Ganzheitlichkeit (Pädagogik)

Ganzheitlichkeit (Pädagogik)

Ganzheitlichkeit bezieht sich in der Pädagogik auf einen integrativen Bestandteil handlungsorientierter Konzepte. Erste Ansätze sind bereits mit Pestalozzis Idee der Elementarbildung, dem Lernen mit Kopf, Herz und Hand im Rahmen der damaligen Anschauungspädagogik zu verzeichnen. Ausgehend von der Reformpädagogik betont ganzheitliches Lernen neben den traditionell privilegierten kognitiv-intellektuellen Aspekten auch körperliche sowie affektiv-emotionale Aspekte: Ganzheitliches Lernen ist Lernen mit allen Sinnen, Lernen mit Verstand, Gemüt und Körper. [1]

Ganzheitlichkeit als Lernform stellt – ohne verabsolutiert werden zu dürfen – eine notwendige Ergänzung zur Handlungsorientierung, Lernerorientierung und Prozessorientierung dar. Sie kann sich auszeichnen durch einen Wechsel von Anstrengung und Entspannung sowie befriedigender sprachlicher und nicht-sprachliche Interaktionen mit hoher Fehlertoleranz seitens der Lehrenden.[2] Sie orientiert sich weniger an Lernprogression, am Lernen von Regeln und an der Gewinnung von Einsichten, sondern fokussiert auf den individuellen Lernprozess und verfährt eher imitativ und praktisch.[3] Deshalb ist diese Lernform sowohl in der vorpubertären Zeit als auch in lernschwachen Gruppen von Bedeutung.

In der Heil- und Sonderpädagogik hat Ganzheitlichkeit als Fachbegriff eine ganz besondere Stellung und Funktion. Er bezieht sich hier sowohl auf anthropologische, methodische als auch auf leistungsrechtliche Aspekte. Diese vielschichtige Verwendung wird zunehmend kritisch diskutiert [4]

Inhaltsverzeichnis

Dimensionen

Ganzheitlichkeit umfasst angefangen von der Dimension der Einzelperson (Weltwissen, Erwartungen, Vorlieben, Fähigkeiten) über die Gruppendimension (Gruppenziele, Gruppenkonstellationen) auch die thematische Dimension und das Umfeld (institutionelle Rahmenbedingungen, gesellschaftliche Vorgaben, materielle Aspekte wie Ausstattung des Klassenzimmers)

Neurophysiologische Fundierung

Angelehnt an die Theorie der Dichotomisierung des Gehirns soll ganzheitliches Lernen sowohl die linkshemisphärischen (analytisch-logischen) als auch die rechsthemisphärischen Funktionen betonen, die zuständig sind für sinnliche Wahrnehmungen, intuitives Erfassen und ganzheitliche Geistestätigkeiten.

Methodische Anwendung

  • (direkte) Sprachlehrmethode Total Physical Response von James Asher für den Fremdsprachenunterricht in Primar-bzw. Sekundarstufe I. Hierbei werden Aktionen unmittelbar mit entsprechenden fremdsprachlichen Bezeichnungen verbunden. Lehrer und Schüler (sobald sie die Redemittel besitzen) arbeiten mit Befehlen, die sie der Klasse zur Ausführung mündlich übermitteln.
  • Lernen durch Lehren (von Jean-Pol Martin entwickelt)
  • Projektunterricht als ganzheitliche, integrative Lernform mit einem Höchstmaß an curricularer Offenheit
  • Projektorientierung als teilweise realisierter Projektunterricht
  • (Rollen-)Spiel
  • Freiarbeit
  • Stationenlernen
  • Fantasiereisen
  • Sportprojekte

Siehe auch

Quellen

  1. Klippel, Frederike (2000): Überlegungen zum ganzheitlichen Fremdsprachenunterricht. In: Fremdsprachenunterricht, Heft 4/2000. 242
  2. Renate Löffler: "Ganzheitliches Lernen: Grundlagen und Arbeitsformen". In: Gerhard Bach & Johannes-Peter Timm (Hg.): Englischunterricht. Grundlagen und Methoden einer handlungsorientierten Unterrichtspraxis (2., überarb. u. erweit. Aufl.). Tübingen, Basel: A. Francke, 1996, 42-68.
  3. Andreas Nieweler (Hrsg.)(2006): Fachdidaktik Französisch - Tradition|Innovation|Praxis. Stuttgart: Klett, 2006. S.49.
  4. Wild, Günter (2007); Der Begriff der Ganzheitlichkeit in der Heilpädagogik, Univ.Diss. Hagen

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