50.000 EUR 12.950 EUR
Einkommensteuer von 0 EUR 0 EUR
Differenz 12.950 EUR
Von der Abfindung ist Lohnsteuer von (12.950 EUR x 5 =) einzubehalten 64.750 EUR
Verbleibt eine Nettoabfindung von (250.000 EUR - 64.750 EUR =) 185.250 EUR

Damit hat derjenige, der im Jahr der Entlassungsentschädigung noch gearbeitet hat, nach Steuern weniger, als wenn er nicht gearbeitet hätte.

Beispiel 4:
Die Berechnung wird noch komplizierter, wenn der Arbeitnehmer zusätzlich Leistungen bezogen hat, die dem Progressionsvorbehalt ( § 32b EStG ) unterliegen. Nach R 34.2 EStR 2005 (Steuerberechnung unter Berücksichtigung der Tarifermäßigung) Abs. 1 sind diese Leistungen entsprechend zu berücksichtigen.

Ein lediger Arbeitnehmer erhält im Jahr 2009 eine Abfindung von 250.000 EUR. Das sonstige zu versteuernder Einkommen beträgt 10.000 EUR. Zusätzlich wird Arbeitslosengeld in Höhe von 5000 Euro bezogen. Die Steuersätze beziehen sich auf die Grundtabelle 2009.

Einkommensteuer von 10.000 EUR 347 EUR
fiktive Einkommensteuer von 10.000 + 5.000 EUR 1.461 EUR
fiktiver Steuersatz in % (1.461 von 15.000 EUR) 9,74 %
Einkommensteuer von 10.000 EUR zu 9,74% 974 EUR
Einkommensteuer von 60.000 EUR 17.136 EUR
fiktive Einkommensteuer von 60.000 + 5.000 EUR 19.236 EUR
fiktiver Steuersatz in % (19.236 von 65.000 EUR) 29,59 %
Einkommensteuer von 60.000 EUR mit 29,59 % 17.756 EUR
Differenz (17.756 - 974) 16.782 EUR
Von der Abfindung ist Lohnsteuer von (16.782 EUR x 5 =) einzubehalten 83.910 EUR
Verbleiben netto (265.000 EUR - 974 EUR - 83.910 EUR =) 180.116 EUR


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