Galerie (Architektur)

Galerie (Architektur)
Die Spiegelgalerie im Schloss Versailles

Eine Galerie (von italienisch galleria oder altfranzösisch galilée für „langer Säulengang“) bezeichnet in der Architektur im weitesten Sinne eine Räumlichkeit, die länger als breit ist und an mindestens einer ihrer beiden Längsseiten zahlreiche Lichtöffnungen besitzt. Vermutlich geht das Wort auf das mittelalterliche galilea zurück, das eine Vorhalle in einer Kirche bezeichnete.[1]

In einer engeren Definition des Begriffs bezeichnet Galerie einen in einem Obergeschoss befindlichen Laufgang, der an einer seiner Langseiten zu einem größeren Raum hin geöffnet ist.[2] Dies kann beispielsweise über eine balkonartige Konstruktion oder mit Hilfe von Arkaden realisiert sein. Von der bedeutungsähnlichen Empore unterscheidet sich die Galerie dieser Definition dadurch, dass sie auch zu einem Außenraum hin geöffnet sein kann.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erste Galerien entstanden an romanischen Kirchenbauten als schmale, zu einer Seite offene Laufgänge mit Arkaden. Wenn sie an der Außenseite eines Gebäudes angebracht sind, spricht man von Zwerggalerien, die meist auch zur Gliederung der Fassade dienen.[3] Befindet sich der Gang hingegen im Inneren der Kirche, wird er mit Triforium bezeichnet.

Aus diesen Gängen entwickelte sich während der Renaissance ein langgestreckter Bereich innerhalb der Kubatur eines Gebäudes, der zur Erschließung mehrerer Räumlichkeiten – meist für Feste und Empfänge – diente. Jeder an eine solche Galerie angebundene Raum konnte betreten werden, ohne dass dabei erst andere, benachbarte Räume durchschritten werden mussten. Die ersten Galerien dieser Art wurden in Form von Bogengängen am Ende des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts in französischen Schlössern verwirklicht. Beispiele hierfür sind die Galerie Ludwigs XII. im Schloss Blois und die Galerie des Schlosses Fougères-sur-Bièvre. Weil sie an einer Seite offen sind, werden sie auch offene Galerien genannt. Im Laufe des 16. Jahrhunderts entwickelten sich in Frankreich daraus geschlossene Galerien. Dabei handelt es sich um lange, saalartige Vorräume, deren Längsseiten viele große, verglaste Fenster besaßen und die deshalb besonders hell waren. Sie bildeten sich anstelle der Ritter- und Festsäle mittelalterlicher Burgen. Das Motiv der Selbstdarstellung, die Ansprüche sowie weltanschauliche Vorstellungen der Auftraggeber bestimmten ihre ikonografischen Programme.[4] Ein Beispiel, an dem dies deutlich wird, ist die 60 Meter lange Galerie Franz’ I. im Schloss Fontainebleau.

Im 17. und 18. Jahrhundert wandelte sich die Galerie während des Barocks zu einem prunkvoll gestalteten Festsaal, der oft im Obergeschoss gelegen war [5]. Das weltweit bekannteste Beispiel hierfür ist die Spiegelgalerie im Schloss Versailles. Die aus den langen Fensterreihen der Räume resultierende Helligkeit lud dazu ein, in ihnen Kunstwerke auf- und auszustellen. Aus dieser Raumnutzung resultiert die heutige Bezeichnung Galerie für Kunst- und Gemäldesammlungen.


Weitere Beispiele für bekannte Galerien finden sich in den Florentiner Uffizien und dem Pariser Louvre. Das Antiquarium der Münchner Residenz aus den Jahren zwischen 1568 und 1571 ist eines der ersten Beispiele einer Galerie in Deutschland.

Siehe auch → Laubengang

Literatur

  • Jean Guillaume: La galerie dans le château français. Place et fonction. In: Revue de l’Art. Nr. 102, 1993, S. 32–42 (PDF; 9,7 MB).
  • Johannes Jahn: Wörterbuch der Kunst. 10. Auflage. Kröner, Stuttgart 1983, ISBN 3-520-16510-4, S. 250–251.
  • Evelyn Korsch: Galerien. In: Werner Paravicini (Hrsg.): Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Band 2, Teilband 1: Bilder. Thorbecke, Ostfildern 2005, ISBN 3-7995-4519-0.
  • John Henry Parker: A Glossary of Terms used in Grecian, Roman, Italian, and Gothic Architecture. 5. Auflage. Parker, Oxford 1845, S. 179–180 (PDF; 12,0 MB).
  • Wolf Stadler (Hrsg.): Lexikon der Kunst in 12 Bänden. Band 5, Gal–Herr. Herder, Freiburg [u.a.] 1988, ISBN 3-451-20665-X, S. 5.
  • Der Kunst-Brockhaus. Band 1, A–K. Brockhaus, Wiesbaden 1983, ISBN 3-7653-0355-0, S. 386.
  • Lexikon der Kunst. Band II, Cin–Gree. 1. Auflage. Seemann, Leipzig 1989, ISBN 3-363-00045-6, S. 627–628.

