- Gaden
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Der Ausdruck Gaden (auch Gadem, meist sächlich, im Schweizerdeutschen meist männlich) bezeichnet in der Architektur ein einräumiges Haus oder eine einzelne Räumlichkeit. Auch als altes Maß für Bauholz findet sich das Wort.
Inhaltsverzeichnis
Wortherkunft
Im Althochdeutschen bedeutet gadam oder gadum ‚Raum, Gemach, Scheune‘. Der lateinische Begriff aedes (klassisches Latein) bedeutet dasselbe: eine aus einem Raum bestehende Wohnung, ein Gemach, ein Zimmer, eine Zelle (Klosterzelle). Eine althochdeutsche Glosse[1] übersetzt aedum mit den Begriffen: cadum, cadhum, kadum. Das sind offensichtlich latinisierte Formen von Gaden. Die beiden Worte haben also keinen gemeinsamen Ursprung. Die ursprüngliche Herkunft des Wortes Gaden ist unklar. Das meint auch Kluges Etymologisches Wörterbuch.
Der Ausdruck dürfte anfangs den umschlossenen Raum im allgemeinen erfassen, das Haus im ursprünglichen Sinne, und geht dann im Laufe des Mittelalters[2] auf andere Begriffe über, verschwindet aber aus dem modernen Sprachschatz:
- ‚kleines Anwesen‘ über die frühe Bauform des Eindachhofs – dieser Ausdruck verschwindet mit dieser schlichten Bauform
- oder es steht für ‚festes Haus‘ als Vorratsgebäude (vergl. Kasten) oder Keller, hier wird das Wort von den allgemein werdenden Haus und Gebäude verdrängt
- und zum anderen – ähnlich wie Kammer – den abgeteilten Raum innerhalb eines Gebäudes, aber auch im Sinne von Geschoss[3] (für das „Kammer“ nicht stehen kann), etwa „pauen … dar zwair gaden hoch ist“ („Bau, der zwei Stockwerke hoch ist“) im Österreichischen Landrecht 1298[4]. Das Zimmer als Wort für den in – besserer und moderner – Blockbauweise ausgeführter Wohnraum verdrängt das Wort schon im Spätmittelalter, später die heizbare Stube. Auch für die Geschosse führt veränderte Bautechnik (feste Decken) zu moderneren Worten (Stockwerk aus dem Fachwerkbau, Geschoss bei Mauern, später auch Etage)
Das Wort ist im Hochmittelalter auch ein Maß für Bauholz[5], wohl über die zum Bau eines einfachen Gebäudes notwendige Menge als rechtlicher Begriff über Zuteilungen.
Nebenformen sind Gedem, Gadim oder Gahm. Grammatisches Geschlecht ist sächlich – das Gaden, so gibt Grimms Märchen etwa:
„Die altdeutsche Fabel von den Zwölfen, die zum Tursen (Riesen) kommen, und welche die Frau vorher warnt und aufs Gaden steigen heißt, ist nur moralisch anders gewendet.[6]“
Als Plural steht Gaden, Gäden, Gademe oder selten Gädmer.[2]
Die Gaden der Kirchhöfe
In Deutschland begegnen uns die Gaden im Zusammenhang mit befestigten Kirchen (auch: Kirchenburg, Wehrkirche) besonders in Süddeutschland. An die Außenmauern der Kirchenburg waren an der Innenseite (außen fensterlose) Lagerräume angefügt, in denen man in ruhigen Zeiten im Notfall, in unruhigen Zeiten ständig, die Erntevorräte sicher aufbewahrte. Innerhalb der Mauern befand sich gewöhnlich auch der Friedhof, über den dann auch die Zufahrten zu den Gaden führten. Im 17. Jahrhundert erwähnt ein Chronist Gaden als „wohlverwahrte Keller, Gewölbe und Kammern, welche die Einwohner des Orts erblich besitzen und bey Kriegsläufften ihre besten Waaren darinn aufheben weil man ehedessen vor geweihten Orten mehr Scheu getragen und sie mit Rauben und Plündern verschonet hat“.
