Gasstrumpf

Gasstrumpf
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Ein Glühstrumpf, auch Glühkörper oder Gasstrumpf genannt, ist ein kuppel- oder birnenförmiges feinmaschiges Gebilde aus Oxiden, welches in gasbetriebenen Leuchten (Gaslampen und solchen, die Petroleum verdampfen, siehe Petromax) die Lichtquelle bildet, indem es durch die Flamme zum Leuchten angeregt wird.

Glühstrumpf, links vor dem ersten Gebrauch, rechts nach vorsichtigem Abbrennen des Gewebes und Inbetriebnahme der Lampe.

Er wird aus einem mit speziellen Salzen präparierten Gewebe aus Baumwolle, Seide oder Kunstseide hergestellt, das durch Aufheizen in einer Gasflamme verbrennt und die Salze als Oxide in Form eines feinen Gerüstes hinterlässt.

Nach dem Kirchhoffschen Strahlungsgesetz leuchten Gasflammen kaum, da sie im sichtbaren Licht einen Emissionsgrad nahe null besitzen. Um Gaslampen für Leuchtzwecke einzusetzen, wurden sie daher früher mit rußenden Gasen wie Benzol betrieben, welche wie eine Kerze ein gelbliches Licht durch glühende Kohlenstoff-Teilchen erzeugen.

Weißeres helleres Licht erhielt man durch Aufheizen bestimmter temperatur- und sauerstoffbeständiger Materialien. Carl Auer von Welsbach tränkte ein gestricktes Netz aus Baumwolle mit einer Lösung von Seltene-Erden-Salzen, verbrannte vorsichtig die Baumwolle und erhielt als Rückstand ein filigranes selbsttragendes Gerüst der Baumwollasche mit den entsprechenden Oxiden. Das Verfahren patentierte er am 23. September 1885 in Deutschland unter dem Namen Auer-Glühstrumpf.

Inhaltsverzeichnis

Herstellung

Glühstrümpfe stellte man her, indem man Stoffgewebe mit einer Lösung aus 99 Prozent Thoriumnitrat und 1 Prozent Cernitrat tränkte und dann anzündete. In der Hitze zerfiel das Thoriumnitrat in Thoriumdioxid und nitrose Gase. Hierbei blieb eine zerbrechliche Struktur zurück, die in der Gasflamme ein weißes Licht abgab. Dieses Leuchten hatte nichts mit der sehr schwachen Radioaktivität des Thoriums zu tun, sondern ist ein gewöhnliches Glühen durch die Hitze der Gasflamme.

Zunächst benutzte Carl Auer von Welsbach Magnesium-Oxide, Zirconiumdioxid, dann Lanthan, Yttrium und Praseodym-Verbindungen. Sie alle weisen ein mäßiges Absorptionsvermögen im sichtbaren Bereich auf und produzieren nur ein braunweißes Leuchten. Der Durchbruch gelang ihm mit Cer(IV)-oxid, zusammen mit Thoriumdioxid zur Stabilitätsverbesserung. Die Zusammensetzung von 1 Prozent CeO2 und 99 Prozent ThO2 wurde erst vor wenigen Jahrzehnten durch eine Mischung aus Yttriumoxid und Ceroxid abgelöst, um auf das leicht radioaktive ThO2 verzichten zu können.

Emissionsspektrum eines CeO2/ThO2-Glühstrumpfs (schwarz) im Vergleich zum Schwarzkörperspektrum

Verschiedene Formen des Glühstrumpfes

Glühkörper gibt es in vielen Ausführungen, am bekanntesten sind wahrscheinlich die säckchenförmigen zum Anbinden bei Petromax- und ähnlichen Starklichtlampen, die der Benutzer selbst abflammen muss, um ihn in Betrieb zu nehmen. Nicht mehr so gebräuchlich sind Glühkörper für hängendes oder stehendes Gaslicht, die werkseitig bereits abgebrannt und mit einem Nitrolack getränkt sind, damit sie eine höhere Festigkeit für den Transport bekommen. Diese Lackschicht brennt bei der ersten Inbetriebnahme sehr schnell ab. Die hängenden Glühkörper sind meist kugel- oder birnenförmig; stehende Glühkörper schlauch- oder bienenkorbförmig. Zur Aufhängung des Gewebes und zur Befestigung am Brenner der Lampe dienen oft Formteile aus Sintermagnesia.

Die thermische Emission eines Auer-Glühstrumpfs (punktierte Linie im Diagramm), ist deutlich geringer als diejenige eines Schwarzen Strahlers (blaue Linie). Dafür konzentriert sich die Strahlung auf den kurzwelligen Bereich im sichtbaren Spektrum. Hierdurch nimmt der Glühstrumpf eine höhere Temperatur an, als es ein kontinuierlich strahlender Stoff täte. Der Rotanteil ist vermindert, das Licht erscheint weißer.

Zur hohen Lichtausbeute von Glühstrümpfen trägt jedoch hauptsächlich der direkte Energieübergang von den teilweise hochenergetischen chemischen Reaktionspartnern der Flamme auf Elektronenniveaus des Cer-dotierten Leuchtstoffes im Glühstrumpf bei; im Ofen erhitzte Glühstrümpfe leuchten nicht annähernd so hell wie in der Flamme.

Durch seine Leuchtkraft ist der Glühstrumpf bis heute gegenüber dem elektrischen Licht konkurrenzfähig, wenn kein Stromanschluss an das Stromnetz vorhanden ist.

Seitdem allerdings die städtischen Gasanstalten in den 1970er Jahren abgeschafft wurden und Erdgas durch die Gasröhren strömte, ging die Anzahl der Gaslaternen stark zurück. Statt sie auf Erdgas umzustellen, ersetzte man sie häufig durch die wartungsärmeren und effektiveren, elektrisch betriebenen Gasentladungslampen.

Im Jahr 2004 wurde die letzte in Deutschland verbliebene Glühstrumpfproduktion der Berliner Firma MSA AUER GmbH an die indische Firma Indo, eine Tochter des Konsortiums Prabhat Udyog Limited, verkauft und die Produktion nach Indien verlagert. Indo bietet sowohl radioaktive als auch nicht-radioaktive Glühstrümpfe an.

Da das zum Teil noch verwendete Thoriumnitrat schwach radioaktiv ist, dürfen solche Gasglühstrümpfe nicht nach Deutschland importiert werden. Hierdurch entstand zum Beispiel in Berlin ein Versorgungsproblem. Nach dem Willen der Betreiberfirma Stadtlicht GmbH und dem Bezirksamt Mitte, welches für die übrig gebliebenen 43.908 öffentlichen Gaslaternen in Berlin zuständig sind, sollen diese in den nächsten zwei Jahren abgeschafft werden - auch um 50 Kilogramm schwach radioaktiven Sondermüll und 43.000 Tonnen Kohlendioxid zu vermeiden, sowie um 700.000 Kubikmeter ungenutztes Gas einzusparen.

Verwendet werden Gasglühstrümpfe außer in Gaslaternen auch in Campingleuchten, die ähnlich wie Campingkocher mit Gas aus Kartuschen versorgt werden.

Siehe auch

Weblinks


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