- Geburt der Venus
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Die Geburt der Venus Sandro Botticelli, ca. 1485/86 Tempera auf Leinwand, 172,5 cm × 278,5 cm Uffizien La nascita di Venere, deutsch: Die Geburt der Venus ist ein Gemälde von Sandro Botticelli. Es stellt die Göttin Venus dar. Das Bild befindet sich in den Uffizien in Florenz.
Das Großformat dürfte, wie auch Botticellis Primavera, eine Auftragsarbeit für Lorenzo di Pierfrancesco de’ Medicis Villa di Castello gewesen sein und eine Huldigung an die Liebe des 1478 während der Pazzi-Verschwörung getöteten Giuliano di Piero de’ Medicis zu Simonetta Cattaneo Vespucci.
Inhaltsverzeichnis
Bildbeschreibung
Dieses Bild wird erst seit dem frühen 19. Jahrhundert als Geburt der Venus bezeichnet. Es wird aber nicht die Geburt der Venus, sondern eigentlich die darauf folgende Landung der Venus am Strand von Zypern dargestellt. Die Darstellung der dabei auf einer Muschel gleitenden Venus wird vermutlich von den „stanze per la giostra“ von Poliziano übernommen. Venus (griechisch Aphrodite, „die Meerschaumgeborene“) wurde in der griechischen Mythologie aus einer Muschel geboren, die ihrerseits nach antiker Meinung aus dem Meerschaum entstand. Die Muschel wird hier als Jakobsmuschel dargestellt.
Die Venus steht leichtfüßig auf einer Muschelschale, die vom Westwind Zephyr an die Gestade von Kypros (Cypern) getrieben wird. Zephir trägt in den Armen Aura, die Göttin der sanften Morgenbrise. Von rechts reicht ihr eine der Horen, Göttinnen der Jahreszeiten, einen Mantel.
Landschaft und Meer zeigen sich hier vereinfacht und idealisiert. Einfache kurze Gräser bedecken das Land. Zwei Rohrkolben, Pflanzen, die am Meeresstrand real gar nicht gedeihen, deuten sparsam und symbolhaft die Ufervegetation an, drei kerzengerade Stämme hartlaubiger Bäume einen Hain. Das Meer mit seinen leicht gekräuselten Wellen und dem Meeresschaum an der Küste sind ähnlich sparsam und dabei doch anschaulich dargestellt. Das eingestreute Gold auf den Wellen, die in dreieckigen und gewellten Linien gezeichnet sind und das Gold auf den Gräsern symbolisieren ein göttliches Licht. Umso auffälliger sind im Gegensatz zur Darstellung von Landschaft und Meer die Myrthen der Aura zu sehen und noch mehr die Prächtigkeit des von der Hore dargebotenen Gewandes, in das ornamentale Gänseblümchen kunstvoll eingewoben sind. Im Gewand der Hore sind schmucke Kornblumen zu sehen.
Trotz ihrer Nacktheit ist die Göttin kein Symbol der körperlichen, sondern der geistigen Liebe. Die keusche Pose ist wohl den in der Periode Botticellis wiederentdeckten klassischen griechischen Statuen ein venus pudica (einer schamhaften Venus) nachempfunden.
Die Anatomie der Venus entspricht nicht dem klassischen Realismus von Leonardo oder Raffael, der (zu) lange Nacken oder die anatomisch nicht korrekte Haltung der linken Schulter sind eher ein Vorgriff auf den Manierismus, sie betonen jedoch die Schönheit der Venus.