Die Befestigung von Kirchen bedurfte der bischöflichen Genehmigung, die Errichtung der Lagerräume (Gaden) um die Kirche herum war wohl auch die geschickte Umgehung der kirchlichen Vorschrift.
Die an die Außenseite der Trierer hauptmarktnahen Gangolf-Kirche angebauten flachen Verkaufshäuschen werden noch heute Gädemscher (hochdeutsch vielleicht 'Gademchen') genannt.
Von diesen Anbauten kommt auch der Begriff Obergaden des Kirchenbaus, für die Fensterzeile, die die Gaden, später die Seitenschiffdächer überragt und die Basilika von der Pseudobasilika (Staffelhalle) unterscheidet.
Gaden bei Burgen, Wohntürmen und Kirchen
Insbesondere im Zusammenhang mit Schweizer und süddeutschen Wohntürmen spricht man von Gaden oder Obergaden („Oberstübchen“), wenn der Wohnturm einen meist ein-, manchmal auch zweistöckigen Aufbau, zumeist aus Holz, aufweist. In der Regel ragt der hölzerne Obergaden über das letzte gemauerte Stockwerk hinaus.
Auch in der mehrschiffigen Basilika bezeichnet man die Mauer des Mittelschiffs mit ihren Fenstern als Gaden oder Obergaden.[7]
Ortsnamen
In verschiedenen Landschaften sind zahlreiche Gaden bis heute erhalten, sie sind oft erblich und werden teilweise noch genutzt oder als Sehenswürdigkeit erhalten. Der Begriff ist heute nicht mehr sehr verbreitet, er ist jedoch teilweise noch in Orts- oder Eigennamen erhalten, etwa in Endungen auf -gad(en). In Orten mit erhaltenen Gaden blieb auch der Begriff in der Umgangssprache erhalten. Er wird allerdings je nach Landschaft unterschiedlich ausgesprochen und entsprechend unterschiedlich geschrieben. Der Duden hat sich auf die Schreibweise Gaden festgelegt.
An Ortsnamen wie Berchtesgaden ist festzustellen, dass die Abgrenzung zu Ableitungen aus Garten „umzäuntes Anwesen“ (zu ahd. gard/t, „Schutz“, vergl. Gatter) nicht einfach ist.
Weblinks
- Eine Gaststätte auf der Wartburg bei Eisenach
- Eine Literaturstelle
- Projekt Gutenberg
- Beispiel für eine schweizer Burg mit Obergaden
- Ansicht des hölzernen Obergadens der selbigen Burg
- Fotografie eines Obergadens, wie er auch für Türme in Burgen typisch war
Einzelnachweise
- ↑ Elias von Steinmeyer: Die althochdeutschen Glossen., Weidmann, Berlin 1879, Band I Glossen zu biblischen Schriften. 28, 19 – Eintrag Gadem, Gaden. I I1, in DRW
- ↑ a b Eintrag Gadem, Gaden. In: Deutsches Rechtswörterbuch (DRW), Heidelberger Akademie der Wissenschaften (drw-www.adw.uni-heidelberg.de)
- ↑ Eintrag Gadem, Gaden. IV 2, in DRW
- ↑ In: Ernst von Schwind, Alfons Dopsch (Hrsg.): Ausgewählte Urkunden zur Verfassungsgeschichte der deutsch-österreichischen Erblande im Mittelalter. Innsbruck 1895, Neudruck Aalen 1968. S. 101–105 – nach Eintrag Gadem, Gaden. IV 2, in DRW, Übers. Wikipedia
- ↑ Eintrag Gadem, Gaden. IV 1, in DRW
- ↑ Anmerkung zu Hänsel und Gretel, in: Brüder Grimm: Kinder und Hausmärchen. Band 3, S. 26
- ↑ Christoph Höcker: Metzler Lexikon antiker Architektur. 2. Aufl. Metzler, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-476-02294-3. S. 101
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