Weblinks

 Commons: Galerie (Architektur) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Friedrich Kluge, Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2002, ISBN 3-11-017473-1, S. 326.
  2. Wilfried Koch: Kleine Stilkunde der Baukunst. Mosaik, München 1985, ISBN 3-570-02496-2, S. 130.
  3. Der Kunst-Brockhaus. Bd.1, S. 386.
  4. Lexikon der Kunst. Band II, S. 628.
  5. J. H. Parker: A Glossary of Terms used in Grecian, Roman, Italian, and Gothic Architecture, S. 179.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Galerie — (von italienisch galleria „langer Säulengang“) bezeichnet: Galerie (Kunst), für Ausstellungen von Kunstwerken der Bildenden Kunst genutzten Räumlichkeiten Galerie (Architektur), länglicher Raum mit zahlreichen Lichtöffnungen an der/den… …   Deutsch Wikipedia

  • Architektur und Musik — Zwischen Musik und Architektur ergeben sich vielfältige Verbindungen. Einerseits wird Musik häufig in Räumen aufgeführt, deren Gestaltung akustischen Ansprüche berücksichtigt, um das Hörerlebnis zu optimieren; im Gegenzug richtet sich die… …   Deutsch Wikipedia

  • Galerie Stihl Waiblingen — Die städtische Galerie Stihl Waiblingen ist ein im Mai 2008 eröffnetes Ausstellungshaus, das auf Arbeiten auf bzw. aus Papier spezialisiert ist. Es werden drei Wechselausstellungen pro Jahr gezeigt. Zusammen mit der in unmittelbarer Nachbarschaft …   Deutsch Wikipedia

  • Architektūr — Architektūr, im weitern Sinne soviel wie Baukunst, d.h. die Kunst, alle Arten von Baulichkeiten nach Zweck und Bedürfnis auszuführen, im engern Sinne die Hochbaukunst, die sich mit der Errichtung und Einrichtung von Hochbauten beschäftigt… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Galerie für zeitgenössische Kunst — – Ausstellungshalle GfZK 2 Die Galerie für Zeitgenössische Kunst (GfZK) ist ein Museum für Gegenwartskunst in Leipzig. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Architektur aus Eisen und Glas: Als die Ingenieure zu bauen begannen —   Langfristig waren die Wandlungen, die sich unter der historisierenden Hülle der Architektur des 19. Jahrhunderts abspielten, entscheidender als die Frage nach dem angemessenen Stil: Eisen und Glas lösten wegen ihrer vielfältigen… …   Universal-Lexikon

  • Architektur im Nationalsozialismus — Detlev Rohwedder Haus in Berlin, ehemaliger Sitz des Reichsluftfahrtministeriums Architektur im Nationalsozialismus beschreibt Bauvorhaben, Architektur und Stadtplanung in der Zeit des Nationalsozialismus als deutsche Ausgestaltung des in dieser… …   Deutsch Wikipedia

  • Galerie Albstadt — Die Städtischen Kunstsammlungen Galerie Albstadt im Stadtteil Ebingen wurden gleichzeitig mit der Stadtgründung 1975 begründet. Zu großen Teilen ist dies dem Engagement der Bürger der Stadt zu verdanken, die ihre Privatsammlung der Stadt… …   Deutsch Wikipedia

  • Architektur Indiens — Tor am Großen Stupa von Sanchi (Madhya Pradesh, Zentralindien) Detail am hinduistischen Surya Tempel von Konark (Orissa, Ostindien) …   Deutsch Wikipedia

  • Architektur — Übersicht des Inhalts: I. Ägyptische, Babylonisch Assyrische, Medische und Persische, Phönikische und Hebräische, Kleinasiatische Architektur. II. Griechische, Etruskische und Römische Architektur. III. Altchristliche Architektur. – Basilika. –… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”