Botticellis Bild ist vielleicht inspiriert von einem Homerischen Hymnus, in dem er die Ankunft der Göttin auf der Insel besingt: „Aphrodite die schöne, die züchtige will ich besingen ... die der meerumflossenen Kypros Zinnen beherrscht, wohin sie des Zephyros schwellender Windhauch sanft hintrug auf der Woge des vielaufrauschenden Meeres im weichflockigen Schaum... und die Horen nahmen mit Freuden sie auf.“[1] Der Einfluss von Ovids Metamorphosen und seinen Fasti sowie der von Polizianos Versen[2] ist ebenso spürbar. In einer Ära in der fast alle Gemälde biblische Themen darstellten, ist die Geburt der Venus in ihrer Darstellung antiker mythologischer Figuren eine Ausnahme. Das Gemälde überstand die Bilderverbrennungen durch Savonarola, im Gegensatz zu anderen Bildern Botticellis die ähnliche Sujets darstellten. Dass Primavera und die Venus nicht verbrannt wurden, dürfte wohl der schützenden Hand von Botticellis Gönner Lorenzo I. de’ Medici zu verdanken sein.
Entgegen Theorien, Botticelli habe in diesem Bild den Goldenen Schnitt eingesetzt (z. B. in den Proportionen der Venus), ist der Faktor Φ nicht exakt im Bild zu messen.
Diese Darstellung ist eines der brillantesten Werke der europäischen Malerei und zugleich die erste bekannte Verherrlichung der Schönheit des unbekleideten Frauenkörpers seit der Antike in seiner eigenen ästhetischen Vollkommenheit. Vielfach wurde in der Literatur versucht, erotische, moralische oder religiöse Absichten zwischen Antike und Christentum in dieses Bild hineinzudeuten. Die Verherrlichung der Venus entzieht sich aber in ihrer fast unpersönlichen Absolutheit diesen vielfältigen Interpretationen.
Vorbilder
Die Geburt der Venus ist eines der Werke Botticellis, die eine Beschreibung klassischer griechischer Meisterwerke durch den Historiker Lukian aus dem 2. Jh. zum Vorbild nahmen. Lukian beschreibt ein Gemälde von Apelles das Venus Anadyomene hieß, die „Venus die dem Meer entsteigt“, was auch der ursprüngliche Titel für Botticellis Gemälde war. Erst im 19. Jh. setzte sich der Titel „Geburt der Venus“ durch, ursprünglich der Name einer Statue der Aphrodite von Praxiteles, die große Ähnlichkeit mit Botticellis Venus aufweist.
In der Sammlung der Medici befand sich die klassische Marmorstatue Venus de’ Medici, deren Pose Botticellis Venus übernimmt. Ein in Pompeji entdecktes Wandgemälde dürfte eine römische Kopie des Apelles-Gemäldes sein, es war Botticelli im Gegensatz zur Medici Venus aber nicht bekannt.
Rezeption
- Ottorino Respighi:Trittico Botticelliano; 1. Primavera, 2. Adorazione dei maghi, 3. La nascità di Venus. Suite. 1927.
Quellen
- ↑ Zitiert nach Warburg 1980. S. 17.
- ↑ Una donella non con uman volta/ Da’ zefiri lascivi spinta a proda/ Gir sopra un nischio ... (Poliziano: Giostra, Vers 97–99)
Literatur
- Georges Didi-Huberman: Venus öffnen. Nacktheit, Traum, Grausamkeit. 2006. ISBN 3-93530063-8
- Lorenz Dittmann: Die Wiederkehr der antiken Götter im Bilde : Versuch einer neuen Deutung. Paderborn 2001.
- Frank Zöllner: Botticelli. Toskanischer Frühling. München, New York 1998. ISBN 3-7913-2025-4
- Aby Warburg: Sandro Botticellis „Geburt der Venus“ und „Frühling“. [1893]. In: Aby M. Warburg: Ausgewählte Schriften u. Würdigungen. Hrsg. von Dieter Wuttke. Baden-Baden 1980. ISBN 3-87320-400-2
- Ronald Lightbrown: Sandro Botticelli. Leben und Werk Vlg Hirmer, 1997 ISBN-103777451509
- Dominique Thiebaut: Botticelli, Vlg. DuMont, Köln 1992
Weblinks
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